Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 31.01.2023, Az.: 10 WF 135/22

Kindesherausgabe; Ordnungshaft; Zur unmittelbaren Anordnung von Ordnungshaft zur Vollstreckung einer Kindesherausgabe

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.01.2023
Aktenzeichen
10 WF 135/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 10667
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0131.10WF135.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 20.09.2022 - AZ: 618 F 3230/21

Fundstellen

  • FamRZ 2023, 527
  • MDR 2023, 527-528

Amtlicher Leitsatz

Kommt ein Elternteil einer vollstreckbaren Verpflichtung zur Herausgabe eines Kindes an den anderen Elternteil nicht nach, kann bei hartnäckiger und nachhaltiger Weigerung unmittelbar auf Ordnungshaft erkannt werden. Dies gilt umso mehr, wenn der zur Herausgabe berufene Elternteil bereits anlässlich der früheren Anhörung im Sorgerechtsverfahren auf eine solche mögliche Vorgehensweise hingewiesen worden ist. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels erfordert bei Zuwiderhandlungen, die über einen längeren Zeitraum andauern, dass sie sich auf einen bestimmten Zeitraum bezieht, in dem auch die Vollstreckung aus dem Herausgabebeschluss nicht eingestellt gewesen ist und für den ein Ordnungsmittelantrag des Gläubigers vorliegt, zu welchem dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt worden ist.

In der Familiensache
betreffend die Herausgabe des beteiligten Kindes
hier: wegen Ordnungsmitteln
M. W., geb. am ... 2012, ...,
weitere Beteiligte:
1. N. W., ...,
Antragsteller und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt J. E., ...,
Geschäftszeichen: ...
2. A. W., ...,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt S. N., ...,
3. Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Jugend und Familie,
Kommunaler Sozialdienst, ...,
Geschäftszeichen: ...
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch (...) am 31. Januar 2023 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers und unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Ordnungsmittel-Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 20. September 2022 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Wegen des Verstoßes gegen die im Beschluss des Amtsgerichts vom 26. Juli 2021 in Verbindung mit dem Ergänzungsbeschluss vom 9. Dezember 2021 ihr unter Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung aufgegebene Herausgabe der Tochter der Beteiligten M. an den Antragsteller in der Zeit vom 9. Dezember 2021 bis zum 10. Februar 2022 werden gegen die Antragsgegnerin 30 Tage Ordnungshaft angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Festsetzung eines Verfahrenswertes ist nicht veranlasst, da sich die Erhebung der Gerichtskosten nach einer Festgebühr bestimmt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Anordnung von Ordnungsmitteln wegen eines Verstoßes gegen eine gerichtliche Herausgabeanordnung.

2

Die elterliche Sorge für die beiden minderjährigen Töchter der Beteiligten M. und L. , die bereits zuvor durch einstweilige Anordnung allein dem Antragsteller zugewiesen war, ist durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 16. Dezember 2020 (mit Ausnahme des Rechts zur Bestimmung des Umgangs) auch in der Hauptsache auf den Antragsteller allein übertragen worden; diese Entscheidung ist nach beiderseitigen Beschwerden der Beteiligten durch Senatsbeschluss vom 14. Juli 2021 (10 UF 245/20 - FamRZ 2021, 611 ff = juris), auf den auch zur weiteren ausführlichen Darstellung des Sachverhalts einschließlich der Vorgeschichte Bezug genommen wird, mit der Maßgabe bestätigt worden, dass die vom Amtsgericht vorgenommene Einschränkung bezüglich des Umgangsbestimmungsrechts entfiel.

3

Nachdem die Töchter in der Zeit nach der amtsgerichtlichen Hauptsacheentscheidung tatsächlich im Haushalt des Antragstellers lebten, wurden sie (noch während des laufenden Beschwerdeverfahrens vor dem Senat) nach einem eigenmächtigen "Besuch" in der Wohnung der Antragsgegnerin am 3. April 2021 von letzterer nicht freiwillig wieder an den Antragsteller herausgegeben, so dass am 12. April 2021 ein vom Amtsgericht erlassener entsprechender Herausgabebeschluss durch den Gerichtsvollzieher unter Hinzuziehung der Polizei vollstreckt werden musste; auch hinsichtlich der Einzelheiten wird insofern auf den besagten Senatsbeschluss Bezug genommen.

4

Ebenfalls noch im laufenden Beschwerdeverfahren wurde M. von der Antragsgegnerin seit dem 18. Juni 2021 nach einem eigenmächtigen Besuch dort erneut - und bis heute fortdauernd - nicht an den Antragsteller herausgegeben. Bereits im Rahmen der Anhörung der Beteiligten im seinerzeitigen Beschwerdeverfahren ist die Antragsgegnerin vom Senat am 22. Juni 2021 noch einmal eindringlich auf die rechtliche Lage und ihre Verpflichtung zur umgehenden Herausgabe M.s an den Antragsteller hingewiesen worden; ebenso darauf, dass im Falle sich insofern als notwendig erweisender Ordnungsmittel zur Durchsetzung der Herausgabeverpflichtung unter den Umständen des Streitfalles bereits aufgrund der Vorgeschichte eine Verhängung von Ordnungsgeld nicht mehr in Betracht kommen und die Verhängung von Ordnungshaft gegen die Antragsgegnerin geboten sein dürfte. Sie wurde weiter darauf hingewiesen, dass sie M. nur aufgrund einer entsprechenden Entscheidung ärztlich vorstellen und behandeln lassen, ärztliche Berichte/Atteste erstellen oder diese Dritten eröffnen dürfe sowie auch zu etwaigen Entschuldigung gegenüber der Schule nicht berechtigt sei.

5

Das Amtsgericht hat auf Antrag des Antragstellers im Verfahren 618 F 3230/21 EAHK mit umfangreichem Beschluss vom 26. Juli 2021 (Bl. I 93 ff. d.A.) die Antragsgegnerin u.a. zur Herausgabe von M. an den Antragsteller verpflichtet und eine Vollstreckung auch unter Anwendung unmittelbaren Zwangs sowie die Durchsuchung und ggf. gewaltsame Öffnung der Wohnung der Antragsgegnerin genehmigt. Dieser - aufgrund entsprechender Anordnung sofort wirksame - Beschluss ist der Antragsgegnerin am 28. Juli 2021 zugestellt worden (Bl. I 194 d.A.).

6

Zugleich mit der Zustellung ist durch den Gerichtsvollzieher um 8:15 Uhr eine Vollstreckung der Herausgabe in der Wohnung der Antragsgegnerin versucht worden. In der - nach ausbleibender Reaktion auf ein Klingeln unter Hinzuziehung der Polizei und eines Schlossers geöffneten - Wohnung wurden nach dem Protokoll des Gerichtsvollziehers weder die Antragsgegnerin noch M. angetroffen (Bl. I 194 ff. d.A.). Nach Angaben von Nachbarn sind die letztgenannten "seit geraumer Zeit" nicht mehr in der Wohnung wahrgenommen worden, die - offenbar auch im Hinblick auf zwei in der Wohnung befindliche Katzen - aber von verschiedenen unbekannten Personen regelmäßig aufgesucht worden sein soll (Bl. I 196 d.A.).

7

Nachdem die Antragsgegnerin offenkundig umgehend von dem Vollstreckungsversuch Kenntnis erlangt hatte, rief sie gegen 19:30 Uhr bei der Polizeidienststelle L. an und teilte mit, dass sie sich mit M. bei Frau H. in H. aufhalte und die Polizei M. "dort abholen" könne. Daraufhin organisierte die Dienststelle L. mit der für H. zuständigen Dienststelle R. und der Clearingstelle des Jugendamtes entsprechend dieses Wunsches der Mutter eine entsprechende Abholung des Kindes. Den weiteren Verlauf schildert der entsprechende Vermerk des eingesetzten Polizeibeamten PK W. vom 29. Juli 2021 (Bl. I 121 ff. = 136 ff. d.A.):

8

"Im hier vorliegenden Sachverhalt wurde die uniformierte Funkstreifenwagenbesatzung PK'in B und PK W (Unterzeichner [im Weiteren: Uz.}) durch POK'in Z (PK Ronnenberg) am 29. Juli 2021 gegen 22:30 Uhr zur Unterstützung angefordert.

