Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 26.01.2023, Az.: 8 U 109/22
Klage des Versicherten gegen vom Versicherer vorgenommene Beitragsanpassungen im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsvertrags
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 26.01.2023
- Aktenzeichen
- 8 U 109/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 5335
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 21.02.2022 - AZ: 2 O 176/21
- nachfolgend
- BGH - AZ: VI ZR 62/23
Rechtsgrundlage
- § 203 VVG
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter am Oberlandesgericht ... und ... sowie die Richterin am Oberlandesgericht ... im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 23. Januar 2023 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21. Februar 2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die der Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 zur Versicherungsnummer 26... vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:
die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite und
die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin wegen der Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit Höhe von 200,00 € leistet. Im Übrigen kann der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 13.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen vom Beklagten vorgenommene Beitragsanpassungen im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsvertrags.
Die Parteien verbindet mit Wirkung ab dem 1. Januar 1988 eine Krankheitskosten- und Pflegeversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Standardtarif zugrunde (AVB). Hinsichtlich des Inhalts der AVB wird auf die Anlage B... 1 im Anlagenband Beklagter Bezug genommen.
Über einen von den Parteien nicht näher vorgetragenen Zeitraum (Klägervortrag: in den vergangenen Jahren) erhöhte der Beklagte die von der Klägerin zu zahlenden Versicherungsprämien.
Die Klägerin hat gemeint, dass die Prämienanpassungen unter anderem aufgrund unzureichender Begründung unwirksam gewesen seien. Insbesondere unwirksam gewesen seien die Beitragsanpassungen zum 1. Januar 2012, 1. Januar 2013, 1. Januar 2014, 1. Januar 2015, 1. Januar 2016, 1. Januar 2017, 1. Januar 2018, 1. Januar 2019 und 1. Januar 2020 (Bl. 11 - 22 d. A.). Aber auch in materieller Hinsicht seien die Beitragsanpassungen unwirksam gewesen, soweit ihnen eine Schwellenwertüberschreitung von weniger als 10 % zugrunde gelegen habe. Zwar würden die in den Vertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen eine Beitragsanpassung bereits ab einer Schwellenwertüberschreitung von 5 % gestatten. Die entsprechende Klausel sei allerdings unwirksam (Bl. 22 R - 24 R d. A.). Auf der Grundlage gesunkener Leistungsausgaben sei eine Prämienerhöhung schließlich gänzlich ausgeschlossen (Bl. 25, 25 R d. A.).
Aufgrund der unwirksamen Beitragsanpassung könne die Klägerin Erstattung der zu viel gezahlten Prämien verlangen. Weil ihr die für eine Bezifferung notwendigen Informationen aber noch nicht vorlägen, benötige sie zunächst die von vom Beklagten geschuldete Auskunft.
Die Klägerin hat beantragt,
- 1.
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die der Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 zur Versicherungsnummer 26... vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:
die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 sowie
die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer 26... seit dem 1.1.2012,
- 2.
festzustellen, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1 noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und dem Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer 26... unwirksam sind und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet, sowie, dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf ein nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1 noch zu beziffernden Betrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen zu reduzieren ist,
- 3.
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerseite einen weiteren nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 4.
den Beklagten zu verurteilen,
- a)
der Klägerseite die Nutzungen in der nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) noch zu beziffernden Höhe herauszugeben, die der Beklagte bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 2) noch zu aufzuführenden Beitragsanpassungen gezahlt hat,
- b)
die Zinsen aus den herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerseite zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Stufenklage sei bereits unzulässig, denn die Klägerin begehre die Auskunft nicht lediglich zu dem Zweck, ihren Leistungsantrag zu beziffern.
Unabhängig hiervon sei der Auskunftsanspruch in Ermangelung einer Anspruchsgrundlage unbegründet. Ein Anspruch gemäß Art. 15 DS-GVO komme nicht in Betracht, weil diese Norm dem Betroffenen nur ermöglichen solle, die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung zu überprüfen. Außerdem sei das Auskunftsbegehren der Klägerin aber auch exzessiv und verstoße gegen § 242 BGB. Der Beklagte gehe davon aus, dass der Klägerin die benötigten Unterlagen tatsächlich vorlägen.
