Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 13.09.2017, Az.: 5 A 654/15

Ammoniak; Bioaerosole; biologische Vielfalt; Brandschutz; Brandschutzkonzept; Dokumentation; Drittschutz; Einvernehmen; Erschließung; Gemeinde; Geruchsbelastung; Klagebefugnis; Landschaftsbild; Landwirtschaft; multiresistente Keime; Ortsbild; Raumordnungsprogramm; Staubemissionen; Stickstoff; TA Luft; Umweltverträglichkeitsprüfung; Verkehrsbelastung; Vorprüfung; Vorranggebiet; Vorsorgegrundsatz; Wertverlust; Zielabweichungsverfahren

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
13.09.2017
Aktenzeichen
5 A 654/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53963
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Klagebefugnis folgt auch in Fällen, die in den Anwendungsbereich des UmwRG fallen, nicht schon aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG.
2. Mit dem BVerwG geht die Kammer davon aus, dass § 4 Abs. 3 UmwRG allein die Sachprüfung innerhalb eines (schon aus anderen Gründen) zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens betrifft.
3. Prüfungsmaßstab der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG a.F. sind allein die Schutzkriterien in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG.
4. Zur Frage des Drittschutzes im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens, im Hinblick auf § 201 BauGB und § 36 BauGB und hinsichtlich des Brandschutzkonzeptes.
5. Die Vermeidung von erhöhten Bioaerosolkonzentrationen ist den Vorsorgeanforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen und damit nicht drittschützend.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Milchviehanlage.

Am 2. Mai 2014 beantragte der Beigeladene nach § 4 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Milchviehstalles mit 592 Plätzen, zum Neubau eines Melkhauses mit Melkkarussell und Sozialräumen, eines Reprostalles, eines überdachten Verbindungsganges, einer Mistplatte, zur Aufstellung von 40 Kälberiglus und vier Futtermittelsilos sowie zum Neubau einer Fahrsiloanlage beim Beklagten. Der vorgesehene Standort befindet sich in der Gemarkung R. (Flur 23, Flurstücke 222/14, 158/12 und 13) im Landkreis A.. Im Regionalen Raumordnungsprogramm 1996 des Landkreises A. ist für dieses Gebiet ein Vorranggebiet zur Gewinnung von Rohstoffen (Ton) festgesetzt.

Den geplanten Betriebsablauf schilderte der Beigeladene in den Antragsunterlagen wie folgt: Im Reprostall würden die Milchkühe auf die Laktation vorbereitet. In diesem Stall würden die erstmals kalbenden Tiere sowie die älteren Kühe ab zwei Wochen vor dem Abkalben untergebracht. Nach der Geburt würden die Kälber in die Kälberiglus verbracht und die Kühe nach der Kolostralphase in die laktierende Herde eingegliedert. Die produzierte Milch werde bis zur zweitägigen Abholung durch den Milchsammeltankwagen gekühlt in einem Hochtank gelagert. Die weiblichen Kälber würden nach 14 Tagen an einen Aufzuchtbetrieb verkauft, die männlichen Kälber im Alter von 14 Tagen zur Mast. Auszusondernde Milchkühe würden über eine Viehhandlung vermarktet. Geplant sei, alle Färsen im Alter von 23 Monaten hochträchtig vom Aufzuchtbetrieb zurückzukaufen und zur Remontierung der Herde einzusetzen. Nach erfolgter Aufstockung des Bestandes sollen nicht zur Remontierung benötigte Färsen als Zuchtvieh vermarktet werden. Im Reprostall sowie für die Liegeboxen im Milchviehstall und für die Kälberiglus werde Stroh als Einstreu verwendet. Die benötigten Mengen würden zugekauft. Das Stroh werde in den Gebäuden auf der bestehenden Hofstelle (bei der Biogasanlage) gelagert. Gras für Silage werde auf eigenen Flächen erzeugt. Maissilage werde über die RWG Jade bezogen. Die Lagerung der Silagen erfolge auf der neuen Fahrsiloanlage. Das benötigte Kraftfutter werde zugekauft und angeliefert. Wasser werde über einen eigenen Brunnen sowie über die öffentliche Wasserversorgung bezogen und stehe den Tieren über Tränkewannen und Selbsttränkeschalen zur Verfügung. Elektrische Energie werde komplett über das öffentliche Netz bezogen. Die anfallende Wärme aus der Milchproduktion werde über eine Wärmerückgewinnung für das Wasser in den Sozialräumen, für Reinigungswasser, für die Melkanlage sowie für Wasser für die Kälberversorgung genutzt. Die anfallenden Exkremente (Kot und Harn) würden im Milchviehstall und im Reprostall regelmäßig über eine Faltschieberanlage zum jeweiligen Querkanal transportiert und im offenen Abwurf in den Güllequerkanal abgeworfen. In festgelegten Abständen werde die anfallende Gülle unterflur in die Biogasanlage gepumpt. Die Gülle werde in der betriebseigenen Biogasanlage als Rohstoff verwertet. Der anfallende Festmist aus den Abkalbeboxen im Reprostall und aus den Kälberiglus werde regelmäßig entfernt, auf der neuen Mistplatte zwischengelagert und ebenfalls der eigenen Biogasanlage als Input zugeführt. Auch das Reinigungswasser aus dem Melkzentrum werde den Güllebehältern zugeführt. Für das Abwasser aus den Sozialräumen sei die Entsorgung über die öffentliche Kanalisation vorgesehen. Verendete Tiere würden in einem speziellen Container bis zur Abholung gelagert. Für hausmüllähnliche Abfälle sei eine 240 Liter-Mülltonne eingeplant, deren Leerung in regelmäßigen Abständen über die Gemeinde R. geregelt sei. Das anfallende unverschmutzte Regenwasser von den Dachflächen solle über Versickerungsmulden dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zugeführt werden.

Im Hinblick auf die zu erwartenden Immissionen heißt es im Antrag, die vorgelegten Gutachten hätten ergeben, dass die Grenzwerte für Geruch und Staub an der umliegenden nichtlandwirtschaftlichen Wohnbebauung eingehalten würden. Die Vorsorgewerte für Ammoniak würden ebenfalls eingehalten. Die Ammoniakgesamtbelastung von 10 µ/m³ NH3 werde lediglich auf landwirtschaftlich genutzten Flächen überschritten. Möglicherweise stickstoffsensible Ökosysteme seien nicht betroffen. Laut der forstwirtschaftlichen Stellungnahme werde die N-Stickstoffdeposition aus der Anlage in die angrenzenden Waldflächen bis zu 18 kg/ha-1 a-1 betragen. Daher sei für eine Teilfläche eine Waldumwandlung erforderlich.

Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag kommt zu dem Ergebnis, dass durch das Vorhaben eine Habitatfläche von ca. 26.650 m² (Ackerfläche) betroffen sein werde. Da der Biotoptyp „Acker“ im Umfeld des Betriebes häufig vorkomme, werde sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtern, da ausreichend gleichartige Ausweichflächen vorhanden seien. Es werde nicht in Gehölzbestände eingegriffen.

Im Hinblick auf die Eingriffe in Natur und Landschaft heißt es, die Abarbeitung der landschaftspflegerischen Belange bzw. der Kompensationsmaßnahmen zum Bauvorhaben erfolge im Landschaftspflegerischen Fachbeitrag.

Bezüglich der Angaben zur Prüfung der Umweltverträglichkeit verweisen die Antragsunterlagen auf eine Prüfung der UVP-Pflicht vom 7. Februar 2014, die Teil der Antragsunterlagen ist.

Dem Antrag war das „Gutachten zum Neubau einer Milchviehanlage“ vom Ingenieurbüro Prof. Dr. O. (Gutachten 13.317 a) vom 10. April 2014 (im Folgenden: Gutachten O.) beigefügt. In diesem Gutachten wurden die Geruchs-, Staub- und Ammoniakimmissionen sowie die Stickstoffdeposition untersucht.

Westlich des geplanten Standortes befindet sich bereits eine Biogasanlage des Beigeladenen. Im weiteren Umfeld befinden sich zudem „nichtlandwirtschaftliche Wohnhäuser“ und weitere landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung sowie eine Kläranlage der Gemeinde R.. Das Umfeld ist durch landwirtschaftliche Nutzflächen (Grünland- und Ackerflächen) und Waldflächen geprägt.

Im Laufe der Bearbeitung des Antrags durch den Beklagten wurde zunächst die ursprünglich geplante Errichtung eines Güllebehälters gestrichen und zum anderen verzichtete der Beigeladene auf die Errichtung eines eigenen Brunnens und wollte die Wasserversorgung ausschließlich über die öffentliche Trinkwasserversorgung sicherstellen.

Im Rahmen der Prüfung kam der Beklagte zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht durchzuführen. Dieses Ergebnis wurde in der Nordwest-Zeitung und im Amtsblatt des Beklagten bekannt gegeben.

Die Gemeinde R. erteilte mit Schreiben vom 9. Juli 2014 gemäß § 36 BauGB unter Bedingungen ihr Einvernehmen.

