Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.01.2023, Az.: 4 U 4/22

Vergütungsansprüche aus einem gekündigten Bauvertrag; Ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung des Auftraggebers und einem Ersatzauftrag

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.01.2023
Aktenzeichen
4 U 4/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 45840
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 29.12.2021 - AZ: 9 O 165/15

In dem Rechtsstreit
Land Niedersachsen, ...,
beklagtes Land und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
J. GmbH & Co. KG, ...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 25. Januar 2023 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Senat beabsichtigt, die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 29. Dezember 2021 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

  2. 2.

    Es ist vorgesehen, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf bis 110.000 € (Berufung: 94.340,96 €; Anschlussberufung: 4.871,50 €) festzusetzen.

  3. 3.

    Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche der Klägerin aus einem von dem beklagten Land gekündigten Bauvertrag über Trockenbauarbeiten, den Einbau von Türen und eine Innenwanddämmung in der TU B..

Das beklagte Land beendete den Bauvertrag durch freie Kündigung vom 26. März 2015 nach § 8 Abs. 1 VOB/B. Das Landgericht Hannover hatte während des erstinstanzlichen Verfahrens mit (rechtskräftigem) Zwischenfeststellungsurteil vom 12. Juni 2018 festgestellt, dass eine vom beklagten Land unter dem 27. Januar 2015 erklärte Teilkündigung unwirksam war und das streitbefangene Vertragsverhältnis der Parteien nicht durch eine berechtigte Kündigung des beklagten Landes vom 26. März 2015 beendet wurde, sondern die Kündigung des beklagten Landes vom 26. März 2015 eine freie Kündigung nach § 8 Abs. 1 VOB/B darstellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts wird auf das Zwischenfeststellungsurteil des Landgerichts Hannover vom 12. Juni 2018 (Bl. 261 ff. d. A.; im Original der Akte vorgeheftet) sowie auf das Berufungsurteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Februar 2019 (Bl. 342 ff. d. A.) verwiesen.

Die Parteien hatten einen Einheitspreisvertrag geschlossen. Der Bauvertrag sah in den Besonderen Vertragsbedingungen (Formblatt 214 VHB Bund, Ausgabe 2008, Stand August 2012, mit Ergänzungen des Landes Niedersachsen) Ausführungsfristen vor (vgl. auch Seite 1 des vorgenannten Zwischenfeststellungsurteils, Bl. 262 d. A.). Danach war mit der Ausführung am 9. September 2013 zu beginnen; für die Vollendung der Leistung wurde die Dauer mit ca. 1 Jahr angegeben. Die Arbeiten begannen aufgrund von Planungsänderungen erst am 17. Oktober 2013 und dauerten länger als zunächst geplant, unstreitig zunächst aus Umständen, die von der Klägerin nicht zu vertreten waren.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 (Anlage B2, Anlagenband "Beklagte" [nachfolgend auch: ABB) meldete die Klägerin Mehrkosten an und schrieb dem beklagten Land:

"Sehr geehrter Herr F.,

wie bereits mitgeteilt, ist die vertraglich vereinbarte Bauzeit abgelaufen. In den Angebotsunterlagen sowie im Vertrag ist eine kalkulatorisch zu berücksichtigende Bauzeit von ca. 1 Jahr, beginnend am 09.09.2013, beschrieben. Dementsprechend haben wir disponiert. Aus Gründen, welche nicht von uns zu vertreten sind, haben sich die Ausführungsfristen verschoben. Die von uns geplanten Kapazitäten und Ressourcen konnten nicht wie geplant eingesetzt bzw. genutzt werden. Daher mussten wir mehrfach neu disponieren.

(...)

Die Weiterführung der Bauleistung über den vertraglich vereinbarten Zeitraum hinaus ist für uns mit Mehrkosten verbunden, welche wir hiermit anmelden. Sie erhalten dazu von uns ein entsprechendes Angebot.

(...)"

Die Klägerin überreichte ein Nachtragsangebot vom 10. November 2014 (Anlage B3, ABB) für zehn Wochen "Verlängerung Baustellenbetrieb" über 34.727,80 € netto.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 (Anlage B7, ABB) teilte die Klägerin dem beklagten Land u.a. Folgendes mit:

"(...) Die Leistungen sind in mehreren Punkten extrem behindert. Teilweise dauerten die Behinderungen bis heute an. Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, dass die von uns für die Baustelle geplanten Kapazitäten nach Ablauf der vertraglichen Bauzeit nicht mehr zur Verfügung stehen. Trotzdem haben wir uns bemüht, die Leistungen weiterzuführen. Die von Ihnen gewünschte Baustellenbesetzung können wir in der geforderten Größenordnung im Augenblick jedoch nicht realisieren. Wir haben daher auch den von Ihnen vorgelegten Terminplan nicht bestätigen können, und weisen diesen hiermit ausdrücklich zurück. Ihre Darstellung, wir würden Leistungen verweigern, entspricht nicht den Tatsachen (...) Die geforderte Überarbeitung unseres Nachtragsangebotes zur Weiterführung der Baustelle erhalten Sie heute".

In dem überreichten Nachtragsangebot der Klägerin vom 2. Dezember 2014 (Anlage B8, ABB) werden Kosten in Höhe von 29.171,70 € netto genannt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich unter anderem für nicht erbrachte Leistungen (Lohnkosten, Allgemeine Geschäftskosten [nachfolgend auch: AGK], Baustellengemeinkosten [nachfolgend auch: BGK], Gewinn) eine Vergütung in Höhe von 119.323,68 € brutto (= 100.272 € netto) begehrt. In der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. September 2016 zur Akte gereichten Zusammenstellung (vgl. Anlage K42, Anlagenband Klägerin II) werden insoweit folgende (Netto-)Beträge veranschlagt:

- Lohn: 63.415,46 €,

- Allgemeine Geschäftskosten (AGK): 7.357,44 €,

- Baustellengemeinkosten (BGK): 23.588,06 €,

- Gewinn: 5.911,12 €.

Aus der Summe errechnet sich ein Betrag in Höhe von 100.272,08 € netto.

Die Parteien haben erstinstanzlich, soweit für die Berufung des beklagten Landes von Interesse, insbesondere darüber gestritten, ob die Klägerin für die vorgenannten nicht erbrachten Leistungen einen Anspruch in Höhe von 100.272,00 € netto zzgl. Mehrwertsteuer habe.

Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die sonstigen tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 29. Dezember 2021 (Bl. 614 ff. d. A.; im Original der Akte vorgeheftet), insbesondere auf die Wiedergabe des Parteivortrags und die gestellten Anträge, Bezug genommen (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO entsprechend).