Schließlich seien sowohl Auskunftsansprüche als auch etwaige Leistungsansprüche verjährt.
Mit Urteil vom 21. Februar 2022 (Bl. 108 - 142 R d. A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Stufenklage sei unzulässig. Auch ein Auskunftsanspruch bestehe nicht. Insoweit fehle es an einer Anspruchsgrundlage.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung sei die Stufenklage zulässig. Denn der Klägerin sei bekannt, zu welchen Zeitpunkten im Auskunftszeitraum Beitragsanpassungen stattgefunden hätten. Denn die Klägervertreter hätten in gleichgelagerten Parallelverfahren gegen den Beklagten in Erfahrung gebracht, dass zu dem (den) Tarif (Tarifen), in der die Klägerseite versichert ist, die vorbenannten Beitragsanpassungen in der Beobachtungseinheit Frauen der Klagepartei stattgefunden hätten. Lediglich die Höhe der formell unwirksamen Beitragsanpassungen sei der Klägerseite unbekannt. Demgemäß sei auch nur die Höhe des Rückforderungsanspruchs der Klägerseite fraglich. In derartigen Situationen sei die Stufenklage aber zweifellos zulässig.
Aber auch unabhängig von der Stufenklage bestehe ein Auskunftsanspruch. Ein solcher Anspruch sei auch nicht verjährt.
Ergänzend und über die in 1. Instanz gestellten Anträge hinaus beantragt die Klägerin Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die der Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 zur Versicherungsnummer 26... vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:
die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 sowie
die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer 26... seit dem 1. Januar 2012,
- 2.
festzustellen, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1 noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und dem Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer 26... unwirksam sind und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet, sowie, dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1 noch zu beziffernden Betrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen zu reduzieren ist,
- 3.
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerseite einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1 noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 4.
den Beklagten zu verurteilen,
- a)
der Klägerseite die Nutzungen in der nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1 noch zu beziffernden Höhe herauszugeben, die der Beklagte bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 2 noch aufzuführenden Beitragsanpassungen gezahlt hat,
- b)
die Zinsen aus den herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerseite zu zahlen,
- 5.
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.054,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet. Zwar ist das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Stufenklage unzulässig ist. Der Klägerin steht gegen den Beklagte aber ein Auskunftsanspruch zu.
Im Einzelnen:
1. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, soweit das Landgericht die von der Klägerin erhobene Stufenklage als unzulässig abgewiesen hat.
Bereits aus dem Gesetzeswortlaut sowie aus der systematischen Stellung von § 254 ZPO wird deutlich, dass die Besonderheit der Stufenklage nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage liegt, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2000 - III ZR 65/99).
Auf dieser Grundlage hat der Bundesgerichtshof in seiner vorstehend zitierten Entscheidung eine Stufenklage als unzulässig betrachtet, mit deren Hilfe der Kläger zunächst die Informationen in Erfahrung bringen wollte, die ihm die Prüfung eines gegen den Beklagten etwaig zustehenden Anspruchs erst ermöglichen sollten.
Eine solche Konstellation ist auch im streitgegenständlichen Fall gegeben. Die Klägerin will mit den begehrten Informationen zunächst nur in die Lage versetzt werden, die Voraussetzungen etwaiger weiterer Bereicherungsansprüche dem Grunde nach beurteilen zu können.