Mit Bescheid vom 9. September 2014 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen auf der Grundlage der §§ 4 Abs. 1 und 19 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 1 und 2 der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) und Nr. 7.1.11.3 des Anhangs zu dieser Verordnung sowie des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) i.V.m. Nr. 7.11.3 Spalte 2 des Anhangs zum UVPG die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Milchviehstalles mit 592 Plätzen, zum Neubau eines Melkhauses mit Melkkarussell und Sozialräumen, eines Reprostalles, eines überdachten Verbindungsganges und einer Mistplatte, zur Aufstellung von 40 Kälberiglus und vier Futtermittelsilos sowie zum Neubau einer Fahrsiloanlage.

Zur Begründung führte der Beklagte aus, es handele sich um eine genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne der §§ 4 und 10 BImSchG i.V.m. Nr. 7.1.11.3 der 4. BImSchV. Durch die Errichtung des Kuhstalles mit 592 Tierplätzen und 40 Kälberiglus umfasse die Tierhaltungsanlage nunmehr 632 Tierplätze. Da die unter Nr. 7.1.5 genannte Platzzahl (600 Kühe und mehr) mit 592 beantragten Kühen nicht erreicht werde und auch die unter Nr. 7.1.6 genannte Platzzahl (500 Kälber und mehr) mit beantragten 40 Kälbern nicht erreicht werde, aber gleichzeitig die Summe der Von-Hundert-Anteile addiert über dem Wert 100 liege, sei das Vorhaben der Nr. 7.1.11.3 zuzuordnen. Das habe zur Folge, dass für das Vorhaben ein vereinfachtes Verfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen gewesen sei. Gemäß § 10 Abs. 5 BImSchG seien die Gemeinde R., die Untere Naturschutzbehörde, die Untere Wasserbehörde, das Gesundheitsamt, das Veterinäramt, das Straßenverkehrsamt sowie die Landwirtschaftskammer Niedersachsen zu dem Vorhaben gehört worden, weil deren jeweiligen Aufgabenbereiche hierdurch berührt würden. Die vorgenannten Dienststellen hätten nach eingehender Prüfung gegen die Durchführung der Maßnahme keine Bedenken erhoben. Die von den beteiligten Fachbehörden geforderten Nebenbestimmungen seien Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Darüber hinaus werde festgestellt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG erfüllt seien. Die Gemeinde R. habe mit Schreiben vom 9. Juli 2014 das Einvernehmen gemäß § 36 BauGB erteilt. Das Vorhaben sei durch die Untere Naturschutzbehörde einer Vorprüfung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Im Ergebnis sei festzustellen, dass nach Maßgabe der anzuwendenden Kriterien der Anlage 2 zu § 2 UVPG keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen sei. Das Ergebnis der Vorprüfung sei im Amtsblatt für den Landkreis A. vom 11. Juli 2014 und in der Nordwest-Zeitung vom 3. Juli 2014 bekanntgemacht worden.

Nach Art und Bewirtschaftung und unter Berücksichtigung der dem Antrag zugrundliegenden Flächennachweise handele es sich beim Betrieb des Beigeladenen um einen privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB. Der Betrieb könne in der Plan-Situation sowohl das gemäß § 201 BauGB für die beantragte Tierhaltung erforderliche Futter als auch die zum Betrieb der an den Standorten in W. und K. vorhandenen Biogasanlagen erforderliche Biomasse zu über 51 % bei betrieblicher Änderung der Substratinputmengen ohne Beteiligung von weiteren in der Nähe liegenden landwirtschaftlichen Betrieben selbst erzeugen. Etwa 80 % der von dem Betrieb gemäß § 201 BauGB benötigten Futterfläche stünden im Eigentum des Beigeladenen.

Im Hinblick auf die gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen wird im Bescheid weiter ausgeführt: Die in der NBauO enthaltenen Bestimmungen über die brandschutzrechtliche Beurteilung des Vorhabens würden eingehalten. Die über die NBauO hinausgehenden Anforderungen würden in der eingeholten brandschutztechnischen Stellungnahme aufgeführt. Der Brandschutzprüfer komme insgesamt zu dem Ergebnis, dass mit den dort genannten Nebenbestimmungen insbesondere die Anforderungen aus § 14 NBauO sichergestellt würden.

Die Frage der Raumbedeutsamkeit des Vorhabens sei wegen der Festlegung des Betriebsstandortes im noch bis Juni 2017 geltenden Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP 96) als Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung (Ton) in Folge der mit dem Landesraumordnungsprogramm (LROP 2002) vom Land aufgegebenen Regelung des LROP 1994 anhand von Faktoren zu prüfen gewesen, die Auswirkungen auf den Raum und damit Raumbedeutsamkeit signalisieren könnten. Sowohl die summarische Betrachtung der betriebsbedingten Erhöhung der Verkehre als auch das Ergebnis der Ausbreitungsberechnung für Gerüche als wesentliche Parameter für Erkenntnisse zur Raumbedeutsamkeit bei privilegierten landwirtschaftlichen Vorhaben habe deutlich gemacht, dass das Vorhaben nicht raumbedeutsam sein könne und damit die Ziele der Raumordnung nicht gegen das gesetzlich privilegierte Vorhaben sprechen könnten.

Hinsichtlich der zu erwartenden Geruchsbelastung wird im Bescheid ausgeführt, dass diese auf der Grundlage der GIRL ermittelt worden sei. Die gutachtlichen Geruchsausbreitungsberechnungen kämen zu dem Ergebnis, dass der Grenzwert der Zumutbarkeit für Wohngebäude im Außenbereich von maximal 25 % der Jahresstunden im Wesentlichen nur im direkten Umfeld des Vorhabens (30 bis 35 m um das Stallgebäude herum) überschritten werde und für kein einziges Wohnhaus in der näheren Umgebung überhaupt Werte von 15 % der Jahresstunden oder mehr haben nachgewiesen werden können.

An der nächstgelegenen Wohnbebauung im allgemeinen Wohngebiet (WA) werde unter Berücksichtigung der Vorbelastung und der zu erwartenden Zusatzbelastung durch die beantragte Baumaßnahme die maximal zulässige Geruchshäufigkeit von 10 % der Jahresstunden nicht erreicht.

Im Hinblick auf die Ammoniakemissionen heißt es, im vorliegenden Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sei festgestellt worden, dass auf der nördlich der K. Straße liegenden Teilfläche zur Größe von 1.600 m² eine erhebliche Beeinträchtigung des Waldes durch die Überschreitung der Stickstoffdeposition nicht auszuschließen sei. Für die betroffene Waldfläche sei eine Umwandlungsgenehmigung von Seiten der Unteren Forstbehörde mit der Auflage erteilt worden, dass der Gehölzbestand auf der Fläche erhalten werde und die Beeinträchtigungen des Waldes auf dem Flurstück 173/38 der Flur 24 durch eine Ersatzaufforstung in gleicher Größe ausgeglichen werde. Sowohl die beeinträchtigte Fläche als auch die Ersatzaufforstungsfläche stünden im Eigentum des Beigeladenen, so dass keine anderen Eigentümer hierdurch belastet würden.

Im Hinblick auf den Artenschutz und die Landschaftspflege heißt es im Bescheid, die von dem Stallgebäude beanspruchten Grundflächen würden zurzeit als Acker genutzt. Auf dem Grundstück seien keine besonders geschützten Tierarten vorhanden. Die Verbotstatbestände gemäß §§ 44 ff. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) seien durch das Vorhaben nicht betroffen. Es werde eine Fläche von 25.773,34 m² überbaut und versiegelt. An der östlichen Seite des Milchviehstalles sei auf einer Breite von mindestens fünf Metern bis zu zehn Metern Breite eine flächige Anpflanzung mit standortheimischen Gehölzen, dahinter parallel zum Silolagerplatz eine Baumreihe mit standortheimischen Gehölzen vorgesehen. Die Anpflanzungsflächen dienten der Eingrünung und Einbindung des Vorhabens in die Landschaft. Die Bepflanzungsmaßnahmen seien Teil dieser Genehmigung.

Bezüglich der Stickstoffdeposition wurde ausgeführt, im Immissionsgutachten werde eine maximale Stickstoffdeposition von 180 g/ha/a für das südlich gelegene FFH-Gebiet „E., E.“ prognostiziert. Für Eichen-Hainbuchenwälder mit mittlerer Stickstoffempfindlichkeit ergebe sich damit eine Unterschreitung der Irrelevanz bzw. Bagatellschwelle. Die Auswirkungen der Stickstoffdeposition auf die Biotope und das FFH-Gebiet seien im Gutachten O. berechnet worden. Der Stickstoffeintrag am FFH-Gebiet liege unterhalb der Bagatellschwelle und bei dem besonders geschützten Biotop im Bereich der Fischteiche handele es sich um ein ohnehin nährstoffreiches Gewässer und bedürfe daher keiner weiteren Betrachtung.

Die gutachtlich ermittelte, betriebsbedingte Erhöhung der Verkehrsbelastung auf der K. Straße (Kreisstraße …) von heute ca. 1.700 Kfz/Tag im ungünstigsten Fall der Erntezeit um ca. 20 Lkw- und 22 Pkw-Bewegungen/Tag führe zu keiner übermäßigen Belastung der Kreisstraße. Des Weiteren würden die Verkehre Richtung D. über die neu zu errichtende Zufahrt in Höhe der Maschinenhalle geleitet. Für das Befahren der gewichtsbeschränkten Kreisstraße … liege eine Ausnahmegenehmigung des Straßenbaulastträgers vor.

