Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 24.11.2010, Az.: 11 A 950/09

Gülle; innergemeinschaftliches Verbringen; Mitgliedsstaat; NPK-Dünger

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
24.11.2010
Aktenzeichen
11 A 950/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 48021
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Genehmigung nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 darf durch die Genehmigungsbehörde von der Anwendung der Verarbeitungsmethode 1 nach Anhang V Kapitel III der VO (EG) Nr. 1774/2002 abhängig gemacht werden. Ein gesetzgeberischer Umsetzungsakt ist dafür nicht erforderlich.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Genehmigung für die Annahme von aus den E. stammendem güllehaltigen Dünger.

Der Kläger ist Pächter und Bewirtschafter landwirtschaftlicher Flächen in F. in G.. Darüber hinaus ist er Inhaber und Geschäftsführer des H. en Unternehmens I. mit Sitz in J., K. sowie der L. GmbH mit Sitz in F., G.. Als Landwirt beabsichtigt er, Anbauflächen von Getreide und Kartoffeln mit sogenanntem NPK-Dünger zu düngen (N = Stickstoff, P = Phosphor, K = Kalium). Hersteller des Düngers, dessen Verwendung der Kläger beabsichtigt, ist die I.. Der NPK-Dünger wird auf der Grundlage von Kälbergülle erzeugt. Die I. beabsichtigt, diesen Dünger in Deutschland zu vermarkten. Dies soll in Kooperation mit der L. GmbH geschehen.

Die Zulässigkeit der Verbringung des NPK-Düngers von den K. n nach Deutschland ist zwischen dem Kläger und niedersächsischen Behörden seit 1997 streitig.

Die damalige Bezirksregierung Weser-Ems untersagte der L. GmbH mit Bescheid vom 19.05.2003 die weitere Verbringung von Kälbergülle in Form von NPK-Dünger ohne abfallrechtliche Genehmigung von den E. nach G., weil es sich bei dem Dünger um Abfall handele, für dessen grenzüberschreitende Verbringung ein Notifizierungsverfahren und die Erteilung einer Genehmigung erforderlich seien, die die L. GmbH nicht vorweisen könne. Einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des hiergegen erhobenen Widerspruchs der L. GmbH lehnte das Verwaltungsgericht Osnabrück durch Beschluss vom 01.04.2004 - 2 B 45/03 - ab. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 22.06.2004 - 7 ME 104/04 - zurück. Die Bezirksregierung Weser-Ems lehnte daraufhin den Widerspruch der L. GmbH gegen den Bescheid vom 19.05.2003 ab. Hiergegen erhob die L. GmbH am 27.08.2004 Klage beim Verwaltungsgericht Osnabrück - 2 A 167/04 -. Das Verfahren endete im Jahre 2007 mit einem Vergleich, in dem sich die Beteiligten über die Anforderungen an Dünger einigten, gegen dessen Einfuhr und Vermarktung in abfallrechtlicher Hinsicht keine Bedenken bestünden.

Bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 03.04.2008 in M. stellten Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer G. die Verbringung von NPK-Dünger der I. auf Flächen eines niedersächsischen Landwirtes fest und untersagten diese, da keine veterinärbehördliche Genehmigung vorliege. Der Kläger beantragte unter dem 05.12.2008 bei der Rechtsvorgängerin des jetzigen Beklagten, dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung (Landwirtschaftsministerium) die tierseuchenrechtliche Genehmigung für die Einfuhr von NPK-Dünger zur Nutzung auf seinen landwirtschaftlichen Flächen in F.. Beigefügt waren dem Antrag ein Gesamtflächennutzungsnachweis und ein in H. abgefasstes Schreiben, das der Kläger als Zertifikat der zuständigen H. en Behörde bezeichnete.

Das Landwirtschaftsministerium lehnte den Antrag des Klägers auf Erteilung einer tierseuchenrechtlichen Genehmigung zum innergemeinschaftlichen Verbringen von klauentiergüllehaltigem NPK-Dünger aus den E. zur Nutzung auf seinen landwirtschaftlichen Flächen in Tiwst mit Bescheid vom 27.01.2009 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Verbringen von Material der Kategorie 2, zu dem Klauentiergülle zähle, zwischen den Mitgliedstaaten unterfalle dem Genehmigungsvorbehalt nach Art. 8 VO (EG) 1774/2002 unabhängig davon, ob es bereits verarbeitet worden sei oder nicht. Nach der Vorschrift könnten die Mitgliedstaaten die Behandlung des Materials nach der Verarbeitungsmethode 1, der sog. Drucksterilisation, verlangen. In G. werde bei der Erteilung von Verbringungsgenehmigungen für Klauentiergülle eine solche Behandlung verlangt, um die Verbreitung von BHV1, der Aujeszkyschen Krankheit, von BVD, KSP, MKS und der Paratuberkulose zu verhindern. Der Dünger des Klägers sei nicht nach dieser Methode behandelt, weshalb der Antrag abzulehnen sei. Die nach den Angaben des Klägers erfolgte Behandlung der Klauentiergülle gemäß Anhang VIII Kap. III Abschnitt II Buchst. A. Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 reiche nicht aus, um Clostridien und die Erreger der Paratuberkulose sicher abzutöten.