Das Landgericht hat das beklagte Land unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 116.393,54 € nebst Zinsen verurteilt und die Kosten des Rechtsstreits zu 17 % der Klägerin und zu 83 % dem beklagten Land auferlegt.

Wegen der Berechnung des zuerkannten Anspruchs nach zwischenzeitlicher Zahlung eines Betrages in Höhe von 101.267,28 € am 3. August 2020 durch das beklagte Land wird auf die Aufstellung im Tatbestand (Seite 4 LGU) und die Berechnung durch das Landgericht (Seite 23 und 24 LGU) verwiesen. Die vorgenannte Zahlung in Höhe von 101.267,28 € hat das Landgericht auf die Hauptforderung angerechnet (Seite 24 LGU). Soweit für die Berufung des beklagten Landes von Bedeutung, hat das Landgericht im Hinblick auf den Anspruch der Klägerin nach Kündigung für nicht erbrachte Leistungen ausgeführt, die Vergütung betrage unter Berücksichtigung der ersparten Aufwendungen 100.272,00 € (netto). Sofern sich rechnerisch ein Vergütungsanspruch in Höhe von 100.272,08 € netto ergebe, sei dieser um 8 Cent zu kürzen, da die Klägerin selbst nur den geringeren Nettobetrag in Rechnung gestellt habe (vgl. Seite 18 LGU). Den Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen habe diese unter Vorlage der Anlage K46-2 schlüssig dargelegt. Die Klägerin habe insoweit dargelegt, dass sie ein Schlussrechnungsaufmaß (Anlage K32) und ein gesondertes Aufmaß für die kündigungsbedingt nicht mehr zur Ausführung gelangten Leistungen erstellt habe (Anlage K 46-2). Das Landgericht hat hierzu näher ausgeführt (Seite 18 und 19 LGU). Die Klägerin habe bei der Ermittlung der Kündigungsvergütung ihre ersparten Aufwendungen abgezogen. Dies folge aus der Anlage K42, der sich entnehmen lasse, dass die Klägerin bei den jeweiligen Leistungspositionen nur Lohnkosten, Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten und Gewinn angesetzt habe und dies in der Summe einen Betrag in Höhe von 100.272,08 € ergebe. Durchgreifende Einwände gegen die grundsätzliche Berechnung der Klägerin habe das beklagte Land nicht erhoben. Insbesondere habe das beklagte Land nach Vorlage der Urkalkulation durch die Klägerin gemäß der Anlage K48 nicht bestritten, dass es sich um die Urkalkulation handele. Soweit das beklagte Land die fehlende Vorlage der Angebotskalkulation moniert habe, habe die Klägerin dies durch Vorlage der Anlage K48-2 nachgeholt. Daraus ergäben sich die kalkulatorisch angesetzten Einzelkosten der Teilleistungen nebst Zuschlägen. Das Landgericht hat näher hierzu ausgeführt (Seite 20 LGU). Darüber hinausgehende ersparte Aufwendungen müsse sich die Klägerin nicht anrechnen lassen. Das Landgericht hat auch hierzu jeweils näher ausgeführt (vgl. Seite 21 bis 22 LGU). Der Anspruch sei auch nicht aufgrund eines anderweitigen Erwerbs bzw. wegen der böswilligen Unterlassung eines solchen zu kürzen. Entscheidend sei hierbei, dass nur "echte Füllaufträge" dem Anspruch entgegengehalten werden könnten. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet gewesen, ihre Auftragssituation im Zeitpunkt der Kündigung offenzulegen. Das Landgericht hat hierzu jeweils näher ausgeführt (Seite 22 LGU).

Von der Vergütung der Klägerin sei ein Abzug in Höhe von 4.871,50 € vorzunehmen (vgl. Seite 23 LGU), gegen den sich die Klägerin im Rahmen ihrer Anschlussberufung wendet.

Im Rahmen der nach §§ 92, 91a ZPO getroffenen Kostenentscheidung hat das Landgericht insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin für die Zeit ab der (Teil-)Zahlung durch das beklagte Land (in Höhe von 101.267,28 € am 3. August 2020; Anmerkung des Senats) einen nicht unerheblich höheren Zinsanspruch geltend gemacht habe (vgl. Seite 25 und 26 LGU).

Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen (Seite 11 bis 26 LGU).

Gegen das Urteil wendet sich das beklagte Land (teilweise) mit seiner Berufung. Das beklagte Land führt zur Reichweite des Berufungsangriffs aus, die vom Landgericht zuerkannte Kündigungsvergütung in Höhe von 100.272,00 € beinhalte "Lohnkosten in Höhe von 63.415,46 €, allgemeine Geschäftskosten in Höhe von 7.337,44 € und Baustellengemeinkosten in Höhe von 23.588,06 € (Anlage K 41), in Summe 94.340,96 €. Dagegen wendet sich das beklagte Land mit der Berufung" (Unterstreichung durch den Senat).

Das beklagte Land rügt, das Landgericht habe bei seiner Argumentation zur Kündigungsvergütung "die besonderen Umstände" des vorliegenden Verfahrens außer Betracht gelassen. Ausgangspunkt der Differenzen der Parteien sei der Umstand gewesen, dass die von der Klägerin kalkulierte Bauzeit im September 2014 abgelaufen gewesen sei. Das beklagte Land verweist auf das Schreiben der Klägerin vom 13. Oktober 2014 (Anlage B2, ABB), das Nachtragsangebot der Klägerin betreffend Mehrkosten vom 10. November 2014 (Anlage B3, ABB), das Schreiben der Klägerin vom 2. Dezember 2014 (Anlage B7, ABB) sowie das geänderte Nachtragsangebot der Klägerin vom 2. Dezember 2014 (Anlage B8, ABB) und meint, schon aufgrund des eigenen Sachvortrags der Klägerin und des Schriftwechsels im vorliegenden Verfahren sei die Darstellung zu den ersparten Kosten in der Anlage K42 fehlerhaft und unvollständig. Den von der Klägerin selbst angemeldeten zusätzlichen Mehraufwand in Höhe von 29.171,70 € habe die Klägerin seiner Auffassung nach durch die Kündigung erspart, diese Ersparnis "tauche" aber in der Berechnung der Klägerin "nicht auf".