Die Abluft aus dem Stallgebäude werde über eine Trauf-Fürst-Lüftung abgeführt. Hierbei handele es sich um eine diffuse Quelle. Gehe man von einer Staubfracht von 0,6 Kilogramm je Tierplatz und Jahr aus, ergebe sich eine Staubfracht von 0,0405 kg/h. Somit würden die Anforderungen nach Ziffer 4.6.1.1 b TA Luft eingehalten, da der Bagatellmassenstrom für Staub aus diffusen Quellen von 0,1 kg/h weit unterschritten werde. An den nächstgelegenen Wohnhäusern würden gemäß der Ausbreitungsberechnung eine Zusatzbelastung durch Feinstaub der Fraktion PM10 durchgängig Werte von 0,0 µg/³ erreicht. Dieser Wert liege weit unter den zulässigen 1,2 µg/³ (Irrelevanzwert für Schwebstaub). Der Grenzwert für Gesamtstaub werde lediglich in unmittelbarer Nähe der Stallgebäude überschritten. An den nächstgelegenen betriebsfremden Wohnhäusern werde mit prognostizierten 0,2 mg/m² pro Tag der Irrelevanzwert von 10,5 mg/m² sicher eingehalten.

Hinsichtlich einer Belastung durch Keime sei kein Gutachten erstellt worden, da es hierzu keine gesicherten Erkenntnisse gebe. Da Keime aus Tierställen staubgebunden verbreitet würden, sei eine Belastung der Nachbarschaft aufgrund der vorgenannten Berechnungen auszuschließen.

Entgegen der ursprünglichen Planung werde kein Grundwasser zu Tränkezwecken entnommen. Die Viehtränke erfolge über die öffentliche Wasserversorgung durch den OOWV.

Danach ergebe sich, dass dem Vorhaben keine Bedenken, insbesondere unter gesundheitsrechtlichen, tierschutzrechtlichen und raumplanerischen Aspekten, entgegenstünden. Darüber hinaus werde festgestellt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG erfüllt seien. Insbesondere seien nach den Berechnungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Abstandsforderungen gemäß der TA Luft sowie der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) eingehalten. Nach Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen sei die Genehmigung - wie beantragt - zu erteilen gewesen.

Gegen den Genehmigungsbescheid vom 9. September 2014 legten unter anderem die Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, der Bauantrag des Beigeladenen mit der Beschreibung des Betriebsablaufs sei überholt und nicht mehr zutreffend. Wasser werde nicht mehr über einen eigenen Brunnen sowie über die öffentliche Wasserversorgung bezogen, sondern über den OOWV. Ein Bezugsvertrag sei bisher nicht vorgelegt worden. Die Einvernehmenserklärung der Gemeinde R. sei fehlerhaft und rechtswidrig, weil sie nicht unbedingt ausgesprochen worden sei. Angesichts des gewaltigen Volumens des Bauvorhabens und seiner Auswirkungen sei die gewählte Verfahrensart im vereinfachten Verfahren nach §§ 4, 19 BImSchG i.V.m. Nr. 7.1.11.3 Anhang 1 der 4. BImSchV nicht zu vertreten. Das Ergebnis der Vorprüfung, dass eine UVP nicht erfolgen müsse, sei falsch. Es bestünden Bedenken gegen die Anwendung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, da nicht von einem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern eher von einem industriell betriebenen Unternehmen gesprochen werden müsse. Das Bauvorhaben widerspreche dem Regionalen Raumordnungsprogramm 1996, das ein Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung (Ton) festlege. Ein öffentliches Zielabweichungsverfahren sei erforderlich. Die Verkehrssituation rund um das Bauvorhaben bleibe unsicher. Das Brandschutzkonzept sei genauer zu überprüfen. Im Hinblick auf das Gutachten O. sei festzustellen, dass es vom Beigeladenen vorgelegt worden sei. Es handele sich also nicht um ein behördliches und neutrales Gutachten. Das Gutachten überzeuge schließlich auch in der Sache nicht.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 22. Dezember 2014 wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Sie seien zulässig, aber unbegründet, da die immissionsschutzrechtliche Genehmigung formell und materiell rechtmäßig ergangen sei. Die Genehmigung habe erteilt werden müssen, da alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt seien. Insbesondere sei der Schutz der Nachbarschaft sichergestellt. Als Drittbetroffene könnten sich die Kläger lediglich auf die Verletzung von Vorschriften berufen, die drittschützenden Charakter hätten. Als eine solche Vorschrift komme § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Betracht.

Gemäß Nr. 7.1.11.3 des Anhangs 1 der 4. BImSchV gehöre die genehmigte Anlage zu den genehmigungsbedürftigen Anlagen. Die Bestandsgrenzen für die Durchführung eines Verfahrens nach dieser Vorschrift würden nur knapp erreicht. Gemäß § 2 4. BImSchV sei für eine solche Anlage ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG durchzuführen. § 10 BImSchG sei nur anwendbar für Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Nur auf Antrag des Vorhabenträgers - dieser habe nicht vorgelegen - könne eine Genehmigung abweichend davon nicht in einem vereinfachten Verfahren erteilt werden.

Laut Nr. 7.11.3 der Anlage 1 der Liste der „UVP-pflichtigen Vorhaben“ zum UVPG sei nur eine standortbezogene Vorprüfung vorzunehmen gewesen. Im Gutachten O. sei eine allgemeine Vorprüfung zum UVPG vorgenommen und somit ein höherer Untersuchungsmaßstab als erforderlich angelegt worden. Die durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls habe jedoch eindeutig ergeben, dass schwerwiegende, dauerhafte oder irreversible Auswirkungen der Anlage auf die Umwelt nicht zu erwarten seien und Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen werden könnten. Auch sei die Vorprüfung des Standortes durch die Fachbehörden und die Genehmigungsbehörde selbstständig vollzogen worden. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert und zulässig. Insbesondere handele es sich um Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB. Die Landwirtschaftskammer sei nochmals im Widerspruchsverfahren zu den von den Klägern vorgebrachten Kritikpunkten beteiligt worden und habe nach erneuter Prüfung der Flächennachweise in einer weiteren Stellungnahme vom 16. Dezember 2014 unter anderem festgestellt, dass der Beigeladene zwischenzeitlich weitere 52,31 ha LF langfristig gepachtet habe. Somit bewirtschafte er derzeit insgesamt sogar 508 ha LF.

Im Hinblick auf die Einwendungen der Kläger wurde ergänzend ausgeführt:

Der geplante Güllebehälter sei in Gärrestbehälter umbenannt worden. Sowohl die technische Ausführung als auch der geplante Standort auf der betriebseigenen Biogasanlage seien beibehalten worden. Es handele sich lediglich um die Änderung des „terminus technicus“. Der Güllebehälter, der ursprünglich Bestandteil der Antragsunterlagen gewesen sei, sei somit nicht Bestandteil der Genehmigung. Die Gülle aus der Stallanlage werde direkt in den Fermenter der bestehenden Biogasanlage geleitet. Aufgrund der zu erwartenden einzuleitenden Güllemenge sei die Schaffung von zusätzlicher Lagerkapazität in Form des Gärrestbehälters notwendig geworden. Für die Erteilung der Genehmigung sei es völlig unerheblich gewesen, ob der Lagerbehälter direkt im Zusammenhang mit der Stallanlage genehmigt und errichtet werde oder ob die Lagerkapazität nach Veredelung durch die Biogasanlage in Form eines Gärrestbehälters vorgehalten werde. Zwischenzeitlich habe das Genehmigungsverfahren für den Gärrestbehälter am Standort der Biogasanlage abgeschlossen werden können. Die Genehmigung datiere vom 15. Dezember 2014.

Nicht nachvollzogen werden könne die von den Klägern vorgelegte Havarievolumenberechnung. Der Untergrund bestehe aus Lehmboden, so dass eine Versickerung und somit eine Verunreinigung des Grundwassers nicht zu erwarten seien.

Der Güllequerkanal befinde sich innerhalb des Stallgebäudes und sei dementsprechend nicht weiter untersucht worden. Aus der Tabelle 2 des Gutachten O. gehe hervor, dass auch die Mistplatte begutachtet worden sei.

Die Lüftung des Stalles erfolge über die offenen Seiten des Gebäudes und über den Fürst. Das sei ausreichend. Filter seien in Kuhställen kein Stand der Technik. Zur Keimbelastung hätten im Übrigen keine Aussagen getroffen werden müssen, da es sich nicht um Geflügel- oder Schweineställe handele.

Es sei unzutreffend, dass die Einvernehmenserklärung der Gemeinde R. fehlerhaft und rechtswidrig sei, weil sie nicht unbedingt ausgesprochen worden sei. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass die Erklärung des Einvernehmens mit Nebenbestimmungen versehen werden könne, und zwar z.B. derart, dass bestimmte, in der Einvernehmenserklärung festgelegte Maßgaben vorgenommen würden. Außerdem handele es sich bei der Einvernehmenserteilung nicht um einen nach außen wirkenden Verwaltungsakt. Die Formulierung der Nebenbestimmungen bleibe der Genehmigungsbehörde vorbehalten.

