Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 10.05.2017, Az.: 8 A 20/16

Galvanotherapie; Mammakarzinom

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
10.05.2017
Aktenzeichen
8 A 20/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53863
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Aufwendungen für die Behandlung eines bösartigen Mammakarzinoms im Wege der Galvanotherapie sind nicht beihilfefähig.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine weitere Beihilfe zu den Kosten für die Behandlung einer Brustkrebserkrankung mittels einer sogenannten Galvano-Plus Therapie.

Die am B. geborene Klägerin, die als Beamtin im Dienst des Landes Niedersachsen steht, ist dem Grunde nach beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 50 %.

Bei der Klägerin wurde Anfang Dezember 2012 in der linken Brust ein bösartiges Karzinom festgestellt, das am 14. Dezember 2012 operativ entfernt wurde. Als Nachfolgebehandlung riet die Tumorkonferenz des Krankenhauses zu einer Bestrahlung und einer Chemotherapie. Die Klägerin entschied sich für eine sogenannte Galvano-Plus-Therapie, bei der es sich nach der Behandlungskostenvereinbarung des behandelnden Arztes vom 15. Januar 2013 (Blatt 5 der Beiakte A) um ein nicht anerkanntes  Verfahren im Sinne der Schulmedizin handelt. Auf die von der Klägerin per E-Mail am 25. Januar 2013 erbetene Prüfung und Zusage der Kostenübernahme für diese Therapie teilte die Oberfinanzdirektion Niedersachsen (OFD), die Rechtsvorgängerin des Beklagten, durch Schreiben vom 21. Februar 2013 mit, dass die geplante Behandlung nicht beihilfefähig sei. Die Klägerin ließ die Behandlung gleichwohl durchführen.

Der behandelnde Arzt der Klägerin forderte für die Galvano-Therapie mit Rechnung vom 18. Februar 2013 einen Betrag in Höhe von 3.153,70 EUR und mit Rechnung vom 28. Februar 2013 einen Betrag in Höhe von 3.403,84 EUR.

Mit Beihilfebescheid vom 8. April 2013 erkannte die OFD von der Rechnung vom 18. Februar 2013 lediglich einen Betrag in Höhe von 686,32 EUR und von der Rechnung vom 28. Februar 2013 lediglich einen Betrag in Höhe von 399,46 EUR als beihilfefähig an und bewilligte entsprechend des Bemessungssatzes von 50 % eine Beihilfe in Höhe von 343,16 EUR bzw. 199,73 EUR.

Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Widerspruch ein, soweit von den beiden Rechnungen ein Gesamtbetrag in Höhe von 5.471,76 EUR nicht als beihilfefähig anerkannt worden ist. Zur Begründung führte sie aus, die angewandte Galvanotherapie sei zur Nachbehandlung eines bösartigen Brusttumors geeignet und - wie die Behandlung bei ihr zeige – auch erfolgreich. Bei der bei ihr diagnostizierten bösartigen Brustkrebserkrankung müsse sie sich nicht auf die anerkannten schulmedizinischen Behandlungen verweisen lassen. Die von ihr gewählte Therapie, die ambulant habe durchgeführt werden können, sei wesentlich schonender und kostengünstiger. Eine vergleichbare schulmedizinische Behandlungsform, die fast keine Nebenwirkung habe, gebe es nicht.

Den Widerspruch wies die OFD mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2015 zurück. Darin legte sie dar, dass die Voraussetzungen, unter denen zu einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode eine Beihilfe gewährt werden könne, im Fall der Klägerin nicht vorlägen.

Am 27. April 2015 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen in dem Widerspruchsverfahren.

Die Klägerin beantragt,

das beklagte Amt zu verpflichten, ihr zu den Behandlungskosten der Galvanotherapie eine weitere Beihilfe in Höhe von 2.735,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. April 2013 zu gewähren, und den Beihilfebescheid vom 8. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2015 aufzuheben, soweit er dem begehren entgegensteht.

Das beklagte Amt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Einzelrichter, dem das Verfahren nach § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen ist, kann über die Klage gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe zu den Kosten einer Galvanotherapie. Der Beihilfebescheid der OFD vom 21. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin mithin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin ist die Niedersächsische Beihilfeverordnung (NBhVO) vom 7. November 2011 (Nds. GVBl. S. 372) in der zur Zeit der Entstehung der Aufwendungen geltenden Fassung. Danach sind Aufwendungen für – wie hier – Leistungen nach wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 NBhVO nur beihilfefähig, soweit dies in der Anlage 1 bestimmt ist. Für medizinisch Leistungen anlässlich einer lebensbedrohenden oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, für die eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode nicht zur Verfügung steht, sind Aufwendungen des Weiteren beihilfefähig, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung  oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (§ 28 NBhVO). Schließlich ist eine Beihilfe trotz eines Ausschlusses nach der Niedersächsischen Beihilfeverordnung dennoch zu gewähren, wenn die Ablehnung im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 45 BeamtStG zu einer unzumutbaren Härte führt (§ 4 Abs. 2 NBhVO).

Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen sind im Falle der Klägerin nicht gegeben. In der Anlage 1 ist die Galvanotherapie als wissenschaftlich nicht allgemein anerkennte Behandlungsmethode nicht aufgeführt, so dass eine Beihilfegewährung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 NBhVO ausgeschlossen ist. Eine Beihilfegewährung nach § 28 NBhVO ist nicht möglich, da für die Behandlung eines bösartigen Mamakarzinoms eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode, nämlich die Chemotherapie und/oder die Strahlentherapie, zur Verfügung steht. Der Fall, dass diese ausnahmsweise nicht hätten angewandt werden dürfen ist, ist bei der Klägerin nicht gegeben. Vielmehr sind diese beiden Therapien der Klägerin von der Tumorkonferenz des Krankenhauses ausdrücklich empfohlen worden. Auf den Umstand, dass die gewählte Galvanotherapie im Gegensatz zu den herkömmlichen Therapien fast keine Nebenwirkungen haben und kostengünstiger sein soll, kommt es im Rahmen dieser Vorschrift nicht an. Schließlich ist das beklagte Amt auch beanstandungsfrei davon ausgegangen, dass die Voraussetzung für die Gewährung einer Beihilfe gemäß § 4 Abs. 2 NBhVO aus Härtegründen ebenfalls nicht vorliegen. Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Einzelrichter auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug, denen er folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Dies gilt auch im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit den von der Klägerin genannten Entscheidungen anderer Gerichte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.