Das beklagte Land meint weiter, die Rechtsprechung, wonach im Falle einer Kündigung der Auftraggeber darlegen müsse, dass echte Füllaufträge zur Verfügung stünden, könne im vorliegenden Fall nicht angewendet werden. Dies ergebe sich aus den Grundsätzen der Logik. Die Klägerin habe selbst geltend gemacht, dass sie kalkulatorisch von einer Beendigung der Baustelle bis zum 9. September 2014 ausgegangen sei und anderweitig disponiert habe. An anderer Stelle habe die Klägerin vorgetragen, dass sie zu 90 % mit öffentlichen Auftraggebern arbeite und regelmäßig einen längeren Vorlauf bei entsprechenden Aufträgen habe. Für den vorliegenden Fall bedeute dies Folgendes: "Personelle Ressourcen standen nicht mehr zur Verfügung. Die Klägerin hatte nach September 2014 anderweitig disponiert und arbeitete - nach ihrem eigenen Vortrag - zu 90 % langfristig vereinbarte Aufträge mit öffentlichen Auftraggeber ab". Bei einer "entsprechenden Konstellation" stelle sich nicht die Frage von Füllaufträgen, sondern die Frage, wie die Klägerin die im Rahmen des vorliegenden Vertrages noch nicht abgearbeiteten Leistungen organisatorisch überhaupt noch mit eigenen Mitarbeitern nebenbei hätte abwickeln können. Zur Bearbeitung von "Füllaufträgen" wäre die Klägerin mangels personeller Kapazitäten nach ihrem eigenen Vortrag gar nicht im Stande gewesen. Soweit das Landgericht echte Füllaufträge diskutiert habe, gehe dies an seinem Vorbringen vorbei. Aufgrund der eigenen Stellungnahme der Klägerin stelle sich die Frage eines Füllauftrags nicht. Wenn ein Bauunternehmer selbst geltend mache, er könne aufgrund anderweitig disponierter Aufträge die Mitarbeiter nicht mehr auf der Baustelle einsetzen, könne die Frage der ersparten Aufwendungen nicht mit der Rechtsprechung über "Füllaufträge" gelöst werden; dies widerspreche der Denklogik.

Das beklagte Land rügt, das Landgericht habe sich mit seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 18. August 2020 (dort Seite 9 bis 16) und seiner dortigen Argumentation "praktisch nicht beschäftigt". Es verweist im Rahmen der Berufungsbegründung auf die dort erstinstanzlich gehaltenen Ausführungen.

Das beklagte Land meint, die Klägerin habe entgegen der Annahme des Landgerichts ihre Auftragssituation zum Zeitpunkt der Kündigung im Einzelnen offenzulegen. Eine weitere Besonderheit bestehe vorliegend darin, dass nach dem Vortrag der Klägerin auch die Baustellengemeinkosten ausschließlich aus Lohnkosten für Projektleiter, Polier und Abrechner bestehen sollen. Soweit die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen habe, dass diese Lohnkosten auch weiterhin angefallen seien, da sie nicht kurzfristig abbaubar gewesen seien, werde davon ausgegangen, dass die Klägerin keinen Anlass gehabt habe, die Kosten für Projektleiter, Polier und Abrechner "abzubauen", da diese - wie das beklagte Land behauptet - für ab September 2014 zu bearbeitende Aufträge benötigt worden seien. Zum Zeitpunkt der Kündigung der Baustelle seien "schon lange kein Polier, kein Projektleiter und auch Abrechner mehr vor Ort" gewesen". Die Baustellengemeinkosten seien nach Auffassung des beklagten Landes daher in vollem Umfang erspart worden.

Durch eine weitere Besonderheit, dass die Klägerin bei den Baustellengemeinkosten nur mit Lohnkosten kalkuliert habe, die rechnerisch noch zu dem kalkulierten Lohn für die reine Bauleistung hinzukämen, werde der gesamte Lohnanteil bei den einzelnen Leistungspositionen exorbitant hoch, was zu einem unrealistischen hohen Lohnkostenansatz führe.

Das beklagte Land verweist darauf, dass es sich - was unstreitig ist - mit der Klägerin auf die Übernahme der Stoffe/Materialien geeinigt habe, und führt hierzu aus, die Klägerin könne deshalb keine Gemeinkosten (Allgemeine Geschäftskosten; Baustellengemeinkosten) und Gewinn mehr auf Stoffkosten geltend machen. Nach den von der Klägerin eingereichten Aufstellungen der Anlagen K41 und K42 sei aber "festzustellen, dass die in der Anlage K41 den Material zugeordneten AGK und BKG in der Aufstellung K42 einfach als ,AGK gesamt' und ,BGK gesamt' dem Lohn zugeordnet worden" seien, "Dasselbe" gelte für die nicht projektbezogenen Geschäftskosten (vgl. Seite 7 und 8 der Berufungsbegründung, Bl. 660 und 661 d. A.).

Allgemeine Geschäftskosten könnten kalkulatorisch einzelnen Projekten zugerechnet werden. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die Klägerin nach ihrer Kalkulation ab Oktober 2014 schon gar keine Allgemeinen Geschäftskosten mehr kalkulatorisch für das streitige Bauvorhaben eingeplant gehabt habe und bei der Kalkulation der ab Oktober 2014 für öffentliche Auftraggeber kalkulierten Preise ihre Allgemeinen Geschäftskosten bereits auf die neuen, ab Oktober 2014 anstehenden Projekte umgelegt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens des beklagten Landes wird auf die Berufungsbegründung vom 28. März 2022 (Bl. 654 ff. d. A.) verwiesen.

Das beklagte Land beantragt (Bl. 654 d. A.),

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Hannover (Az. 9 O 165/15) die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, mehr als 22.052,58 € nebst Zinsen zu zahlen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 644, 672 d. A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Soweit das beklagte Land einen vermeintlich zusätzlichen Aufwand von zumindest 29.171,70 € benenne, der ihr angeblich bei vollständiger Auftragsausführung entstanden sei, sei dies falsch. Die Klägerin meint, es handele sich um ein neues Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel, deren Berücksichtigung § 531 ZPO entgegenstehe. Wenn sich das beklagte Land jetzt zu fragen scheine, wie es ihr denn möglich gewesen sei, "die im Rahmen des vorliegenden Vertrages noch nicht abgearbeiteten Leistungen organisatorisch überhaupt mit eigenen Mitarbeitern abzuwickeln, da die Klägerin doch ab September 2014 anderweitig disponiert und keine eigenen Mitarbeiter mehr zur Verfügung gehabt habe, und damit zu unterstellen scheint, dass die Klägerin die kündigungsbedingt nicht mehr zur Ausführung gelangten Arbeiten wohl doch nicht mit eigenen Mitarbeitern auszuführen beabsichtigte", müsse Verspätung gerügt werden. Auch "diese Unterstellung" stelle ein neues, erstmals in der Berufungsinstanz eingeführtes Angriffs- und Verteidigungsmittel dar. Die "reine Vermutung" des beklagten Landes sei auch falsch und werde bereits durch die unstreitige Tatsache widerlegt, dass sie eben doch - auch im und nach Ablauf des Monats September 2014 - die Leistungsausführung mit eigenen Mitarbeitern fortgeführt und regelmäßig mindestens 2 bis 6 eigene Arbeitskräfte auf der Baustelle im Einsatz gehabt habe.