Der Beigeladene betreibe an seinem Standort in K. bisher keine Tierhaltung. Tierhaltung werde an seinem Standort in W. betrieben. Die Betriebe, die sich in der Nachbarschaft zum genehmigten Vorhaben befänden, seien berücksichtigt worden. Im Hinblick auf die von den Klägern gerügte Differenz von fünf Pferdeplätzen sei festzustellen, dass diese Differenz so marginal sei, dass sie vernachlässigt werden könne.

Bei der Zufahrt zum Grundstück K. Straße … handele es sich um eine reine Hauszufahrt. Die Ausnahmegenehmigung gemäß § 24 Abs. 7 NStrG beinhalte auch eine Nebenbestimmung, wonach die alte bestandsgeschützte Zufahrt zum Wohngebäude ausschließlich auch nur zur Erschließung des Wohnhauses genutzt werden dürfe. Zu den von den Klägern genannten Fahrzeugverkehren könne ausgeführt werden, dass erhöhte Frequenzen in den Erntemonaten Mai, Juni sowie August bis Oktober aufträten. Diese Zahlen führten jedoch nicht zu einer ausschlaggebenden Erhöhung der Verkehrszahlen über den zu betrachtenden Jahreszeitraum. Die Verkehrszählung der Gemeinde R. weise für den Bereich Messort … mit abfahrenden Fahrzeugen Richtung Gaststätte „…“ für die Auswertezeit 31. März 2014 bis 3. April 2014 eine Anzahl von total 6.779 Fahrzeugen aus.

Das Gutachten O. habe eindeutig ergeben, dass an allen betrachteten Immissionsorten, die sich zum Teil in Außenbereichslage befänden, aber auch in den allgemeinen Wohngebieten, die anzusetzenden Grenzwerte für Geruch auch nach Durchführung des Vorhabens eingehalten würden. Das gelte sogar an dem am nächsten liegenden Gebäude, an dem auch unter Berücksichtigung der vorherrschenden Windrichtung eine Geruchshäufigkeit von 14,8 % der Jahresstunden prognostiziert werde. Es handele sich hierbei um den Immissionspunkt 19 der Tabelle 5 des Gutachtens. Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei dieser Berechnung auch die vorhandene Biogasanlage des Beigeladenen sowie die nachbarlichen Betriebe ebenso wie die Kläranlage der Gemeinde R. volle Berücksichtigung bei der Ermittlung der Vorbelastung gefunden hätten.

Nach dem angeführten Gutachten würden die anzusetzenden Grenzwerte für Staub im Hinblick auf die angrenzende Nachbarschaft deutlich eingehalten. Dasselbe gelte für die Vorsorgewerte nach der TA Luft für Ammoniak. Die Gemeinde R. habe eine Überprüfung auf Plausibilität der zum Antrag vorgelegten Immissionsgutachten durch das Ingenieurbüro Zech in Auftrag gegeben. Die Zech Ingenieurgesellschaft mbH als benannte Messstelle nach § 26 BImSchG für Geräusche, Gerüche, Erschütterungen und Luftinhaltsstoffe und Schallschutzprüfstelle für Güteprüfung gemäß DIN 4109 habe eindeutig festgestellt, dass die gewählten Ansätze im Wesentlichen den zu verwendenden Regelwerken entsprächen, so dass keine relevanten Änderungen der Ergebnisse der Ausbreitungsberechnungen zu erwarten seien.

Da keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die genehmigte Anlage schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorrufe, sei die Genehmigung zu erteilen gewesen. Die Ausnahmegenehmigung nach § 24 Abs. 7 NStrG sei separat erteilt worden.

Die Kläger haben am 28. Januar 2015 Klage erhoben. Sie machen im Wesentlichen geltend: Sie hätten Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung, da diese rechtswidrig sei und sie in ihren Rechten verletze. Sie seien klagebefugt. Er - der Kläger zu 1. - wohne in der W. und damit in einem reinen Wohngebiet. Sein Wohnhaus sei nur ca. 500 m vom streitbefangenen Vorhaben entfernt. Die Entfernung zu dem Güllebehälter bzw. Gärstoffrestbehälter betrage nur 360 m, zu der bereits von dem Beigeladenen betriebenen Biogasanlage nur 400 m. Er - der Kläger zu 2. - wohne in der Z., für die der Bebauungsplan der Gemeinde R. ein allgemeines Wohngebiet festsetze. Auch er wohne nur ca. 400 m vom streitbefangenen Vorhaben entfernt. Er - der Kläger zu 3. - wohne in der M.. Sein Grundstück befinde sich ca. 700 m von dem Vorhaben entfernt. Somit befänden sie sich in unmittelbarer Umgebung zum streitbefangenen Vorhaben und seien von dort ausgehenden Immissionen betroffen. Sie könnten sich daher auf § 5 Abs. 1 BImSchG berufen. Diese Vorschrift sei drittschützend. Sie könnten sich zudem auf eine Verletzung des nachbarlichen Gebots der Rücksichtnahme berufen. Der Nachbarbegriff sei im Bereich des Umweltrechts, insbesondere im Immissionsschutzrecht, weiter als in dem durch die Grundstücksbezogenheit der Regelungen charakterisierten Baurecht. So sei für den Nachbarbegriff in Verbindung mit dem BImSchG ein räumlicher Bezug zu den Anlagen erforderlich. Dieser räumliche Bezug lasse sich allerdings nicht abstrakt bestimmen, sondern hänge im Wesentlichen von der Art der Immissionen ab.

Sie seien erheblichen Immissionen, die von dem Vorhaben ausgingen, ausgesetzt. Dies gelte nicht nur für Geruchs-, Staub- und Ammoniakimmissionen, sondern auch für den durch das Vorhaben ausgelösten erhöhten Straßenverkehr und den damit verbundenen erheblichen Belästigungen wie Lärm und Abgasen. Daneben seien sicherheitsrelevante Fragen des Brand- und Katastrophenschutzes nach wie vor ungeklärt. Auch davon seien sie in erheblichem Maße betroffen. Im Übrigen stehe ihnen nach § 4 Abs. 1 und 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) ein Klagerecht zu. Die UVP-Vorprüfung sei fehlerhaft erfolgt und eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Allein schon deshalb hätten sie Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung. Sie seien daher hinsichtlich § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG klagebefugt, ohne dass sie sich insoweit auf die Geltendmachung einer drittschützenden Norm berufen müssten. Sie könnten sich auf die Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfung bzw. die Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung berufen.

Da das streitbefangene Vorhaben nach Art, Ausmaß und Dauer der von ihm hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen erhebliche Nachteile und Belästigungen für die Nachbarschaft bedeute, habe der Beklagte nicht das vereinfachte Verfahren nach §§ 4 und 19 BImSchG wählen dürfen.

Das Gutachten O. sei fehlerhaft. Die Berechnungsgrundlagen seien nicht nachvollziehbar. Folglich drohe auch hier eine Verletzung ihrer Rechte aus § 5 Abs. 1 BImSchG. Sie hegten zudem Zweifel an der Vorgehensweise des Beklagten hinsichtlich des Güllebehälters. Dieser sollte ursprünglich im Rahmen des Vorhabens mit errichtet werden. Der Beigeladene habe insoweit seinen Antrag umgestellt. Statt eines Güllebehälters werde nun die Erlaubnis zur Errichtung eines Gärrestbehälters in einem gesonderten Verfahren beantragt. Die bestehende Vorbelastung in der Umgebung des streitbefangenen Vorhabens sei nicht zutreffend im Rahmen der Immissionsprüfung berücksichtig worden.

Fehlerhaft sei die Annahme des Beklagten, die Voraussetzungen von § 201 BauGB lägen vor. Dazu sei anzumerken, dass die 592 Kühe und mindestens 40 Kälber über das ganze Jahr ohne Weidegang im Stall gehalten werden sollen. Es fehle daher bereits an den Merkmalen der unmittelbaren Bodenertragsnutzung und der eigenverantwortlichen Bodenbewirtschaftung. Die vom Beigeladenen angestrebte Tierhaltung falle nur dann unter die landwirtschaftliche Privilegierung, wenn die Tiere überwiegend durch Futter ernährt würden, das auf den zum Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne. Zwar habe die Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 bestätigt, dass es sich bei dem Vorhaben um einen landwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB handele. Die Stellungnahme sei aber nicht schlüssig und lasse weitere Fragen offen.

Das Vorhaben sei von einer übergeordneten Größe, wie sich auch aus den Antragsunterlagen ergebe. Es handele sich um eine prägende bauliche Anlage der Umgebung. Eine ähnliche Anlage in dieser Größenordnung finde sich nicht in der Gemarkung bzw. in der Gemeinde R., weshalb die Anlage bereits deshalb prägend sei. Das Bild des nordöstlichen Ortseingangs der Gemeinde R. werde bisher durch die räumliche Weite der Äcker und Weiden geprägt. Es werde durch das streitbefangene Vorhaben von 13 m Höhe wesentlich verändert und stehe damit dem Erhaltungs- und Erholungsanspruch des Gebietes entgegen. Die Veränderung schade auch dem am Tourismus orientierten Image des am Geestrand gelegenen Ortes und führe zu einer unwiederbringlichen Zerstörung des Landschaftsbildes. Die Raumbedeutsamkeit des Vorhabens und seine (unschöne) Prägung auf das Landschaftsbild führten auch dazu, dass ihre Grundstücke eine erhebliche Wertminderung erlitten.

