Landgericht Göttingen
Beschl. v. 27.01.2000, Az.: 10 T 1/2000

Anforderungen an die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils; Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens durch einen Insolvenzverwalter

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
27.01.2000
Aktenzeichen
10 T 1/2000
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 31005
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2000:0127.10T1.2000.0A

Fundstellen

  • KTS 2000, 395-396
  • NZI 2001, 27
  • NZI 2000, 186-187
  • Rpfleger 2000, 228
  • ZInsO 2000, 163-164 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • ZInsO 2000, 118 (red. Leitsatz)

Gründe

1

Auf Antrag der Gläubigerin hat das AG mit Beschl. v. 24. 9. 1999 die Zwangsversteigerung des o.g. Miteigentumsanteils angeordnet. Seit dem 2. 7. 1999 war der Beschwerdeführer vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin. Mit Beschl. v. 13. 10. 1999 hat das AG das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und den Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Mit Schreiben vom selben Tag hat der Insolvenzverwalter die einstweilige Einstellung des vorliegenden Zwangsversteigerungsverfahrens beantragt. Die Gläubigerin hat sich gegen die einstweilige Einstellung des Verfahrens ausgesprochen, hilfsweise hat sie beantragt, das Verfahren nur gegen Zahlungsauflagen gem. § 30 e Abs. 1 und Abs. 2 ZVG einstweilen einzustellen.

3

Mit Beschl. v. 17. 12. 1999 hat das AG das Zwangsversteigerungsverfahren einstweilen eingestellt und zugleich angeordnet, dass der Gläubigerin für die Zeit nach dem Berichtstermin gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO laufend die geschuldeten Zinsen i.H.v. 18 % aus 400.000 DM binnen 2 Wochen nach deren Fälligkeit aus der Insolvenzmasse zu zahlen sind, § 30e Abs. 1 ZVG. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, die Höhe der zu zahlenden Zinsen bestimme sich aus dem eingetragenen Recht. Dabei sei es unerheblich, ob auch wegen dieser Ansprüche das Verfahren betrieben werde. Hier betrage der Kapitalbetrag des in Abt. III unter lfd. Nr. 3 eingetragenen Rechts 400.000 DM, der Zinssatz liege bei 18 % Jahreszinsen. Dementsprechend seien die Zinszahlungen zu leisten.

4

Gegen diese in dem Beschluss enthaltene Auflage wendet sich der Insolvenzverwalter mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, die Zinszahlungspflicht nach § 30 e Abs. 1 ZVG könne nur auf das Grundpfandrecht bezogen werden, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben werde. Da die Gläubigerin hier aus dem im Grundbuch in Abt. III Nr. 3 eingetragenen Recht nur aus einem Kapitalbetrag von 100.000 DM die Zwangsversteigerung betreibe, könnten Zinsen auch nur für diesen Betrag von 100.000 DM angeordnet werden. Der Insolvenzverwalter vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass auch die vom AG festgesetzte Höhe der geschuldeten Zinsen von 18 % dem Grundschuldzinsbetrag unzutreffend sei. Mit der Zinszahlungspflicht in § 30c Abs. 1 ZVG habe der Gesetzgeber an die Zinsen angeknüpft, die auf den Grundschuldhauptbetrag vom Schuldner als üblicher Darlehenszins zu zahlen seien. Für den Fall, dass der Grundschuldsicherung kein Darlehensvertrag zugrunde liege, müsse der marktübliche Zins, der derzeit nicht über 7 % p.a. liege, angenommen werden.

5

Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters ist gem. § 30 d Abs. 3 Satz 1 ZVG i.V.m. § 30 b Abs. 3 Satz 1 ZVG zulässig. Sie ist auch begründet. Der angefochtene Beschluss ist dahingehend abzuändern, dass der Gläubigerin für die Zeit nach dem Berichtstermin laufend die geschuldeten Zinsen nur i.H.v. 7 % aus 100.000 DM gem. § 30c Abs. 1 ZVG zu zahlen sind.

