Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 29.11.2010, Az.: 4 B 3164/10

Mangelnde Einstufbarkeit von § 35 BauGB als allgemein nachbarschützende Norm; Verletzung von nachbarschützenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften durch eine genehmigte Biogasanlage bei Auswirkungen i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
29.11.2010
Aktenzeichen
4 B 3164/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 45177
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2010:1129.4B3164.10.0A

In der Verwaltungsrechtssache
1. Axxx
2. der Bxxx,
Antragsteller,
Proz.-Bev. zu 1-2: Cxxx -
gegen
das Dxxx
Antragsgegner,
Beigeladen: Exxx, Proz.-Bev.: Fxxx -
Streitgegenstand: Biogasanlage - Nachbarantrag -
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 4. Kammer - am 29. November 2010
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die von dem Antragsgegner dem Beigeladenen genehmigte Errichtung einer Biogasanlage.

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Gxxx in Hxxx. Ihr Wohnhaus befindet sich im unbeplanten Innenbereich am Rande zum Außenbereich. Es gehört zu einem Baugebiet, das von den Straßen Ixxx, Lange Reihe und Jxxx eingefasst wird.

Der Beigeladene ist Eigentümer eines in dem Baugebiet an der Straße Kxxx in Lxxx gelegenen landwirtschaftlichen Hofgrundstücks. Dort betreibt er Tierhaltung. Das Baugrundstück schließt sich südwestlich versetzt in ca. 300 m Entfernung an seinen Hof an. Unmittelbar nördlich des Baugrundstücks liegt der Rinderstall des Beigeladenen. Das Baugrundstück auf den Fluren Mxxx und Nxxx, Flurstücke Oxxx und Pxxx der Gemarkung Lxxx, liegt ca. 250 m südwestlich von dem Grundstück der Antragsteller. Auf ihm befindet sich im Norden bereits ein Auffangbecken für Gülle mit einem Fassungsvermögen von 1089 m3.

Unter dem 14.11.2009 beantragte der Beigeladene die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer mit Gülle, Gras- und Maissilage zu betreibenden Biogasanlage nebst Fahrsiloanlage und Nebengebäuden auf dem Baugrundstück. Die Anlieferung der Anlage erfolge wie die Abfuhr über einen Weg, der nach Westen zu der Nxxx Straße führt. Der Fahrzeugverkehr sei mit bis zu 3 - 5 Fahrzeugen pro Tag zu prognostizieren, in der Erntezeit sei mit 15 Fahrzeugen pro Tag zu rechnen. Die Silagefläche solle zur Vermeidung von Geruchsemissionen abgedeckt und die Ausschnittsflächen möglichst klein gehalten werden. Der Beigeladene legte eine gutachterliche Stellungnahme des TÜV Nord vom 01.03.2010 zu den Geräuschimmissionen vor. Diese stellt in einem Schallimmissionsplan - Tageszeit mit Anlieferung - die nähere Umgebung der Biogasanlage dar. In dem Bereich, der eine Belastung von >45 - 50 dB(A) erfährt, liegen die südlichen an der Straße Kxxx gelegenen Gebäude. Das Gebäude der Antragsteller ist auf dem Plan nicht dargestellt, kann aber in Ergänzung der dargestellten Zone nur in einem Bereich liegen, der tagsüber von Schallimmissionen von höchstens 47 dB(A), wahrscheinlich sogar weniger als 45 dB(A) betroffen ist. Der Schallimmissionsplan - Nachtzeit - stellt das Grundstück der Antragsteller in einem Bereich dar, den der Anlagebetrieb mit weit weniger als 35 dB(A) trifft. Der Gutachter geht davon aus, dass die Fahrten für die Rohstoffanlieferung ausschließlich werktags und tagsüber (06:00 bis 22:00 Uhr) erfolgen und dass der Transport der Silage vom Fahrsilo zum Feststoffdosierer tags mit einem geeigneten Fahrzeug (Teleskoplader) erfolge. Zur Berechnung der Geräuschimmissionen wählte er das Rechenverfahren nach DIN ISO 9613-2. Der Beigeladene legte eine gutachterliche Stellungnahme des TÜV Nord vom 20.01.2010 zu den Geruchsemissionen vor, wonach das Grundstück der Antragsteller durch die Anlage mit einem zusätzlichen Geruchstundenanteil von 2% betroffen sei. Diese Zusatzbelastung sei nach der Geruchsimmissions-Richtlinie "Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen" - GIRL - i. d. F. vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 nach dem Gemeinsamen Runderlass vom 23.07.2009 (Nds. MBl. 2009, S. 794) aber irrelevant.

Mit Bescheid vom 27.05.2010 genehmigte der Antragsgegner den Antrag des Beigeladenen auf Errichtung und Betrieb einer Biogasanlage.

Mit Schreiben vom 14.06.2010 erhoben die Antragsteller Widerspruch, worauf der Antragsgegner auf Antrag des Beigeladenen die sofortige Vollziehung der Genehmigung am 30.06.2010 anordnete. Die Interessen des Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Genehmigung überwögen die Interessen der Antragsteller, von dem Bau verschont zu werden. Der Beigeladene habe darauf verwiesen, dass durch eine verzögerte Inbetriebnahme der Anlage ihm nicht unbeträchtlicher finanzieller Schaden aufgrund der degressiven Ausgestaltung der Stromeinspeisevergütung entstünde und außerdem der Anbau nachwachsender Rohstoffe von den zuliefernden Betrieben bereits zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Inbetriebnahme umgestellt würde.

Der Beigeladene hat mit den Bauarbeiten begonnen.

Am 20.07.2010 haben die Antragsteller um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

Sie rügen zunächst, dass die Begründung für den angeordneten Sofortvollzugs nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen gerecht werde. Die von dem Antragsgegner genannten Gründe seien inhaltlich unzutreffend.

Ihr Widerspruch habe in der Sache voraussichtlich Erfolg, denn das Vorhaben des Beigeladenen sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert. Voraussetzung dafür sei, dass die installierte elektrische Leistung der Anlage 0,5 MW nicht überschreite. Die Leistungsbegrenzung der Anlage auf 0,499 MW sei aber nicht sichergestellt. Privilegiert sei das Vorhaben des Beigeladenen auch nur, wenn sein Vorhaben eine der Landwirtschaft dienende Funktion erfülle. Der Genehmigungsantrag enthalte keine Unterlagen, anhand deren dieser Zusammenhang geprüft werden könne. Das damit nur nach § 35 Abs. 2 BauGB zulassungsfähige Vorhaben des Beigeladenen sei gegenüber den Antragstellern rücksichtslos.

Die Genehmigung treffe keine ausreichenden Vorkehrungen für Störungsfälle. Ihre Auflagen zur Anlagensicherheit seien unzureichend und entsprächen nicht dem Stand der Technik. Es fehle eine Planung, wie im Falle einer nachhaltigen Störung des Gärprozesses zu verfahren sei. Den Antragsunterlagen fehle eine sicherungstechnische Stellungnahme durch einen nach § 29a BImSchG bekannt gegebenen Sachverständigen. Sicherheitstechnisch erforderlich sei es, zwei redundant laufende Blockheizkraftwerke zu installieren, wie dies § 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG fordere. Die in Nr. 5.18 der Genehmigung geregelte Verwaltung könne das Grundstück im Falle einer Havarie der Biogasanlage nicht schützen, denn dieses liege im Grundwasserstrom, so dass die Antragsteller den Schutz ihres Brunnenwassers beanspruchen könnten. Die Antragsteller seien nicht davor geschützt, im Falle einer Explosion der Anlage von Trümmerteilen getroffen zu werden. Bei einer havarierten Anlage in Riedlingen-Daugendorf am 16.12.2007 seien Trümmerteile 100 m weit geflogen.