Der Kläger hat am 27.02.2009 Klage erhoben, zu deren Begründung er ausführt, neben ihm selbst hätten bereits weitere Landwirte unter anderem aus G. Interesse an dem NPK-Dünger der I. bekundet. Aus seiner Sicht sei es in der jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzung zwischen der L. GmbH und der Bezirksregierung Weser-Ems bzw. der Landwirtschaftskammer G. nicht um den Umweltschutz, sondern darum gegangen, unerwünschten Düngemittelimport aus den E. abzuwehren, um die wirtschaftlichen Interessen der deutschen Agrarlobby zu schützen. Obwohl im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück ein Vergleich zwischen der L. GmbH und der Landwirtschaftskammer G., über die der ursprüngliche Beklagte die Rechtsaufsicht habe, geschlossen worden sei, werde gleichwohl weiterhin die Versendung des Düngers vereitelt.

Er ist der Auffassung, ihm stehe eine Genehmigung nach Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 zu, ohne dass der Beklagte diese davon abhängig machen dürfe, dass der Dünger nach der Verarbeitungsmethode 1 behandelt worden sei. Bei dem NPK-Dünger handele es sich um eine verarbeitetes Erzeugnis, da tierische Nebenprodukte, nämlich Material der Kategorie 2, hier Gülle, zu Dünger weiterverarbeitet werden sollten. Er habe die begehrte Genehmigung bei dem ursprünglichen Beklagten beantragt und damit alles Erforderliche für eine Erteilung getan, da weitere Voraussetzungen weder der Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1774/2002 noch nationalem Recht zu entnehmen seien. Der Antrag sei daher vollständig und genehmigungsfähig. Er beabsichtige, nur solchen NPK-Dünger von der I. anzunehmen und auf seinen Böden auszubringen, der nach dem Verfahren im Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 behandelt worden sei. Gleichwohl dürfe der Beklagte diese Behandlung und ein Nachweis darüber nicht von ihm verlangen. Die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1774/2002 setze nicht einmal voraus, dass der Dünger, dessen Verbringung beantragt werde, bereits existiere. Dies folge daraus, dass der Empfänger, der die Genehmigung beantragen müsse, keinen Einfluss auf die Herstellung des Düngers habe. Der Beklagte habe darüber hinaus nicht die Kompetenz, die Vorlage eines qualifizierten Flächennachweises oder von Nährstoffanalysen des Düngers zu fordern. Dem Beklagten sei im Übrigen die Zusammensetzung des Düngers aus dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück eingeholten Gutachten bekannt. Dass das Genehmigungsverfahren nach Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 nach seinem Verständnis mangels Prüfungsumfangs faktisch einem Anzeigeverfahren gleichkomme, schade nicht, da der nationale Gesetzgeber es in der Hand habe, durch Umsetzung der Ermächtigung in Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 eine Genehmigungsvoraussetzung, die Behandlung nach der Verarbeitungsmethode 1, zu schaffen. Dass der Beklagte nicht in sämtlichen Fällen der Versendung tierischer Nebenprodukte oder verarbeiteter Erzeugnisse auch innerhalb Deutschlands oder G. s und insbesondere von Geflügelkot die Verarbeitungsmethode 1 verlange, verstoße gegen das Willkürverbot.

Insbesondere stehe die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 einer Erteilung der begehrten Genehmigung nicht entgegen. Hierbei handele es sich seiner Ansicht nach nämlich nicht um eine Ermessensnorm, sondern um eine bloße Zuständigkeitsregelung, mit der dem jeweiligen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates die Möglichkeit gegeben werde zu bestimmen, dass die Verarbeitungsmethode 1 anzuwenden sei. Eine solche Bestimmung fehle allerdings sowohl im deutschen Bundes- als auch im niedersächsischen Recht. Insbesondere lasse sich der Verordnung zur Durchführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebV) eine derartige Bestimmung nicht entnehmen. In deren § 10 Abs. 1 S. 1 werde Gülle im Gegenteil ausdrücklich von dem Erfordernis der Anwendung der Verarbeitungsmethode 1 ausgenommen. § 6 Abs. 3 TierNebV bestimme, dass verarbeitete Gülle nur nach Maßgabe des Anhangs VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 gelagert und in den Verkehr gebracht werden dürfe, was nach seiner Ansicht auch für im Ausland hergestellte Gülleprodukte gelten müsse. Der Beklagte sei für eine von diesen gesetzlichen Regelungen abweichende Beurteilung nicht zuständig, weil nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 d), Nr. 5 a) und b) des Tierische Nebenproduktegesetzes (TierNebG) das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ermächtigt sei, Vorschriften über den näheren Umgang mit tierischen Nebenprodukten zu erlassen, insbesondere über das innergemeinschaftliche Verbringen. Für die nach § 2 TierNebG bestehende Auffangzuständigkeit der Landesbehörden sei daher kein Raum. § 1 Nr. 19 der niedersächsischen Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts und des Rechts der Beseitigung tierischer Nebenprodukte (ZustVO-Tier) vom 26.11.2004, nach dem das Fachministerium für die Aufgaben nach Artikel 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 zuständig sei, sei dahingehend auszulegen, dass sich diese Zuständigkeitsregelung nur auf Satz 1 des Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 beziehen könne.

Der Beschluss der Länderreferenten für Tierseuchenrecht vom 07. und 08.08.2007, dass die Forderung nach Verarbeitungsmethode 1 beim innergemeinschaftlichen Verbringen von Klauentiergülle aufrecht erhalten werden solle, habe insoweit keine Bedeutung, da dieses Gremium dem Beklagten nicht die Einzelfallentscheidung abnehmen könne und es ferner Sache des europäischen Verordnungsgebers sei, die Anforderungen an die Verbringung zu definieren.

