Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.01.2023, Az.: 21 WF 156/22
Verfahrenswert; Unterhaltsverfahren; Verfahrenskostenhilfe; Hauptsacheverfahren; Anhängigkeit; Berechnung des Verfahrenswerts bei einem von Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abhängigen Hauptsacheantrag
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 17.01.2023
- Aktenzeichen
- 21 WF 156/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 11060
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2023:0117.21WF156.22.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Tostedt - 01.12.2022 - AZ: 15 F 77/22
Rechtsgrundlagen
- FamGKG § 51 Abs. 1 und 2
- FamGKG § 59
- FamGKG § 33 Abs. 1
- FamGKG § 34
- GKG § 17
- GKG § 42 Abs. 3
Fundstellen
- JurBüro 2023, 201-204
- MDR 2023, 644
Amtlicher Leitsatz
- 1.
In Unterhaltssachen ist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG für den laufenden wiederkehrenden Unterhalt der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag maßgeblich. Bei Ansprüchen auf Zahlung von Kindesunterhalt ist der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zu Grunde zu legen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 FamGKG).
- 2.
Bei einer Erweiterung des Antrags auf Zahlung laufenden Unterhalts erhöht sich der Verfahrenswert gemäß § 34 FamGKG um den Mehrbetrag, der auf die 12 Monate entfällt, die der Anhängigkeit des erweiternden Antrags folgen.
- 3.
Der zwischen Einreichung eines Antrags auf Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Hauptsacheverfahren und der erfolgten Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe aufgelaufene Betrag ist gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 FamGKG nicht als rückständiger Betrag verfahrenswerterhöhend zu berücksichtigen.
In der Familiensache
##,
Antragsgegner und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte:
##
gegen
##
Antragstellerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigter:
##
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ##, die Richterin am Oberlandesgericht ## und den Richter am Amtsgericht ## am 17. Januar 2023 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tostedt vom 1. Dezember 2022 geändert und der Verfahrenswert für die erste Instanz neu festgesetzt auf
22.381 €.
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen die erstinstanzliche Festsetzung des Verfahrenswertes.
Die Beteiligten sind noch miteinander verheiratet, leben jedoch seit August 2021 voneinander getrennt. Sie haben ein gemeinsames Kind, den am ## 2005 geborenen E..
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 1. April 2022, der an demselben Tag beim Amtsgericht eingegangen ist, hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an das Kind ab dem 1. Mai 2022 einen monatlichen Kindesunterhalt von 128 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe (Zahlbetrag bei Antragstellung 573,50 €) abzüglich des hälftigen Kindergelds sowie rückständigen Kindesunterhalt von 445 € zu zahlen. Außerdem hat sie beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin für die Zeit vom 1. Mai 2022 bis zum 30. Juni 2022 monatlichen Trennungsunterhalt von 654 € und ab dem 1. Juli 2022 monatlichen Trennungsunterhalt von 719 € sowie rückständigen Trennungsunterhalt von 3.390 € zu zahlen. Zugleich hat sie beantragt, ihr Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und mitgeteilt, dass das Verfahren nur für den Fall der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe als eingeleitet gelten soll.
Am ## Mai 2022 hat sich der Antragsgegner in einer Urkunde gegenüber dem Fachamt Jugend- und Familienhilfe des Bezirksamts B. der Stadt H. (Urkundenregister-Nr.: ##/2022) zur Zahlung von 120 % des jeweiligen Mindestunterhalts der dritten Altersstufe abzüglich der Hälfte des jeweiligen Kindergeldes verpflichtet.
Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20. Mai 2022 ihre Anträge teilweise geändert und hinsichtlich des laufenden Kindesunterhalts beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, unter Abänderung der Urkunde vom ## Mai 2022 an das Kind Kindesunterhalt von 128 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Stufe abzüglich des hälftigen Kindergelds zu zahlen. Bezüglich des rückständigen Trennungsunterhalts hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin 1.726,87 € zu zahlen. In Bezug auf den rückständigen Kindesunterhalt und den laufenden Trennungsunterhalt hat sie die Anträge nicht geändert.
Mit Beschluss vom ## Juni 2022 hat das Amtsgericht der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. November 2022 hat die Antragstellerin wiederum beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, ab dem 1. Mai 2022 einen monatlichen Kindesunterhalt von 128 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds (Zahlbetrag bei Antragstellung 573,50 €) an das Kind zu zahlen. Einen Bezug zur Abänderung der Jugendamtsurkunde vom ## Mai 2022 enthielt der Antrag nicht mehr. Außerdem hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, ab dem 1. Dezember 2022 einen monatlichen Kindesunterhalt von 144 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds (Zahlbetrag bei Antragstellung 658,50 €) sowie rückständigen Kindesunterhalt von 445 € an das Kind zu zahlen. Bezüglich des Trennungsunterhalts hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin für die Zeit vom 1. Mai 2022 bis zum 30. Juni 2022 einen monatlichen Unterhalt von 654 €, für die Zeit vom 1. Juli 2022 bis zum 30. November 2022 einen monatlichen Unterhalt von 719 € und für die Zeit ab dem 1. Dezember 2022 einen monatlichen Unterhalt von 1.100 € sowie rückständigen Unterhalt von 3.390 € zu zahlen.