Das Vorhaben sei rücksichtslos wegen der Geruchsbelästigungen. Das zugrundeliegende Gutachten enthalte keine verlässliche Prognose der Geruchsbelästigungen. Die Datengrundlagen seien unzureichend. Die Windrichtungshäufigkeit könne nicht nur anhand einer Windrose des Jahres 1995 angenommen werden. Das Gutachten könne auch nicht von einem ebenen Geländeprofil ausgehen, vielmehr liege die Anlage auf einem zur Ortschaft hin abfallenden Hang. Es fehle eine nachvollziehbare und vollständige Dokumentation der Untersuchungen gemäß VDI 3783. Außerdem sei die vorhandene Geruchsbelästigung des Grundstücks der Antragsteller wegen der Tierhaltung des Beigeladenen entgegen Ziffer 4.4 der GIRL nicht berücksichtigt. Im Übrigen halte die Biogasanlage mit offenem Anschnitt der Fahrsilos den Mindestabstand von 300 m zu ihrem Haus nach der TA Luft nicht ein. Schließlich entstünden vermeidbare Geruchsbelästigungen, weil die Anschnittfläche der Silageplatte nicht ständig abgedeckt werden würde.

Das Vorhaben sei rücksichtslos wegen der Geräuschbelästigungen. Der gutachterlichen Stellungnahme liege die Annahme zugrunde, dass die Beschickung der Anlage durch Teleskoplader erfolge, dies habe nicht Eingang in die Genehmigung gefunden. Es fehle eine verlässliche Prognose der Geräuschimmissionen. Im Umfeld des Baugrundstücks würden jährlich ca. 3.000 Fahrten mit Schleppergespannen erforderlich werden, diese seien unberücksichtigt geblieben. Das Gutachten gehe von einer Verkehrsspitze im Herbst von bis zu 65 Fahrten zu und von der Anlage am Tag aus. Es kläre aber nicht, ob damit die zulässigen Immissionsrichtwerte für Geräuschspitzen überschritten würden. Die Annahme von ganzjährig 6 Fahrten des Lieferverkehrs pro Tag sei unrealistisch. Wegen der unterschiedlichen jahreszeitlichen Verteilung der Geräusche komme das gewählte vereinfachte Ermittlungsverfahren zu falschen Schlüssen. Die An- und Abfuhr erfolge mit schnell fahrenden Ackerschleppern. Aufgrund der großen Reifenvolumina und des groben Stollenprofils komme es zu besonderen Resonanzen, so dass ein Tonhaltigkeitszuschlag von 6 dB(A) gemäß Nr. A 2.5.2 der TA-Lärm vorzunehmen sei. Die Schallleistungspegel für die von dem Beigeladenen zur Anlieferung eingesetzten Schlepperzüge mit Häckselwagen seien mit 65 dB(A) unrealistisch niedrig angesetzt. Die Regierung von Niederbayern setze den maximalen Schallleistungspegel mit 102 dB(A) an. Das Gutachten hätte den der Anlage zuzurechnenden Verkehr auf der Ixxx berücksichtigen müssen und dass sich in der Erntezeit der Anlieferverkehr anstaue und so zusätzlichen Lärm äußere.

Das Vorhaben sei rücksichtslos wegen der Staubbelästigungen durch den Zulieferverkehr insbesondere während der Erntezeit.

Das Vorhaben sei rücksichtslos wegen der von der Anlage freigesetzten gesundheitsgefährdenden Stoffen in der Umgebungsluft wie pathogenen Keimen und andere Bioaerosolen, wie Bakterien, Salmonellen, Leptospiren, Mykobakterien und Chlamydien, oder Endotoxinen, Pilzen, Pestiziden und Düngemitteln.

Im Übrigen leide die Genehmigung auch an anderen Mängeln. Dem Genehmigungsantrag fehle der Nachweis über den ordnungsgemäßen Verbleib der Gärreste. Es fehle eine Verpflichtungserklärung des Beigeladenen zum Rückbau der Anlage nach Nutzungsaufgabe. Das Vorhaben verstoße grob gegen das Verunstaltungsverbot. Die Antragsteller könnten die Bewahrung der besonders markanten und landschaftlich bedeutsamen Südseite der Ortslage beanspruchen.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 14.06.2010 gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom 27.05.2010 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verteidigt die angegriffene Genehmigung:

Für den angeordneten Sofortvollzug hätten die wirtschaftlichen Interessen des Beigeladenen gesprochen.

Ob das Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert sei oder nicht, erfülle keine drittschützende Aufgabe, die die Antragsteller einfordern könnten.

Vorkehrungen gegen Störungsfälle seien keine drittschützende Aufgabe, die die Antragsteller einfordern könnten. Lediglich das Fehlen einer sicherungstechnischen Stellungnahme durch einen nach § 29a BImSchG bekannt gegebenen Sachverständigen könnten die Antragsteller beanstanden, doch sei der Vorhalt in der Sache unberechtigt. Nach dem Genehmigungsantrag (hauptsächlich unter Pkt. 6) solle die Überprüfung erst nach Fertigstellung für die Abnahme der Anlage durchgeführt werden. Eine Grundwassergefährdung sei nicht zu erwarten. Gülle und Silagesickerstoffe seien in die Wassergefährdungsklasse WGK 1 (schwach wassergefährdend) eingeordnet. Biogasanlagen des hier genehmigten Typs unterlägen den Vorgaben der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung - VAwS) im Anhang 1. Diese Anforderungen stellten die primäre Sicherheitsstufe dar. Die Umwallung sei eine sekundäre Sicherungsmaßnahme besonders für oberirdische Gewässer. Umwallung und die dem Beigeladenen aufgegebene Bodenverdichtung hielten wassergefährdende Stoffe bis zu 3 Tage auf, binnen derer sie entsorgt werden könnten.

Geruchsbelästigungen seien nach den vorgelegten Gutachten entweder zu vernachlässigen oder sie hielten die gesetzlich festgelegten, von den Antragstellern hinzunehmenden Werte ein. Ein vollständiges Abdecken der Silageplatte könnten die Antragsteller nicht verlangen, da sie keinen Abwehranspruch gegen alle vermeidbaren Gerüche hätten, sondern nur gegen die, die sie erheblich belästigten. Dem Beigeladenen das vollständige Abdecken der Silageplatte aufzugeben, wäre unverhältnismäßig. In den Genehmigungsunterlagen habe der Beigeladene angegeben, die Anschnittfläche möglichst klein zu halten. Dies entspräche auch seinem Interesse, ein Austrocknen der Silage zu vermeiden.