Hilfsweise trägt er vor, die Bestimmung des Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 sei derartig teleologisch zu reduzieren, dass sie auf die Versendung von behandelter Gülle und/oder behandelten Gülleprodukten nicht anwendbar sei. Dies folge aus einer systematischen Auslegung der Verordnung, weil in dieser für das Inverkehrbringen von behandelter Gülle und behandelten Gülleprodukten im Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 spezielle Regelungen getroffen worden seien, die auf den NPK-Dünger, bei dem es sich um ein verarbeitetes Gülleprodukt im Sinne der Verordnung handele, anwendbar seien. Unter Vorlage eines H. en Zulassungsbescheides für die technischen Anlage der I. trägt er vor, der NPK-Dünger erfülle die Anforderungen gemäß Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002, insbesondere werde er mindestens eine Stunde lang auf mindestens 70°C erhitzt. Diese Anforderungen müssten auch für die Erteilung der Genehmigung nach Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 gelten, weil sonst ein Wertungswiderspruch innerhalb der Verordnung entstehen würde, da der Verordnungsgeber den Handel mit nach Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 behandelter Gülle als sicher erachte. Die Verordnung verlange in Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 6 von den Mitgliedstaaten die Genehmigung der Einfuhr von behandelter Gülle und behandelten Gülleprodukten aus Drittländern, wenn unter anderem die Anforderungen nach Nr. 5 erfüllt seien. Wenn bei nach Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 behandeltem Material aus Drittländern eine Genehmigungspflicht bestehe, könne erst recht die innergemeinschaftliche Versendung nicht von der Erfüllung höherer Anforderungen abhängig gemacht werden. Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 6 sei daher auch auf die innergemeinschaftliche Versendung analog oder jedenfalls seinem Rechtsgedanken nach anzuwenden. Weiter trägt er vor, Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 sei auch im Lichte des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes des freien Warenverkehrs auszulegen.

Äußerst hilfsweise trägt der Kläger vor, das dem Beklagten zustehende Ermessen bei der Erteilung der Genehmigung nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1774/2002 sei in der Weise auf Null reduziert, dass ausschließlich die Erteilung der beantragten Erlaubnis in Betracht komme. Dies folge aus den Wertungen in der Verordnung selbst, in der Düngemittelverordnung, und der TierNebV sowie daraus, dass keine fachlich durchgreifenden Erwägungen für die Anwendung der Verarbeitungsmethode 1 stritten.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27.01.2009 zu verpflichten, die Annahme des NPK-Düngers des Unternehmens I., J., K. aus den E. im Rahmen der Versendung des Düngers von den E. nach F. in G. zu genehmigen;

hilfsweise

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27.01.2009 zu verpflichten, seinen Antrag auf Erteilung einer tierseuchenrechtlichen Genehmigung zum innergemeinschaftlichen Verbringen von klauentiergüllehaltigem NPK-Dünger aus den E. zur Nutzung auf seinen landwirtschaftlichen Flächen in F. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig. Da die begehrte Genehmigung als konkrete Ausnahmegenehmigung konzipiert sei, sei der Klageantrag in seiner Unbestimmtheit unzulässig. Für einen vollständigen Antrag seien folgende Informationen erforderlich: eine aktuelle Nährstoffanalyse zwecks Spezifikation in einer eventuellen Genehmigung, eine verbindliche Quantifizierung der anzunehmenden Düngermenge und die explizite Bezeichnung des Verwendungsortes und -zwecks, die Bestätigung der Landwirtschaftskammer über die zu verbringende Düngermenge, der amtliche beglaubigte Nachweis der Zulassung der Bearbeitungsanlage, aus dem hervorgehe, dass die Verarbeitungsmethode 1 angewandt werde. Ein qualifizierter Flächennachweis für die zur Verwendung vorgesehenen Grundstücke nebst Nachweis der Bewirtschaftungsberechtigung werde zwar von der Landwirtschaftskammer geprüft, sei aber Voraussetzung dafür, dass der Kläger überhaupt die Kapazität bzw. die Berechtigung habe, den anzunehmenden Dünger auszubringen. Ohne die Prüfung von Genehmigungsvoraussetzungen wäre dem Kläger eine Blankogenehmigung zu erteilen, bei der eine einzelfallbezogene Risikoabwägung, die zum Schutz von Gesundheit von Mensch und Tier erforderlich sei, unterbleiben würde. Das als Genehmigungsverfahren ausgestaltete System des Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 käme einem bloßen Anzeigeverfahren gleich.

Die Klage sei aber auch unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Genehmigung habe. Grundsätzlich sei der Handel mit unverarbeiteter Klauentiergülle verboten. Das im Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 beschriebene Pasteurisierungsverfahren sei nur die Mindestvoraussetzung, um überhaupt mit verarbeiteter Klauentiergülle Handel treiben zu können. Bereits diese Voraussetzungen erfülle der NPK-Dünger, den der Kläger annehmen wolle, nicht. Es liege kein mikrobiologisches Untersuchungsergebnis über den Gehalt an Escherichia coli, Enterococaceae und Salmonella vor. Ebenso fehle der Nachweis einer Behandlung zur Verringerung von Sporen bildenden Bakterien und der Toxinbildung. Auch die weiteren Genehmigungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Die Erteilung einer Genehmigung nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1774/2002 setzte sehr wohl die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen voraus. So fehle es an einem qualifizierten Flächennachweis, mit dem die Landwirtschaftskammer den Düngebedarf abhängig von der Art der Bestellung, der Grundversorgung der Böden und dem Anfall eigenen Düngers berechnen könne.