In der mündlichen Verhandlung am 29. November 2022 haben sich die Beteiligten hinsichtlich aller anhängigen Verfahrensgegenstände verglichen.
Mit Beschluss vom 1. Dezember 2022 hat das Amtsgericht den Verfahrenswert auf 34.428 € festgesetzt. Dabei hat es die Anträge vom 23. November 2022 zu Grunde gelegt und für den Antrag auf Zahlung von Kindesunterhalt ab dem 1. Mai 2022 einen Wert von 4.588 € (573,50 € x 8), für den Antrag auf Zahlung von Kindesunterhalt ab dem 1. Dezember 2022 einen Wert von 7.902 € (658,50 € x 12), für den Antrag auf Zahlung rückständigen Kindesunterhalts einen Wert von 445 €, für den Antrag auf Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts für Mai und Juni 2022 einen Wert von 1.308 € (654 € x 2), für den Antrag auf Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts für die Zeit von Juli bis November 2022 einen Wert von 3.595 € (719 € x 5), für den Antrag auf Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts für die Zeit ab Dezember 2022 einen Wert von 13.200 € (1.100 € x 12) und für rückständigen Trennungsunterhalt einen Wert von 3.390 € angesetzt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. Dezember 2022 hat der Antragsgegner gegen die Verfahrenswertfestsetzung Beschwerde einlegt und beantragt, den Verfahrenswert auf 21.545 € festzusetzen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass bei der Wertberechnung des laufenden Unterhalts nur die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags zu berücksichtigen seien. Daraus folge für den laufenden Kindesunterhalt, dass für die Zeit von Mai bis November 2022 ein Betrag von 4.014,50 € (573,50 € x 7) und für die verbleibenden fünf Monate ab Dezember 2022 ein Wert von 3.292,50 € (658,50 € x 5) anzusetzen sei. Für den laufenden Trennungsunterhalt seien Beträge von 654 € x 2, 719 € x 5 und 1.100 € x 5 zu berücksichtigen. Hinzuzurechnen seien jeweils die rückständigen Beträge von 445 € für den Kindesunterhalt und 3.390 € für den Trennungsunterhalt.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde am 16. Dezember 2022 nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß § 59 Abs. 1 FamGKG zulässige, insbesondere fristgerecht innerhalb der gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 FamGKG i. V. m. 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG sechsmonatigen Beschwerdefrist eingelegte Beschwerde ist teilweise begründet.
Der Verfahrenswert für die erste Instanz ist auf 22.381 € festzusetzen.
1.
In Unterhaltssachen ist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG für den laufenden wiederkehrenden Unterhalt der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag maßgeblich. Bei Ansprüchen auf Zahlung von Kindesunterhalt ist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 FamGKG der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zu Grunde zu legen. Mit Einreichung des Antrags ist die Anhängigkeit des Antrags gemeint, nicht die Rechtshängigkeit (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 533; Keske, in: Schulte-Bunert/Weinrich, FamFG, Kommentar, 6. Auflage 2020, § 51 FamGKG, Rn. 6).
Daraus folgt für Anträge, die nur für den Fall der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt sein sollen, dass der Antrag erst mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe als eingereicht gilt (OLG Brandenburg, a. a. O.). Dies gilt auch für die Anträge der Antragstellerin, weil sie in der Antragsschrift vom 1. April 2022 mitgeteilt hat, das Verfahren solle nur für den Fall der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe als eingeleitet gelten.
Allerdings steht nach § 51 Abs. 2 Satz 2 FamGKG die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe der Einreichung des Hauptsacheantrags gleich, wenn der Hauptsacheantrag alsbald nach der Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe eingereicht wird. Diese Vorschrift gilt jedoch nur für die Wertberechnung von Anträgen auf Zahlung rückständigen Unterhalts, nicht für die Wertberechnung von laufendem Unterhalt (Keske, a. a. O., Rn. 13; Neumann, in: Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, 39. Edition, Stand: 01.10.2022, § 51 FamGKG, Rn. 47; a. A. Schneider/Dürbeck, Gebühren in Familiensachen, 2. Auflage 2021, § 15, Rn. 1039 ff.; Thiel, in: Schneider/Herget, Streitwert Kommentar, 14. Auflage 2016, Rn. 8429 f.).