Geräuschbelästigungen seien nach den vorgelegten Gutachten entweder zu vernachlässigen oder sie hielten die gesetzlich festgelegten Werte ein. Die Prognose zu dem Fahrzeugaufkommen sei in den Antragsunterlagen unter Pkt. 4.5 dargestellt. Danach werde in der Erntezeit mit einem erhöhten Aufkommen von 15 Fahrzeugen am Tag gerechnet. Eine regelmäßige Überschreitung dieser Zahl sei nicht genehmigt. Die Zahl von 3.000 Fahrten sei nicht nachvollziehbar. Die auf der Anlage eingesetzten Maschinen müssten den Anforderungen der Maschinenverordnung und der 32. BImSchV entsprechen. Den Typ des Teleskopladers festzuschreiben sei unverhältnismäßig, schon um dem jeweiligen Stand der Technik Rechnung zu tragen. Andere Maschinen seien nicht lauter als der berücksichtigte Teleskoplader. Der Zufahrtsverkehr habe in dem Gutachten des TÜV (mit 65 Fahrten täglich) Eingang in die Lärmbegutachtung gefunden.

Vor Staubbelästigungen seien die Antragsteller auch ohne Regelung in der Genehmigung ausreichend geschützt.

Die Umgebung der Anlage werde vor pathogenen Keimen und Bioaerosolen durch die Nebenbestimmung 7 geschützt. Bei der genehmigten Anlage würden lediglich nachwachsende Rohstoffe und Gülle eingesetzt, tierische Nebenprodukte aber nicht. Der Anlagenbetreiber müsse den Anforderungen der VO (EG) Nr. 1774/2002 genügen. Hierzu sei ihm eine veterinärrechtliche Zulassung erteilt worden.

Einen Nachweis über den Verbleib der Gärreste könnten die Antragsteller ebenso wenig fordern wie eine Verpflichtung des Beigeladenen zum Rückbau der Anlage nach Nutzungsaufgabe.

Der Beigeladene hat unter dem 14.09.2010 weitere Stellungnahmen des TÜV Nord vom 07.09.2010 zu den Fragen zum Geruchs- und Geräuschgutachten für die geplante Biogasanlage vorgelegt. Der Beigeladene begehrt ebenfalls,

den Antrag abzulehnen,

und verteidigt die angegriffene Genehmigung.

Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert, es bestehe ein räumlich funktionaler Zusammenhang zwischen dem Hof des Beigeladenen und der Anlage, beide lägen nur ca. 300 m voneinander entfernt.

Eventuellen Störfällen werde hinreichend Rechnung getragen. Die sicherungstechnische Stellungnahme werde gemäß Nebenbestimmung 4.2 - 4.4 erfolgen.

Unzumutbare Geruchsbelästigungen seien nicht zu befürchten. Das Gutachten sei brauchbar, die Datengrundlage sei zureichend. Die Windrichtungshäufigkeit ergebe sich aus den Daten der Station Qxxx für das Jahr 1995, die sich auf den Anlagenstandort übertragen ließen. Die Untersuchungsgrundlagen seien dokumentiert und unter Ziffer 6.3 des Gutachtens benannt. Die Silageplatte werde mit Ausnahme der Anschnittflächen der Silage abgedeckt. Dies sei schon wegen der Gewinnmaximierung erforderlich, um die Qualität der Silage zu wahren. Mit einem unzumutbaren, erheblichen Arbeitsaufwand sei jedoch verbunden, die Anschnittflächen der Silageplatte ebenfalls abzudecken.

Unzumutbare Geräuschbelästigungen seien nicht zu fürchten. Das Grundstück der Antragsteller befinde sich am Rande des Innenbereichs, seine Schutzwürdigkeit gegenüber Außenbereichsnutzungen sei deshalb herabgestuft. Insofern sei von höheren Grenzwerten auszugehen als der Gutachter angenommen habe, nämlich tagsüber 64 dB(A) und nachts 54 dB(A). Die gutachterlichen Stellungnahme berücksichtige die Emissionen aus der Feststoffbeschickung der Anlage. Die Vorgabe im Genehmigungsantrag laute "bis zu 15 Fahrzeuge". Während der Ernte würden bis zu 15 Fahrzeuge benötigt, um das Silagegut auf die Silageplatte zu bringen. Hieraus ergäben sich entsprechend viele Fahrten. Jährlich würden ca. 10.000 to Silage geerntet, davon rd. 6.200 to Maissilage. Bei einer Erntezeit von 14 Tagen und 16 to Ladekapazität benötige der Beigeladene für den Mais 28 Fahrten am Tag zur Anlieferung. Während der Mähzeit für die Grassilage kämen 7 Fahrten pro Tag dazu. Der Gutachter sei von 65 Tagen pro Tag ohne Mittelung ausgegangen. Selbst wenn ein Tonhaltigkeitszuschlag für den Treckerverkehr zu vergeben wäre, würden die Lärmwerte eingehalten (Stellungnahme des Gutachters vom 06.09.2010). Das Haus der Antragsteller liege gar nicht an der Strecke, über die der Anlieferverkehr geführt werde. Der gewählte Schallleistungspegel für den Fahrzeugverkehr zu, auf und von der Anlage sei zutreffend bestimmt. Der Maximalwert des Lärms der Anlage werde laut Gutachter nicht durch den Fahrzeugverkehr, sondern das Verdichten der Silage bestimmt. Damit komme es nicht auf den Verkehr auf der Ixxx an. In der Erntezeit sei ein Stau von Treckergespannen nicht zu befürchten. Der Anlieferverkehr werde so geregelt, dass die Fahrzeuge effektiv eingesetzt werden würden. Das Verfahren zur Ermittlung von Geräuschimmissionen durch Fahrzeugverkehr auf öffentlichen Flächen sei durch die 16. BImSchV vorgegeben. Die Berücksichtigung von Saisonverkehr sei danach nicht vorgesehen.

Staubbelästigungen seien nicht zu gewärtigen. Die Zuwegung zu dem Anlagenstandort sei sowohl zu den Antragstellern hin als auch auf der Anfahrtsroute durchgehend asphaltiert.

Gesundheitsgefährdende Stoffe in der Luft seien nicht zu erwarten, da die Biogasanlage ausschließlich nachwachsende Rohstoffe und Gülle verarbeite.

Eine Verpflichtungserklärung zum Rückbau der Anlage nach Nutzungsaufgabe diene nicht dem Nachbarschutz.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig. Selbst wenn die Biogasanlage mittlerweile fertig gestellt worden sein sollte, nimmt das Gericht ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller für das vorläufige Rechtsschutzverfahren an, weil sie sich mit ihren Einwänden im Wesentlichen nicht gegen die Errichtung, sondern den Betrieb der Anlage wenden.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die Begründung zur Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung hält den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO stand. Die Antragsteller rügen, dass die Begründung für den angeordneten Sofortvollzugs inhaltlich nicht stichhaltige Gründe benennt. Mit diesem Vortrag wird aber die fehlende Wahrung des Begründungserfordernisses nicht dargetan. § 80 Abs. 3 VwGO fordert, dass überhaupt eine Begründung für die Sofortvollzugsanordnung gegeben wird. Dies ist der Fall. Die inhaltliche Richtigkeit spielt dafür keine Rolle.

Der Antrag hat auch nicht deshalb Erfolg, weil die Antragsteller einen Anspruch darauf haben, von der Vollziehung der unter dem 30.06.2010 für sofort vollziehbar erklärten Genehmigung vom 27.05.2010 deshalb verschont zu werden, weil ihr Widerspruch dagegen in der Sache Erfolg haben müsste. Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO bedarf es einer Abwägung der gegenseitigen Interessen der Beteiligten. Maßgeblich ist, ob das private Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs oder das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Genehmigung überwiegt. Für das Interesse der Antragsteller sind die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache einzulegenden Rechtsbehelfs von besonderer Bedeutung, Ein überwiegendes Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn bereits die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass der Verwaltungsakt voraussichtlich Rechte der Antragsteller verletzt. Umgekehrt überwiegt bei voraussichtlicher Rechtmäßigkeit in der Regel das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Genehmigung. Gemessen daran überwiegt hier das Interesse des Beigeladenen.