Außerdem sei die Genehmigung zu versagen, weil der Dünger unstreitig nicht nach der Verarbeitungsmethode 1 behandelt worden sei. Den Mitgliedstaaten werde in Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 die Möglichkeit eingeräumt, strengere Anforderungen an die Versendung und die Annahme von Gülle innerhalb der Gemeinschaft zu stellen, namentlich die Behandlung nach der Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen. Bei der Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 handele es sich nicht um eine Zuständigkeitsvorschrift, die eine Gesetzgebungsbefugnis des Mitgliedstaats zur Folge habe. Vielmehr folge aus der Eigenschaft der Rechtsgrundlage als Verordnung, dass sie gemäß Art. 249 Abs. 2 EGV unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelte. Der Mitgliedstaat werde zum eigenmächtigen Handeln ermächtigt und sei in der Wahl von Form und Mitteln weitgehend frei.

Eine einschlägige ausführende Rechtsvorschrift existiere zudem im deutschen nationalen Recht nicht. Die Ermächtigung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in § 13 Abs. 1 Nr. 5 b) TierNebG gelte nur, soweit dies für die Umsetzung oder Durchführung der VO (EG) 1774/2002 erforderlich sei oder diese es ermögliche. Im Übrigen obliege nach § 2 TierNebG die Durchführung der Verordnung der zuständigen Landesbehörde. Der vom Kläger angeführte § 6 TierNebV beziehe sich auf die Ermächtigung des Art. 7 Abs. 6 VO (EG) 1774/2002. § 10 TierNebV beziehe sich ebenfalls auf einen anderen Sachverhalt als das Genehmigungsverfahren nach Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002. Aufgrund der unmittelbaren Geltung der Verordnung könne die nationale Behörde selbst bestimmen, ob sie die Verarbeitungsmethode 1 verlange. Die zuständige Behörde sei bisher nach § 1 Nr. 10 der ZustVO-Tier das Fachministerium, mithin der ursprüngliche Beklagte gewesen. Eine Beschränkung der Zuständigkeit auf Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1774/2002 scheide aus. Er sei daher dafür zuständig, die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen. Unter Vorlage eines Protokolls der Sitzung der Länderreferenten für Tierseuchenrecht am 07. und 08.08.2007 trägt er vor, dies entspreche in G. ständiger Verwaltungspraxis des Rechtsvorgängers.

Eine teleologische Reduktion des Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 scheide aus, weil bei der Auslegung von gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakten als äußerste Schranke der Wortlaut ein Urteil über die Gültigkeit durch deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden verhindere. Die Nichtanwendung einer gemeinschaftsrechtlichen Norm komme nicht in Betracht; sollte ein Gericht eine solche Norm für unvereinbar mit dem EG-Vertrag halten, sei diese Frage dem EuGH vorzulegen. Eine teleologische Reduktion sei aber auch nicht erforderlich, weil das Pasteurisierungsverfahren nach Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 nur eine Mindestvoraussetzung sei, über die die Mitgliedsstaaten aufgrund Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 hinausgehen dürften. Ein Analogieschluss aufgrund der Vorschriften über die Einfuhr von verarbeiteter Gülle und verarbeiteten Gülleprodukten aus Drittländern scheide mangels Regelungslücke aus. Zudem gäbe es solche Fälle faktisch nicht.

Außerdem habe er sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere sei dieses Ermessen nicht dahingehend auf Null reduziert, dass nur die Erteilung in Betracht komme. Die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen, sei im Hinblick auf die erhebliche Tierseuchengefahr erforderlich und angemessen. Das Pasteurisierungsverfahren sei nicht ausreichend, um alle in der Klauentiergülle vorkommenden Tierseuchenerreger sicher abzutöten. Wäre dies der Fall, hätte für den Verordnungsgeber kein Anlass bestanden, die Möglichkeit vorzusehen, die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Das Rubrum wurde nach Anhörung der Beteiligten berichtigt. Nachdem die Klage gegen das ursprünglich zuständige Ministerium erhoben worden ist, ist durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts und des Rechts der Beseitigung tierischer Nebenprodukte vom 14.09.2010 nach § 2 Nr. 11 der ZustVO der neue Beklagte, das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zuständig für die Aufgaben nach Artikel 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (Abl. Nr. L 273 vom 10/10/2002 S. 0001 - 0095) (im Folgenden: VO (EG) 1774/2002). Die Änderung der Zuständigkeit hat einen gesetzlichen Parteiwechsel (§ 173 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. den entsprechend anwendbaren §§ 239 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO)) auf der Beklagtenseite bewirkt, der keine Klageänderung nach § 91 VwGO darstellt und lediglich zu einer Rubrumsberichtigung von Amts wegen führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.11.1973 - IV C 55.70 -, BVerwGE 44, 148, 150; Urt. v. 30.05.2002 - 5 C 14.01 -, BVerwGE 116, 287).

Die Klage ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Kläger keinen Antrag gestellt hat, der sich auf die Erteilung der Annahmegenehmigung nach Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 für eine bestimmte Menge eines spezifizierten Düngers zur Ausbringung auf bestimmten Flächen bezieht. Die Frage, welche Voraussetzungen die begehrte Genehmigung hat und wie konkret demgemäß der Genehmigungsantrag zu formulieren ist, ist keine Frage der Zulässigkeit der Klage, sondern allenfalls der Zulässigkeit des Genehmigungsantrags, betrifft jedenfalls den materiellen Inhalt der Genehmigung.

Die Klage ist weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag begründet.