Dem steht der Umstand nicht entgegen, dass die Klägerin die Beitragsanpassungen des Beklagten in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 1. Januar 2020 insgesamt als unwirksam ansieht. Denn dieser Vortrag bezieht sich nicht auf konkrete Beitragsanpassungen im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Wie sich aus dem Schriftsatz der Klägervertreter vom 10. Januar 2022 ergibt, beruht dieser Vortrag vielmehr darauf, dass der Klägerin das entsprechende Wissen ihrer Prozessbevollmächtigten aus anderen Verfahren gegen den Beklagten vermittelt worden ist. Dass es aber auch im Vertragsverhältnis der Parteien in bestimmten Tarifen zu Beitragsanpassungen mit Wirkung ab den aufgezählten Terminen kam, kann dem Klägervortrag nicht entnommen werden. Im Ergebnis hat die Klägerin damit lediglich vorgetragen, dass die vom Beklagten vorgenommenen Beitragsanpassungen unwirksam wären, wenn er denn zu den o. g. Terminen im Verhältnis zur Klägerin solche Beitragsanpassungen vorgenommen hätte. Damit bleibt es aber dabei, dass die Klägerin mit der Auskunft das Bestehen eines gegen den Beklagten gerichteten Feststellungsanspruchs erst in Erfahrung bringen möchte. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin unzulässig ist.
Zwar hat die Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragen, ihren Prozessbevollmächtigten sei bekannt, dass der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Personengruppe Frauen Beitragsanpassungen vorgenommen habe. Dies führt aber nicht zur Zulässigkeit der Stufenklage. Denn entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung lässt die Prämienanpassung bei einem anderen Versicherungsnehmer nicht automatisch den Schluss zu, dass es in demselben Tarif der Klägerin zu dem maßgeblichen Zeitpunkt ebenfalls zu einer Beitragsanpassung gekommen sein muss. Das ist jedenfalls solange nicht der Fall, als die Altersstufen der anderen Versicherungsnehmer derselben Beobachtungseinheit unbekannt sind. Denn die Prämienberechnung hat gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 KVAV nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik für jede versicherte Person altersabhängig getrennt für jeden Tarif mit einem dem Grunde und der Höhe nach einheitlichen Leistungsversprechen unter Verwendung der maßgeblichen Rechnungsgrundlagen und einer nach Einzelaltern erstellten Prämienstaffel zu erfolgen. Diese altersabhängige Neuberechnung der Prämie beinhaltet die Möglichkeit, dass unterschiedlich alte Mitglieder einer Beobachtungseinheit auch unterschiedlich behandelt werden. Dass aber die von den Klägervertretern angeführten Beitragsanpassungen in anderen Verträgen Versicherte mit demselben Lebensalter betreffen, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
Darüber hinaus wird dieser Vortrag auch durch den Umfang der begehrten Auskünfte widerlegt. Denn die Klägerin begehrt nicht nur Auskunft über die Höhe der Beitragsanpassungen. Sie begehrt vielmehr auch Auskunft über die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020. Dies wäre nicht erforderlich, wenn die Klägerin tatsächlich konkretes Wissen über das "ob" der in ihrem Vertrag vorgenommenen Beitragsanpassungen besäße.
2. Soweit das Landgericht die unzulässige Stufenklage in eine zulässige Klagehäufung umgedeutet hat, begegnet das keinen Bedenken. Denn wenn auch der Auskunftsanspruch nicht in erster Linie der Bezifferung des Leistungsanspruchs dient, ist der Klägerin ein - zumindest für die Rechtsschutzgewährung ausreichendes - berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft nicht abzusprechen (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10; BGH, Urteil vom 2. März 2000 - III ZR 65/99).
Entgegen der vom Landgericht und dem Beklagten vertretenen Auffassung steht der Klägerin gegen den Beklagten auch ein Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO zu.
Nach Erwägungsgrund 63 Satz 1 der DS-GVO dient das Auskunftsrecht der betroffenen Person hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten dem Zweck, sich der Verarbeitung (zum Begriff vgl. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO; zu dem vom sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung erfassten Bereich der Verarbeitung vgl. Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Nr. 6 DS-GVO) bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19).
Entscheidend für das Bestehen eines Auskunftsanspruchs ist daher, ob die vom Beklagten der Klägerin anlässlich der Beitragsanpassungen übersandten Nachträge zum Versicherungsschein Informationen nach diesen Kriterien enthalten (vgl. BGH, a.a.O.).