Wie sich aus den vorgelegten Gutachten ergebe, gingen von dem Vorhaben auch erhebliche Immissionen aus und zwar über den Nahbereich des Vorhabens hinaus. Die Immissionen seien derart erheblich, dass die Umwandlung einer Waldfläche erforderlich sei. Das Vorhaben widerspreche daher in erheblichem Maße den Festlegungen im Regionalen Raumordnungsprogramm, so dass der Beklagte ein Zielabweichungsverfahren hätte durchführen müssen. Der Beklagte habe hiervon fälschlicherweise abgesehen, da er der Auffassung sei, das Vorhaben habe keine raumbedeutsamen Auswirkungen.

Des Weiteren seien sie durch das erhöhte Verkehrsaufkommen, welches mit dem Vorhaben verbunden sei, erheblichen Immissionen in Form von Lärm und Abgasen ausgesetzt. Die gemäß der streitbefangenen Genehmigung neu zu errichtenden Zufahrten brächten den Verkehr noch dichter an das Wohngebiet W. und Z. heran. Die Einfahrts- und Ausfahrtswege im Verhältnis zum Radweg in der K. Straße seien nicht sicher.

Das Brandschutzkonzept sei nicht in allen Teilen nachvollziehbar. Der Beklagte habe auch im Widerspruchsbescheid keine Aussagen zu den von ihnen aufgezeigten Mängeln getroffen. Dabei sei auch ein ausreichendes Brandschutzkonzept zwingend notwendig, um eine Genehmigung zu erhalten. Sie könnten sich auf die aufgeführten Sicherheitsmängel im Brandschutz berufen, da Brandschutzvorschriften drittschützend seien. Hier seien die Brandgefahr und die damit verbundenen Folgen für die Wohnumgebung besonders erheblich, da es sich um sensible Bereiche handele, die schnell entflammen könnten.

Ihnen sei auch daran gelegen, auf die Gefahr von multiresistenten Keimen hinzuweisen, die gerade auch durch Betriebe der hier streitgegenständlichen Art verbreitet würden. Auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht habe auf die schädliche Umwelteinwirkung von Bioaerosolen hingewiesen und aufgrund der Vorsorgepflicht des Staates den Schutz der Allgemeinheit gefordert.

Die Kläger beantragen,

die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 9. September 2014 zum Neubau eines Milchviehstalles mit 592 Plätzen, Neubau eines Melkhauses mit Melkkarussell und Sozialräumen, Neubau eines Reprostalles, Neubau eines überdachten Verbindungsganges, Neubau einer Mistplatte, Aufstellung von 40 Kälberiglus, Neubau einer Fahrsiloanlage sowie Neubau von vier Futtermittelsilos auf dem Grundstück K. Straße, R., Flurstücke 13, 158/12 und 222/14, Flur 23, Gemarkung R., und die an sie gerichteten Widerspruchsbescheide vom 22. Dezember 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf seine Ausführungen in den an die Kläger gerichteten Widerspruchsbescheiden vom 22. Dezember 2014 und tritt ihren Ausführungen im Einzelnen entgegen.

Der Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage im Hinblick auf den Kläger zu 3. für unzulässig, in jedem Fall aber für unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.). Die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 9. September 2014 verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Kläger nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Nach dieser Regelung ist es erforderlich, dass die Kläger geltend machen, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Legt - wie hier - ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen eine einen anderen begünstigende behördliche Entscheidung ein, muss der Dritte geltend machen, in drittschützenden Rechten verletzt zu sein. Es muss die Verletzung von Rechtssätzen möglich erscheinen, die (abstrakt) auch dem Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der Lage der Kläger dieses Verfahrens befinden (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 42 Rn. 66). § 42 Abs. 2 VwGO verlangt dabei nicht das Vorliegen der geltend gemachten Rechtsverletzung. Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist bereits dann gegeben, wenn auf der Grundlage des Klagevorbringens die Möglichkeit der von ihnen behaupteten Rechtsverletzung besteht. Nur wenn offensichtlich und eindeutig subjektive Rechte nicht verletzt sein können, wird die Klagebefugnis verneint (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 6 C 36.11 -, juris Rn. 17 sowie Beschluss vom 21. Januar 1993 - 4 B 206.92 -, juris Rn. 7).

1. Vorliegend könnten § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und das dem öffentlichen Baurecht entnommene Gebot der Rücksichtnahme verletzt sein. Beide Normen haben drittschützende Wirkung (vgl. beispielsweise OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2016 - 2 L 98/13 -, juris Rn. 51 sowie Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 L 84/14 -, juris Rn. 118). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schutz vor Immissionen im Bauplanungsrecht über das Gebot der Rücksichtnahme kein anderer ist und nicht geringer ausfällt als der Schutz vor Immissionen nach dem BImSchG (BVerwG, Urteil vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 -, juris Rn. 19 und Urteil vom 30. September 1983 - 4 C 74.78 -, juris Rn. 11).

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Schädliche Umwelteinwirkungen in diesem Sinne sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Die Kläger befürchten aufgrund der räumlichen Nähe - nach ihren Angaben wohnen sie zwischen ca. 400 m und 700 m von der mit Bescheid vom 9. September 2014 genehmigten Anlage entfernt - insbesondere eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Geruch, Ammoniak/Stickstoff, Feinstaub, Keime und Verkehrslärm. Im Hinblick auf diese Immissionen ist eine erhebliche Beeinträchtigung jedenfalls nicht von vornherein und offensichtlich zu verneinen, weshalb die Klagebefugnis für alle Kläger zu bejahen ist.

Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass die Entfernungsangaben der Kläger von den Berechnungen des Beklagten in der Weise abweichen, dass der Beklagte durchgehend höhere Entfernungen zwischen den Grundstücken der Kläger und der geplanten Tierhaltungsanlage annimmt. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50.78 -, juris Rn. 12) ist davon auszugehen, dass die „Nachbarschaft“ im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ein qualifiziertes Betroffensein kennzeichnet, das sich deutlich abhebt von den Auswirkungen, die den Einzelnen als Teil der Allgemeinheit betreffen können. Sie setzt ein besonderes Verhältnis zur Anlage im Sinne einer engeren räumlichen und zeitlichen Beziehung des Bürgers zum Genehmigungsgegenstand voraus. Eine solche Beziehung kann vermittelt werden durch Rechte an einer Sache oder einer Sachgesamtheit (beispielsweise an einem Grundstück), die derart im Einwirkungsbereich der Anlage belegen sind, dass sie durch diese in einer von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG missbilligten Weise betroffen sein können (so auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. November 2016 - 12 ME 131/16 -, juris Rn. 15).

Ungeachtet der unterschiedlich errechneten Entfernungen zwischen dem jeweiligem Wohnort und dem geplanten Standort der genehmigten Anlage ist nach Auffassung der Kammer angesichts des dargestellten Maßstabs jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass auch das Grundstück des Klägers zu 3. noch im Einwirkungsbereich der Anlage belegen ist.

2. Die Kammer folgt nicht der Rechtsprechung des OVG Münster (vgl. Beschluss vom 18. Dezember 2015 - 8 B 400/15 -, juris Rn. 10 und Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris Rn. 44 ff.), wonach die Klagebefugnis in Fällen, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) fallen, bereits aus § 4 Abs. 3, Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 3a Satz 4 UVPG a. F. (jetzt: § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG) im Lichte der UVP-Richtlinie und des Art. 9 Abs. 2 Aarhus - Konvention folgt. Vielmehr geht die Kammer mit dem Bundesverwaltungsgericht  (Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, juris Rn. 20 und Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, juris Rn. 10) davon aus, dass § 4 Abs. 3 UmwRG allein die Sachprüfung innerhalb eines (schon aus anderen Gründen) zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens betrifft.

Zwar gilt § 4 Abs. 1 UmwRG gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO. Damit wird auch Individualklägern ein subjektives Recht auf Durchführung einer „erforderlichen“ UVP eingeräumt. Die Vorschrift ist jedoch nicht geeignet, eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu begründen. Innerhalb eines - wie hier - bereits zulässigen Rechtsbehelfs erweitert die Norm jedoch den materiell-rechtlichen Prüfungsumfang.

II.

Die Klage ist unbegründet. Die Kläger werden weder in drittschützenden Rechten verletzt (1.) noch haben sie einen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheides vom 9. September 2014 gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG i.V.m. § 3a Satz 4 UVPG a. F. (jetzt: § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG) oder aus anderen verfahrensrechtlichen Gründen (2.).

1. Die angefochtene Genehmigung findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 4, 6, 19 BImSchG i.V.m. § 1 4. BImSchV und Nr. 7.1.11.3 des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Danach ist einem Antragsteller eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (nur dann) zu erteilen, wenn u.a. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden.