6

Nach dieser Vorschrift muss das AG von Amts wegen die einstweilige Einstellung des Verfahrens mit der Auflage verbinden, dass dem betreibenden Gläubiger laufend die geschuldeten Zinsen binnen 2 Wochen nach Eintritt der Fälligkeit aus der Insolvenzmasse zu zahlen sind. Durch diese Vorschrift soll verhindert werden, dass der wirtschaftliche Wert des Rechts des betreibenden Gläubigers durch die einstweilige Einstellung vermindert wird. Der Gläubiger soll durch den Zeitablauf keinen Schaden erleiden (Begründung BT-Drucks. 12/2443, S. 176 (zu § 188)). Entgegen der vom AG und Hintzen (vgl. Rpfl. 1999, 260) vertretenen Auffassung handelt es sich bei den geschuldeten Zinsen nicht um die dinglichen Zinsen, die hier 18 % betragen. Diese Auffassung ist weder mit der Gesetzesbegründung (abgedruckt bei Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, S. 526), in der ausdrücklich auf die vertraglich vereinbarten Zinsen verwiesen wird, noch mit dem Sinn und Zweck der einstweiligen Einstellung vereinbar. Die einstweilige Einstellung soll dem Insolvenzverwalter eine Atempause verschaffen und soll nicht dazu dienen, die Grundpfandgläubiger auf Kosten der Insolvenzgläubiger zu bereichern (Kübler/Prütting/Pape, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 21 Rn. 24; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 5. Aufl., Rn. 6.371; Wenzel, NZI 1999, 102). Mithin sind hier nicht die dinglichen Zinsen i.H.v. 18 % aus der Insolvenzmasse zu zahlen. Vielmehr schuldet der Insolvenzverwalter nur die Zahlung von 7 % Zinsen. Der nach § 30 e Abs. 1 ZVG zu zahlende Zinssatz richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Befindet sich der Schuldner in Verzug, können Verzugszinsen verlangt werden (Wenzel, NZI 1999, 102; Obermüller, InsO, 1995, S. 165). Zwar liegt hier der Grundschuldsicherung kein Darlehensvertrag zwischen der Gläubigerin und der Gemeinschuldnerin zugrunde. Vielmehr dient die Grundschuld zur Sicherung aller Forderungen der Gläubigerin gegen und/oder die Grundstücksgesellschaft mbH und/oder die GmbH. Dies spielt indes für die Frage, in welcher Höhe die Zinsen nach § 30 e Abs. 1 ZVG zu zahlen sind, keine Rolle. Entscheidend sind die vertraglichen Vereinbarungen des Kausalverhältnisses, auch wenn dieses nicht direkt zwischen der Gläubigerin und der Gemeinschuldnerin besteht. Die Gläubigerin hat insoweit dargelegt, aufgrund der Kreditkündigung betrage der geschuldete Vertragszins z.Zt. 7 % p.a. Mithin sind in dieser Höhe Zinszahlungen an die Gläubigerin aus der Insolvenzmasse zu leisten.

7

Entgegen der Auffassung des AG bezieht sich die Zinszahlungspflicht nicht auf einen Betrag von 400.000 DM, vielmehr sind Zinsen nur auf einen Betrag von 100.000 DM zu zahlen. Zwar beträgt der Kapitalbetrag der in Abt. III lfd. Nr. 3 eingetragenen Grundschuld 400.000 DM. Die Gläubigerin betreibt indes die Zwangsversteigerung nur wegen eines Kapitalbetrags von 100.000 DM. Nur dieser Betrag ist für die Zinszahlungspflicht maßgebend. Wenn die Gläubigerin die Zwangsversteigerung nur aus einem geringeren Teilbetrag ihres Grundpfandrechts betreibt, stehen ihr nach § 30 e Abs. 1 ZVG auch nur aus diesem (geringeren) Betrag Zinsen zu. Andernfalls hätte ein Gläubiger die Möglichkeit, die mit dem Verfahren verbundenen Kosten niedrig zu halten, indem er nicht aus seiner vollen Grundschuld vollstreckt, gleichwohl aber Zinsen nach § 30 e Abs. 1 ZVG auf die volle Grundschuldsicherung zu erhalten.