Gemäß Art. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 DS-GVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Diese Definition besitzt einen weiten Anwendungsbereich. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur in Form von Stellungnahmen oder Beurteilungen, wenn sie denn nur die in Rede stehende Person betreffen. Letzteres ist der Fall, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - C-434/16 zu Art. 2 Buchst. a der RL 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995; BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19).
Schreiben des Versicherers an den Versicherungsnehmer sind grundsätzlich ihrem gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten gemäß Art. 4 Nr. 1 DS-GVO anzusehen. Die personenbezogene Information besteht bereits darin, dass sich der Beklagte dem Schreiben gemäß geäußert hat (vgl. BGH, a.a.O.).
Auch im vorliegenden Fall sind personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 DS-GVO Gegenstand des Auskunftsanspruchs. Die anlässlich der Beitragsanpassungen vom Beklagten an die Klägerin übersandten Nachträge zum Versicherungsschein hatten den konkreten, zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zum Gegenstand und gestalteten diesen inhaltlich teilweise neu. Auch die anlässlich der Beitragsanpassung übersandten Mitteilungsschreiben unterfallen in ihrer Gesamtheit dem Begriff der personenbezogenen Daten (vgl. BGH, a.a.O.).
Bei dem Auskunftsantrag der Klägerin handelt es sich auch nicht um einen offenkundig unbegründeten oder exzessiven Antrag im Sinne von Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO. In der Verordnung findet sich als Regelbeispiel für die Annahme eines exzessiven Antrags der Fall von häufiger Wiederholung. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil die Klägerin mit ihrer Klage die erstmalige Erteilung einer Kopie der maßgeblichen Unterlagen begehrt. Unmaßgeblich ist auch die Motivationslage der Klägerin, weil die Verordnung den Auskunftsanspruch nicht von einer bestimmten Zielsetzung des Anspruchsinhabers abhängig macht und dementsprechend der Antrag auf Auskunftserteilung auch nicht begründet werden muss (vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 29. März 2022 - VI ZR 1352/20; OLG Köln, Urteil vom 13. Mai 2022 - 20 U 198/21; jurisSimitis/Hornung/Spiecker, DS-GVO mit BDSG, Art. 15 DS-GVO, Rn. 11; Schmidt-Wudy in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 01.08.2022; DS-GVO Art. 15, Rn. 85).
Ob die Klägerin noch im Besitz der ihr ursprünglich übermittelten und nunmehr streitgegenständlichen Informationen ist, spielt für den Auskunftsanspruch keine Rolle. Denn der auf Art. 15 DS-GVO gestützte Auskunftsanspruch besteht auch dann, wenn der Betroffene bereits über die geforderten Informationen verfügt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19; VG Schwerin, Urteil vom 29. April 2021 - 1 A 1343/19 SN; Schmidt-Wudy in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 01.08.2022; DS-GVO Art. 15, Rn. 52.3).
Einem auf Art. 15 DS-GVO gestützten Auskunftsanspruch steht auch nicht entgegen, dass die entsprechende Verordnung gemäß Art. 99 Abs. 2 DS-GVO erst am 25. Mai 2018 in Kraft getreten ist, während sich der Auskunftsanspruch der Klägerin auf solche Informationen bezieht, die zu einem früheren Zeitpunkt erhoben und gespeichert wurden. Insoweit findet sich in der Verordnung bereits keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung des Auskunftsanspruchs, was für einen unbeschränkten Auskunftsanspruch auch im Hinblick auf solche Informationen spricht, die vor dem 25. Mai 2018 erhoben und/oder gespeichert wurden. Darüber hinaus dient die Verordnung gemäß Art. 1 Abs. 2 DS-GVO dem Schutz der Grundrechte und der Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Ein solcher Schutz würde aber weitgehend leerlaufen, wenn er sich nur auf Informationen erstrecken würde, die nach dem 25. Mai 2018 erhoben wurden. Hierfür spricht auch, dass die Vorgängerverordnung 95/46/EG mit Wirkung vom 25. Mai 2018 aufgehoben wurde und etwaige Auskunftsansprüche hierauf nicht mehr gestützt werden können. Weiter handelt es sich jedenfalls bei dem Akt der Datenspeicherung um eine fortlaufende Datenverarbeitung, die unter der Voraussetzung einer nicht bereits zuvor erfolgten Löschung - auch über den 25. Mai 2018 hinaus andauert und damit spätestens ab diesem Zeitpunkt dem Anwendungsbereich von Art. 15 DS-GVO unterfällt (vgl. Kühling/Buchner; Datenschutz-Grundverordnung/BDSG, 2. Aufl., Art. 15, Rn. 8).