Die erfolgreiche Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch den Nachbarn setzt allerdings nicht nur die Rechtswidrigkeit der Genehmigung voraus, sondern vor allem, dass der Nachbar durch die Genehmigung in seinen eigenen Rechten verletzt wird. Daher kann er nicht jede Rechtswidrigkeit mit Erfolg rügen, sondern lediglich Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften, d.h. gegen Bestimmungen, die - zumindest neben dem Schutz der Allgemeinheit - den Schutz der Interessen des jeweiligen Nachbarn bezwecken. Insoweit müssen eigene Rechtspositionen des anfechtenden Nachbarn berührt werden (Jarass, BImSchG, 11. Auflage 2015, § 6 Rn. 64 sowie Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, Vorbemerkungen zu den §§ 29 bis 38 BauGB Rn. 15 für das öffentliche Baurecht).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage eines Dritten der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung an den Anlagenbetreiber (BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1991 - 7 B 102.90 -, juris Rn. 3; Bay. VGH, Beschluss vom 19. August 2015 - 22 ZB 15.458 -, juris Rn. 10 sowie OVG Münster, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris Rn. 88).

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Diese Bestimmung hat aber nicht die Bedeutung, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, nach den konkreten Umständen des Falles mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (grundlegend BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - I C 102.76 -, juris Rn. 33). Es muss eine konkrete Gefährlichkeit bestehen; eine abstrakte Störqualität genügt nicht. Je schwerwiegender die zu befürchtenden Schäden sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen; umgekehrt muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts desto höher sein, je geringer die Schadensfolgen sind. Nach Durchführung der erforderlichen Amtsaufklärung verbleibende Unsicherheiten lassen sich eventuell durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15).

a) Schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen zulasten der Kläger hinsichtlich der Geruchsimmissionen auf ihren Grundstücken ergeben sich durch die Anlage des Beigeladenen nicht.

Beim Betrieb der vom Beigeladenen geplanten Tierhaltungsanlage werden zwar Geruchsstoffe, mithin Luftverunreinigungen bewirkt, die schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 4 BImSchG darstellen können. Diese halten sich allerdings im Rahmen dessen, was die Kläger zu tolerieren haben. In dem angefochtenen Bescheid hat sich der Beklagte an der Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - orientiert und dabei eine Überschreitung des maßgeblichen Geruchsgrenzwertes nicht festgestellt. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, konnte - in Ermangelung bundesrechtlicher Vorschriften - auf die niedersächsische Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Gem. RdErl. vom 23. Juli 2009, Nds. MBl. S. 794) zurückgegriffen werden. In der Rechtsprechung (BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, juris Rn. 4 und Urteil vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 -, juris Rn. 12; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Februar 2011   - 12 LA 8/09 -, juris Rn. 13 und Urteil vom 13. Januar 2009 - 1 KN 69/07 -, juris; OVG Münster, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, juris Rn. 13) ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass sich eine schematische Anwendung bestimmter Immissionswerte verbietet (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55.03 -, juris Rn. 8) und dass vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten ist (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 L 84/14 -, juris Rn. 212).

Einen Immissionswert für den Außenbereich regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Grundstücke der Kläger befinden sich in einem (allgemeinen/reinen) Wohngebiet. Folglich ist ein Immissionswert von 10 % maßgeblich.

Im Hinblick auf die Geruchssituation wird im Gutachten O. (Nr. 5.2.8) ausgeführt, es komme bisher schon zu Wahrnehmungshäufigkeiten für Geruch respektive Gerüche aus den vorhandenen Betrieben aus dem Umfeld des Bauvorhabens. An der nächsten nicht landwirtschaftlichen Wohnbebauung betrage die maximale Wahrnehmungshäufigkeit unter den dargestellten Bedingungen derzeit 6,3 % der Jahresstunden (Immissionsort 19). Durch die Realisierung des Bauvorhabens komme es zu einer entsprechenden Erhöhung der Wahrnehmungshäufigkeiten für Geruch um bis zu 8,5 % der Jahresstunden an der nächsten nicht landwirtschaftlichen Wohnbebauung (Immissionsort 19). Der hier anzusetzende Grenzwert für Außenbereichslagen werde auch weiterhin deutlich eingehalten. Es komme unter den gegebenen Annahmen an den weiteren nicht landwirtschaftlichen Wohnhäusern in den planungsrechtlich festgesetzten Wohngebieten (Immissionsorte 13 bis 16 und 20) zu maximalen Wahrnehmungshäufigkeiten von 6,1 % der Jahresstunden. Der für allgemeine Wohngebiete (WA) anzusetzende Grenzwert i.H.v. 10 % der Jahresstunden werde in diesen Lagen auch weiterhin deutlich eingehalten. Für den Bereich entlang des „…“ (Immissionsorte 4 bis 10) sei durch die Nähe der vorhandenen Wohnbebauung zu landwirtschaftlichen Betrieben und der berücksichtigten Ausweisung eines Gaststätten- und Hotelgewerbes ein Grenzwert von 15 % der Jahresstunden anzusetzen. An den hier betrachteten Wohnhäusern komme es zu maximalen Wahrnehmungshäufigkeiten von bis zu 6,6 % der Jahresstunden. Der hier anzusetzende Grenzwert werde ebenfalls weiterhin deutlich eingehalten. An den anderen betrachteten Immissionsorten, die sich zum Teil in Außenbereichslagen befänden, würden die hier anzusetzenden Grenzwerte für Geruch auch weiterhin eingehalten.

Diese Bewertung der Geruchssituation ist ohne weiteres nachvollziehbar. Die Bewertung der Immissionshäufigkeiten für Geruch wurde vom Gutachter im Sinne der Geruchsimmissionsrichtlinie mit dem empfohlenen Berechnungsprogramm Austal 2000 auf Basis der entsprechenden Ausbreitungsklassenstatistik für Wind vom Deutschen Wetterdienst vorgenommen. Dabei wurden das hier streitige Vorhaben, die vorhandene Biogasanlage und die nachbarlichen Betriebe (einschließlich der Kläranlage der Gemeinde R.) in den Blick genommen. Bei der geplanten Tierhaltungsanlage des Beigeladenen wurde in diesem Zusammenhang auch berücksichtigt, dass die Be- und Entlüftung über eine Trauf-Fürst-Schwerkraft-Lüftung in Kombination mit verschließbaren Seitenwänden erfolgen soll. Dabei wird die Luft allein durch Temperaturunterschiede und die sich daraus ergebenden Dichtunterschiede in das Gebäude befördert und abgeführt (Seite 4 des Gutachten O. sowie Schreiben vom 8. September 2017). Es kann also keine Rede davon sein, dass die geruchsbelastete Luft aktiv vom Stall in Richtung der klägerischen Grundstücke „geblasen“ wird.

Ohne Erfolg rügen die Kläger, einzelne Betriebsvorgänge und die Zwischenlagerung des Festmistes seien immissionsrechtlich nicht untersucht worden. Denn diese Gesichtspunkte haben im Gutachten O. durchaus Berücksichtigung gefunden. Dazu heißt es, auf die Emissionen während der Gülle- und Mistausbringung werde wegen ihrer geringen Häufigkeit und der wechselnden Ausbringflächen bei der Berechnung der Immissionshäufigkeiten nicht eingegangen. Die Gülle- und Mistausbringung sei kein Bestandteil einer Baugenehmigung und sei bisher auch nicht Bestandteil von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gewesen (Seite 9 des Gutachten O.). Im Übrigen zeigt die Tabelle 2, dass bei der Ermittlung der Geruchssituation auch die geplante Mistplatte und die geplante Fahrsiloanlage mit in die Berechnung eingeflossen sind. Schließlich spricht aus Sicht der Kammer nichts dafür, dass sich die von den Klägern insoweit im Einzelnen genannten Betriebsvorgänge signifikant auf die Geruchsbelastung an ihren Grundstücken auswirken könnten.

Im Hinblick auf die Kläger erachtet die Kammer den Immissionsort 20 (Tabelle 5 und Abbildung 7) als maßgeblich. Denn dieser Immissionsort ist am ehesten geeignet, Aussagen über die Geruchsbelastung auf den Grundstücken der Kläger zu treffen. Am Immissionsort 20, gelegen an der nördlichsten Ecke der W., weist eine Geruchsstundenhäufigkeit von 5,3 % aus (vgl. Tabelle 5 des Gutachtens). Die Vorbelastung wurde mit 3,3 %, die Zusatzbelastung durch das hier streitige Vorhaben mit + 2,0 % und somit die Gesamtbelastung mit 5,3 % angegeben. Da die Grundstücke der drei Kläger vom streitigen Vorhaben weiter entfernt liegen als der Immissionsort 20 durfte der Beklagte davon ausgehen, dass an den klägerischen Grundstücken die Geruchsbelastung noch geringer sein wird. Die Grenze von 10 % der Jahresstunden wird bei weitem nicht erreicht. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass der Außenbereich nach § 35 BauGB dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen. Daher müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randbereich zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. November 2016 - 2 L 98/13 -, juris Rn. 101 sowie Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 L 84/14 -, juris Rn. 212).