Wegen des weiteren Inhalts der Erwiderung der Klägerin auf die Berufung des beklagten Landes wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 9. Mai 2022 (Bl. 672 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin meint im Rahmen ihrer Anschlussberufung, das Urteil sei zu ihren Lasten rechtsfehlerhaft, soweit das Landgericht einen Abzug vom festgestellten Abrechnungsergebnis für Baustrom in Höhe von 4.871,50 € vorgenommen habe. Darüber hinaus sei dem Landgericht bei der Zinsberechnung ein Fehler unterlaufen. Die Klägerin führt hierzu jeweils näher aus (Seite 8 und 9 der Berufungserwiderung, Bl. 679 und 680 d. A.).

Die Klägerin meint schließlich, die Kostenentscheidung des Landgerichts sei zu ihren Lasten rechtsfehlerhaft. Da sich trotz abweichender Zahlungsanrechnung durch sie der gerichtlich geltend gemachte Hauptforderungsbetrag nicht erhöht habe und die Kosten des Verfahrens unverändert geblieben seien, hätte die Kostenquote nach dem Obsiegen und Unterliegen in der Hauptforderung (89 % zu 11 %) verteilt werden müssen.

Die Klägerin beantragt mit ihrer Anschlussberufung (Bl. 679 f. d. A.), wie folgt zu erkennen:

  1. 1.

    Der Beklagte wird über die Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 29.12.2021 hinaus verurteilt, an die Klägerin weitere 4.871,50 € nebst weiteren Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten aus 5.358,10 € seit dem 09.07.2015 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 11 % und die Beklagte zu 89 %.

Das beklagte Land beantragt (Bl. 685 d. A.),

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das Urteil, soweit es die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung angreift und die ergangene Kostenentscheidung mit Schriftsatz vom 20. Juni 2022 (Bl. 685 ff. d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die in II. Instanz gewechselten Schriftsätze.

II.

Die zulässige Berufung des beklagten Landes hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht insoweit weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 529 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler zum Nachteil des beklagten Landes angenommen, dass die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung für nicht erbrachte Leistungen für Lohnkosten, Baustellengemeinkosten und Allgemeine Betriebskosten hat. Auf die Urteilgründe nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (vgl. Seite 18 bis Seite 22 LGU) und weist - teilweise wiederholend bzw. ergänzend - unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung sowie der Berufungserwiderung auf Folgendes hin:

1.

a) Der Senat geht zunächst davon aus, dass sich der vom Landgericht zuerkannte (um 0,08 € im Verhältnis zur Anlage K42 reduzierte) Gesamtbetrag in Höhe von 100.272,00 € netto im Einzelnen aus folgenden Positionen der Höhe nach zusammensetzt:

- Lohnkosten: 63.415,46 €,

- Allgemeine Geschäftskosten: 7.357,36 (= 7.357,44 € abzüglich 0,08 €),

- Baustellengemeinkosten: 23.588,06 €,

- Gewinn: 5.911,12 €.

b) Von diesen vorgenannten Positionen greift das beklagte Land mit seiner Berufung ausweislich der Berufungsbegründung (dort Seite 2, Bl. 655 d. A.) folgende Positionen wie folgt an:

- Lohnkosten: 63.415,46 €,

- Allgemeine Geschäftskosten: 7.337,44 €,

- Baustellengemeinkosten: 23.588,06 €,

- gesamt: 94.340,96 €.

Dieser angegriffene (Gesamt-)Betrag (94.340,96 €) korrespondiert mit dem Hauptantrag im Rahmen der Berufung auf Klagabweisung oberhalb eines Betrages von 22.052,58 € (116.393,54 € abzüglich 94.340,96 €).

c) Nicht hinreichend klar ist, worauf sich nach dem formulierten Berufungsantrag der Zinsanspruch beziehen soll. Denn jedenfalls die vom Landgericht ausgeurteilte Verurteilung zur Zahlung von Zinsen auch auf den von dem beklagten Land während des erstinstanzlichen Verfahrens gezahlten Betrag von 101.267,28 € ist mit der Berufung nicht angegriffen worden.

2. Die Berufung des beklagten Landes hat keine Aussicht auf Erfolg. Denn das Landgericht hat das beklagte Land auch der Höhe nach zu Recht dazu verurteilt, gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B Lohnkosten, Baustellengemeinkosten und Allgemeine Geschäftskosten zu zahlen.

a) Im Hinblick auf die Abrechnung eines Auftragnehmers (bzw. Unternehmers) nach freier Kündigung gelten folgende Maßgaben:

aa) Der Anspruch aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B ist ein Vergütungsanspruch, der um die ersparten Aufwendungen (bzw. Kosten nach VOB/B) und um den anderweitigen oder böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerb gekürzt wird (vgl. Kniffka in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts 5. Auflage 2020, Teil 8 Die Abwicklung des gekündigten Bauvertrages, Rn. 71).

bb) Als erspart anrechnungspflichtig sind diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen und die er wegen der Kündigung nicht mehr machen muss. Dabei ist auf die Aufwendungen abzustellen, die durch die Nichtausführung des konkreten Vertrages entfallen sind. Maßgebend sind dabei im Einzelnen die Aufwendungen, die sich nach den Vertragsunterlagen unter Berücksichtigung der Kalkulation ergeben (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94 -, BGHZ 131, 362-367, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97 -, BGHZ 140, 263-269, juris Rn. 11). Es kommt nicht auf die kalkulierte Ersparnis, sondern auf die tatsächlichen Kosten an (BGH, Urteil vom 22. September 2005 - VII ZR 63/04 -, juris Rn. 13).

cc) Der Auftragnehmer hat zur Darlegung seiner Forderung vorzutragen, welche Kosten er erspart hat und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen zu lassen hat (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97 -, BGHZ 140, 263-269, juris Rn. 11).

(1) Welche Anforderungen an die Abrechnung zu stellen sind, hängt vom Vertrag sowie den seinem Abschluss und seiner Abwicklung zugrundeliegenden Umständen ab. Sie ergeben sich daraus, welche Angaben der Besteller zur Wahrung seines Interesses an sachgerechter Verteidigung benötigt (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - VII ZR 6/14 -, juris Rn. 20). Der Auftragnehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung so viel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - VII ZR 6/14 -, juris Rn. 20). Die Anforderungen lassen sich nicht schematisch festlegen; sie ergeben sich aus dem Vertragsgegenstand im Einzelfall. Durch diesen werden sie bestimmt und begrenzt. Dabei sind unter anderem auch die Vertragsgestaltung und der Vertragsinhalt von Bedeutung (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - VII ZR 6/14 -, juris Rn. 20). Der Auftragnehmer hat seinen Vortrag gegebenenfalls nach allgemeinen Grundsätzen näher zu substantiieren, wenn er aufgrund der Stellungnahme der Gegenseite relevant unklar und deshalb ergänzungsbedürftig wird. Das erfordert allerdings mehr als den Hinweis der Gegenseite, der Vortrag des Auftragnehmers sei nicht schlüssig (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - VII ZR 6/14 -, juris Rn. 20).