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrte Annahmegenehmigung für NPK-Dünger zur Nutzung auf seinen landwirtschaftlichen Flächen in F. noch auf eine Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung dieser Genehmigung. Der Bescheid des ursprünglichen Beklagten vom 27.01.2009, mit dem dieser die Erteilung einer solchen Genehmigung abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die begehrte Genehmigung ist Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002. Art. 8 VO (EG) 1774/2002 regelt die Voraussetzungen, unter denen die Versendung von tierischen Nebenprodukten und verarbeiteten Erzeugnissen in andere Mitgliedstaaten erlaubt ist. Nach Abs. 1 der Vorschrift ist diese Versendung zulässig, wenn die in den Absätzen 2 bis 6 genannten Bedingungen erfüllt sind. Nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1774/2002 muss der Bestimmungsmitgliedstaat die Annahme von Material der Kategorie 1, Material der Kategorie 2, verarbeiteten Erzeugnissen aus Material der Kategorie 1 oder der Kategorie 2 und verarbeitetem tierischem Eiweiß genehmigt haben. Nach Art. 8 Abs. 2 S. 2 können die Mitgliedsstaaten als Voraussetzung für die Genehmigung verlangen, dass vor der Versendung die Verarbeitungsmethode 1 angewandt wird. Weitere Voraussetzungen, die für die Zulässigkeit des innergemeinschaftlichen Versendens erfüllt sein müssen, sind den Absätzen 3 bis 6 des Art. 8 VO (EG) 1774/2002 zu entnehmen.

Bei dem Produkt, für dessen Annahme der Kläger eine Genehmigung begehrt, handelt es sich um ein tierisches Nebenprodukt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 VO (EG) 1774/2002. Nach der Definition des Art. 2 Abs. 1 a) VO (EG) 1774/2002 sind tierische Nebenprodukte unter anderem Erzeugnisse tierischen Ursprungs gemäß dem Artikel 5. Art. 5 VO (EG) 1774/2002 definiert sogenanntes Material der Kategorie 2. Nach Art. 5 Abs. 1 a) umfasst Material der Kategorie 2 Gülle und jedes güllehaltige Material. Der NPK-Dünger, den der Kläger annehmen möchte, besteht aus Gülle.

Die in Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 in Bezug genommene Verarbeitungsmethode 1 wird in Anhang V Kapitel III VO (EG) 1774/2002 definiert. Die tierischen Nebenprodukte, die nach dieser Methode verarbeitet werden sollen, dürfen eine Kantenlänge von nicht mehr als 50 mm haben und müssen ggfs. entsprechend zerkleinert werden. Nach dem Zerkleinern werden die tierischen Nebenprodukte auf eine Kerntemperatur von über 133°C erhitzt und bei einem durch gesättigten Dampf erzeugten (absoluten) Druck von mindestens 3 bar mindestens 20 Minuten lang ununterbrochen auf dieser Temperatur gehalten. Diese Verarbeitungsmethode wird als Drucksterilisation bezeichnet.

Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass der Dünger, auf den sich die Genehmigung beziehen soll, nicht nach der Verarbeitungsmethode 1 verarbeitet wurde und werden soll. Der Beklagte verlangt jedoch mit Recht die Behandlung nach dieser Methode, so dass ein Anspruch des Klägers auf die Erteilung der begehrten Genehmigung bereits deshalb ausscheidet. Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 nicht um eine reine Zuständigkeitsvorschrift, sondern um eine Ermessensvorschrift, deren Adressat zunächst der ursprüngliche Beklagte war und nunmehr der neue Beklagte ist. Dies folgt aus dem Normcharakter der VO (EG) 1774/2002. Dabei handelt es sich um eine Verordnung im Sinne des Art. 249 Abs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV). Nach S. 2 dieser Vorschrift gilt die Verordnung unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat. Umsetzungsakte im nationalen Recht sind grundsätzlich nicht erforderlich. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die von Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 eröffnete Möglichkeit, die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen, die Umsetzung durch nationale Gesetze der Mitgliedstaaten nicht erfordert.

Adressat der Norm ist nach dem Wortlaut "der Mitgliedstaat". Nach dem soeben Gesagten steht fest, dass es sich dabei nicht um die Legislative der Mitgliedstaaten handeln muss. Dafür wäre eine direkte Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers in der Verordnung erforderlich. Einen solchen Fall der Ermächtigung des Gesetzgebers des Mitgliedstaats findet sich beispielsweise in Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 ("Die Mitgliedstaaten können … im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts regeln, …"). Im Umkehrschluss folgt daraus, dass das Verlangen der Verarbeitungsmethode 1 keinen legislativen Umsetzungsakt erfordert, weil in Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 keine direkte Adressierung des nationalen Gesetzgebers erfolgt ist.