Die insoweit erhobenen Einwände der Kläger rechtfertigen keine abweichende Entscheidung. Vorauszuschicken ist in diesem Zusammenhang, dass eine bloße Methodenkritik nicht ausreicht. Erforderlich ist vielmehr die darauf aufbauende Darstellung, in welcher Weise es sich auf das Ergebnis der Begutachtung ausgewirkt haben würde, hätten die Gutachter die von den Nachbarn für richtig gehaltenen Gesichtspunkte berücksichtigt (OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, juris Rn. 42). Daran fehlt es vorliegend.

Soweit die Kläger bemängeln, es sei unklar, wo genau der Gutachter tatsächlich die Immissionshäufigkeiten gemessen habe, dringen sie damit nicht durch. Im vorliegenden Verfahren ausschließlich von Belang ist der Immissionsort 20. Die Lage dieses Immissionsortes lässt sich unschwer aus Abbildung 7 (Seite 27 des Gutachten O.) ersehen. Er befindet sich im äußersten nördlichen Zipfel des Wohngebietes, in dem auch die Grundstücke der Kläger liegen. Die Kammer hat auch nicht Anlass zu der Annahme, der Gutachter hätte sich insoweit nicht an die Vorgaben der GIRL gehalten. Im Hinblick auf die übrigen Immissionsorte mag (aus Sicht der Kläger) deren Lage unklar erscheinen. Insoweit können sie jedoch die Verletzung eigener Rechte nicht geltend machen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den Immissionsort 19. Dort ermittelte der Gutachter mit 14,8 % die höchste Geruchsstundenhäufigkeit. Dessen Lage und die dort gemessene Geruchsstundenhäufigkeit betreffen jedoch nicht die Kläger dieses Verfahrens.

Gänzlich unsubstantiiert behaupten die Kläger, die vom Gutachter zugrunde gelegten Daten hinsichtlich der Biogasanlage seien veraltet. Allein die Tatsache, dass sich der Gutachter insoweit auf eine Stellungnahme vom 13. Oktober 2003 (vgl. Nr. 4.3 des Gutachten O.) bezieht, belegt noch nicht, dass die dort gemachten Angaben veraltet sind und dieser Umstand zudem zu einer höheren Geruchsbelastung auf den klägerischen Grundstücken führen könnte.

Entgegen der Auffassung der Kläger hält die Kammer die vom Gutachter herangezogenen Winddaten für nachvollziehbar. In Nr. 5.2.2 (Winddaten) des Gutachten O. heißt es, die am Standort vorherrschenden Winde verfrachteten die an den Emissionsorten entstehenden Stoffe in die Nachbarschaft. In der Regel gebe es für den jeweils zu betrachtenden Standort keine rechentechnisch verwertbaren statistisch abgesicherten Winddaten. Damit komme im Rahmen einer Immissionsprognose der Auswahl der an unterschiedlichen Referenzstandorten vorliegenden am ehesten geeigneten Winddaten eine entsprechende Bedeutung zu. Durch die von in der Region durchgeführten Qualifizierten Prüfungen (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenstatistik bzw. Ausbreitungsklassenzeitreihe erscheine auch in diesem Fall die Verwendung der Wetterdaten der Station O. plausibel. So sei für ein Bauvorhaben, das sich in 26180 R. OT N. ca. 4,5 km nordwestlich der geplanten Anlage befinde, empfohlen worden, die Daten der Station O. auf diesen Standort zu übertragen. Ebenso verhalte es sich mit einem Vorhabenstandort in 26655 Westerstede, OT M. ca. 21 km westlich vom Standort der geplanten Milchviehanlage entfernt. Auch für diesen Standort werde empfohlen, die Daten der Station O. auf diesen Standort zu übertragen. N., M. und der Vorhabenstandort im Außenbereich von R. befänden sich im gleichen Naturraum. Das Windfeld nachhaltig beeinflussende Höhenzüge oder Taleinschnitte seien in der Region nicht vorhanden, so dass davon ausgegangen werden könne, dass die Winddaten der Station O. auch auf den Vorhabendstandort übertragbar seien. Wie in der Norddeutschen Tiefebene allgemein üblich, so stelle die Windrichtung Südwest das primäre Maximum und die Windrichtung Nord das Minimum dar. Die Verfrachtung der Emissionen erfolge daher am häufigsten in Richtung Nordost. Es sei mit der Ausbreitungsklassen-Zeitreihe des Jahres 2001, dem repräsentativen Jahr aus dem Zeitraum 2001 bis 2010 des Standortes O., gerechnet worden.

Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere fand eine Übertragbarkeitsprüfung statt. Zutreffend ist in diesem Zusammenhang, dass der Gutachter selbst keine separate Übertragbarkeitsprüfung für den hier zu betrachtenden Standort durchführte, sondern auf Erkenntnisse aus zwei anderen Übertragbarkeitsprüfungen zurückgriff (vgl. E-Mail vom 2. Oktober 2014, Blatt 338 Beiakte D). Gegen die insoweit herangezogenen Übertragbarkeitsprüfungen bestanden aus Sicht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (Referat für Anlagenbezogene Luftreinhaltung, Anlagensicherheit, Störfallvorsorge) keine Bedenken. Beide Übertragbarkeitsprüfungen lagen dem Beklagten vor (Blatt 286 ff. und Blatt 289 ff. Beiakte D) und sind im Hinblick auf den hier zu betrachtenden Standort der streitigen Anlage vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim, Zentrale Unterstützungsstelle Luftreinhaltung, Lärm und Gefahrstoffe - ZUS LLG -, überprüft worden (vgl. E-Mail vom 23. September 2014, Blatt 281 Beiakte D). In der Stellungnahme des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim wird ausgeführt, dass aufgrund der bislang vorliegenden Untersuchungen im weiteren Gebiet um O. davon auszugehen sei, dass die Verwendung der Daten der Station O. für den Planungsstandort plausibel sei.

Weder diesen Ausführungen setzen die Kläger etwas entgegen noch setzen sie sich im Einzelnen mit den beiden Übertragbarkeitsprüfungen auseinander. Sie beziehen sich insoweit lediglich auf einen (behaupteten) Artikel in der Süddeutschen Zeitung („Die Dauerwelle“) vom 28. November 2014 (Autor: K.). Dieser Artikel wird wie folgt zitiert: „Durch die Temperaturdifferenz zwischen den niedrigen und den hohen Winden wird der Jetstream mit der bekannten Westwindwetterlage verursacht, der Tiefdruckgebiete rasch um die Erde schickt, wodurch sich die Wetterlagen rasch ändern. Durch die Erderwärmung bedingt werden seit einiger Zeit die Wetterlagen anhaltender. Der klassische Westwind ist blockiert und es kommt zu nördlich oder südlich dominierten Windrichtungen mit entsprechenden Extremwetterlagen. Seit fünf Jahren nimmt der Westwindanteil kontinuierlich ab, sodass es seit dem Sommer 2013 einige Monate überhaupt keine Westwinde mehr gab und seit 2014 der Westwindanteil auf 13 % zurückgegangen ist.“ Daraus schließen die Kläger, dass die vom Gutachter seinen Berechnungen zugrunde gelegte minimale Geruchsausbreitung nach Süden nicht mehr haltbar sei. Tatsächlich bestehe aufgrund der geänderten Windverhältnisse eine andere und wesentlich erheblichere Geruchsbelästigung durch das streitige Vorhaben. Diesen Ausführungen folgt die Kammer nicht. Denn die zitierten Aussagen beziehen sich nicht auf den hier streitigen Standort. Die Ausführungen setzen sich zudem nicht im Ansatz mit der Topographie und der Orographie (Höhenstruktur auf der natürlichen Erdoberfläche) sowie der Rauigkeit am Planungsstandort auseinander.

Dasselbe gilt im Hinblick auf den von den Klägern gerügten Standort, die Beschaffenheit und die Lagerkapazität der Container für anfallende verendete Tiere. Auch insoweit spricht nichts dafür, dass es sich um ein Massenphänomen handelt, das die Geruchssituation auf den klägerischen Grundstücken in bedeutsamer Weise verändern könnte.

b) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Kläger ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage des Beigeladenen ausgehende Staubemissionen.

Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, in dieser Hinsicht die TA Luft anzuwenden. Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Luftschadstoffe oder Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 15.98 -, juris Rn. 9).

Nach Nr. 4.3.1 der TA Luft ist der Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen durch Staubniederschlag sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 ermittelte Gesamtbelastung den in Tabelle 2 bezeichneten Immissionswert an keinem Beurteilungspunkt überschreitet. Der Immissionswert für Staubniederschlag (nicht gefährdender Staub) beträgt hiernach 0,35 g/(m² x d). Für Schwebstaub (PM10) beträgt der Grenzwert nach der Tabelle 1 unter Nr. 4.2.1 der TA Luft 40 µg/m³ im Jahr und 50 µg/m³ in 24 Stunden mit einer zulässigen Überschreitungshäufigkeit von 35. Irrelevant ist nach Nr. 4.2.2 , lit. a TA Luft eine Zusatzbelastung, die geringer als 3 % des Grenzwertes von 40 µg/m³ ist. Dieser Wert liegt bei 1,2 µg/m³.