(2) Der Auftragnehmer muss angeben, welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lässt und diesen gegebenenfalls beziffern (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98 -, BGHZ 143, 79-89, juris Rn. 17). Insoweit gelten nicht ohne weiteres die zur prüffähigen Darlegung der ersparten Aufwendungen geltenden Anforderungen. Während sich diese nur konkret vertragsbezogen ermitteln lassen und sich deshalb auch nachvollziehbar aus dem Vertrag ableiten lassen müssen, kommt es beim anderweitigen Erwerb zunächst darauf an, inwieweit ein Ersatzauftrag erlangt worden ist oder der Auftragnehmer es böswillig unterlassen hat, einen solchen zu erlangen. Es reicht deshalb grundsätzlich aus, wenn sich der Auftragnehmer dazu nachvollziehbar und ohne Widerspruch zu den Vertragsumständen ausdrücklich oder auch konkludent erklärt (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98 -, BGHZ 143, 79-89, juris Rn. 17). Der Besteller kann jedoch grundsätzlich nicht verlangen, dass der Unternehmer von vornherein seine gesamte Geschäftsstruktur offenlegt, um ihm die Beurteilung zu ermöglichen, welche Aufträge auch ohne die Kündigung akquiriert worden wären (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - VII ZR 6/14 -, juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98, BGHZ 143, 79, 85, juris Rn. 17).

dd) Hat der Auftragnehmer eine den Anforderungen entsprechende Abrechnung vorgelegt, ist es Sache des Bestellers darzulegen und zu beweisen, dass höhere Ersparnisse oder mehr anderweitiger Erwerb erzielt wurde als der Auftragnehmer sich anrechnen lässt (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94 -, BGHZ 131, 362-367, juris Rn. 13).

b) Nach diesen Maßgaben ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Klägerin als Auftragnehmerin nach der freien Kündigung durch das beklagte Land für nicht erbrachte Leistungen einen Anspruch in Höhe von 100.272,00 € netto hat.

aa) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht angenommen (vgl. Seite 18/19 LGU), dass die Klägerin den Umfang der von ihr zu erbringenden Leistungen unter Vorlage der Anlagen K46-2 (Anlagenband Klägerin II) betreffend die kündigungsbedingt nicht mehr zur Ausführung gelangten Leistungen sowie des Schlussrechnungsaufmaßes (Anlage K32, Anlagenband Klägerin I) schlüssig dargelegt hat und das Bestreiten des Aufmaßes durch das beklagte Land unbeachtlich ist. Hiergegen erinnert die Berufung auch nichts.

bb) Der Senat geht mit dem Landgericht (vgl. Seite 19/20 LGU) auch davon aus, dass auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin und der insbesondere von ihr dargelegten Vertragskalkulation (Anlage K41, Anlagenband Klägerin II), der Berechnung der Einzelpositionen (Anlage K42, Anlagenband Klägerin II), des Leistungsverzeichnisses (Anlage K47, Anlagenband Klägerin II) sowie der vorgelegten Urkalkulation (Anlage K48, Anlagenband Klägerin II) die Kündigungsvergütung schlüssig dargetan wird.

cc) Entgegen der Auffassung des beklagten Landes muss sich die Klägerin mit dem Landgericht (vgl. Seite 20 bis 22 LGU) weder (weitere) ersparte Aufwendungen anrechnen noch eine Kürzung wegen anderweitigen Erwerbs entgegenhalten lassen. Der Senat weist insoweit unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung und der Berufungserwiderung auf Folgendes hin:

(1) Der Berufungsangriff gegen die vom Landgericht zuerkannten Lohn- bzw. Personalkosten hat keinen Erfolg.

(a) Soweit das beklagte Land zunächst auf das Schreiben der Klägerin vom 13. Oktober 2014 (Anlage B2, ABB), das erste Nachtragsangebot der Klägerin vom 10. November 2014 (Anlage B3, ABB), das Schreiben der Klägerin vom 2. Dezember 2014 (Anlage B7, ABB) und das geänderte Nachtragsangebot der Klägerin vom 2. Dezember 2014 (Anlage B8, ABB) über 29.171,70 € netto verweist und hierzu vorträgt, schon aufgrund des eigenen Sachvortrags der Klägerin sei die Darstellung der Klägerin zu den ersparten Kosten in der Anlage K 42 fehlerhaft und unvollständig, den von der Klägerin selbst angemeldeten zusätzlichen Mehraufwand von 29.171,70 € habe die Klägerin seiner Auffassung nach durch die Kündigung erspart, verfängt die Argumentation des beklagten Landes nicht. Die Behauptung des beklagten Landes, die Klägerin habe einen Mehraufwand in Höhe von 29.171,70 € erspart, dürfte neu und gemäß § 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht zuzulassen sein. Das beklagte Land hatte zunächst außerprozessual von der Klägerin angesprochene Mehrkosten nicht anerkannt, sondern angezweifelt (vgl. Schreiben des beklagten Landes vom 11. Dezember 2014, Anlage B9, ABB) und bereits mit seiner Klagerwiderung ausgeführt, die Klägerin habe seiner Auffassung nach zu Unrecht Mehrkosten aus der Anlage B7 begehrt (vgl. Klagerwiderung vom 18. August 2020, Seite 5 und 6, Bl. 38 und 39 d. A.). Erstinstanzlich hat das beklagte Land - ohne Vortrag zu vermeintlichen Mehrkosten - die Auffassung vertreten, die Klägerin habe die Lohnkosten für den nicht ausgeführten Leistungsteil "vollständig erspart" (vgl. Schriftsatz vom 18. August 2020, Seite 9 und 10, Bl. 454/455 d. A.).

(b) Unbeschadet dessen ergeben sich aus den vorgenannten Anlagen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vorbringen der Klägerin zu den Lohnkosten und zu dem anderweitigen Erwerb nicht schlüssig oder gar wahrheitswidrig ist. Die Klägerin hat von Anfang an mit ihrer Klage keine Mehrkosten aus den Nachtragsangeboten vom 10. November 2014 (Anlage B3, ABB) und vom 2. Dezember 2014 (Anlage B7, ABB) geltend gemacht. Das Vertragsverhältnis wurde auch erst später, nämlich am 26. März 2015, durch Kündigung beendet. Die vorgenannten Nachtragsangebote stellen im Übrigen auf einen deutlich früheren Zeitpunkt ab. Insoweit kann nicht angenommen werden, dass das Vorbringen der Klägerin zu den ersparten Aufwendungen unschlüssig ist oder sie gar Kosten in Höhe von 29.171,70 € netto ersparte.