Die Antragsteller können der Genehmigung nur insoweit widersprechen, wie diese sie in ihren Nachbarrechten verletzt. Einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben haben sie nicht bereits deshalb, weil es grundsätzlich nicht - wie der Antragsgegner annimmt - als privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB genehmigungsfähig ist, sondern nur dann, wenn es gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot verstößt. Dieses setzt eine schutzwürdige Position des Nachbarn gegenüber dem Vorhaben voraus; denn Rücksicht zu nehmen ist nur auf solche Interessen des Nachbarn, die wehrfähig sind, weil sie nach der gesetzgeberischen Wertung, die im materiellen Recht ihren Niederschlag gefunden hat, schützenswert sind. Werden in diesem Sinn schutzwürdige Interessen des Nachbarn nicht beeinträchtigt, greift das Rücksichtnahmegebot nicht; dabei kommt es nicht darauf an, ob die vom Nachbarn angefochtene Genehmigung - objektivrechtlich - rechtswidrig ist. Denn § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (alles nach: BVerwG, Beschl. vom 03.04.1995 - 4 B 47/95 -, zit. nach [...]).

Eine wehrfähige Position kommt für die Antragsteller nur insoweit in Betracht, als sie beanspruchen können, auf ihrem Wohngrundstück vor Gerüchen, Geräuschen, Stäuben sowie Bioaerosolen aus dem Anlagenbetrieb und wohl auch den Folgen von Störfällen geschützt zu werden. Die Rechte der Antragsteller schützende - und damit das Rücksichtnahmegebot konkretisierende - öffentlich-rechtliche Vorschriften wären verletzt, wenn durch die genehmigte Biogasanlage Auswirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG auf die Antragsteller ausgingen. Danach dürfen von der Biogasanlage nicht schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft ausgehen, Genehmigungen müssen Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen treffen.

Das Vorhaben dürfte nach summarischer Prüfung des Gerichts nicht rücksichtslos wegen Geruchsbelästigungen der Biogasanlage sein.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller schreibt die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24. Juli 2002 (GMBl. 2002, S. 511) weder unter Nr. 5.4.8.6.1 a noch unter Nr. 5.4.9.36 einen Mindestabstand von 300 m zwischen ihrem Haus und der Biogasanlage vor.

Nach Nr. 5.4.8.6.1 a der TA Luft sollen Anlagen zur Vergärung von Bioabfällen mit einer Durchsatzleistung von 10 Mg (= Megagramm = 1000 kg = 1 Tonne) Abfällen pro Tag oder mehr bei geschlossenen Anlagen einen Mindestabstand von 300 m zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung halten. Die Regelung begünstigt die Antragsteller nicht, obwohl sie auch auf das Schutzbedürfnis der Nachbarschaft abstellt. Denn die Bestimmung findet sich systematisch in der TA Luft unter Nr. 5. Dieser Nummer regelt "Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen". Deshalb dient Nr. 5.4.8.6.1 a der TA Luft nicht der Konkretisierung des Schutzgrundsatzes, sondern ausschließlich der Einhaltung des Vorsorgegebotes. Dies hat zur Folge, dass bei Einhaltung des Mindestabstandes unter "normalen" Verhältnissen keine erheblichen Geruchsbelästigungen auftreten können und es in diesem Fall keiner weiteren Untersuchungen mehr bedarf. Zur Konkretisierung der Schutzpflicht und damit zur Konkretisierung dessen, was den Antragstellern zugemutet werden kann für den - hier gegebenen - Fall, dass der Mindestabstand nicht eingehalten wird, muss auf andere Erkenntnisquellen zurückgegriffen werden (vgl. Hansmann, NVwZ 1999, 1158, 1159; VG Karlsruhe, Urteil vom 28.04.2005 - 6 K 1840/04 -, RdL 2005, 330).

Auch Nr. 5.4.9.36 der TA Luft bestimmt einen Mindestabstand von 300 m für Anlagen zur Lagerung von Gülle, steht aber ebenso unter der Einschränkung in Nr. 5 der TA Luft "Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen", kann also keinen Schutzgrundsatz konkretisieren. Im Übrigen ist die Bestimmung für die hier streitige Biogasanlage gar nicht anwendbar. Denn Nr. 5.4.9.36 der TA Luft gilt nur für "Anlagen der Nummer 9.36" des Anhangs der 4. BImSchV (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht II, Nr. 5.4.9 TA Luft, Rn. 1), d. h. "Anlagen zur Lagerung von Gülle mit einem Fassungsvermögen von 6500 Kubikmetern oder mehr". Der vorhandene Gülle-Auffangbehälter hat ein Fassungsvermögen von nur 1089 m3.

Greifen Regelungen der TA Luft zur Bewertung der Geruchsemissionen der Biogasanlage nicht, kann für die Beurteilung, ob Geruchsbelästigungen belästigend wirken, die GIRL zugrunde gelegt werden. Die GIRL ist ein rechtlich nicht verbindliches Regelwerk, das keine Rechtsquellen darstellt, aber "technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben" (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.05.2007 - 4 B 5.07 -, [...]). Es entspricht der (inzwischen) ganz herrschenden Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die GIRL ein geeignetes Hilfsmittel für die Beurteilung von Geruchsimmissionen darstellt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.06.2007 -12 LA 14/07 -, RdL 2007, 240 m. w. Nw.). Die ist seit dem 01.07.2009 zur Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs bei der Erteilung von Genehmigungen nach den §§ 4 ff. BImSchG sowie bei der Überwachung nach § 52 BImSchG zugrunde zu legen und die dort beschriebenen Verfahren zur Beurteilung der Geruchssituation auf sämtliche im Anhang der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) aufgeführten Anlagen anzuwenden. Nur für den Bereich der Landwirtschaft sind im Rahmen ihres Geltungsbereichs zunächst die TA Luft sowie die VDI-Richtlinien 3471 und 3472 anzuwenden, die jedoch für die Beurteilung der von einer Biogasanlage ausgehenden Geruchsimmissionen nicht einschlägig sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 -, RdL 2006, 212). Nach Nr. 3.3 der GIRL ist ein zusätzlicher von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartender Immissionsbeitrag irrelevant, wenn die zu erwartende Zusatzbelastung auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (= 2 % der Jahresstunden) überschreitet.

Der Beigeladene legte eine gutachterliche Stellungnahme des TÜV Nord vom 20.01.2010 und ergänzende Stellungnahmen vom 07.09.2010 zu den Geruchsemissionen vor, wonach das Grundstück der Antragsteller durch die Biogasanlage mit einem zusätzlichen Geruchstundenanteil von höchstens 2% betroffen ist. Dies dürfte nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden sein.

Die Einwände der Antragsteller gegen die Begutachtung dürften nicht durchgreifen.