Insbesondere weil der Unterzeichner mit einer dienstlich gelieferten Bodycam ausgestattet war und eine Dokumentation somit gewährleistet werden sollte.

Am Ereignisbereich des Einsatzgeschehens ... angetroffen, wird im Beisein eines Mitarbeiters des Jugendamtes sowie PKA A an der Hauszugangstür geklingelt.

Nach Öffnen der Hauszugangstür durch Frau W. und Herrn H., führt POK'in Z das Gespräch. Sie erklärt mehrfach empathisch den Grund des polizeilichen Erscheinens und die Konsequenzen.

Während des Gesprächs ... kamen wiederholt Personen zur Tür und erkundigten sich über den Grund des polizeilichen Erscheinens.

Für den Uz. bestand bereits zu diesem Zeitpunkt der Eindruck, dass die Gesprächspartei auf Seiten von Frau W. nicht auf die getätigten Aussagen reagierte und stur an der eigenen Sichtweise festgehalten wurde.

Des Weiteren drängte Frau W. darauf, dass zwei Polizeibeamte in das Wohnzimmer kommen sollen, um das Gespräch mit M. zu führen. Ein Gespräch an der Haustür wurde mehrfach abgelehnt. Bereits an dieser Stelle teilte Frau W. mit, dass M. nicht zu ihrem Vater wolle und Angst vor der Polizei habe.

POK'in Z, PKA A und der Mitarbeiter des Jugendamtes begaben sich anschließend in das im Erdgeschoss befindliche Wohnzimmer. Durch Herrn H. wurde daraufhin versucht die Hauseingangstür, vor der sich der Uz. befand, zu schließen. Der Uz. stellte daraufhin seinen Fuß in die Tür und forderte den Mann auf seine Handlung zu unterlassen (...)

Durch die geöffnete Wohnzimmertür konnte der Uz. mehrere Stimmen wahrnehmen. Nach längerer Zeit begab sich POK'in Z zu dem Unterzeichner und gab an, dass das Kind nicht freiwillig mitkommen wolle. (...) Des Weiteren befänden sich ca. 15 Personen im Wohnzimmer. Das gefährdete Kind (M.) säße dabei auf dem Sofa und sei von mehreren Personen umgeben. Direkt über dem Sofa, an einem Fenster, befände sich eine kleine Actionkamera (GoPro) und eine weitere, größere Fernsehkamera, auf der Schulter einer Person, welche sich auf der Terrasse befände. POK'in Z gab an, dass sie vermute, dass die gesamte Situation bewusst so initiiert wurde und das Kind durch die anwesenden Personen dazu instrumentalisiert wurde, jegliches Entgegenkommen der Polizei oder des Jugendamtes abzulehnen. Die gesamte Situation wirke geplant und gestellt.

Aufgrund der verhärteten Gesprächspositionen und der Abwesenheit von POK'in Z aufgrund der Rücksprache mit dem Mitarbeiter des Jugendamtes versuchte der Uz. mit Frau W. zu sprechen. Dabei wurde mehrfach betont, dass der Beschluss Rechtsgültigkeit besitze und das oberste Ziel das Wohl des Kindes sei. Frau W. beharrte jedoch darauf, dass das Wohl nicht gefährdet sei und eher durch eine Inobhutnahme negative Folgen, wie z.B. Traumata, entstehen würden.

Durch den Uz. wurde angeboten ein Gespräch lediglich mit Frau W. und ihrer Tochter in einer ruhigen Atmosphäre zu führen. Dies wurde vehement verneint. Frau W. insistierte darauf, das Gespräch nur im Wohnzimmer oder im Beisein ihrer Freunde führen zu wollen.

Für die eingesetzten Beamten entstand dabei der Eindruck, dass Frau W. das gesamte Gespräch auf Ton- und Videoaufzeichnung haben wolle. Indirekt wurde dies durch Frau W. und Herrn H. bestätigt, da diese angaben, beim letzten polizeilichen Einsatz keine Zeugen gehabt zu haben und sie deswegen diesmal vorsichtiger seien.

Gemeinsam mit POK'in Z begab sich der Uz. in das Wohnzimmer, um ein Gespräch mit M. zu führen und letztlich eine friedvolle Durchsetzung zu erreichen.

Die Angaben von POK'in Z bezüglich der Feststellungen im Raum (Kameras, anwesende Personen), können dabei vom Uz. bestätigt werden. Es herrschte eine sehr angespannte Stimmung und eine deeskalative Kommunikation war, aufgrund mehrerer anschuldigender und teils anmaßender Zwischenrufe der Mitanwesenden, nicht möglich. Jedes Argument wurde direkt durch die Personen auf- und angegriffen.

Eine direkte Kommunikation mit M. wurde ebenfalls verhindert, indem die anwesenden Personen stellvertretend antworteten.

Ein besonderer Fokus der im Raum anwesenden Personen lag darin, den eingesetzten Beamten Aussagen zu einem gewaltsamen Entreißen des Kindes zu entlocken. Mehrfach wurde gefragt, wie das weitere Vorgehen sei und ob die Polizei versprechen könne, dabei keine Gewalt einzusetzen. Auf Fragen durch die eingesetzten Beamten wurde nicht von M., sondern durch die Mitanwesenden geantwortet.

Mehrfach wurde durch den Uz. auf den Beschluss verwiesen und gebeten, das Kind nicht zu beeinflussen.

Ebenfalls wurde Frau W. vorgeschlagen, dass sie M. vorerst begleiten dürfe, um den Abschied zu erleichtern und eine Traumatisierung zu verhindern. Dies wurde ebenfalls abgelehnt.

Für den Uz. wurde an dieser Stelle nochmals deutlich, dass es nicht um das Wohl des Kindes, sondern lediglich um das sture Durchsetzen von Interessen geht.

Ein Kompromiss konnte deshalb nicht gefunden werden.

Da eine weiterführende Kommunikation nicht möglich war, wurde das Gespräch an dieser Stelle beendet. POK'in Z hielt daraufhin telephonisch Rücksprache mit dem Schichtleiter des PK R.. Währenddessen wurde durch die anwesenden Personen mehrfach und ohne Anlass behauptet, dass die Polizei mit einem Großaufgebot erscheine und die Maßnahmen mit Gewalt durchsetze. Im Rahmen dieser Unterhaltung wurde durch PK'in B und den Uz. folgende Aussage wahrgenommen: "Wenn du gleich gepackt wirst, musst du ganz laut schreien".

POK'in Z entschied sich in Rücksprache mit ihrem Dienstschichtleiter für einen deeskalativen Rückzug ohne Anwendung von Zwangsmaßnahmen.

Dies wurde Frau W. mündlich mitgeteilt. Des Weiteren erfolgte der Hinweis, dass eine widerrechtliche Veröffentlichung der Kameraaufzeichnungen strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehe.

Das Geschehen spielte sich im Hausinneren und somit nicht im öffentlichen und frei zugänglichen Raum ab. Die rechtlichen Vorausseezungen für die Aufnahme des Sachverhaltes lagen somit nicht vor."

9

Diese Angaben werden entsprechend auch in dem Bericht von POK'in Z vom 29. Juli 2021 (Bl. I 124 ff. = 139 ff. d.A.) bestätigt, aus dem sich noch folgende weitere Schilderungen ergeben [die Hervorhebungen durch Fettdruck und Unterstreichung entsprechen dem Original]:

10

"... Bis zum Eintreffen der Unterstützungskräfte meldete sich die Kindesmutter mehrfach bei der Polizei, u.a. Leitstelle, und erfragte, wie lange das Erscheinen der Polizei noch dauern würde. Ihre Tochter müsse schließlich bald schlafen. Die Kindesmutter deutete an, die eingesetzten Beamten wegen zeitlichen Verzuges zum Nachteil des Wohlergehens ihres Kindes anzuzeigen ...

... In dem Wohnzimmer wird die neunjährige M. auf der Couch liegend angetroffen. Sowohl links- als auch rechtsseitig von M. sitzen jeweils zwei weibliche Erwachsene. In dem offenen Wohn-Essbereich halten sich zudem weitere fünf Personen auf. Die eingesetzten Beamten nehmen wahr, dass am Wohnzimmerfenster eine Go-Pro-Kamera mit Klebeband fixiert ist. Die Kameralinse ist direkt auf die Beamten ausgerichtet. Weiterhin wird eine männliche Person im Außenbereich des Wohnhauses wahrgenommen, die eine große Fernsehbildkamera auf der Schulter trägt und von außen in den Wohninnenbereich hinein videographiert. ...