Der Auskunftsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ist nicht verjährt. Ob eine Verjährung des nebenvertraglichen Auskunftsanspruchs bzw. des Anspruchs gemäß Art. 15 DS-GVO überhaupt möglich ist und nach welchen Vorschriften sie sich ggf. richtet, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn selbst wenn der Auskunftsanspruch wie der auf § 242 BGB gestützte Auskunftsanspruch selbstständig und unabhängig nach der allgemeinen Frist des § 195 BGB verjähren sollte (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2020 - III ZR 136/18; BGH, Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16), so könnte er aber jedenfalls nicht vor dem Hauptanspruch verjähren, dem er dient (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2020, a.a.O.; BGH, Urteil vom 25. Juli 2017, a.a.O.). Im vorliegenden Fall kann eine Verjährung sämtlicher, auf eine ggf. unwirksame Beitragsanpassung beispielsweise im Jahr 2013 gestützten Leistungsansprüche auch für die Zeit nach dem 1. Januar 2018 aber nicht festgestellt werden.
Inhaltlich ist der Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO auf die Übersendung einer Datenkopie gerichtet. Dabei beschränkt sich der Anspruch nicht auf die Übermittlung von Informationen, die der von der Datenspeicherung betroffenen Person gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO zustehen. Der Senat folgt insoweit vielmehr der in der Rechtsprechung und der Literatur vertretenen extensiven Auslegung von Art. 15 DS-GVO (vgl. OLG München, Urteil vom 4. Oktober 2021 - 3 U 2906/20; OVG Munster, Urteil vom 8. Juni 2021 - 16 A 1582/20; LAG Baden-Württemberg, Urteile vom 17. März 2021 - 21 Sa 43/20 - und vom 20. Dezember 2018 - 17 Sa 11/18; Schmidt-Wudy in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 01.08.2022, DS-GVO Art. 15, Rn. 85; Schaffland/Holthaus, Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)/Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), Werkstand: 11. Ergänzungslieferung 2022; Artikel 15, Rn. 44b; a. A. Franzen in: Franzen/Gallner/ Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 4. Aufl., EU (VO) 2016/679 Art. 15; Rn. 5; Paal in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 3. Aufl., DS-GVO Art. 15, Rn. 33a). Danach hat der Auskunftspflichtige die personenbezogenen Daten grundsätzlich in der Rohfassung zu übermitteln, in der sie bei ihm gespeichert sind. Denn Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO stellt insoweit eine eigenständige und von Art. 20 DS-GVO unabhängige Anspruchsgrundlage dar (vgl. Schmidt-Wudy in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 01.08.2022, DS-GVO Art. 15, Rn. 85).
Hieraus folgt zugleich, dass die Klägerin auch eine Kopie von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein verlangen kann, wenn sie denn als solche (und nicht nur deren reiner Informationsinhalt) bei der Beklagten gespeichert sind.
Sollte der Inhalt etwa eines Versicherungsscheins sowohl in der Form des Versicherungsscheins als auch in Gestalt lediglich der im Versicherungsschein enthaltenen Informationen gespeichert sein, sind von der Beklagten grundsätzlich beide Datensätze in Gestalt einer Datenkopie herauszugeben. Denn anderenfalls kann die Klägerin die mit dem Auskunftsanspruch bezweckte Überprüfung einer ordnungsgemäßen Verarbeitung (aller!) von der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten nicht sinnvoll ausüben.