Sollte der Gutachter tatsächlich entgegen den Anforderungen in Nr. 4.5 der GIRL i. V. m. Nr. 1 Abs. 1 des Anhang 3 der TA Luft die Ausbreitungsberechnung für Gase und Stäube nur anhand einer einjährigen Windrose (hier: des Jahres 1995) und nicht auf der Basis einer mehrjährigen Häufigkeitsverteilung von Ausbreitungssituationen durchgeführt haben, wirkt sich dies nicht auf sein Ergebnis aus. Denn die Berücksichtigung einer mehrjährigen Zeitreihe, z. B. aus dem Zeitraum 01.01.1997 bis 31.12.2006, führt nicht dazu, dass die Antragsteller eine höhere Geruchsbelästigung als 2 % der Jahresstunden zu gewärtigen hätten, da sich unter Zugrundlegung einer mehrjährigen Windrose die Häufigkeitsverteilung der Windrichtungen an der Station Qxxx ändern und dadurch die Geruchsbelastung der Antragsteller verringern würde (Stellungnahme des Gutachters vom 07.08.2010). Die der Geruchsprognose zugrunde gelegten Windrichtungshäufigkeiten können anhand der Werte der Wetterstation Qxxx (vgl. Anlage 3 des Geruchsgutachtens vom 20.01.2010) angenommen werden, weil sich die Daten der Station Cxxx-Wxxx auf den Anlagenstandort übertragen lassen. Auf die bei summarischer Prüfung überzeugenden Gründe des Geruchsgutachten vom 20.01.2010 (S. 14, Ziffer 6.2) nimmt das Gericht Bezug.

Die Antragsteller lasten der Geruchsbegutachtung zu Unrecht an, sie vollziehe ihre Berechnung unter der Annahme eines ebenen Geländeprofils (S. 7 des Geruchsgutachtens vom 20.01.2010). Zwar ist den Antragstellern einzuräumen, dass die Biogasanlage auf einem zur Ortschaft hin abfallenden Hang mit einer Höhendifferenz von 0,5 % liegt. Diese Unebenheit hat der Gutachter aber außer Acht zu lassen. Denn nach Nr. 11 des Anhangs 3 zur TA Luft sind bei der Ausbreitungsberechnung Unebenheiten des Geländes in der Regel nur zu berücksichtigen, falls innerhalb des Rechengebietes Höhendifferenzen zum Emissionsort von mehr als dem 0,7fachen der Schornsteinbauhöhe und Steigungen von mehr als 1:20 auftreten. Die Steigung ist dabei aus der Höhendifferenz über eine Strecke zu bestimmen, die dem 2fachen der Schornsteinbauhöhe entspricht. Der hierzu beurteilende Hang weist diese Höhendifferenz nicht im Entferntesten auf.

Das Gericht kann es auch nicht beanstanden, dass die Geruchsprognose bei der Ermittlung der Zusatzbelastung durch die Biogasanlage eine Vorbelastung des Standorts durch die Viehhaltung des Beigeladenen ausgeblendet. Zunächst ist der landwirtschaftliche Hof des Beigeladenen nicht als Teil der Biogasanlage zu berücksichtigen. Abgesehen von dem Gülle-Auffangbehälter besitzen beide Betriebe keine Gemeinsamkeiten. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Biogasanlage lässt in zutreffender Weise den nur baugenehmigungsbedürftigen landwirtschaftlichen Betrieb vollkommen außer Acht. Hinsichtlich der am Standort der Biogasanlage allgemein auftretenden Geruchsvorbelastung orientiert sich der Gutachter (auch hier) an Nr. 3.3 der GIRL. Danach ist eine Vorbelastung nicht in den Blick zu nehmen, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag den Wert 0,02 nicht überschreitet. Solange der Gutachter - wie hier - für die Zusatzbelastung zutreffend den Wert von 0,02 für die Geruchsexposition der Biogasanlage feststellt, ist diese Betrachtung nicht zu beanstanden.

Angesichts der dem Gericht nur möglichen summarischen Prüfung überzeugt schließlich der Einwand der Antragsteller nicht, dass der Begutachtung eine nachvollziehbare und vollständige Dokumentation der Untersuchungen gemäß VDI 3783 fehle, die zur Grundlage der Berechnungen des Gutachters gemacht wurden. Im Gutachten findet sich nur eine Protokolldatei (Anhang 1), aber keine Dokumentation des vollständigen Rechenwegs. Den bestimmte das verwandte Programm AUSTAL 2000 G (Geruchsgutachten vom 20.01.2010, S. 14). Die Eingabedaten sind benannt (Geruchsgutachten vom 20.01.2010, S. 14 f. unter Ziffer 6.3). Dies dürfte nicht zu beanstanden sein, weil die Antragsteller nicht ausführen, welche Daten fehlerhaft ermittelt bzw. unzureichend berücksichtigt wurden.

Die Antragsteller können außerdem nicht beanstanden, dass trotz der irrelevanten Geruchszusatzbelastung der Biogasanlage diese gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt, weil der Beigeladene - wie vom Gutachter berücksichtigt - die Anschnittflächen der Silageplatte ständig offen hält und eine Geruchsminimierung deshalb zu erreichen wäre, wenn diese ständig abgedeckt wären. Die Antragsteller können gegenüber dem Beigeladenen nur die Befolgung des Rücksichtnahmegebots begehren, dieses berücksichtigt nur den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, erheblichen Nachteilen und/oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG. Die Schwelle der Erheblich- bzw. Schädlichkeit ist anhand der GIRL zu ermitteln. Weist diese - wie hier - eine von den Antragstellern hinzunehmende Belastung aus, haben die Antragsteller diese hinzunehmen. Im Übrigen gehört es nicht zum Stand der Technik, die Anschnittflächen von Silageplatten ständig abzudecken. Nach der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 "Emissionsminderung - Biogasanlagen in der Landwirtschaft" (S. 47) können die Anschnittflächen trotz austretender Gerüche bis auf die Zeiten angekündigten Starkregens offen bleiben.

Die von der Biogasanlage ausgehenden Schallemissionen erweisen sich nicht als erheblich und deshalb das Vorhaben des Beigeladenen als rücksichtslos; die Einwände der Antragsteller hiergegen greifen nicht durch. Maßstab dafür, welche von der Anlage ausgehenden Geräuscheinwirkungen unerheblich sind und sich deshalb nicht als Verletzung der (Ruheschutz-) Rechte der Nachbarschaft der Anlage auswirken können, bilden die Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26. August 1998 (GMBl. 1998, 503). Das Gutachten des TÜV Nord vom 01.03.2010 kommt (abgelesen aus Anlage 5) nach den Vorgaben der TA Lärm zu dem Ergebnis, dass das Grundstück der Antragsteller von der Biogasanlage nachts mit einem Schallleistungspegel von weit unter 35 dB(A) und tags mit einem Pegel von jedenfalls weniger als 47 dB(A) betroffen ist. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm gilt die Zusatzbelastung der Biogasanlage als irrelevant, weil sie den maßgeblichen Immissionsrichtwert um mehr als 6 dB(A) unterschreitet. Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte sind für das Grundstück der Antragsteller entweder diejenigen für ein Allgemeines Wohngebiet mit tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) oder nur diejenigen eines Dorfgebietes mit tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Selbst in dem für die Antragsteller günstigsten Fall liegen die für sie prognostizierten Schallleistungspegel um mehr als 6 dB(A) unter denjenigen eines Allgemeinen Wohngebiets, Die Nachtwerte sind zweifelsfrei eingehalten. Die Tagwerte liegen bei 47 dB(A). In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungsrelevant, ob der Geräuschgutachter bei der Beurteilung des Fahrzeuglärms aufgrund der großen Reifenvolumina und dem groben Stollenprofil der eingesetzten Ackerschlepper, noch hätte einen Tonhaltigkeitszuschlag von 6 dB(A) gemäß Ziffer A 2.5.2 TA-Lärm aufschlagen müssen. Denn selbst wenn ein Tonhaltigkeitszuschlag berücksichtigt würde, würde die Zusatzbelastung der Biogasanlage irrelevant bleiben. Der Beurteilungspegel würde sich nur um 1 dB(A) erhöhen (Stellungnahme des Gutachters vom 06.09.2010) und unterschritte mit dann 48 dB(A) noch immer den zur Irrelevanz führenden Immissionsrichtwert von 49 dB(A) (= 55 dB(A) - 6 dB(A)).