... Das Kind wird von der Uz. altersgerecht befragt. Eingangs fragt POK'in Z, ob M. wisse, wer wir sind und aus welchem Grund wir erschienen sei. Das Mädchen nickt zustimmend und gibt an, dass wir von der Polizei seien und dass wir gekommen seien, um ihr weh zu tun. Dies wird seitens der Uz. verneint. M. wird verdeutlicht, dass die Polizei kein Interesse daran hat, körperlich gewaltsam auf sie einzuwirken und dass es eine richterliche Entscheidung gäbe, was ihren Verbleib bei der Mutter betreffe und dass sie künftig in die Obhut ihres Vaters übergeben werden soll. Ihre Reaktion daraufhin erscheint zunächst verärgert und ablehnend. Ihr Wunsch sei es, bei der Mutter zu bleiben. Inzwischen lebe sie seit sechs Wochen bei der Mutter. In dem Zeitraum habe es keinen Kontakt zu ihrem Vater und ihrer Schwester gegeben. Auf Nachfrage, warum sie den Vater bzw. die Schwester verlassen habe, obwohl sie ihre Schwester sehr vermisse, gibt sie an, dass ihre Mutter ihr so sehr gefehlt habe und dass sie deshalb damals abgehauen sei. Auf Nachfrage, warum ihre Schwester nicht mit abgehauen sei, antwortet sie, weil ihre Schwester Angst vor der Polizei hätte.

Im Gespräch entsteht der Eindruck, dass das minderjährige Kind im Vorfeld von den anwesenden Personen manipuliert und instrumentalisiert wurde. Ihre Antworten klingen teils nicht kindgerecht, sondern als seien es Worte von einem Erwachsenen.

Auf kritische und fragwürdige Anmerkungen seitens der Polizei nehmen u.a. die direkt neben dem Kind sitzenden weiblichen Zeugen (H und B) sofort Bezug und verhindern somit unbeeinflusste Antworten des Kindes. Die Kindesmutter weiß sich theatralisch als Opfer des Gerichtsverfahrens zu verhalten und versucht sich Mitleid durch das Vergießen von Tränen zu verschaffen, um der emotional angespannten Situation mehr Nachdruck zu verleihen.

Insgesamt wirkt das Einsatzgeschehen seitens der Frau W. und der übrigen Personen stark manipulativ und langfristig geplant.

Im weiteren Einsatzverlauf versucht PK W vergebens, die Kindesmutter vom Rest der Freunde/Familie zu separieren und an die Vernunft der Mutter zu appellieren, da sie den weiteren Ablauf einer friedvollen Inobhutnahme des Kindes maßgeblich in den Händen habe. Frau W. zeigt sich unkooperativ und geht auf keine Alternativvorschläge ein. Auch das Angebot, dass sie gemeinsam mit dem gefährdeten Kind das Haus friedlich in Begleitung der Polizei verlassen könne, um alles Weitere auf der nahegelegenen Dienststelle klären zu können, wird von Frau W. beharrlich abgelehnt. Sie merkt an, dass eine sofortige rechtliche Umsetzung des Gerichtsbeschlusses gar nicht möglich sei, da kein Gerichtsvollzieher zugegen sei. ...

... Erneut betritt POK'in Z in Begleitung von PK W das Wohnzimmer, um das Gespräch fortzuführen. Die Stimmung ist zu diesem Zeitpunkt noch angespannter als zuvor. Eine deeskalative Kommunikation ist seitens des polizeilichen Gegenübers nicht möglich. Mehrfach sind Provokationen zu spüren, dass das Gegenüber auf ein gewaltsames Vorgehen seitens der Polizei hindrängt, welches wiederum von deren Kameras aufgezeichnet wird ...

11

Mit Beschluss vom 30. Juli 2021 hat das Amtsgericht den Beschluss vom 26. Juli 2021 hinsichtlich der Durchsuchungsbewilligung auf zwei weitere Wohnungen von Bekannten der Mutter, hinsichtlich derer Anhaltspunkte für einen Aufenthalt M.s bestanden, erweitert (Bl. I 151 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 30. Juli 2021 ist der letztgenannte Beschluss hinsichtlich eines Schreibfehlers in einer Adresse berichtigt worden (Bl. I 157 f. d.A.). Von einer entsprechenden Vollstreckung ist vom Antragsteller letztlich aufgrund der dort nur äußerst geringen Erfolgsaussicht Abstand genommen worden.

12

Bei einem weiteren Vollstreckungsversuch in der Wohnung der Antragsgegnerin am 27. August 2021 um 17:00 Uhr wurde vom Gerichtsvollzieher dort nur eine Person angetroffen, die sich als Patentante von M. vorstellte und angab, über den Aufenthalt der Antragsgegnerin und M.s keine Kenntnis und lediglich telephonischen Kontakt zu haben; seit ca. einer Woche füttere sie die Katzen der Familie und informiere ggf. für eingegangene Post (Bl. I 220 ff A.).

13

Mit weiterem, auf Antrag des Antragstellers ergangenem Beschluss vom 5. August 2021 (Bl. I 174 f. d.A.) ist die Antragsgegnerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über den Verbleib von M. verpflichtet worden.

14

Am 9. August 2021 hat die Antragsgegnerin Antrag auf Neuentscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung gestellt und eine Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses vom 26. Juli 2021 mit der Erweiterung vom 29. Juli 2021 beantragt (Bl. I 208 f. d.A.): der Einstellungsantrag ist mit Beschluss vom 16. August 2021 (Bl. I 209 d.A.) zurückgewiesen worden.

15

Am 24. August 2021 hat die Antragsgegnerin - erstmals vertreten durch ihren aktuellen Verfahrensbevollmächtigten und parallel zu einem (nicht als solchen gekennzeichneten) Abänderungsantrag betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder - die Aufhebung des Beschlusses vom 14. April 2021 (das ist der bereits durch Vollzug der Vollstreckung erledigte Herausgabebeschluss aus der Zeit der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens betreffend die elterliche Sorge vor dem Senat) beantragt, hilfsweise die Aussetzung bis zu einer Neuentscheidung über die elterliche Sorge [Bl. I 217 f. d.A.].

16

Am 25. August 2021 hat das Amtsgericht in einem Anhörungstermin, der neben dem vorliegenden Herausgabeverfahren auch drei weitere Kindschaftssachen (UG, EASO und EAUG) betraf, die Beteiligten persönlich angehört (Bl. II 237 f. d.A.). Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat dabei ausdrücklich begehrt, u.a. im vorliegenden Verfahren zunächst nicht zu entscheiden, sondern ihm erst umfassende Akteneinsicht, auch hinsichtlich weiterer benannter Verfahren zu gewähren und seine Stellungnahme zum vorliegenden Verfahren danach abzuwarten.

17

Die Antragsgegnerin ist schließlich auf Vorladung am 2. September 2021 - alleine, d.h. ohne die herauszugebende M. - im Büro des Gerichtsvollziehers erschienen. Dabei hat sie eine Herausgabe von M. an den Gerichtsvollzieher noch einmal ausdrücklich verweigert. Aufgefordert zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über den Aufenthalt von M. erklärte sie (Bl. I 230 f. d.A.):

18

"Meine Tochter ist jetzt bei meiner Freundin P. B., wohnhaft ....

Wir besuchen oft Freunde und Verwandte, dort haben wir in den letzten Tagen auch übernachtet. Ich kann keine Angaben über zukünftige Aufenthaltsorte machen.

In der Nacht vom 1. auf den 2. September 2021 habe ich mit meiner Tochter bei der o.g. Frau B. geschlafen. Wo ich die vorherigen Tage und Nächte verbracht habe, kann ich adhoc nicht genau sagen. Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet. Zum Zwecke der Vorbereitung habe ich über meinen Rechtsanwalt, Herrn N., am 1. September 2021 eine Anfrage an den Gerichtsvollzieher J. gestellt, welche bis dahin unbeantwortet geblieben ist. Diese Informationen könnte ich allenfalls nachreichen.

M. ist derzeit krank geschrieben bis aktuell zum 17. Oktober 2021 und wird deshalb auch in dieser Zeit voraussichtlich die Schule nicht besuchen."