Demgegenüber kann Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO kein gegen den Auskunftspflichtigen gerichteter Anspruch entnommen werden, die übermittelten Rohdaten zusätzlich aufzubereiten, damit diese von der betroffenen Person verwendet werden können. Das folgt bereits aus der Zielrichtung des Auskunftsanspruchs, den Berechtigten von einer Verarbeitung der ihn betreffenden Daten zu informieren und ihm die Gelegenheit geben, die Verarbeitung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. VG Schwerin, Urteil vom 29. April 2021 - 1 A 1343/19 SN; Schmidt-Wudy in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 01.08.2022, DS-GVO Art. 15, Rn. 2). Dieses Informationsbedürfnis kann aber nur durch Übersendung der Dateien in der Gestalt erfüllt werden, in der sie beim Auskunftspflichtigen auch gespeichert sind. Anders verhält es sich lediglich dann, wenn der Auskunftsberechtigte nur durch eine entsprechende Aufbereitung den Inhalt der gespeicherten Informationen zur Kenntnis nehmen könnte (vgl. Schaffland/Holthaus, a.a.O.; Schmidt-Wudy, a.a.O., Rn. 85).
Gegen die extensive Auslegung von Art. 15 DS-GVO spricht auch nicht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Juli 2014 - C-141/12 und C-372/12. Zwar hat das Gericht entschieden, dass die betroffene Person keinen Anspruch auf die Kopie eines Dokuments oder einer Originaldatei habe, wenn das mit dem Auskunftsrecht angestrebte Ziel durch eine andere Form der Mitteilung vollständig erreicht werden könne. Allerdings bezieht sich die Entscheidung des Gerichts nicht auf Art. 15 DS-GVO, sondern auf Art. 12 Lit. a) der RL 95/46/EG. Diese sah anders als Art. 15 Abs. 3 DS-GVO aber kein Recht auf eine Datenkopie vor, sondern lediglich einen Anspruch auf unter anderem eine "Mitteilung in verständlicher Form über Daten" (vgl. auch Schmidt-Wudy in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 01.08.2022, DS-GVO Art. 15, Rn. 85).
3. Der Klägerin steht gegen den Beklagten hingegen kein Anspruch auf Mitteilung des jeder Beitragsanpassung zugrundeliegenden auslösenden Faktors gemäß § 242 BGB zu.
Gemäß § 242 BGB trifft den Schuldner ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Umfang und Inhalt der zu erteilenden Auskunft richten sich danach, welche Informationen der Berechtigte benötigt, um seinen Anspruch geltend machen zu können, soweit dem nicht Zumutbarkeitsgesichtspunkte oder andere Grenzen entgegenstehen. Die Zubilligung des Auskunftsanspruchs hat unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15).
Die Höhe des auslösenden Faktors ist maßgeblich für die Frage der materiellen Wirksamkeit der erfolgten Beitragsanpassung. Nur wenn der gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Schwellenwert überschritten wird, ist eine vom Versicherer vorgenommene Beitragsanpassung wirksam. Ein Unterschreiten des maßgeblichen Schwellenwerts hätte demgegenüber zur Folge, dass die auf die dann unwirksame Beitragsanpassung erbrachten Leistungen rechtsgrundlos erfolgt wären. Dementsprechend besitzt der Versicherungsnehmer gegen den Versicherer auch einen Anspruch auf Auskunftserteilung, wenn er diese Information benötigt, um ggf. in einem weitergehenden Umfang gegen den Versicherer Rückforderungsansprüche geltend zu machen (vgl. OLG Stuttgart Urteil vom 18. November 2021 - 7 U 244/21).