(c) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Ersparnis der Klägerin von Lohn- bzw. Personalkosten aus anderen Gründen anzunehmen und von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt ist.

(aa) Erspart sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die infolge der Kündigung entfallen sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98 -, BGHZ 143, 79-89 Rn. 13). In Bezug auf Personalkosten hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass grundsätzlich eine Ersparnis nur dann vorliegt, wenn diese Personalkosten infolge der Kündigung nicht mehr anfallen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98 -, BGHZ 143, 79-89 Rn. 13). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn das Personal infolge der Kündigung nicht mehr eingestellt werden muss oder bei dem Auftragnehmer nicht mehr beschäftigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98 -, BGHZ 143, 79-89 Rn. 13). Ein solcher Fall liegt vorliegend nicht vor.

(bb) Dagegen ist es grundsätzlich keine Frage der ersparten Aufwendungen, wenn das Personal weiter beschäftigt und für andere Aufträge eingesetzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98 -, BGHZ 143, 79-89 Rn. 13; Beck VOB/B/Althaus, 3. Aufl. 2013, VOB/B § 8 Abs. 1 Rn. 47; Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, 8. Aufl. 2023, VOB/B § 8 Rn. 47).

(cc) Neben etwaigen Ersparnissen muss der Auftragnehmer zwar auch angeben, welchen anderweitigen Erwerb er hatte. Er muss sich also dazu äußern, ob und ggf. wie er durch einen anderen Auftrag die kalkulierten Kosten gedeckt hat. Die Abarbeitung anderer Aufträge mit den infolge der Kündigung nicht eingesetzten Produktionsfaktoren bedeutet indes nicht von vorneherein einen anderweitigen Erwerb. Anzurechnen ist nur ein solcher Erwerb, den die Kündigung des Auftraggebers ermöglicht hat, d.h. sog. "Füllaufträge" (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2019 - I-22 U 62/18 -, juris Rn. 269 mwN; Kniffka, aaO Rn. 80 mwN; vgl. zu Füllaufträgen auch BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94 -, BGHZ 131, 362-367, juris Rn. 19 ff.; BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - VII ZR 6/14 -, juris Rn. 30).

Es muss grundsätzlich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung des Auftraggebers und einem Ersatzauftrag bestehen, um diesen als sog. "Füllauftrag" bewerten zu können (vgl. Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, aaO, § 8 Rn. 53). War der Auftragnehmer in der Lage, neben dem gekündigten Auftrag weitere Aufträge auszuführen, die also keinen ursächlichen Zusammenhang mit der Kündigung haben, sind diese nicht als sog. "Füllaufträge" anzusehen (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2019 - I-22 U 62/18 -, juris Rn. 269 mwN).

(dd) Auch daran gemessen bestehen keine Bedenken an der Schlüssigkeit des Vortrags der Klägerin.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 4. September 2020 (dort Seite 6 und 7, Bl. 473 R und 474 d. A.) u.a. dargelegt, dass sie ohne Kündigung die ihr am betreffenden Bauvorhaben beauftragten Leistungen mit eigenen Mitarbeitern ausgeführt hätte, der Einsatz von Nachunternehmern sei nicht geplant gewesen, sie habe ihre Mitarbeiter weiterhin entlohnen müssen. Die Klägerin hat in dem vorgenannten Schriftsatz weiter vorgetragen, sie habe versucht, den nach Vertragskündigung freiwerdenden Arbeitnehmern anderweitige Tätigkeiten zuzuweisen und sie auf anderen Baustellen einzusetzen, einen Füllauftrag habe sie aber nicht kurzfristig einwerben können (Schriftsatz vom 4. September 2020, Seite 6 und 7, Bl. 473R und 474 d. A.).

Der daraufhin gehaltene Vortrag des beklagten Landes im Schriftsatz vom 16. November 2020 (dort Seite 6 ff; Bl. 489 ff. d. A.) hat nicht aufgezeigt, dass das Vorbringen der Klägerin unschlüssig oder wahrheitswidrig ist. In dem vorgenannten Schriftsatz hat das beklagte Land insbesondere die (nicht überzeugende) Rechtsauffassung vertreten, lediglich für den (aus Sicht des beklagten Landes nicht vorliegenden) Ausnahmefall, dass aufgrund der Kündigung nicht mehr weitergebaut werden könne und die für das Projekt vorgesehenen Arbeitnehmer während des Laufs der vertraglich vereinbarten Ausführungsfrist nicht für anderweitigen Erwerb eingesetzt werden können, "also unproduktiv bleiben", könnten die während dieser Zeit aufgewandten Lohnkosten als nicht erspart angesehen und geltend gemacht werden (Bl. 492 d. A.).

Entgegen der Auffassung des beklagten Landes bestehen vorliegend auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich das Landgericht nicht mit seinem früheren Vortrag im Schriftsatz vom 18. August 2020 (Bl. 446 ff. d. A.) hinreichend auseinandergesetzt hat. Dort hat das beklagte Land insbesondere Ausführungen dazu gehalten, weshalb aus seiner Sicht die Lohnkosten für den nicht ausgeführten Leistungsteil "vollständig erspart" seien, weil der Auftragnehmer regelmäßig auch keine Arbeitsentgelte zu zahlen habe, wenn Bauleistungen nicht ausgeführt werden (Seite 9, Bl. 454 d. A.). Dies entspricht nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Soweit das beklagte Land weiter ausgeführt hat (vgl. Seite 11, Bl. 456 d. A.), die Auffassung, dass nur sog. echte Füllaufträge angerechnet werden, sei abzulehnen (Seite 11, Bl. 456 d. A.), aus seiner Sicht sei die Unterscheidung zwischen "Füllauftrag" und "Auftrag" (bau-)betriebswirtschaftlich wenig von Belang (Seite 12, Bl. 457 d. A.), hat es nicht aufgezeigt, weshalb vorliegend von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Kündigung des Auftraggebers und einem Ersatzauftrag auszugehen ist. Einen solchen "Füllauftrag" nimmt das beklagte Land im Übrigen auch selbst nicht an.