19

Anschließend versicherte sie an Eides Statt, die verlangten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht zu haben.

20

Ebenfalls noch am 2. September 2021 hat der für die Wohnanschrift der Antragsgegnerin zuständige Gerichtsvollzieher mitgeteilt, dass er keine Aussicht für eine erfolgreiche Vollstreckung in der Wohnung sehe und daher die Zwangsvollstreckung vorerst eingestellt habe (Bl. I 229 d.A.).

21

Der Verfahrensbevollmächtige der Antragsgegnerin hat - noch vor der erst am 29. September 2021 abverfügten Übersendung der einzusehenden Akten (Bl. II 297 d.A.) - am 25. September 2021 (Bl. II 299 ff. d.A.) "ergänzend" zum Schriftsatz vom 24. August 2021 vorgetragen, wobei sich der Vortrag inhaltlich ausschließlich zur Frage einer Abänderung der Sorgeentscheidung verhält.

22

Der Antragstellervertreter hat mit Schriftsätzen vom 2. September 2021 (Bl. II 276 ff. d.A.) sowie vom 21. September 2021 (Bl. II 286 ff. d.A.) weitere Anträge zur Vollstreckung gestellt, darunter insbesondere einen solchen auf Erlass eines Haftbefehls gegen die Antragsgegnerin nach § 802 g ZPO. Auf den Schriftsatz vom 21. September 2021 hat der Vertreter der Antragsgegnerin mit zwei - nur teilweise identischen - Schriftsätzen vom 16. Oktober 2021 (Bl. II 314 ff. und 320 ff. d.A.) erwidert. Nach mehreren weiteren gewechselten Schriftsätzen, in denen der Vertreter der Antragsgegnerin auf die auf seinen Wunsch zurückgestellte Frage der Neuentscheidung nach der bereits erfolgten mündlichen Verhandlung in keiner Weise zurückgekommen oder in dieser Hinsicht inhaltlich vorgetragen hat, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 1. Dezember 2021 (Bl. II 371 f. d.A.) den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls sowie die erhobene Beschleunigungsrüge zurückgewiesen.

23

Gegen diese Zurückweisung seines Antrages auf Erlass eines Haftbefehls hat der Antragstellervertreter am 3. Dezember 2021 (Bl. IV 608 ff.) beim Oberlandesgericht sofortige Beschwerde eingelegt. Zu dieser "Blattbeschwerde", zu der dem Senat die entsprechende Akte naturgemäß nicht vorlag, hat der originär berufene Einzelrichter dem Antragstellervertreter fernmündlich den rechtlichen Hinweis erteilt, dass auch mittels eines - angesichts der offenkundig unzureichenden Auskunftserteilung der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer eidesstattlichen Versicherung nicht ausgeschlossenen - etwaigen Haftbefehls allein deren Auskunft über Tatsachen betrieben werden könne. Das beträfe aber ausschließlich Angaben über den Aufenthalt M.s in der jeweiligen Vergangenheit, wobei fraglich erscheine, ob dadurch die Aussichten weiterer Vollstreckungsversuche durch den Gerichtsvollzieher tatsächlich wesentlich verbessert werden könnten. Im Hinblick auf die mit der Weiterbetreibung des Beschwerdeverfahrens verbundene Anforderung der Vollstreckungsakte vom Amtsgericht und der damit verbundenen Behinderung anderer Vollstreckungsmaßnahmen hat der Antragstellervertreter daraufhin erklärt, das Beschwerdeverfahren zunächst und bis auf anderslautende Mitteilung nicht weiter betreiben zu wollen.

24

Am 5. November 2021 hat das zuständige Jugendamt beim Amtsgericht eine Gefährdungsmitteilung gemäß § 8a SGB VII eingereicht (Bl. VI 1124j ff d.A); darin werden aufgrund des unveränderten Aufenthaltes M.s bei der Antragsgegnerin im einzelnen Ausführungen zu einer Gesundheitsgefährdung, zur Vernachlässigung und zur seelischen/psychischen Misshandlung gemacht.

25

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2021 (Bl. II 401 d.A.) hat das Amtsgericht auf zwischenzeitlich erfolgten Hinweis des Antragstellervertreters hin den im Herausgabebeschluss unterlassenen Hinweis auf die Verhängung von Ordnungsmitteln gem. § 89 Abs. 2 FamFG nachgeholt.

26

Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2022 (Bl. III 407 d.A.) hat der Antragsteller schließlich beantragt, gegen die Antragsgegnerin wegen Nichterfüllung der Herausgabeverpflichtung aus dem Beschluss vom 26. Juli 2021 Ordnungsmittel zu verhängen. Das Amtsgericht hat für dieses Ordnungsmittelverfahren kein Sonderheft angelegt, sondern sämtliche darauf bezogene Schriftsätze zur - auch im Übrigen nicht ordnungsgemäß, d.h. chronologisch geführten - Akte des Herausgabeverfahrens selbst genommen.

27

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 26. Januar 2022 (zweite korrigierte Fassung Bl. III 580 ff. d.A.) ausführlich zu dem Ordnungsmittelantrag Stellung genommen und ist diesem - auch unter Hinweis auf ihren Antrag, ihr im Wege einstweiliger Anordnung die elterliche Sorge zu übertragen - entgegengetreten. Sie hat dabei weiter zwei "fachärztlich psychiatrische" bzw. "fachärztlich neurologisch-psychiatrische" Stellungnahmen des Dr. B. aus H. vom 4. bzw. 23. November 2021 (Bl. III 583 ff. d.A.) eingereicht, in denen dieser jeweils einleitend ausdrücklich seine Kenntnis dazu mitteilt, dass die elterliche Sorge allein durch den Antragsteller ausgeübt wird, wobei von diesem auch weder eine Zustimmung in seine ärztliche Betreuung noch etwa ein Verzicht auf die ärztliche Schweigepflicht erteilt worden ist. Er gibt im Weiteren an, M. untersucht und behandelt zu haben und teilt seine Diagnosen und Empfehlungen mit, die von ihm jedenfalls hinsichtlich der Stellungnahme vom 23. November 2021 auch ausdrücklich "zur Vorlage beim Amtsgericht bestimmt" sind. Wegen dieses Verhaltens, über das der Senat bereits anlässlich eines früheren Beschwerdeverfahrens sowohl die Ärztekammer als auch die Staatsanwaltschaft informiert hat, ist gegen diesen Arzt ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

28

Mit Beschluss vom 10. Februar 2022 (Bl. III 592 f. d.A.) hat das Amtsgericht (im Hinblick auf ein von der Antragsgegnerin anhängig gemachtes Verfahren betreffend eine Abänderung der zugrundeliegenden Entscheidung zur elterlichen Sorge) die Vollstreckung aus dem Herausgabebeschluss vom 26. Juli 2021 vorläufig eingestellt.

29

Anlässlich der vom Antragsteller am 6. Februar 2022 (Bl. III 599 ff.) erhobenen Beschleunigungsrüge, die die Amtsrichterin mit Beschluss vom 14. Februar 2022 (Bl. III 602 d.A.) "zurückgewiesen" hat, hat diese im besagten Beschluss auch "klargestellt", dass dem Ordnungsmittelantrag vom 4. Januar 2022 wegen dieser vorläufigen Einstellung der weiteren Zwangsvollstreckung "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nachgekommen" werde.

30

Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen die Zurückweisung der gegen die seinerzeitige Amtsrichterin erhobenen Befangenheitsablehnung durch den Antragsteller - die u.a. auch wegen der Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, an der die seinerzeitige Amtsrichterin auch nach Gegenvorstellung rechtsfehlerhaft festgehalten hatte, angebracht worden war - hat der Senat auch darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine derartige Einstellung der Zwangsvollstreckung offenkundig nicht vorgelegen hatten oder vorlagen. Daraufhin hat das Amtsgericht (durch die nunmehr zuständige Abteilungsrichterin) mit Beschluss vom 4. Juli 2022 (Bl. V 900 d.A.) die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung beendet und angekündigt, nunmehr auch über den Ordnungsmittelantrag vom 4. Januar 2022 entscheiden zu wollen. Parallel dazu hat der Antragstellervertreter mit Schriftsatz vom 5. Juli 2022 (Bl. V 929 f. d.A.) an den Ordnungsmittelantrag erinnert und erklärt, "der Antrag vom 4. Januar 2022 [bleibe] aufrechterhalten, wobei die seither verstrichene Zeit hinzutritt".