Vielmehr ist Adressat der Ermächtigung des Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 grundsätzlich die Exekutive des Mitgliedstaats. Bei dem Verwaltungsvollzug der VO (EG) 1774/2002 handelt es sich um sog. "indirekten Vollzug", weil nationale Behörden und nicht Gemeinschaftsverwaltungsorgane die Verordnung umsetzen (vgl. Gundel in Schulze/Zuleeg, Europarecht, 1. Auflage 2006, § 3, Rn. 91). Beim indirekten Vollzug liegen die Fragen der Verwaltungsorganisation grundsätzlich in der Hand der Mitgliedstaaten. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass das Sekundärrecht bereits Vorgaben für die nationale Verwaltungsorganisation enthält (vgl. Gundel in Schulze/Zuleeg, § 3, Rn. 114 f). So ermächtigt beispielsweise Art. 11 Abs. 1 VO (EG) 1774/2002 die "zuständige Behörde". Nach Art. 2 Abs. 1 i) VO (EG) 1774/2002 ist die zuständige Behörde die zentrale Behörde eines Mitgliedstaats, die für die Einhaltung der Vorschriften der Verordnung zuständig ist, oder jede andere Behörde, der die Zentralbehörde diese Zuständigkeit, insbesondere für die Futtermittelkontrolle, übertragen hat; dies schließt gegebenenfalls auch die entsprechende Behörde eines Drittlands ein. Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 enthält eine solche sekundärrechtliche Vorgabe für die nationale Verwaltungsorganisation nicht. Daraus ist jedoch, anders als der Kläger meint, nicht zu folgern, dass die Exekutive insgesamt nicht gemeint sein kann, wenn nicht ausdrücklich die zuständige Behörde ermächtigt wird. Vielmehr bleibt es in diesem Fall bei dem allgemeinen Grundsatz, dass die Fragen der Verwaltungsorganisation in den Händen des Mitgliedsstaats liegen.

Ein weiteres Argument spricht gegen die Richtigkeit der Auffassung des Klägers, Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 richte sich an den nationalen Gesetzgeber: Nicht nur in Satz 2 der Vorschrift wird der "Mitgliedsstaat" angesprochen, sondern auch in Satz 1. Daraus wäre - wollte man der klägerischen Auffassung folgen - zu schließen, dass der nationale Gesetzgeber auch jeweils für die Erteilung der Genehmigungen nach Satz 1 zuständig wäre und eine solche - konsequenterweise - durch ein Gesetz erteilen müsste. Denn ein Anlass dafür, zwischen dem Mitgliedsstaat in Satz 1 des Art. 8 Abs. 1 VO (EG) 1774/2002 und dem Mitgliedsstaat in Satz 2 zu differenzieren, findet sich weder im Wortlaut der Norm noch folgt er aus systematischen Überlegungen. Doch diese Folge hält auch der Kläger offenbar nicht für richtig, da er die Zuständigkeit des Beklagten für die Erteilung der begehrten Genehmigung nicht in Frage stellt.

Bedeutet die Formulierung "der Mitgliedsstaat" in Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 also, dass die Frage nach der Zuständigkeit im Mitgliedsstaat zu beantworten ist, so ergibt in Deutschland Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 des Grundgesetzes (GG), dass das Tierseuchenrecht, mit dem sich die VO (EG) 1774/2002 befasst (vgl. Art. 152 Abs. 1, Abs. 4 b) EGV), Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung ist. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung unter anderem auf Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren. Zu diesen Maßnahmen gehören sowohl die Vorbeugung als auch die Bekämpfung dieser Krankheiten. In Ausübung dieser Gesetzgebungskompetenz hat der Bundesgesetzgeber das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (TierNebG) erlassen, das nach seinem § 1 der Durchführung der VO (EG) 1774/2002 und der zu ihrer Durchführung ergangenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft dient.

In Deutschland regelt § 2 TierNebG, dass die Durchführung der VO (EG) 1774/2002, des TierNebG selbst und der aufgrund des TierNebG erlassenen Rechtsvorschriften den zuständigen Landesbehörden obliegt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Landesgesetzgeber in G. hat in § 4 S. 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum TierNebG (Nds. AG TierNebG) bestimmt, dass die Aufgaben der zuständigen Landesbehörden im Sinne des § 2 TierNebG grundsätzlich den Landkreisen und kreisfreien Städten obliegen. In S. 3 der Vorschrift wird das Fachministerium ermächtigt, durch Verordnung für bestimmte Aufgaben die Zuständigkeit anderer Behörden zu bestimmen oder sich die Zuständigkeit selbst vorzubehalten. Von letzterer Möglichkeit machte der ursprüngliche Beklagte zunächst durch Erlass der niedersächsischen Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts und des Rechts der Beseitigung tierischer Nebenprodukte (ZustVO-Tier) vom 26.11.2004 Gebrauch, nach deren § 1 Nr. 19 das Fachministerium für die Aufgaben nach Artikel 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 zuständig gewesen ist.

Nicht zuzustimmen ist dem Kläger in seiner Auffassung, dass sich diese Zuständigkeitsregelung nur auf S. 1 des Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 bezieht. Die Kompetenz für eine Regelung auch im Hinblick auf S. 2 der Vorschrift ist dem Landesgesetzgeber nicht durch höherrangiges Recht entzogen. Dies folgt entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus der Existenz der Regelungen in § 6 Abs. 3 und § 10 TierNebV. Zwar ermächtigt § 13 Abs. 1 Nr. 1 d), Nr. 5 a) und b) TierNebG das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit dies für die Umsetzung oder Durchführung der in § 1 genannten Rechtsakte oder des TierNebG erforderlich ist oder die in § 1 genannten Rechtsakte dies ermöglichen und Belange der Seuchenbekämpfung nicht entgegenstehen, Vorschriften zu erlassen über die Abholung, Sammlung, Kennzeichnung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte (Nr. 1 d), und das Inverkehrbringen, das innergemeinschaftliche Verbringen, die Einfuhr und die Ausfuhr tierischer Nebenprodukte zu verbieten oder zu beschränken, insbesondere von einer Anmeldung, einer Genehmigung, vom Gestellen bei der zuständigen Behörde oder von einer Untersuchung (Nr. 5 a)) oder Anforderungen, unter denen die erzeugten Produkte hergestellt, gelagert, behandelt, abgegeben oder verbracht werden, abhängig zu machen (Nr. 5 b)).