Im vorliegenden Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass die Klägerin die Auskunft nach eigenen Angaben zur Klärung der Frage einer über oder unter 10 % liegenden Schwellenwertüberschreitung begehrt, weil ihrer Auffassung nach die entsprechende Beitragsanpassungsklausel unwirksam ist (Bl. 8 R d. A). Ein Interesse an der Auskunftserteilung entfiele dementsprechend, wenn die Parteien die Möglichkeit einer Beitragsanpassung auch bei einer Schwellenwertüberschreitung von weniger als 10 % wirksam vereinbart hätten und die Erhebung einer entsprechenden Auskunftsklage deshalb am Rechtsschutzinteresse scheitern würde.
Das ist hier der Fall. Die Beitragsanpassungsklausel in § 8a Abs. 4 AVB ist wirksam. Sie sieht die Möglichkeit einer Überprüfung der Beiträge bereits ab einer Veränderung der Schadenwahrscheinlichkeit (Schwellenwert) von mehr als 5 % vor. Entgegen der von der Klägerin in der Klageschrift vertretenen Auffassung (Bl. 8 R d. A.) sieht die Klausel aber keine Beitragsanpassung bei einer nur vorübergehenden Schwellenwertüberschreitung zum Nachteil der Versicherungsnehmer vor. Im Gegenteil heißt es in § 8a Abs. 4 Satz 6 AVB ausdrücklich:
"Von einer solchen Beitragsanpassung wird abgesehen, wenn die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist."
Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit der Beitragsanpassungsklausel. Zwar stellt die Klausel bei einer Schwellenwertüberschreitung von mehr als 5 % die Beitragsüberprüfung durch den Versicherer nur in dessen Ermessen, während sie bei einer Schwellenwertüberschreitung von mehr als 10 % obligatorisch ist:
"Ergibt diese Gegenüberstellung eine Veränderung der Schadenwahrscheinlichkeit von mehr als 10 v. H. bzw. der Sterbewahrscheinlichkeit von mehr als 5 v. H., so werden die Beiträge der betroffenen Beobachtungseinheit überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders angepasst. Bei einer Veränderung der Schadenwahrscheinlichkeiten von mehr als 5 v. H. können die Beiträge der betroffenen Beobachtungseinheit überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders angepasst werden."
Hierin liegt aber keine unzulässige abweichende Vereinbarung gemäß § 208 VVG und auch die Klägerin zeigt eine solche unzulässige Abweichung nicht auf.
Soweit die Klägerin darüber hinaus mit der geforderten Auskunft der Frage etwaig gesunkener Leistungsausgaben nachgehen will, rechtfertigt auch dies kein schützenswertes Interesse an der Auskunftserteilung. Denn auch bei gesunkenen Leistungsausgaben kann es zu einer Schwellenwertüberschreitung kommen mit der Notwendigkeit einer Beitragsanpassung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - IV ZR 148/20). Diese Beitragsanpassung kann sowohl eine Prämienerhöhung als auch eine Prämienreduzierung zur Folge haben. Denn die Berechnung der Prämienhöhe hat unter Verwendung der in den §§ 2 und 4 bis 8 KVAV näher bezeichneten Rechnungsgrundlagen und der Alterungsrückstellungen nach Maßgabe der §§ 3, 10, 11, 13, 14 und 18 KVAV zu erfolgen. Dabei stellen die Leistungsausgaben nur einen in die Berechnung einzustellenden Faktor dar, sodass es auch bei gesunkenen Leistungsausgaben zu einer Prämienerhöhung kommen kann.
4. Ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Anwaltskosten steht der Klägerin nicht zu.
Weil die Klägerin diesen Anspruch erstinstanzlich nicht in den Rechtsstreit eingeführt hat, handelt es sich hierbei um eine Klageerweiterung im Sinne von § 533 ZPO. Die Voraussetzungen der Klageerweiterung liegen auch vor, weil die Klägerin bereits erstinstanzlich zu der vorgerichtlichen Tätigkeit ihrer späteren Prozessbevollmächtigten vorgetragen hat und die Klageerweiterung zumindest sachdienlich ist.
Der Anspruch ist aber unbegründet.