31

Die Antragsgegnerin ist unter dem 15. Juli 2022 (Bl. VI 1124c ff. d.A.) dem Ordnungsmittelantrag erneut entgegengetreten; sie hat dabei auf ihren Schriftsatz vom 26. Januar 2022 Bezug genommen und ergänzende Ausführungen gemacht.

32

Mit Schriftsatz vom 30. August 2022 (Bl. VI 1165 ff. d.A.) hat der Antragstellervertreter wiederum auf ein erneutes Tätigwerden des Gerichtsvollziehers zur Vollstreckung des Herausgabebeschlusses gedrungen.

33

Nach einem entsprechenden Vermerk des Amtsgerichts vom 1. September 2022 (Bl. VI 1170 d.A.) ist ein erneuter Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher erteilt worden.

34

Dieser Vollstreckungsversuch der Herausgabeverpflichtung der Antragsgegnerin unter deren unveränderter Meldeanschrift durch den Gerichtsvollzieher am 21. August 2022 zwischen 18:00 und 19:00 Uhr ist wiederum erfolglos geblieben. Von einer erneuten Durchsuchung der offensichtlich nicht bewohnten Räume, in der nach den Angaben der Wohnungsnachbarn die Antragsgegnerin auch bereits längere Zeit nicht mehr gesehen worden war, wurde dabei abgesehen (Bl. VI 1172 ff. d.A.).

35

Mit Schriftsatz vom 6. September 2022 (Bl. VI 1179 ff d.A.) ist der Antragsgegnervertreter dem Ordnungsmittelantrag erneut und unter Einreichung redundanter Anlagen entgegengetreten.

36

Mit Beschluss vom 20. September 2022 (Bl. 1 ff SH OM II) hat das Amtsgericht schließlich gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 €, ersatzweise je 1 Tag Ordnungshaft für 50 € Ordnungsgeld, festgesetzt wegen - zeitlich nicht weiter spezifizierter - Nichterfüllung der Herausgabeverpflichtung aus dem Beschluss vom 26. Juli 2021.

37

Gegen diesen Beschluss haben beide Beteiligte jeweils sofortige Beschwerde eingelegt, mit der die Antragsgegnerin (Beschwerdeschrift an das Amtsgericht vom 4. Oktober 2022 - "korrigierte" Version Bl. 43 ff. SH OV II) eine Abweisung des Ordnungsmittelantrages und der Antragsteller (Beschwerdeschrift an das OLG vom 23. September 2022 -Bl. 8 ff. SH OV II) die Festsetzung eines angemessenen Ordnungsmittels, vorrangig in Gestalt von Ordnungshaft begehrt. Die Antragsgegnerin hat zugleich die zuständige Amtsrichterin für das Abhilfeverfahren als befangen abgelehnt.

38

Das Amtsgericht hat - durch die geschäftsplanmäßige Vertreterin der anderweitig verhinderten zuständigen Amtsrichterin - mit Beschluss vom 18. Oktober 2022 (Bl. 50 f. SH OV II) den sofortigen Beschwerden nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die wechselseitigen Beschwerdeschriften waren dabei bereits durch das Amtsgericht den jeweiligen Gegnern übermittelt worden, die ergänzend Stellung genommen haben.

39

Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2022 (Bl. VI 1214 ff.), mit dem zugleich eine erneute Befangenheitsablehnung der zuständigen Amtsrichterin verbunden worden ist, ist der Vertreter der Antragsgegnerin auf den Antrag zurückgekommen, aufgrund der bereits am 28. August 2021 erfolgten mündlichen Verhandlung erneut über den Herausgabeantrag zu entscheiden.

40

Der originär berufene Einzelrichter hat die Sache mit Beschluss vom 3. Januar 2023 wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Sicherung der einheitlichen Senatsrechtsprechung (vgl. dazu zuletzt BGH, Urteil vom 10. November 2022 - III ZR 13/22 - juris - insbes. Leitsatz b) auf den Senat übertragen.

41

Dem Vertreter der Antragsgegnerin war im Rahmen des überschneidend beim Senat aus dieser Akte heraus anhängigen und durch Erledigungserklärung beendeten weiteren Beschwerdeverfahrens betreffend den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls (10 WF 210/21), in dem auch über weitere Befangenheitsablehnungen der Antragsgegnerin zu entscheiden war, (noch einmal) bis zum 23. August 2022 die gesamte Akte des vorliegenden Verfahrens mit 6 Bänden zur - auf seinen Antrag einmal verlängerten - Akteneinsicht in seiner Kanzlei überlassen worden (vgl. Rücksendungsschreiben Bl. VI 1152 d.A).

42

Nach eigener Mitteilung der Antragsgegnerin im Parallelverfahren 10 UF 181/22 (dort Bl. 21 d.A.) hat die Staatsanwaltschaft gegen sie mittlerweile Anklage wegen Kindesentziehung erhoben.

43

Im Parallelverfahren 10 UF 116/22 hat das Jugendamt im Rahmen einer aktuellen Stellungnahme vom 30. September 2022 (Bl. IV 762 ff. PV.) über einen weiteren erfolglosen Vollstreckungsversuch in der Wohnung der Antragsgegnerin am 14. September 2022 berichtet; wiederum wurden dabei die Antragsgegnerin und M. nicht angetroffen, sondern lediglich eine junge Frau, die angab, Untermieterin zu sein und die Antragstellerin zuletzt vor ca. einer Woche, M. dagegen bereits seit langer Zeit nicht mehr gesehen zu haben.

44

Die umfangreichen Verfahrensakten einschließlich derjenigen der Parallelverfahren standen im Übrigen aufgrund einer aus dem Unterstützerkreis der Antragstellerin beim Justizministerium angebrachten Eingabe, die von der Präsidentin des OLG als Dienstaufsichtsbeschwerde bewertet und zurückgewiesen worden ist, dem Senat zeitweilig nicht zur Verfügung.

II.

45

1. Gegenstand des vorliegenden Ordnungsmittelverfahrens, was vom Amtsgericht nicht ausdrücklich angeführt und von den Beteiligten (auch) im Beschwerdeverfahren wohl verkannt sein dürfte, ist (alleine) die von der Antragsgegnerin unterlassene Herausgabe der Tochter M. an den Antragsteller im Zeitraum zwischen dem 9. Dezember 2021 und dem 9. Februar 2022. Eine Verhängung von Ordnungsmitteln ist nämlich nur für ein Verhalten möglich, das gegen eine vollstreckbare Verpflichtung aus einem wirksamen, vollstreckbaren Titel verstößt, in dem der Verpflichtete ausdrücklich auf die Folgen einer Zuwiderhandlung hingewiesen worden ist und auf das bezogen ein ausdrücklicher Antrag des Gläubigers gestellt wurde, zu welchem dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt worden ist.

46

Diese zeitliche Begrenzung ergibt sich im Streitfall zum einen hinsichtlich des Beginns daraus, dass erst mit dem Ergänzungs- bzw. Berichtigungsbeschluss vom 9. Dezember 2021 die bis dahin vom Amtsgericht unterlassenen ausdrücklichen Hinweise auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gem. § 89 Abs. 2 FamFG nachgeholt worden sind. Zum anderen ergibt sie sich hinsichtlich des Endes durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 9. Februar 2022, mit dem das Amtsgericht die (weitere) Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vorläufig eingestellt hat, was jedenfalls zu einem Wegfall eines Verschuldens der Antragsgegnerin für die daran anschließende Zeit geführt hat.

47

Allein auf den dergestalt eingegrenzten Zeitraum bezieht sich zugleich der - für die Verhängung von Ordnungsmitteln zwingend erforderliche - Antrag des Antragstellers: dieser Antrag stammte ursprünglich aus dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2021 (Bl. III 704 d.A.), konnte sich also zunächst lediglich auf die Zeit bis längstens zu diesem Datum beziehen; er wurde aber - nach Aufhebung der vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung mit Beschluss vom 7. Juli 2022 - in einem Schriftsatz noch vom gleichen Tage (Bl. V 929 f. d.A.) erneuert und ergänzt: so heißt es ausdrücklich: "Der Antrag vom 4. Januar 2022 bleibt aufrechterhalten, wobei die bisher verstrichene Zeit hinzutritt".