Dem Wortlaut lässt sich zwar nicht entnehmen, dass die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Satz 2 FamGKG nicht auch für die Berechnung des laufenden Unterhalts nach § 51 Abs. 1 FamGKG gelten sollte (a.A. Neumann, a. a. O.). Jedoch spricht die Systematik dafür, die in § 51 Abs. 2 Satz 2 FamGKG enthaltene Gleichstellung der Einreichung des Verfahrenskostenhilfeantrags mit der Einreichung des Antrags in der Hauptsache auf die Wertberechnung des rückständigen Unterhalts zu beschränken, weil sich die Gleichstellung nur in § 51 Abs. 2 FamGKG findet, der in Satz 1 die Wertberechnung des rückständigen Unterhalts regelt, nicht jedoch in § 51 Abs. 1 FamGKG. Außerdem spricht der gesetzgeberische Wille dafür, § 51 Abs. 2 Satz 2 FamGKG nur auf die Wertberechnung rückständigen Unterhalts anzuwenden. Diese Vorschrift nimmt die Regelung in § 42 Abs. 3 GKG zur Berechnung wiederkehrender Leistungen nahezu wortgleich auf. Der Gesetzesbegründung zu § 17 GKG als Vorgängervorschrift von § 42 Abs. 3 GKG ist wiederum zu entnehmen, dass durch die Gleichstellung der Einreichung des Antrags auf Bewilligung von Prozess-(Verfahrens-)kostenhilfe mit der Einreichung des Antrags klargestellt werden sollte, dass alle bereits fälligen Beträge zu den Rückständen zählen (Bundestagsdrucksache 12/6962, S. 62).
Zugleich bewirkt die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Satz 2 FamGKG, dass eine bedürftige Beteiligte bei einem vorgeschalteten Verfahren zur Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe keine Erhöhung des Verfahrenswertes durch die während dieses Bewilligungsverfahrens entstehenden Beträge zu vergegenwärtigen hat. Diese Erwägungen gelten nicht gleichermaßen für den laufenden Unterhalt, weil hier mit der Bezugnahme auf die Einreichung des Antrags keine Benachteiligung der bedürftigen Beteiligten verbunden ist. Es bleibt - vorbehaltlich einer Antragserweiterung nach Anhängigkeit - bei der Berücksichtigung eines zwölfmonatigen Zeitraums.
2.
Da das Amtsgericht der Antragstellerin am 20. Juni 2022 Verfahrenskostenhilfe ohne Einschränkung bezüglich der Erfolgsaussichten bewilligt hat, sind zunächst die zu diesem Zeitpunkt anhängig gewordenen Anträge wertbestimmend.
a.
Bezüglich des laufenden Kindesunterhalts ist dies der Antrag aus dem Schriftsatz vom 20. Mai 2022, den Antragsgegner zu verpflichten, an das Kind zu Händen der Antragstellerin unter Abänderung der Urkunde über den Unterhalt der Freien und Hansestadt Hamburg vom 12. Mai 2022 ab dem 1. Mai 2022 monatlich 128 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds zu zahlen, entsprechend einem monatlichen Zahlbetrag von 573,50 €.
Bei diesem Abänderungsantrag richtet sich der Verfahrenswert nach der Differenz zwischen dem titulierten und dem mit der Abänderung erstrebten maßgeblichen Unterhaltsbetrag (OLG Brandenburg, Beschl. v. 12. September 2016 - 13 WF 214/16, BeckRS 2016, 116466; Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, Kommentar, 3. Auflage 2019, § 51, Rn. 55). Die in der Urkunde vom 12. Mai 2022 enthaltene Verpflichtung zur Zahlung von 120 % des Mindestunterhalts in der dritten Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds entsprach einem Zahlbetrag von 530,50 €, 128 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds entsprachen 573,50 €. Daraus ergibt sich gemäß § 51 Abs. 1 FamGKG für den laufenden Unterhalt für die ersten zwölf Monate ab Juli 2022 als erstem Monat nach der mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingetretenen Anhängigkeit ein Verfahrenswert von 516 € ((573,50 € - 530,50 €) x 12).
b.
Für den rückständigen Unterhalt ist gemäß § 51 Abs. 2 FamGKG der mit Antrag vom 1. April 2022 geforderte Betrag von 445 € hinzuzurechnen. Der zwischen Einreichung des Verfahrenskostenhilfeantrags und Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe aufgelaufene Betrag ist gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 FamGKG nicht als rückständiger Betrag hinzuzurechnen, weil der Antrag in der Hauptsache nicht nur alsbald, sondern zeitgleich mit dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereicht worden ist.
c.
Im Hinblick auf den laufenden Trennungsunterhalt ist für den Antrag vom 1. April 2022, ab dem 1. Juli 2022 einen Unterhalt von monatlich 719 € zu zahlen, gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ein Wert von 8.628 € anzusetzen.
d.