Das Gericht kann die gutachterliche Ermittlung der durch die Biogasanlage erzeugten Belastung nicht beanstanden.

Zu Unrecht halten die Antragsteller dem Gutachter vor, er habe die sie treffenden Geräuschspitzen nicht bestimmt. Diese betragen nach dem Geräuschgutachten vom 01.03.2010 (Seite 13) weniger als 53 dB(A), die bei dem der Anlage näheren IO 6 auftreten. Die Ermittlung der Prognose der Geräuschimmissionen durch den Anlieger- und Abfuhrverkehr leidet nach summarischer Prüfung nicht daran, dass der Gutachter zu wenige Fahrten des Lieferverkehrs zugrunde gelegt hat. Das Gutachten vom 01.03.2010 berücksichtigt den Fahrzeugverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen im Umkreis von 500 m von dem Betriebsgrundstück bis zur Vermischung mit dem öffentlichen Verkehr auf der Nxxx Straße, also den Verkehr auf dem gesamten Weg vom Betriebsgrundstück bis zur Ixxx (S. 6, Karte Anhang 5 des Gutachtens). Auf dieser Wegstrecke hat der Gutachter nach seiner Stellungnahme vom 06.09.2010 das Geräusch von 65 Fahrten pro Tag ohne Mittelung zugrunde gelegt. Die Zahl von 65 Fahrten ist sehr konservativ gewählt, sie liegt mit großer Sicherheit über den tatsächlich stattfindenden Fahrten. Denn der Beigeladene weist zu Recht darauf hin, dass in der Maiserntezeit von ca. 14 Tagen bei einem Ladevolumen von 16 Tonnen nur 28 Fahrten am Tag notwendig seien, um die benötigte Menge von 6.200 Tonnen Maissilage auf das Betriebsgrundstück zu bringen. Der Einwand der Antragsteller, das Gutachten lasse unberücksichtigt, dass sich der Anlieferverkehr in der Erntezeit anstaue und so zusätzlichen Lärm äußere, überzeugt schon deshalb nicht, weil gar nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der Anlieferverkehr tatsächlich vor bzw. auf dem Anlagengrundstück stauen wird. In der Erntezeit wird das Baugrundstück täglich (äußerst konservativ geschätzt) 65mal angefahren. Die Entladezeit beträgt jeweils 5 Minuten. Rechnet man großzügig mit 10 Minuten für die Benutzung der Anfahrtstrecke ab der Nxxx Straße und dem Entladen auf dem Betriebsgrundstück nimmt dieses knapp 11 Stunden in Anspruch. Durch, wie der Beigeladene vorträgt, geschickte Organisation der Verkehre entstehen also während der Tagzeit ausreichend Freiräume, um Verkehrstaus zu vermeiden.

Die von dem Gutachter für die Fahrzeuge der Biogasanlage jeweils angesetzten Schallleistungspegel sind nach summarischer Prüfung ebenfalls nicht zu beanstanden. Für die Beschickung der Biogasanlage setzt der Gutachter den Schallleistungspegel eines Teleskopladers (S. 11 des Gutachtens vom 01.03.2010) und dafür eine Geräuschemission von < 105 dB(A) an (S. 12 des o. g. Gutachtens). Wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, ist dadurch nicht Bestandteil der Genehmigung geworden, dass die Biogasanlage nur mit dem von dem Gutachter angenommenen Teleskoplader beschickt werden kann. Der Gutachter hat vielmehr nach einem Anhalt für den Lärm des Fahrzeugs gesucht, das die Anlage beschickt. Dass dieser Anhalt fehlerhaft gegriffen ist, lässt sich in summarischer Prüfung nicht feststellen. Sollte sich im laufenden Betrieb des Beigeladenen zeigen, dass er für die Beschickung ein lauteres Fahrzeug als den angenommenen Teleskoplader benutzt, kann der Antragsgegner gegebenenfalls mit nachträglichen Anordnungen dessen Lärm begegnen. Die von dem Gutachter angenommenen Schalleistungspegel für die von dem Beigeladenen zur Anlieferung eingesetzten Schlepperzüge mit Häckselwagen dürften nach summarischer Prüfung ebenfalls zutreffend bestimmt sein. Das Gutachten vom 01.03.2010 (S. 12) berücksichtigt die Anfahrt der Treckergespanne mit einem längenbezogenen Schallleistungspegel von 65 dB(A)/m für eine Fahrt pro Stunde, dagegen setzt es für die Anlieferung auf das Fahrsilo für einen Zeitraum von 5 Minuten 107 dB(A) an. Zusammen mit dem Fahrzeug zum Verdichten der Silagepflanzen setzt das Gutachten einen Schallleistungspegel von =< 108 dB(A), maximal 115 dB(A) an. Diese Ansätze scheinen nicht fehlerhaft. Das Gericht hat in einem baurechtlichen Genehmigungsverfahren die Emission einer langsamen Lkw-Vorbeifahrt mit einem längenbezogenen Schallleistungspegel von 63 dB(A)/m bestätigt (Beschluss vom 04.11.2009 - 4 B 5550/09), es ist nicht ersichtlich, warum dann der Ansatz von längenbezogenen 65 dB(A)/m für die Vorbeifahrt eines leistungsstarken Treckers zu niedrig sein sollte. Die Ladegeräusche setzt der Gutachter auch im Sinne der Antragsteller hoch genug an. Wenn diese demgegenüber darauf verweisen, dass die Regierung von Niederbayern den maximalen Schallleistungspegel mit 102 dB(A) ansetze, kann sich dies nicht auf einen (naturgemäß niedrigeren) längenbezogenen Schallleistungspegel dB(A)/m beziehen.

Der Gutachter hat nach summarischer Prüfung zu Recht bei der Geräuschprognose nicht berücksichtigt, dass durch die Biogasanlage zusätzlicher Verkehr auf der Ixxx erzeugt wird. Nach Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm sind Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück durch Maßnahmen zu vermindern, soweit (1.) sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, (2.) keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und (3.) die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Gutachter errechnet in dem Gutachten vom 01.03.2010 (S. 6 und 14) biogasanlagenbedingten Verkehr auf der Ixxx nach den Vorgaben der 16. BImSchV mit täglich aufgerundet 6 Fahrten während der Tageszeit und ermittelt daraus einen höchsten Wert von 49 dB(A). Da der Immissionsgrenzwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete in der Tageszeit 59 dB(A) beträgt, ist sichergestellt, dass eine Erhöhung der vorhandenen Verkehrsgeräusche um 3 dB(A) und eine Überschreitung des Grenzwertes nicht gleichzeitig zutrifft. Dass der Gutachter bei seiner Berechnung (nur) 6 Fahrten täglich - und nicht wie bei der Berechnung des Anlagenlärms bis zu 65 Fahrten täglich - berücksichtigt, beruht auf den Vorgaben der 16. BImSchV, die (in Anlage 1 zu § 3) die "durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV)" zugrunde legt.

Eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens wegen der Staubbelästigungen insbesondere durch den Zulieferverkehr während der Erntezeit dürfte ebenfalls zu verneinen sein. Denkbar sind in diesem Zusammenhäng Stäube, die sich zum einen sich von den Ladeflächen bzw. bei der Herrichtung der Silage unmittelbar von dem Silagegut lösen ("Silagestaub") bzw. zum anderen Stäube, die von den Fahrzeugen, die die Anlage aufsuchen und verlassen von der Fahrbahn aufgewirbelt werden ("Fahrbahnstaub"). Es ist nicht zu erwarten, dass das Silagegut erhebliche Staubmengen hervorrufen kann. In der Biogasanlage wird Mais- und Grassilage verarbeitet. Sie gehören nicht zu den Gärsubstraten, deren Stäube nach dem Stand der Technik zu vermeiden sind. Im Bereich der Anlieferung, Annahme und Aufbereitung der Gärsubstrate können nach der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 (S. 46) diffuse staubförmige Emissionen freigesetzt werden, wenn staubende Substrate, wie Getreidespelzen, trockener Hühnerkot, Stroh usw. eingesetzt werden. Entsprechend schlägt das Biogas-Handbuch Bayern, Kap. 2.2.2, S. 35 (http://www.lfu.bayern.de/abfall/fachinformationen/biogashandbuch/doc/kap222.pdf) vor, staubende (Gär-)Stoffe, wie z.B. Getreidespelzen, Knochenmehl, trockenen Hühnerkot, Milchpulver, Molkepulver usw. in geschlossenen Behältnissen anzuliefern. Für die in der genehmigten Anlage verwandten erntefrischen und damit noch feuchten Gärsubstrate aus der Familie der Gräser, gehäckselter Mais und Gras, empfiehlt die VDI-Richtlinie keine Staubvorsorge. Sie sollen schon bestimmungsgemäß in einem bedeutend feuchteren Zustand verarbeitet werden als etwa Getreidereste, um den Silageprozess zu erleichtern. Auch der Fahrbahnstaub wird die Antragsteller nicht unzumutbar schwer treffen. Der Zulieferverkehr führt nicht am Haus der Antragsteller vorbei, sondern in nächstens 250 m Entfernung über einen Weg zur Neuwarmbüchener Straße. Die VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, S. 46 schlägt zur Vermeidung von Staubaufwirbelungen bei der Anlieferung und beim Umschlag der Substrate (lediglich) vor, den Anlagenbereich in einer die Verkehrsbeanspruchung entsprechenden Stärke zu befestigen sowie die befestigten Flächen sauber zu halten. Die Zuwegung zu der genehmigten Anlage ist durchgehend asphaltiert, ist also wie die Silageplätte wie von der Richtlinie empfohlen befestigt. Sollten die Antragsteller bei dem Betrieb der Anlage durch Fahrzeugstaub von nicht gereinigten Verkehrsflächen belästigt werden, steht es dem Antragsgegner offen, nachträglich diesbezüglich Anordnungen gegenüber dem Beigeladenen zu treffen. Die Zuwegung wird zudem im Wesentlichen im Herbst benutzt, einer gegenüber den Sommermonaten niederschlagsreicheren Jahreszeit.

Nach summarischer Prüfung dürfte sich die Biogasanlage auch nicht wegen der von ihr freigesetzten gesundheitsgefährdenden Stoffe rücksichtslos auswirken. Der Genehmigungsantrag bezeichnet die Quellen von staub-, gas- und aerosolförmigen luftverunreinigenden Stoffen und benennt die emittierten Stoffe im Reingas (Anlage 4.2). Daneben können aus dem oben offenen Gülle-Aufnahmebehälter, aus dem Anschnitt der nicht abgedeckten Silagefläche, beim Einbringungsprozess, aus dem folienabgedeckten Gärproduktlager sowie beim Ausbringen der Gärreste als Dünger Keime entweichen (vgl. Biogashandbuch Bayern, Materialienband Kap. 1.6, S. 3, 7, 10 f.). Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die von den Antragstellern genannten gesundheitsgefährdenden Stoffe in einer Weise emittiert werden, dass sie die Antragsteller gefährden. In der genehmigten Anlage werden lediglich nachwachsende Rohstoffe und Gülle eingesetzt, tierische Nebenprodukte aber nicht. Die Gülle von Nutztieren aus der Landwirtschaft enthält natürlicherweise Bakterien und andere Mikroorgansimen. Nach Messungen des Umweltbundesamtes besteht daraus keine generelle Gesundheitsgefährdung für die Anwohner (VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, S. 41). Durch eine ordnungsgemäße Gärrestelagerung wird lt. VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 (S. 36, 41) die Anzahl der Bioaerosole verringert (z. B. durch Pasteurisierungsstufen, zwischenzeitliche pH-Wert-Senkung, Ammoniakgehalt). Das Gericht hat daher keine Anhaltspunkte für eine beachtliche Freisetzung gesundheitsgefährdender Stoffe. Die Antragsteller machen zu diesen angeblichen Gefährdungen auch keine substantiierten Angaben. Der Kontrolle von Freisetzungen dient zudem die - gleichzeitig mit der Anlagengenehmigung erteilte - veterinärrechtliche Zulassung nach der VO (EG) 1774/2002 in der Nebenbestimmung 7.1.

Die Genehmigung dürfte auch nicht darunter leiden, dass sie keine/nur unzureichende Vorkehrungen gegen die Antragsteller treffende Störungsfälle ergreift. Das Gericht geht zu Gunsten der Antragsteller davon aus, dass es eine drittschützende Aufgabe des Antragsgegners ist, Störfällen entgegenzuwirken, da im Störfall die Nachbarschaft einer havarierten Biogasanlage durchaus unmittelbar betroffen sein kann. In der (mit)genehmigten Betriebsbeschreibung des Beigeladenen (im Antrag unter 6.2) werden für 5 verschiedene Störfälle die zu ergreifenden Maßnahmen beschrieben. Die von den Antragstellern vermisste Planung, wie im Falle einer nachhaltigen Störung des Gärprozesses zu verfahren sei, findet sich in den im Genehmigungsantrag benannten Fällen 3 und 5.

Die Antragsteller können nicht beanstanden, dass in den Antragsunterlagen eine sicherungstechnische Stellungnahme durch einen nach § 29a BImSchG bekannt gegebenen Sachverständigen gefehlt habe. Der Antrag nimmt auf eine Untersuchung nach Inbetriebnahme Bezug. Die Genehmigung regelt in Nebenbestimmung 4.2, dass die Anlage erst in Betrieb genommen werden darf, wenn nach Durchführung einer sicherheitstechnischen Prüfung festgestellt wurde, dass der Inbetriebnahme aus sicherheitstechnischen Gründen nichts entgegen steht. Der Sachverständige ist allerdings nach Nebenbestimmung 4.4 bereits bei der Errichtung der Anlage einzubeziehen. § 29a Abs. 2 BImSchG stellt es in das Ermessen des Antragsgegners, den Zeitpunkt der sicherheitstechnischen Prüfung zu bestimmen (1.) für einen Zeitpunkt während der Errichtung oder sonst vor der Inbetriebnahme der Anlage, (2.) für einen Zeitpunkt nach deren Inbetriebnahme, (3.) in regelmäßigen Abständen, (4.) im Falle einer Betriebseinstellung oder (5.) wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bestimmte sicherheitstechnische Anforderungen nicht erfüllt werden. Die Vorschrift sieht eine Stellungnahme bei Antragstellung gar nicht vor, sondern stellt ersichtlich darauf ab, dass die Stellungnahme frühestens in der Errichtungsphase erfolgen soll.