48

Auf die Zeit nach der Aufhebung der vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Herausgabebeschluss und nach dem erneuerten und erweiterten Ordnungsmittelantrag des Antragstellers aus dem Schriftsatz vom 7. Juli 2022 bezieht sich damit das hier gegenständliche (Beschwerde-) Verfahren nicht, noch zumal der Antragsgegnerin naturgemäß auch nur für diesen bezeichneten zeitlichen Abschnitt rechtliches Gehör gewährt werden konnte.

49

Eine etwaige Verhängung von Ordnungsmitteln für den Zeitraum nach der Wiedereröffnung der Zwangsvollstreckung aus dem Herausgabetitel durch Beschluss vom 7. Juli 2022 - die durch das vorliegende Verfahren allerdings auch in keiner Weise tangiert oder gar ausgeschlossen wird - müsste dagegen bei entsprechendem gesonderten Antrag des Antragstellers Gegenstand eines gesonderten Ordnungsmittelverfahrens sein.

50

2. Die Beschwerden beider Beteiligter gegen den amtsgerichtlichen Ordnungsmittelbeschluss sind form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Dies gilt insbesondere auch, soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde eine weitergehende Sanktionierung als vom Amtsgericht ausgesprochen erstrebt.

51

3. Während der Beschwerde der Antragsgegnerin in der Sache der Erfolg verwehrt bleiben muss, hat diejenige des Antragstellers den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.

52

a. Die Antragsgegnerin hat in der - wie oben festgestellt - hier verfahrensgegenständlichen Zeit gegen die ihr mit dem Beschluss vom 27. Juli 2021 aufgegebene Verpflichtung, die Tochter M. an den Antragsteller herauszugeben, verstoßen, weil eine solche Herausgabe tatsächlich nicht erfolgt ist.

53

aa. Dabei lag mit dem Herausgabebeschluss vom 27. Juli 2021 insofern eine wirksame Verpflichtung der Antragsgegnerin vor, die sie in Ziffer 1 des Beschlusstenors zur Herausgabe i.S.d. § 89 FamFG verpflichtete. Im vorliegenden Vollstreckungsverfahren durch Ordnungsmittel sind dabei allein noch die formellen Voraussetzungen zu prüfen, während eine erneute inhaltliche Prüfung des Herausgabebeschlusses nicht stattfindet. Insofern kommt es auf die gesamten umfangreichen Ausführungen der Antragsgegnerin hier nicht weiter an, die - weitgehend in Kopie ihres Vortrages im parallelen Abänderungsverfahren zur elterlichen Sorge, insbesondere erneut der auch dort unbehelflichen umfangreichen tabellarischen Auseinandersetzung mit der Senatsentscheidung vom 14. Juli 2021 - sich gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung zur elterlichen Sorge sowie inhaltlich gegen den Herausgabebeschluss vom 27. Juli 2021 richten.

54

Die Wirksamkeit des Beschlusses wird auch nicht etwa dadurch berührt, dass Grundlage bis heute allein der ohne vorherige mündliche Verhandlung ergangene Beschluss vom 27. Juli 2021 (einschließlich der wiederholten Ergänzungen, u.a. um den erforderlichen Hinweis auf die Folgen von Zuwiderhandlungen) ist. Soweit die Antragsgegnerin mit persönlichem Schreiben vom 8. August 2021 (Bl. I 208 d.A.) auch eine Neuentscheidung nach mündlicher Verhandlung begehrt hat, ist eine solche mündliche Verhandlung (auch) über den im Wege einstweiliger Anordnung ergangenen Herausgabebeschluss ausweislich der Sitzungsniederschrift am 25. August 2021 auch zeitnah tatsächlich erfolgt (vgl. Bl. II 272 f. d.A.). Die darauf basierende Neuentscheidung durch das Amtsgericht ist nach entsprechender Erklärung ihres (gerade erst mit dem Mandat betrauten neuen) Verfahrensbevollmächtigten im Termin auf die Zeit nach dessen damals bevorstehender (ersten) Akteneinsichtnahme sowie einer angekündigten weiteren entsprechenden schriftsätzlichen Stellungnahme zurückgestellt worden, wobei letztere im weiteren Verfahren zunächst jedoch nicht erfolgt ist. Erstmals mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2022 (Bl. VI 1214 f. d.A.) ist eine entsprechende Stellungnahme beim Amtsgericht eingegangen, in der nunmehr ausdrücklich auch diese Entscheidung nach der Verhandlung vom 25. August 2021 aufgerufen wird. Darüber wird das Amtsgericht nach Rückkehr der Akte sowie rechtskräftiger Erledigung einer weiteren, von der Antragsgegnerin gegen die Amtsrichterin erhobenen Befangenheitsablehnung - die beide bisher ein entsprechendes Tätigwerden ausschlossen, zu befinden haben. Unabhängig davon aber war (und ist) der Herausgabebeschluss vom 27. Juli 2021 bislang und damit insbesondere auch im hier gegenständlichen Zeitraum wirksame Vollstreckungsgrundlage. Im Übrigen würde selbst in dem gänzlich unwahrscheinlichen Fall, dass es im Rahmen der anstehenden Neuentscheidung einschließlich ggf. des eröffneten Beschwerdeverfahrens zu einem Wegfall der Herausgabeverpflichtung für die Zukunft kommen sollte, dadurch die Grundlage der vorliegend zu entscheidenden Anordnung von Ordnungsmitteln für vorangegangene Zeiträume ohnehin nicht tangiert.

55

Ebenfalls keine Auswirkung auf die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Herausgabebeschlusses vom 27. Juli 2021 für den hier maßgeblichen Zeitraum hat schließlich der amtsgerichtliche Beschluss vom 18. Februar 2022, mit dem die weitere Zwangsvollstreckung für die Zeit danach vorläufig eingestellt worden ist. Durch diese allein auf die Zeit nach dem Beschluss gerichtete Entscheidung wird die Vollstreckbarkeit für die Vergangenheit nicht berührt. Im Übrigen ist eine Vollstreckung durch Verhängung von Ordnungsmitteln auch noch zu einem Zeitpunkt möglich, zu dem der zugrundeliegende, die Verpflichtung enthaltene Titel - sei es durch Zeitablauf, sei es durch spätere Abänderung - außer Vollzug getreten ist (vgl. BGH - Beschluss vom 10. Mai 2017 - XII ZB 62/17 - FamRZ 2017, 1329 = juris; Zöller34-Feskorn, FamFG § 98 Rz 1 m.w.N.). Insofern war es rechtlich auch grundlegend falsch, dass sich das Amtsgericht vor dem erfolgten Richterwechsel wiederholt unter Berufung auf die erfolgte Einstellung der Zwangsvollstreckung geweigert hat, über das Begehren des Antragstellers auf Verhängung von Ordnungsmitteln aufgrund seines Antrages vom 4. Januar 2022 zu entscheiden.

56

bb. Der zunächst unterlassene Hinweis gemäß § 89 Abs. 2 FamFG ist mit dem Ergänzungs- bzw. Berichtigungsbeschluss vom 9. Dezember 2021 nachgeholt worden, so dass auch insofern eine Vollstreckung durch Ordnungsmittel für den hier maßgeblichen Zeitraum eröffnet ist.

57

cc. Mit dem bereits zuvor angesprochenen Begehren des Antragstellers aus dem Schriftsatz vom 4. Januar 2022 sowie dessen Wiederholung und Erweiterung im Schriftsatz vom 7. Juli 2022 liegt schließlich auch der erforderliche Antrag für die Anordnung von Ordnungsmitteln vor.

58

b. Die Antragsgegnerin hat gegen ihre sich aus dem Beschluss vom 27. Juli 2021 ergebende Herausgabeverpflichtung auch in vorwerfbarer Weise verstoßen.