Die Auffassung des beklagten Landes, die Klägerin müsse darlegen und beweisen, weshalb die in ihren Auftragsbüchern befindlichen Aufträge nicht als Füllaufträge anzusehen seien und weshalb diese nicht als Füllaufträge verwendet worden seien (Seite 13, Bl. 458 d. A.), geht fehl. Der Auftragnehmer hat sich zum anderweitigen Erwerb nur im Rahmen seiner Darlegungslast schlüssig zu erklären. Dies hat die Klägerin vorliegend hinreichend getan.

Dass die Klägerin einen Füllauftrag habe generieren können, trägt auch das beklagte Land nicht vor, das im Rahmen der Berufungsbegründung - mit nicht überzeugender Argumentation - lediglich meint, die Rechtsprechung, wonach im Falle einer Kündigung der Auftraggeber darlegen müsse, dass echte "Füllaufträge" zur Verfügung stünden, könne im vorliegenden Fall aus den "Grundsätzen der Logik" nicht angewendet werden.

Soweit das beklagte Land weiter vorträgt, es stelle sich die Frage, wie die Klägerin die im Rahmen des vorliegenden Vertrages noch nicht abgearbeiteten Leistungen organisatorisch überhaupt noch mit eigenen Mitarbeitern nebenbei hätte abwickeln können, hat es keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die Abrechnung der Klägerin unschlüssig ist.

(ee) Fehl geht nach alledem auch die Ansicht des beklagten Landes, die Klägerin habe vorliegend ihre Auftragssituation im Einzelnen offenzulegen.

(2) Mit dem Landgericht (vgl. Seite 21 LGU) ist davon auszugehen, dass die Zuschläge für Baustellengemeinkosten nicht abgezogen werden müssen, da die Kosten nicht erspart sind.

(a) Das Landgericht hat festgestellt, die Klägerin habe erläutert, dass in den Baustellengemeinkosten, die mittels der Zuschläge Eingang in die Kalkulation fanden, nur Lohnkosten, nämlich solche für Projektleiter, Polier und Abrechner enthalten sind und dies nicht bestritten worden ist (Seite 21 LGU). Aus diesem Grund seien diese Zuschläge, wie die Lohnkosten allgemein, nicht abzuziehen (Seite 21 LGU). Dies gelte auch, soweit die Zuschläge auf Kostenbestandteile angesetzt werden, die infolge der Kündigung als erspart anzusehen und von der Klägerin entsprechend in Anlage K42 nicht berücksichtigt sind. Insofern komme es nicht darauf an, ob der Kostenbestandteil, auf den eine Bezuschlagung erfolgt sei, weggefallen sei, da bei der Zuschlagskalkulation mittels der Zuschläge die anfallenden Gemeinkosten auf die Einzelkosten verteilt werden, und im Falle der Kündigung der Wegfall bestimmter Einzelkosten (z.B. Materialkosten) keinen Einfluss auf den Anfall der verteilten Gemeinkosten habe (Seite 21 LGU).

(b) Der Senat teilt die Einschätzung, dass keine ersparten Aufwendungen anzunehmen sind, auch unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung.

(aa) Das beklagte Land meint dort, eine "weitere Besonderheit" bestehe vorliegend darin, dass nach dem Vortrag der Klägerin auch die Baustellengemeinkosten ausschließlich aus Lohnkosten für Projektleiter, Polier und Abrechner bestehen sollen, und führt weiter aus, soweit die Klägerin in erster Instanz vorgetragen habe, dass diese Lohnkosten auch weiterhin angefallen seien, da sie nicht kurzfristig abbaubar gewesen seien, werde davon ausgegangen, dass die Klägerin keinen Anlass gehabt habe, die Kosten für Projektleiter, Polier und Abrechner "abzubauen", da diese - wie das beklagte Land behauptet - für ab September 2014 zu bearbeitende Aufträge benötigt worden seien. Das beklagte Land behauptet weiter: "Diese Mitarbeiter brauchten in Folge der Kündigung nicht mehr auf der Baustelle tätig zu werden" (Seite 5 Berufungsbegründung, Bl. 658 d. A.), zum Zeitpunkt der Kündigung der Baustelle seien "schon lange kein Polier, kein Projektleiter und auch Abrechner mehr vor Ort" gewesen. Soweit das beklagte Land meint, die Baustellengemeinkosten seien damit "in vollem Umfang erspart" worden, teilt der Senat seine Auffassung nicht.

(bb) Baustellengemeinkosten können erspart sein, wenn sie zeitabhängig kalkuliert waren und wegen der Kündigung nicht mehr anfallen (Kniffka, aaO Rn. 79; vgl. auch Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, aaO, § 8 Rn. 44: "wenn und soweit sie infolge der Kündigung kurzfristig abbaubar sind"). Auch sonstige ausführungsabhängige Baustellengemeinkosten können erspart sein, wie z.B. Planungskosten, wenn infolge der Kündigung Planungen entfallen und insoweit Aufwendungen erspart werden (Kniffka, aaO Rn. 79).

(cc) Dass vorliegend Baustellengemeinkosten wegen der Kündigung nicht mehr anfielen oder sonst erspart waren, kann vorliegend nicht angenommen werden. Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass sie die Kosten für Projektleiter, Polier und Abrechner nicht kurzfristig habe "abbauen" können. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unwahr vorgetragen hat, bestehen nicht.

(dd) Ohne Erfolg rügt das beklagte Land in diesem Zusammenhang, die Klägerin habe entgegen der Annahme des Landgerichts ihre Auftragssituation zum Zeitpunkt der Kündigung im Einzelnen offenzulegen gehabt. Auf die vorstehenden Ausführungen wird insoweit verwiesen.

(ee) Der vom beklagten Land gehaltene Vortrag, eine weitere Besonderheit sei, dass die Klägerin bei den Baustellengemeinkosten nur mit Lohnkosten kalkuliert habe, die rechnerisch noch zu dem kalkulierten Lohn für die reine Bauleistung hinzukämen, hierdurch werde der gesamte "Lohnanteil" bei den einzelnen Leistungspositionen exorbitant hoch, was zu einem unrealistischen hohen Lohnkostenansatz führe, vermag ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass der Vortrag der Klägerin nicht als schlüssig zu beurteilen ist.

(ff) Soweit das beklagte Land schließlich meint, die Klägerin könne keine Gemeinkosten (und Gewinn) mehr auf Stoffkosten geltend machen, nach den von der Klägerin eingereichten Aufstellungen der Anlagen K 41 und K 42 sei "festzustellen, dass die in der Anlage K 41 den Material zugeordneten AGK und BKG in der Aufstellung K 42 einfach als ,AGK gesamt' und ,BGK gesamt' dem Lohn zugeordnet worden" seien, und weiter ausführt, "Dasselbe" gelte für die nicht projektbezogenen Geschäftskosten, hat sie nicht aufgezeigt, dass die Abrechnung der Klägerin unschlüssig oder unzutreffend ist. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, der Verkauf des bereits auf der Baustelle vorhandenen Materials begründe zwar einen anderweitigen Erwerb, der natürlich zu berücksichtigen gewesen sei, dies habe aber nur den reinen Materialankaufwert betroffen. Für weitere Kalkulationsbestandteile auf Material/Stoffe habe sie keinen Ausgleich erhalten, ihre Berechnung sei insoweit völlig korrekt (vgl. Ziffer 3.2 der Berufungserwiderung, Bl. 677 d. A.).