Die Sorge der Antragsteller, im Falle einer Explosion der Anlage von Trümmerteilen getroffen zu werden, erscheint überzogen. Die Antragsteller verweisen auf eine am 16.12.2007 nach Verpuffung explodierte Anlage in Riedlingen-Daugendorf, bei der Trümmerteile 100 m weit geflogen seien. Dem Gericht sind keine Erkenntnisse bekannt, dass im Falle einer Havarie einer Biogasanlage für Menschen oder Sachen gefährliche Trümmerteile über 200 m - und damit in den Bereich des Grundstücks der Antragsteller - stürzen könnten.

Die Antragsteller dürften auch davor bewahrt sein, in dem Fall, dass aus havarierten Anlagenteilen Stoffe auslaufen, diese ihr Grundstück überfluten bzw. ihr Grundwasser verseuchen. Das Gericht lässt es dabei dahin stehen, ob und ggf. aus welchem Grund die Antragsteller überhaupt den Schutz "ihres" Grundwassers begehren können. Vor den geschilderten Auswirkungen sind sie durch die Verwaltung des Betriebsgeländes (Rückhaltebecken) und die Bodenverdichtung ausreichend geschützt. Das Rückhaltebecken mit 4112 m3 Größe ist Teil des Genehmigungsantrags (Nr. 17) und Bestandteil der Genehmigung (II Ziffer 17). Das Rückhaltebecken besitzt eine Schicht aus verdichtetem Boden und muss so beschaffen sein, dass die potentiell austretenden Flüssigkeiten innerhalb von drei Tagen nicht tiefer als 20 cm eindringen können (Genehmigung Punkt 5.18). Hinweise darauf, dass die Verwaltung den Inhalt des größten Behälters nicht aufnehmen kann oder dass die Bodenabdichtung nicht halten kann, fehlen. Gülle und Silagesickerstoffe sind in die Wassergefährdungsklasse WGK 1 (schwach wassergefährdend) eingeordnet. Den Schutz vor Grundwassergefährdungen leisten für Biogasanlagen des hier genehmigten Typs die Vorgaben der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung - VAwS) im Anhang 1. Dessen Anforderungen stellen die primäre Sicherheitsstufe dar. Die Umwallung und untere Abdichtung des Betriebsgeländes ist eine sekundäre Sicherungsmaßnahme besonders für oberirdische Gewässer bei Versagen der Behälterwand oder der Anschlüsse. Da nicht alle primären Sicherungsmaßnahmen gleichzeitig ausfallen dürften, stellt der Antragsgegner zu Recht darauf ab, dass die Umwallung nicht so bemessen sein muss, dass alle Behälter gleichzeitig ausfallen. Wenn die Antragsteller beanstanden, dass für die in Nr. 5.18 der Genehmigung geregelte Verwaltung nicht geklärt sei, wie das "im Schadensfall größtmögliche auftretende Flüssigkeitsvolumen" zu bestimmen sei, sind sie darauf hinzuweisen, dass dieselbe Bestimmung dazu ausführt, dass das Volumen des größten Behälters - hier 3.222 m3 - maßgeblich sei. Somit werden nur bei einem Ausfall der primären Sicherungen schwach wassergefährdende Stoffe in die abgedichtete Verwaltung strömen und hier im Erdboden versickern, falls sie nicht binnen 3 Tage abgepumpt werden können. Bei einem so seltenen und wenig gravierenden Ereignis ist nach Auffassung des Gerichts nicht mit einer nachhaltigen Schädigung des über 200 m von dem Betriebsgelände entfernten Grundwassers unter dem Grundstück der Antragsteller zu rechnen. Bedenken der Antragsteller, dass die Rückhaltewanne nicht flächendeckend wie genehmigt beschaffen sein könnte, sprechen nicht gegen die Rechtmäßigkeit der Genehmigung.

Nicht nachbarschützend ist die Frage, ob die Biogasanlage dem in § 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG abgebildeten Stand der Technik entspricht, weil sie keine redundanten Gasverbrauchseinrichtungen (Gasfackel, Reserveheizkessel, Reservemotor) besitzt. Die Regelung des EEG dient nicht dazu, den Stand der Sicherheitstechnik festzuschreiben. Nach § 27 Abs. 1 EEG beträgt für Strom aus Biomasse die Vergütung einen bestimmten Centbetrag je nach Anlagenleistung. Die Vergütung erhöht sich nach § 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG für Strom, der aus nachwachsenden Rohstoffen oder Gülle nach Maßgabe der Anlage 2 zu diesem Gesetz erzeugt wird (Bonus für nachwachsende Rohstoffe). Voraussetzung für diesen Bonus, ist jedoch, dass bei der Erzeugung des Biogases das Gärrestelager gasdicht abgedeckt und zusätzliche Gasverbrauchseinrichtungen für einen Störfall oder für eine Überproduktion verwendet werden (vgl. Nr. I.4 der Anlage 2 zum EEG für Strom aus nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen, die durch anaerobe Vergärung der nachwachsenden Rohstoffe oder Gülle gewonnenes Gas (Biogas) einsetzen). Aus dieser gesetzlichen (Bonus-)Regelung kann nicht der Schluss gezogen werden, dass Anlagen wie die genehmigte ohne gasdichtes Gärrestelager und zusätzliche Gasverbrauchseinrichtungen nicht dem Stand der Technik entsprächen. Folge der fehlenden Zusatzeinrichtungen ist lediglich, dass die Sondervergütung nach § 27 Abs. 4 Nr. 4 EEG nicht anfällt, sondern nur die Vergütung nach § 27 Abs. 1 EEG. Grund für den Bonus in § 27 Abs. 4 EEG ist, dass bei Störfällen oder Überproduktionen ein unverzügliches Anwenden der zusätzlichen Gasverbrauchseinrichtungen die klimaschädlichen Methanemissionen in die Atmosphäre ebenfalls auf ein Minimum begrenzt (BT-Drs. 16/9477, S. 32). Der Zweck der Regelung ist also Klimaschutz und nicht der Schutz der Nachbarschaft vor Immissionen.

Die übrigen Einwände der Antragsteller zielen auf nicht nachbarschützende Gesichtspunkte. Dies gilt für die Rüge, dass dem Beigeladenen nicht ausreichend aufgegeben sei, einen Nachweis über den ordnungsgemäßen Verbleib der Gärreste am Ende der Biogasproduktion zu führen, und den Einwand, dass eine Verpflichtungserklärung des Beigeladenen zum Rückbau der Anlage nach Nutzungsaufgabe fehle. Dasselbe gilt für den Vortrag der Antragsteller, die genehmigte Anlage verunstalte die Landschaft.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nach 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 3 GKG. Für den danach zu bemessenden Streitwert orientiert sich das Gericht in ständiger Rechtsprechung an dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.). Nach der dortigen Nr. 19.2| die ihrerseits auf Nr. 2. 2 verweist, ist bei Klagen von drittbetroffenen Privaten in Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 15.000,- Euro zu Grunde zu legen. Dieser war gem. Nr. 1.5 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

Behrens
Schraeder
Kleine-Tebbe