59

aa. Dabei schuldete die Antragsgegnerin nach dem unmissverständlichen Beschlusstenor zu Ziffer 1 hinsichtlich der Herausgabe sowohl ein positives Handeln als auch grundsätzlich einen entsprechenden Erfolg, also die aktive Mitwirkung an einer tatsächlichen Überführung der Tochter in die alleinige Obhut des Vaters. Ihre Verpflichtung erschöpfte sich - ungeachtet der in dem Beschluss unter den nachfolgenden Ziffern des Tenors zugleich getroffenen weiteren Vollstreckungsmaßnahmen - nicht etwa in einer bloßen Duldung der Abholung durch den Kindesvater bzw. einer Vollstreckung der Herausgabeverpflichtung durch den Gerichtsvollzieher.

60

Ein solcherart geschuldetes aktives Handeln wie auch eine Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs ist durch die Antragsgegnerin jedoch zu keinem Zeitpunkt erfolgt, sie hat vielmehr sogar - so etwa auf ausdrückliches Befragen des Gerichtsvollziehers im Rahmen der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung am 2. September 2021 und gegenüber den eingesetzten Beamten im Rahmen der vorgeblich von ihr beabsichtigten Herausgabe an die Polizei am 29. Juli 2021 - eine Herausgabe ausdrücklich abgelehnt. Auch wenn diese Vorgänge außerhalb des hier konkret zu sanktionierenden Zeitraumes stattgefunden haben, sind sie jedoch durchaus geeignet, die durchgehende Verweigerungshaltung der Antragsgegnerin zu konkretisieren, die sich auch im hier relevanten Zeitraum fortsetzte.

61

Im Übrigen hat sich die Antragsgegnerin auch nicht einmal darauf beschränkt, ihrer Herausgabeverpflichtung nicht nachzukommen; sie hat vielmehr sogar dadurch aktiv selbst eine Vollstreckung der Herausgabeverpflichtung verhindert, in dem sie sich - entgegen ihrer wiederholten pauschalen Angaben - mit M. bereits im Erlasszeitpunkt des von ihr nach der bereits zweimaligen Erfahrung aus entsprechenden Vorverfahren als sicher erwarteten Herausgabebeschlusses nicht mehr regelmäßig unter ihrer Meldeanschrift aufgehalten hat. Dieses aktive Verbergen vor einer erwarteten Vollstreckung steht fest aufgrund der wiederholten Ermittlungen des Gerichtsvollziehers im Rahmen der erfolglos gebliebenen Vollstreckungsversuche, die ergänzend auch durch den damit übereinstimmenden und noch weitere Informationen enthaltenen Bericht des Jugendamtes im Parallelverfahren bestätigt werden, sowie insbesondere auch aufgrund ihrer eigenen eidesstattlichen Versicherung vom 2. September 2021, nach der sie sich mit M. durchgehend bei ihr - namentlich angeblich nicht mehr erinnerlichen - Bekannten aufgehalten hat.

62

Soweit die Antragsgegnerin mit ihrem in verschiedenen Schriftsätzen erfolgten Hinweis auf angebliche "Angebote" an den Antragsteller, die Tochter abzuholen bzw. Aufforderungen dazu, insoweit tätig zu werden meinen sollte, damit ihrer Herausgabeverpflichtung entsprochen zu haben, geht dies bereits im Ansatz fehl, weil sie damit den geschuldeten Erfolg der Herausgabe von vornherein nicht erfüllen konnte. Zudem enthielten die von ihr konkret vorgetragenen "Angebote" aber nicht einmal die konkrete Angabe von Ort und Zeit einer solchen etwaigen Abholung, die vielmehr durch den Antragsteller erst mit ihr "ausgehandelt" werden sollte, was aber aufgrund der aus den Vollstreckungsversuchen bekannten Tatsache, dass sich die Antragsgegnerin mit M. nicht (mehr) regelmäßig unter ihrer Meldeanschrift aufhielt, eine tatsächliche Abholmöglichkeit des Antragsgegners sogar von vornherein ausschloss. Letztlich kann es aber auf derartige "Angebote" hier auch schon deswegen nicht entscheidend ankommen, weil sie gerade für den hier allein maßgeblichen Zeitraum nicht einmal behauptet werden.

63

Ebenfalls - und unabhängig davon, dass auch dies wiederum ohnehin nicht in den hier allein relevanten Zeitraum fällt - keine Erfüllung ihrer Verpflichtung kann sich aus den Vorgängen am Abend des 29. Juli 2021 ergeben, an dem die Antragsgegnerin gegenüber der Polizei - tatsächlich wahrheitswidrig - angab, dass sie zur Herausgabe M.s an die Polizei bereit sei und man sie in der Wohnung eines Bekannten-Ehepaares "abholen" möge. Aus den zitierten Berichten zweier der dabei tätigen Polizeibeamten ergibt sich unmissverständlich, dass auch am 29. Juli 2021 nicht etwa die Herausgabe von M. erfolgte, sondern die Aufführung einer Charade für das von der Antragsgegnerin mit zahlreichen Personen einbezogene Unterstützerumfeld sowie für sie offenbar ebenfalls teilweise unterstützende Medienvertreter. Tatsächlich bestand - wie sich ganz unzweifelhaft aus den Berichten der eingesetzten Polizeibeamten ergibt - bei der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt und völlig unabhängig von der Positionierung durch die Tochter selbst eine irgend geartete Bereitschaft zur Herausgabe M.s. Dies gilt umso mehr, als sie dabei ausdrücklich auch darauf hinwies, dass mangels Beteiligung eines örtlich zuständigen Gerichtsvollziehers der von ihr ausdrücklich zur "Abholung" angeforderten Polizei auch eine etwaige Vollstreckung des Beschlusses gar nicht möglich sei.

64

bb. Das Unterlassen der ihr aufgegebenen Handlung hat die Antragsgegnerin auch zu verantworten. Da ein Verschulden bei - wie hier gegeben - tatbestandlichen Verstößen gegen eine Herausgabeverpflichtung eines Kindes gem. § 98 Abs. 4 FamFG vermutet wird, müsste die Antragsgegnerin Gründe vorgetragen und ggf. unter Beweis gestellt haben, die dem Vertretenmüssen des Verstoßes entgegenstünden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

65

Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin insofern auf einen behaupteten, der Herausgabe entgegenstehenden Kindeswillen. Ein solcher authentischer und erheblicher Kindeswillen M.s ist bereits über die bloße Behauptung durch die Antragsgegnerin hinaus gar nicht positiv feststellbar. Dies gilt schon deswegen, weil M. seit der Einbehaltung durch die Antragsgegnerin ab 18. Juni 2021 zu keinem Zeitpunkt mehr von Dritten (die nicht zum Unterstützerkreises der Antragsgegnerin gehören) außerhalb des unmittelbaren Einwirkungsbereichs der Antragsgegnerin gesprochen werden konnte. Zudem ist M. seit mittlerweile mehr als anderthalb Jahren von der Antragsgegnerin gegenüber einem Umfeld außerhalb des besagten Unterstützerkreises der Antragsgegnerin abgeschottet und wird - wie sich eindrucksvoll etwa aus den Berichten der Polizei zum Vorfall am 29. Juli 2021 ergibt - massiv entsprechend beeinflusst. Entsprechendes wird im Übrigen vom Jugendamt im Parallelverfahren für ein von dort versuchtes Gespräch mit M. berichtet. Insofern sind auch zu mehreren Zeitpunkten vorgelegte schriftliche Äußerungen, die nach Darstellung der Antragsgegnerin von M. stammen sollen, deren Genese aber in keiner Weise objektiv überprüfbar ist, als Beleg für einen relevanten Kindeswillen ungeeignet. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Gefährdungsmeldung des Jugendamtes gemäß § 8a SGB VII sowie der Stellungnahme des Jugendamtes vom 30. September 2022 im Parallelverfahren (Bl. IV 762 ff. PV).

66

Selbst ein tatsächlich feststellbarer entsprechender Kindeswille hätte aber lediglich zur Folge, dass die Antragsgegnerin weiter substantiiert vorzutragen hätte, welche konkreten Maßnahmen sie unternommen habe, um auf M. positiv im Sinne deren Herausgabe einzuwirken. Daran fehlt es im Streitfall jedoch - insbesondere auch für den hier gegenständlichen Zeitraum - gänzlich. Im Übrigen steht aufgrund der Berichte für die Vorgänge am Abend des 29. Juli 2021 sowie des Berichts des Jugendamtes vom 20. September 2022 im Parallelverfahren (Bl. IV 762 ff. PV) über den Versuch eines Gespräches von zwei Mitarbeiterinnen mit M. am 24. November 2021 fest, dass die Antragsgegnerin M. sogar massiv in dem Sinne beeinflusst hat, sich ebenfalls gegen eine Herausgabe an den Vater einzusetzen. Selbst ein etwaiger feststellbarer und gegen ihre Herausgabe gerichteter Kindeswille könnte auf dieser Grundlage aber die Antragsgegnerin nicht entschuldigen.