(gg) Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Entscheidung des Landgerichts in Bezug auf den Kalkulationsfaktor Baustellengemeinkosten rechtsfehlerfrei ist.

(3) Die Berufung hat im Hinblick auf den Angriff auf den Kalkulationsfaktor Allgemeine Geschäftskosten keinen Erfolg.

(a) Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, Allgemeine Geschäftskosten seien nicht in Abzug zu bringen, weil nicht projektbezogen anfallende Geschäftskosten nicht als erspart anzusehen seien (Seite 22 LGU).

(b) Auch der mit der Berufungsbegründung (dort Ziffer 4, Bl. 661 d. A.) gehaltene Vortrag des beklagten Landes, im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die Klägerin nach ihrer Kalkulation ab Oktober 2014 schon gar keine Allgemeinen Geschäftskosten mehr kalkulatorisch für das streitige Bauvorhaben eingeplant gehabt habe und bei der Kalkulation der ab Oktober für öffentliche Auftraggeber kalkulierten Preise ihre Allgemeinen Geschäftskosten bereits auf die neuen, ab Oktober 2014 anstehenden Projekte umgelegt habe, vermag keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Schlüssigkeit der Darstellung der Klägerin zu begründen.

(c) Allgemeine Gemeinkosten sind in der Regel nicht erspart (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97 -, BGHZ 140, 263-269, juris Rn. 25: "[...] handelt es sich um allgemeine Gemeinkosten, die als solche nicht erspart werden können"; Kniffka, aaO Rn. 79; BeckOK VOB/B/Brüninghaus, 49. Edition 31.10.2022, VOB/B § 8 Abs. 1 Rn. 43; Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, 8. Aufl. 2023, VOB/B § 8 Rn. 43; NWJS/Vogel, 5. Aufl. 2019, VOB/B § 8 Rn. 69).

(d) Die Klägerin hat vorgetragen (vgl. Ziffer 4 der Berufungserwiderung, Bl. 678 d. A.), die Behauptung des beklagten Landes, dass sie nach ihrer Kalkulation ab Oktober 2014 keine Allgemeinen Geschäftskosten für das streitige Bauvorhaben mehr eingeplant und den Aufwand auf neue Projekte ab Oktober 2014 umgelegt habe, korrespondiere nicht mit ihrer baubetriebswirtschaftlichen Kalkulation. Sie ermittele jährlich den ihr entstehenden Gesamtbetrag an Allgemeinen Geschäftskosten, d.h. derjenigen Kosten, die nicht konkret der streitigen Baustelle zugeordnet werden können. Dieser Gesamtbetrag werde auf das jeweils eingeworbene und zur Ausführung anstehende Umsatzvolumen verteilt und die angebotenen Einheitspreise entsprechend beaufschlagt. Diese Kalkulationsbestandteile seien Teil der vertraglich vereinbarten Vergütung. Sie habe aufgrund der Kündigung weder Kosten aus dem Bereich der Allgemeinen Geschäftskosten erspart noch einen anderweitigen Erwerb erzielt. Anderweitigen Erwerb hätte sie auch hier nur dann erzielen können, wenn es ihr durch Einwerbung eines Füllauftrages möglich gewesen wäre, den kündigungsbedingten Umsatzausfall zu kompensieren. Die Behauptung des beklagten Landes, sie habe den ihr entgangenen Anteil Allgemeine Gemeinkosten in anderen planmäßig ab Oktober 2014 ausgeführten Vorhaben verdient, sei falsch. Die Allgemeinen Gemeinkosten für 2014 seien auf alle Bauvorhaben, die im Zeitraum 2014 ausgeführt werden sollten, verteilt. Ein kündigungsbedingter Verlust von Umsatz begründe denknotwendig auch einen Verlust auf im Umsatz kalkulierte Allgemeine Gemeinkosten.

(e) Einen Rechtsfehler im Urteil des Landgerichts in Bezug auf den Kalkulationsfaktor Allgemeine Geschäftskosten hat die Berufung nach alledem nicht aufgezeigt.

III.

Die bereits von Amts wegen vom Senat zu überprüfende Kostenentscheidung (vgl. § 308 Abs. 2 ZPO) dürfte entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht rechtsfehlerhaft sein.

1. § 92 ZPO dient der Kostengerechtigkeit. Wenn das Unterliegen hinsichtlich von Nebenforderungen zu berücksichtigen ist, kann etwa - im Rahmen der Kostengerechtigkeit - neben der Hauptforderung unter Berücksichtigung der Zinsen ein fiktiver Streitwert gebildet und daraus die Quote errechnet werden (Musielak/Voit/Flockenhaus, 19. Aufl. 2022, ZPO § 92 Rn. 4 mwN).

2. Vorliegend hat das Landgericht insoweit angenommen, dass die Klägerin zu Unrecht eine Zinsforderung geltend gemacht hat, die das Landgericht überschlägig mit rund 12.000 € berechnet hat. Der Senat hält es für sachgerecht, dass das Landgericht diese Zuvielforderung im Rahmen der Kostengerechtigkeit berücksichtigt hat. Insoweit ist - anders die Klägerin meint - nicht formal darauf abzustellen, dass es sich bei der Zinsforderung um eine bloße Nebenforderung handelt.

IV.

Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Ferner ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

V.

Im Falle der Zurückweisung der Berufung des beklagten Landes durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO verlöre die Anschlussberufung der Klägerin kraft Gesetzes nach § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung. Eine entsprechende Feststellung des Senats hätte lediglich deklaratorischen Charakter (vgl. Zöller/Heßler, ZPO 34. Aufl. § 524 Rn. 27). Einer Entscheidung hierüber hätte sich der Senat in diesem Fall zu enthalten. Aus diesem Grund sieht er von weitergehenden Ausführungen derzeit ab (vgl. Musielak/Voit/Ball, 19. Aufl. 2022, ZPO § 524 Rn. 33).

VI.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 110.000 € (Berufung: 94.340,96 €; Anschlussberufung: 4.871,50 €) festzusetzen. Die Streitwerte von Berufung und Anschlussberufung sind in II. Instanz regelmäßig zu addieren (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 19. Dezember 2013 - 1 W 67/13 = NJOZ 2014, 1038).