Aus der Tatsache, dass der Verordnungsgeber die §§ 6 Abs. 3 und 10 TierNebV erlassen hat, folgt jedoch nicht, dass dem Landesgesetzgeber die Zuständigkeit für Regelungen hinsichtlich des Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 entzogen wurde. Denn die TierNebV enthält keine Vorschrift, die Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 umsetzt.

Gemäß § 6 Abs. 3 TierNebV darf verarbeitete Gülle nur nach Maßgabe des Anhangs VIII Kapitel III Abschnitt II Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 gelagert und in den Verkehr gebracht werden. Zum einen setzt § 6 TierNebGArt. 7 Abs. 6 VO (EG) 1774/2002 um. Danach können die Mitgliedstaaten beschließen, die Bestimmungen dieses Artikels nicht auf Gülle anzuwenden, die zwischen zwei auf demselben Hof gelegenen Punkten oder zwischen im selben Mitgliedstaat gelegenen Höfen und Verwendern befördert wird. Zum anderen regelt § 6 TierNebG Lagerung, Beförderung und Inverkehrbringen von Gülle und berührt damit nicht den Regelungsbereich der Spezialvorschrift des Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002, die das innergemeinschaftliche Verbringen betrifft.

Nach § 10 Abs. 1 TierNebV ist Material der Kategorie 1 sowie Material der Kategorie 2 mit Ausnahme von Milch der Kategorie 2, Kolostrum, Gülle und Magen- und Darminhalt, soweit das Material nicht unmittelbar durch Verbrennen oder Mitverbrennen in einer nach den Vorgaben in Artikel 12 VO (EG) 1774/2002 zugelassenen Verbrennungsanlage oder Mitverbrennungsanlage beseitigt wird, nach der Verarbeitungsmethode 1 nach Anhang V Kapitel III VO (EG) 1774/2002 zu verarbeiten. Diese Vorschrift setzt die Art. 4 und 5 VO (EG) 1774/2002 um, die Material der Kategorien 1 und 2 definieren und die grundsätzlich obligatorische Behandlung dieser Materialien regeln. § 10 Abs. 1 TierNebV betrifft jedoch nur Anforderungen an die Verarbeitung, Behandlung und Entsorgung tierischer Nebenprodukte, weil sich diese Regelung im Teil 4 der TierNebV befindet. Sie trifft keine Aussage über die spezielle Regelungsmaterie des Versendens von tierischen Nebenprodukten und verarbeiteten Erzeugnissen in andere Mitgliedstaaten, mit der sich Art. 8 Abs. 2 VO (EG) 1774/2002 beschäftigt. Mit den Anforderungen, die beim innergemeinschaftlichen Versenden gestellt werden, beschäftigt sich die TierNebV nicht.

Steht demnach fest, dass der Verordnungsgeber von der Ermächtigung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 d), Nr. 5 a) und b) TierNebG in Bezug auf das innergemeinschaftliche Verbringen keinen Gebrauch gemacht hat, ist aus dieser Nichtregelung indes der Schluss nicht zu ziehen, sie führe zu einem Ausschluss der Auffangzuständigkeit der Landesbehörden nach § 2 TierNebG. Wenn der Verordnungsgeber eine Materie, deren Regelung in sein Ermessen gestellt wurde, soweit dies für die Umsetzung oder Durchführung der VO (EG) 1774/2002 erforderlich ist, nicht regelt, kann dem keine Sperrwirkung für die allgemeine Regelung entnommen werden. Vielmehr bleibt es in diesem Fall in Anwendung des § 2 TierNebG bei der Zuständigkeit der Landesbehörden, da gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

Unabhängigkeit von der Frage, ob eine deutsche Behörde oder ein deutsches Gericht die Kompetenz für die teleologische Reduktion einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung entgegen ihren Wortlaut haben, gebieten die vom Kläger vorgebrachten systematischen Argumente eine solche Reduktion nicht. Die im Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 geregelten Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von verarbeiteter Gülle und verarbeiteten Gülleprodukten sind Mindestvoraussetzungen, die in jedem Fall erfüllt sein müssen. Ihre Existenz hindert den Verordnungsgeber jedoch nicht, für besondere Situationen weitere Voraussetzungen zu verlangen bzw. den Mitgliedstaaten die Möglichkeit dazu zu eröffnen. Der Rückschluss, eine allgemeine Regelung führe zur Unanwendbarkeit einer darüber hinausgehenden spezielleren Regelung, geht fehl und widerspricht der Gesetzessystematik.

Die Vorschrift in Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II B Nr. 6 VO (EG) 1774/2002 ist nicht analog auf das innergemeinschaftliche Versenden von tierischen Nebenprodukten anzuwenden. Diese Vorschrift betrifft einen anderen Regelungsgegenstand als Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002, nämlich die Einfuhr aus Drittländern im Gegensatz zum Versenden von Produkten zwischen zwei Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten müssen die Einfuhr von verarbeiteter Gülle und verarbeiteten Gülleprodukten genehmigen, wenn unter anderem folgende Bedingungen erfüllt sind: Sie stammen aus Drittländern, die auf der Liste gemäß Anhang XI Teil IX stehen (a); sie erfüllen die Anforderungen gemäß Nummer 5 (c), wurden also nach Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 pasteurisiert. Dem Verordnungsgeber stand es frei, seine Regelungskompetenz derart auszuüben, dass er bei der Einfuhr eine Genehmigungspflicht vorsah, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, und beim innergemeinschaftlichen Versenden den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumte, eine besondere Behandlungsmethode zu verlangen. Aus der unterschiedlichen Behandlung dieser beiden Fallgruppen lässt sich für den Kläger nichts ableiten, insbesondere ist keine planwidrige Regelungslücke erkennbar.