Der Anspruch auf Erstattung einer Geschäftsgebühr im Sinne von Nr. 2300 VV RVG setzt eine Anspruchsgrundlage voraus, die sich außerhalb deliktischer Ansprüche in der Regel aus Verzug gemäß §§ 280, 286 BGB ergibt. Darüber hinaus setzt die Erstattungsfähigkeit der Anwaltsgebühren als materieller Schaden voraus, dass die Beauftragung des Rechtsanwalts mit der vorgerichtlichen Tätigkeit erforderlich und zweckmäßig war (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 274/10).
Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte, dass sich der Beklagte bei erstmaliger Mandatierung der Klägervertreter mit der geschuldeten Leistung in Gestalt der Auskunftserteilung bereits in Verzug befand und dass es sich bei den vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten deshalb um einen kausal auf diesem Verzug beruhenden Schaden handelt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. In diesem Zusammenhang hat der Senat berücksichtigt, dass der Auskunftsanspruch regelmäßig nur mit einem Bruchteil des Leistungsanspruchs zu bewerten ist. Dabei werden üblicherweise 1/4 bis 1/10 angesetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2014 - III ZB 75/13). Der Senat hält es für sachgerecht, im vorliegenden Fall den zuerkannten Auskunftsanspruch mit 1/4 des Leistungsanspruchs zu bewerten, sodass sich hieraus die entsprechende Kostenquote ergibt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Grundlage für die Bemessung der Sicherheitsleistung zur Abwehr einer Vollstreckung der Klägerin aus dem Auskunftsanspruch ist der ihr etwaig drohende Ausfallschaden. Diesen hat der Senat mit 1/4 des mit der Stufenklage verbundenen wirtschaftlichen Interesses bewertet zuzüglich eines etwaig drohenden Verzögerungsschadens (vgl. Ulrici in: BeckOK ZPO, Stand: 01.07.2022, § 711, Rn. 6). Die Höhe der von der Klägerin zu erbringenden Sicherheitsleistung orientiert sich am drohenden Ausfallschaden des Beklagten. Dieser wiederum ist identisch mit den mit einer Auskunftserteilung verbundenen Kosten, die der Senat auf 150,00 € geschätzt und aufgrund etwaig drohender weiterer Vollstreckungsschäden bei der Bemessung der Sicherheitsleistung moderat erhöht hat (vgl. Ulrici, a.a.O., § 709, Rn. 5).
Der Senat hat die Revision sowohl wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 als auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen. Ob ein Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO zweckgebunden ist oder unabhängig von der hiermit verbundenen Zielrichtung erhoben werden kann, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. So wird teilweise die Auffassung vertreten, dass Zielrichtung der vom Versicherungsnehmer begehrten Auskunftserteilung gemäß Art. 15 DS-GVO ausschließlich sein dürfe, sich der Verarbeitung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 29. März 2022 - 4 U 1905/21; OLG Nürnberg, Urteil vom 14. März 2022 - 8 U 2907/21; OLG Hamm, Beschluss vom 15. November 2021 - 20 U 269/21).
Darüber hinaus besitzt die Frage einer Zweckgebundenheit des Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 DS-GVO aber auch grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (bzw. bereits stellt) und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2022 - 1 BvR 832/21, 1 BvR 1258/21).
Im Hinblick auf die Streitwertfestsetzung kommen für die 1. Instanz die folgenden Überlegungen zum Tragen:
Bei der Bewertung der Stufenklage ist gemäß § 44 GKG nur der höchste Anspruch maßgeblich. Regelmäßig handelt es sich dabei um den Leistungsanspruch. Dabei ist unmaßgeblich, dass die Klägerin diesen Leistungsanspruch noch nicht beziffert hat. Vielmehr ist die Erwartung der Klägerin maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 1997 - XII ZR 307/95). Die Klägerin hat ihre Erwartung im vorliegenden Fall mit 10.750,00 € beziffert (Bl. 31 R d. A.).
Dieses wirtschaftliche Interesse bestimmt auch den Streitwert im Berufungsverfahren.