Für den rückständigen Trennungsunterhalt ist der mit dem Antrag im Schriftsatz vom 20. Mai 2022 geforderte Betrag von 1.726,87 € anzusetzen. Nicht wertbestimmend ist dagegen der ursprünglich angekündigte Antrag vom 1. April 2022. Dieser Antrag ist nicht anhängig geworden, weil sich die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht auf ihn bezog.
e.
Die Werte der einzelnen Verfahrensgegenstände sind gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zusammenzurechnen. Daraus ergibt sich für die mit Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe am 20. Juni 2022 anhängig gewordenen Anträge vom 1. April 2022 (rückständiger Kindesunterhalt und laufender Trennungsunterhalt) bzw. 20. Mai 2022 (laufender Kindesunterhalt und rückständiger Trennungsunterhalt) ein Wert von 11.315,87 € (516 € + 445 € + 8.628 € + 1.726,87 €).
3.
Hinzuzurechnen sind die mit der Antragserweiterung im Schriftsatz vom 23. November 2022 eingetretenen Werterhöhungen.
a.
Bei einer Erweiterung des Antrags auf Zahlung laufenden Unterhalts erhöht sich der Verfahrenswert um den Mehrbetrag, der auf die 12 Monate entfällt, die der Anhängigkeit des erweiternden Antrags folgen (herrschende Meinung, OLG Celle FamRZ 2009, 74; ausführlich Keske, a. a. O., Rn. 16; Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch, a. a. O., Rn. 69 ff.). Diese Berücksichtigung der auf die Antragserweiterung folgenden 12 Monate ergibt sich aus § 34 Satz 1 FamGKG, weil der erweiterte Antrag einen eigenständigen Sachantrag darstellt, für den eine eigenständige Wertberechnung nach § 51 FamGKG durchzuführen ist.
b.
Maßgeblich für den Wert der Antragserweiterung ist vorliegend der Wert für die 12 Monate ab Dezember 2022 abzüglich des Wertes des ursprünglichen Antrags für den Zeitraum von Dezember 2022 bis einschließlich Juni 2023.
Mit Antrag vom 23. November 2022 hat die Antragstellerin ihren Antrag auf Zahlung laufenden Kindesunterhalts ab dem 1. Dezember 2022 erweitert, weil der Antragsgegner ab diesem Zeitpunkt 144 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds (Zahlbetrag 658,50 €) zahlen sollte. Obwohl dieser Antrag keinen Bezug mehr zur Verpflichtung aus der Jugendamtsurkunde vom 12. Mai 2022 enthielt, ist er nach verständiger Würdigung als Abänderungsantrag auszulegen. Die in der Urkunde vom 12. Mai 2022 enthaltene Verpflichtung zur Zahlung von 120 % des Mindestunterhalts in der dritten Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds entsprach einem Zahlbetrag von 530,50 €, 144 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergelds entsprachen 658,50 €. Daraus ergibt sich gemäß § 51 Abs. 1 FamGKG für den laufenden Unterhalt für die ersten zwölf Monate ab Dezember 2022 ein Wert von 1.536 € ((658,50 € - 530,50 €) x 12). Da allerdings nur der Mehrbetrag zum Wert des ursprünglichen Antrags zu berücksichtigen ist, der den Zeitraum von Juli 2022 bis einschließlich Juni 2023 umfasste, reduziert sich der Wert um den bereits vom Antrag vom 20. Mai 2022 erfassten Wert für den Zeitraum von Dezember 2022 bis Juni 2023 in Höhe von 301 € ((573,50 € - 530,50) € x 7). Es folgt für diese Antragserweiterung ein Wert von 1.235 €.
c.
Für den erweiterten Antrag auf Zahlung laufenden Trennungsunterhalts ab dem 1. Dezember 2022 in Höhe von 1.100 € ergibt sich gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ein Wert von 13.200 € (1.100 € x 12). Davon abzuziehen ist der bereits vom Antrag vom 1. April 2022 erfasste Wert für den Zeitraum von Dezember 2022 bis Juni 2023 in Höhe von 5.033 € (719 € x 7). Es folgt für diese Antragserweiterung ein Wert von 8.167 €.
d.
Die Antragserweiterung für den rückständigen Trennungsunterhalt ist mit 1.663,13 € (3.390 € - 1.726,87 €) anzusetzen.
e.
Daraus folgt für die gesamte Antragserweiterung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ein Wert von 11.065,13 €.
4.
Der sich aus den ursprünglichen Anträgen vom 1. April 2022 bzw. 20. Mai 2022 und der Antragserweiterung vom 23. November 2022 ergebende Verfahrenswert beträgt 22.381 € (11.315,87 € + 11.065,13 €).
III.
Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 59 Abs. 3 FamGKG nicht veranlasst.