67

Die Antragsgegnerin kann sich vorliegend auch nicht etwa erfolgreich auf die diversen, von ihr zu mannigfaltigem Zwecke vorgelegten Atteste und Bescheinigungen von Ärzten, Therapeuten oder ähnlichen Berufsträgern über angebliche insbesondere psychische Erkrankungen, den vermeintlichen Zustand oder anderes der Tochter M. berufen. Diese schriftlichen Aussagen sind nämlich - auch - im vorliegenden Verfahren schon deswegen unverwertbar, weil die Beauftragungen dieser Personen allein von der dafür rechtlich nicht zuständigen Antragsgegnerin erteilt wurden und es an der erforderlichen Zustimmung des insoweit alleinzuständigen Antragstellers für derartige medizinische, psychologisch/psychiatrische oder anderweitig therapeutische Diagnostik und Behandlung fehlt bzw. dieser der Beauftragung nach Bekanntwerden sogar ausdrücklich widersprochen hat. Gleichermaßen fehlt es an der für eine Verwertung ebenfalls jeweils erforderlichen, allein vom Antragsteller zu erteilenden Entbindung dieser Personen von ihrer Schweigepflicht.

68

Bei der Antragsgegnerin liegen schließlich - obwohl angesichts ihres Gesamtverhaltens durchaus ernsthaft auch daran gedacht werden könnte - auch keine psychiatrischen Einschränkungen der Schuldfähigkeit vor. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem von der Antragsgegnerin in der Entscheidung zur elterlichen Sorge zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren selbst vorgelegten psychiatrischen Privat-Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. vom 16. Juni 2021, in dem ihr "keine psychiatrische Erkrankung im klinisch relevanten Sinne" attestiert wird und auf das sie sich im parallel vor dem Senat anhängigen Abänderungsverfahren betreffend die elterliche Sorge auch aktuell ausdrücklich beruft. Dieses Gutachten ist im Übrigen auch zu einem Zeitpunkt erstellt worden, als sich die Positionierung der Antragsgegnerin bereits im auch aktuell fortbestehenden Sinne verfestigt hatte und sie wie bis heute fortdauernd die Herausgabe M.s verweigerte.

69

c. Angesichts des dieserart festgestellten schuldhaften Verstoßes gegen die Herausgabeverpflichtung im hier gegenständlichen Zeitraum ist auf der Rechtsfolgenseite das erforderliche und gebotene Ordnungsmittel zu prüfen. Dabei kommt ein - ohnehin allenfalls in extremen Sonderfällen denkbares - Absehen von einer entsprechenden Anordnung vorliegend schon wegen des Vorliegens eines - verschärften - Wiederholungsfalles der rechtwidrig verweigerten Herausgabe des Kindes an den Vater von vornherein nicht in Betracht.

70

Nach der gesetzlichen Systematik sind Verstöße im Sinne von § 89 FamFG gemäß Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift vorrangig mit Ordnungsgeld zu sanktionieren, während Ordnungshaft grundsätzlich nur nach erfolglos gebliebener Beitreibung eines festgesetzten Ordnungsgeldes als "sekundäre Ordnungshaft" anzuordnen ist, wobei die entsprechende sekundäre Ordnungshaft - wie etwa im Beschluss des Amtsgerichtes erfolgt - bereits im Beschluss über die Festsetzung für den besagten Fall ersatzweise anzuordnen ist.

71

Allerdings sieht Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich auch die Möglichkeit vor, unmittelbar Ordnungshaft anzuordnen ("primäre Ordnungshaft"), nämlich wenn die Anordnung von Ordnungsgeld keinen Erfolg verspricht. Dies kommt in Familiensachen - bei denen es sich in den allermeisten Fällen um singuläre Verstöße gegen eine Umgangsregelung handelt - zwar nur im Ausnahmefall in Betracht (vgl. Zöller34-Feskorn, FamFG § 89 Rz. 17 m.w.N.). Ein derartiger Ausnahmefall ist nach gefestigter Rechtsprechung aber gerade etwa gegeben bei Kindesentziehung durch den nicht die elterliche Sorge ausübenden Elternteil, wenn zugleich der konkrete Aufenthalt des Kindes unbekannt ist (vgl. Zöller aaO sowie Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Entscheidung vom 4. September 2007 - 4065/04 - EuGRZ 2007, 678 ff. = FamRZ 2008, 1317 ff = juris [sogar betreffend verhängter Zwangshaft gem. § 33 FGG die über die Höchstdauer von sechs Monaten vollzogen wurde]; OLG Stuttgart, Beschluss vom 6. April 2006 - 17 UF 318/05 - OLGR Stuttgart 2007, 15 f. = juris; OLG Hamm, Beschluss vom 29. Juni 1993 - 2 WF 164/93 - FamRZ 1993, 1479), sowie (bereits) bei dauerhafter Umgangsverweigerung durch den betreuenden Elternteil (vgl. Zöller aaO, sowie Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 11. Dezember 2019 - 6 WF 156/19 - FamRZ 2020, 701 ff. = NJW-RR 2020, 195 ff = ZKJ 2020, 184 ff = juris; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 16. Juli 2014 - 12 WF 67/14 - FamRZ 2015, 1222 f. = juris).

72

Im Streitfall geht es um einen Fall gerade eben einer solchen langanhaltenden Kindesentziehung/-entführung des nicht die elterliche Sorge ausübenden Elternteils bei unbekanntem konkreten Aufenthalt des Kindes, wobei hier noch hinzukommt, dass das Kind auch noch dem Schulbesuch entzogen wird und es sich zudem um einen Wiederholungsfall handelt. Insofern kommt vorliegend - worauf der Senat die Antragsgegnerin im Übrigen bereits in einer früheren Entscheidung sowie im Anhörungstermin vor dem Senat im Verfahren zur elterlichen Sorge persönlich ausdrücklich (wenn auch erfolglos) hingewiesen hatte - unter den Umständen des Streitfalles keine Anordnung von lediglich Ordnungsgeld, sondern allein von primärer Ordnungshaft in Betracht.

73

Der Rahmen der - in Tagen festzusetzenden - Ordnungshaft bestimmt sich gemäß Art. 6 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EGStGB auf die Spanne von einem Tag bis zu sechs Monaten, wobei nach der bereits zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gerade auch in einem wie vorliegend gegebenen Fall selbst eine vollzogene (dort Zwangs-) Haft über sechs Monate nicht zu beanstanden ist. Vorliegend ist einerseits zu berücksichtigen der der Verhängung hier allein zugrundeliegende Verstoß in der Zeit vom 9. Dezember 2021 bis zum 10. Februar 2022 über einen Zeitraum von zwei Monaten, andererseits kann dabei nicht außer Betracht bleiben, dass es sich nach der Entführung am 18. Juni 2021 bei diesem Zeitraum konkret bereits um den (etwa) sechsten und siebten Monat der sich bis heute bereits über mehr als anderthalb Jahre hinziehenden Kindesentführung handelt sowie zudem noch um einen Fall der mehrfachen Wiederholung des nämlichen inkriminierten Verhaltens. Ebenfalls ins Gewicht fallen muss bei dieser Bemessung auch der von der Antragsgegnerin dabei verschuldete offenkundige massive Schaden für M. Im Hinblick auf die gezeigte Hartnäckigkeit des Handelns der Antragsgegnerin muss schließlich auch einfließen, dass eine Ordnungshaft über nur wenige Tage den der Anordnung von Ordnungsmitteln neben einer Bestrafung zugleich auch innewohnende Zweck einer Einwirkung auf zukünftiges Verhalten - der in der gesetzlichen Formulierung eines sicherzustellenden "Erfolgs" des Ordnungsmittels seinen Niederschlag gefunden hat - ersichtlich nicht erreichen könnte.

74

Insgesamt hält der Senat danach im Streitfall bei Berücksichtigung aller Umstände eine Ordnungshaft von 30 Tagen für erforderlich aber auch (noch) ausreichend.