Das Ermessen des Beklagten, die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen, ist auch nicht derart auf Null reduziert, dass nur das Absehen von diesem Verlangen als einzig rechtmäßige Ermessensausübung in Betracht kommt. Dies wäre jedoch Voraussetzung, um zu einem Anspruch auf Erteilung der vom Kläger begehrten Genehmigung zu gelangen. Die Entscheidung des ursprünglichen Beklagten, die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen, ist frei von Ermessensfehlern ergangen.

Der ursprüngliche Beklagte beschloss in Abstimmung mit den anderen Bundesländern auf der Sitzung der Länderreferenten für Tierseuchenrecht am 07. und 08.08.2007, an der Forderung nach Verarbeitungsmethode 1 beim innergemeinschaftlichen Verbringen von Klauentiergülle festzuhalten. Durch diesen Beschluss band der ursprüngliche Beklagte sein Ermessen, da er die Absprache traf, für die Erteilung der Genehmigung nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1774/2002 die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen. Entsprechend dieser Ermessensbindung verlangte er vom Kläger in nicht zu beanstandender Weise die Behandlung des Düngers nach der Verarbeitungsmethode 1.

Vor diesem Hintergrund ist bereits ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG auszuschließen, weil nach den Angaben der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung der Beklagte keinen Genehmigungsantrag nach Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 ohne die Anwendung der Verarbeitungsmethode 1 positiv beschieden wurde.

Der Beklagte hat bei der Entscheidung, die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen, insbesondere nicht gegen das Willkürverbot verstoßen. Er hat an die innergemeinschaftliche Versendung von klauentiergüllehaltigen Produkten nicht sachwidrig höhere Anforderungen gestellt als an die (auch bloß nationale) Versendung von anderen tierischen Nebenprodukten. Im Vergleich zu der nur innerdeutschen Versendung von tierischen Nebenprodukten rechtfertigt sich eine unterschiedliche Behandlung bereits aus den erhöhten Gefahren, die mit einer grenzüberschreitenden Versendung verbunden sind. Dies folgt daraus, dass in verschiedenen Mitgliedsstaaten unterschiedlichen Gesundheitsstati vorliegen können, dass also die Bekämpfung bestimmter Erreger nicht in allen Mitgliedsstaaten auf dem selben Niveau angelangt ist. So besteht beim innergemeinschaftlichen Versenden im Vergleich zum nationalen Versenden die besondere Gefahr, dass durch das versendete Produkt Erreger in einen Mitgliedsstaat gelangen, die dort eigentlich bereits erfolgreich und anerkannt bekämpft worden sind. Um sich vor dieser Gefahr schützen zu können, eröffnet der Verordnungsgeber den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, besondere Anforderungen an das zu versendende Produkt zu stellen.

Im Vergleich zu den Anforderungen an die Versendung von Geflügelgülle ist ebenfalls kein Verstoß gegen das Willkürverbot erkennbar, denn Anhang VIII Kapitel III Abschnitt I. A. Nr. 1. a) VO (EG) 1774/2002 ist zu entnehmen, dass bereits der Handel mit unverarbeiteter Geflügel- und Equidengülle anderen, nämlich geringeren Anforderungen unterliegt als der Handel mit unbehandelter Gülle im Übrigen, der grundsätzlich verboten ist. Daraus lässt sich ablesen, dass der Verordnungsgeber Geflügelgülle ein geringeres Gefährdungspotential zuschreibt als Klauentiergülle. Im Einklang damit andere Anforderungen an die Versendung von Geflügelgülle als von Klauentiergülle zu stellen, ist nicht willkürlich.

Darüber hinaus lässt sich aus den Vergleichen mit den Wertungen in der Verordnung selbst, in der Düngemittelverordnung, und der TierNebV nicht für eine Ermessensreduzierung ableiten, der Verordnungsgeber habe damit ausgedrückt, er erachte die Behandlung nach Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 unter allen Umständen als im ausreichenden Maße sicher. Dagegen spricht bereits, dass er die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1774/2002 als Spezialvorschrift für das innergemeinschaftliche Versenden von tierischen Nebenprodukten geschaffen hat. Damit trägt er dem bereits oben dargestellten, besonderen Gefahrenpotential der grenzüberschreitenden Versendung Rechnung, das gerade nicht identisch mit der Gefährdung durch die innerstaatliche Versendung ist. Zudem folgt aus der Regelung und Darstellung der Methode 1 in der VO (EG) 1774/2002, dass der Verordnungsgeber nicht davon ausgegangen sein kann, das die Behandlung nach Anhang VIII Kapitel III Abschnitt II A Nr. 5 VO (EG) 1774/2002 unter allen Umständen hinreichend sicher ist. Denn dann wäre die Aufnahme der Drucksterilisation obsolet gewesen.

Eine unzulässige Einschränkung der Wahrenverkehrsfreiheit liegt nicht vor, da die Beschränkung durch den Schutz vor Tierseuchen gerechtfertigt ist.

Letztlich ist auch nicht erkennbar oder vom Kläger substantiiert dargelegt, dass der Beklagte bei der Ermessensausübung einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt hätte. Es liegen insbesondere keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die fachlichen Hintergründe zu den Tierseuchenerregern vom Beklagten falsch oder unvollständig ermittelt, bewertet und in die Entscheidung, die Verarbeitungsmethode 1 zu verlangen, einbezogen worden wären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.