Entgegen der Auffassung der Kläger sind sie auch im Hinblick auf die Staubimmissionen nicht in ihren Rechten verletzt. Nach der Ausbreitungsberechnung des von dem Beigeladenen im Genehmigungsverfahren beauftragten Gutachters findet eine Überschreitung des Irrelevanzwertes für Schwebstaub i.H.v. 3 % im Jahresmittel in der Plansituation lediglich im Nahbereich der Stallanlagen statt. An den nächstgelegenen Wohnhäusern würden gemäß der Ausbreitungsberechnung bzgl. der Jahresmittelwerte für die Zusatzbelastung durch Feinstaub der Fraktion PM10 aus der Gesamtanlage durchgängig Werte von 0,0 µg/m³ prognostiziert. Somit werde an der betriebsfremden Wohnbebauung an keinem der erwähnten Aufpunkte der Irrelevanzwert für Schwebstaub für 1,2 µg/m³ erreicht bzw. überschritten.

Der Grenzwert für die Gesamtstaubdeposition betrage 0,35 g, entsprechend 350 mg/(m² x d); demgemäß betrage die Irrelevanzgrenze nach TA-Luft, Punkt 4.3.2 10,5 mg/(m² x d). Der Irrelevanzwert von 10,5 mg/(m² x d) werde ebenfalls lediglich im Nahbereich der Stallanlagen überschritten. Für die nächstgelegenen betriebsfremden Wohnhäuser werde gemäß der Ausbreitungsrechnung eine maximale Zusatzdeposition von 0,2 mg/(m² x d) prognostiziert. Der Irrelevanzwert von 10,5 mg/(m² x d) werde somit sicher eingehalten.

Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Der Berechnung wurden die Vorschriften der TA Luft zutreffend zugrunde gelegt. Soweit es im Nahbereich der Stallanlage zu Überschreitungen kommen wird, betrifft dies die Kläger nicht, da sie nicht in diesem Nahbereich wohnen. Ihre Grundstücke liegen weit außerhalb dieses Bereichs. Soweit sie in diesem Zusammenhang rügen, dass sich ein wesentlicher Anteil der Staubfracht durch die Verarbeitung von Futtermitteln, Heu und Stroh und auch durch den landwirtschaftlichen Verkehr ergebe, folgt daraus nichts anderes. Denn auch nach den Ausführungen der Kläger ist nichts dafür ersichtlich, dass an ihren Grundstücken die entsprechenden Grenzwerte überschritten werden könnten.

c) Im Hinblick auf den Güllebehälter können die Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

Der Güllebehälter ist ursprünglich Bestandteil der Antragsunterlagen gewesen, wurde jedoch später gestrichen. Folglich ist er auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides geworden. Er wurde in „Gärrestbehälter“ umbenannt und seine Genehmigung erfolgte in einem gesonderten Verfahren mit Bescheid vom 15. Dezember 2014. Dieser Bescheid wurde von den Klägern nicht mit Widersprüchen angefochten und erwuchs daher in Bestandskraft. Im Übrigen enthält der Genehmigungsbescheid vom 9. September 2014 die aufschiebende Bedingung, dass die hier streitige Tierhaltungsanlage erst nach Fertigstellung des Gärrestbehälters auf der hofeigenen Biogasanlage in R.-K. in Betrieb genommen werden dürfe. Schließlich enthalten die Auflagen Nr. 30 und 41 des Genehmigungsbescheides flankierende vom Beigeladenen zu beachtende Maßgaben. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Klärung der Frage, ob die von den Klägern angestellte Havarievolumenberechnung zutreffend ist.

d) Des Weiteren rügen die Kläger die Auflage Nr. 7 der Nebenbestimmungen des Bauamtes des Beklagten zum Genehmigungsbescheid vom 9. September 2014 (dortige Seite 8). Dort heißt es, der Stallraum sei ausreichend zu belüften und zu entlüften, so dass eine gesunde Tierhaltung gewährleistet sei. Sie meinen, diese Nebenbestimmung sei unpräzise, zu unbestimmt formuliert und daher nicht durchsetzbar. Ob diese Einwände der Sache nach zutreffen, kann die Kammer offen lassen. Denn Rechte der Kläger werden durch eine unzureichende Formulierung und dadurch möglicherweise hervorgerufene Schwierigkeiten im Verwaltungsvollzug nicht tangiert.

e) Auch mit ihren Einwendungen hinsichtlich der Verkehrsbelastung können die Kläger nicht durchdringen. Soweit sie in diesem Zusammenhang geltend machen, durch die genehmigte Anlage sei eine Zunahme des Schwerlastverkehrs auf der K. Straße zu erwarten, ist dem entgegen zu halten, dass keiner der Kläger an dieser Straße wohnt. Es ist für die Kammer auch nicht ersichtlich - selbst die Kläger behaupten dies nicht -, dass durch einen etwa zunehmenden Schwerlastverkehr auf der K. Straße die klägerischen Grundstücke in der W., in der Z. oder in der M. betroffen sein könnten. Angesichts der örtlichen Gegebenheiten spricht nichts dafür, dass durch einen etwa zunehmenden Schwerlastverkehr auf der K. Straße ein Ausweichen von Verkehrsteilnehmern auf eine der genannten Straßen stattfinden würde.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang die fehlende bzw. unzureichende Aufnahmefähigkeit der K. Straße rügen, handelt es sich dabei um eine Frage der ausreichenden Erschließung des Vorhabens, die nicht drittschützender Natur ist (VG Osnabrück, Urteil vom 28. April 2016 - 2 A 89/14 -, juris Rn. 90).

Ohne Erfolg weisen die Kläger darauf hin, dass die Gemeinde R. zwischenzeitlich ein weiteres „großes“ Neubaugebiet in unmittelbarer Nähe zum streitbefangenen Vorhaben plane und auch schon zum Teil realisiert habe. Davon abgesehen, dass die Gemeinde R. nicht Genehmigungsbehörde und folglich auch am vorliegenden Klageverfahren nicht beteiligt ist, bleibt unklar, um welches Neubaugebiet es sich handeln soll. Diese Frage bedarf indes nicht näherer Klärung. Denn durch die Realisierung von Bauvorhaben mag der Verkehr auf der K. Straße zunehmen. Die Kläger sind in dieser Hinsicht jedoch erneut darauf hinzuweisen, dass sie nicht Anwohner der K. Straße sind und in Anbetracht der Belegenheit ihrer Wohngrundstücke auch nichts dafür spricht, dass insoweit ein Ausweichverkehr zu befürchten wäre. Schließlich ist insoweit anzumerken, dass es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Genehmigungsbescheides ankommt (s.o.). Daher können spätere Genehmigungs- bzw. Planungsentscheidungen nicht mit Erfolg gegen den Bescheid vom 9. September 2014 ins Feld geführt werden.

f) Soweit die Kläger (zudem unsubstantiiert) behaupten, durch die mit dem Vorhaben verbundenen Immissionen werde der Wert ihrer Grundstücke sinken, kann dies keinen Rechtsverstoß, etwa gegen Art. 14 Abs. 1 GG, begründen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 13. November 1997 - 4 B 195.97 -, juris Rn. 6) ist geklärt, dass Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung - gleiches gilt für Genehmigungen nach dem BImSchG - für sich genommen keinen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Gebotes der Rücksichtnahme zumutbar sind oder nicht. Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden. Unter dem Gesichtspunkt der Wertminderung kommt daher ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn sie die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist. Dafür ist selbst nach dem Vorbringen der Kläger nichts ersichtlich. Sie können ihre Grundstücke ohne Einschränkungen nutzen, auch wenn das streitige Vorhaben des Beigeladenen realisiert sein wird.

g) Auch können die Kläger mit dem Einwand, das Vorhaben stehe im Widerspruch zum Ortsbild (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) und stelle kein nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB privilegiertes Vorhaben dar, nicht gehört werden. Denn diese Fragen berühren keine drittschützenden Rechte, da die Vorschriften über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich keinen Drittschutz entfalten (BVerwG, Beschluss vom 3. April 1995 - 4 B 47.95 -, juris Rn. 2; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2016 - 2 L 98/13 -, juris Rn. 93; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. April 2016 - OVG 10 N 45.14 -, juris Rn. 8).

h) Ihr Eigentum berechtigt die Kläger auch nicht zur Verteidigung von öffentlichen Belangen der Allgemeinheit, die für einen unveränderten Fortbestand der bestehenden Situation im Interesse der biologischen Vielfalt, des Schutzes heimischer Tiere oder des Landschaftsbildes sprechen könnten (OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. November 2016 - 12 ME 131/16 -, juris Rn. 25).

i) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG können die Kläger auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen mit Erfolg geltend machen.

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dementsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte. Fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich. Damit kann sich ein Nachbar - jedenfalls im Grundsatz - nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen. Etwas anderes mag für solche Nachbarn gelten, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystemen (etwa Waldflächen) sind (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 L 84/14 -, juris Rn. 261 und Urteil vom 24. März 2015 - 2 L 184/10 -, juris Rn. 130 sowie Kammerurteil vom 10. März 2010 - 5 A 1375/09 -, juris Rn. 43). Dafür ist hier aber nichts ersichtlich. Die klägerischen Grundstücke weisen empfindliche Pflanzen oder Ökosysteme nicht auf. Die in der Nähe der genehmigten Anlage liegenden Waldflächen und Teiche stehen nicht in ihrem Eigentum. Auf eine Beeinträchtigung dieser Flächen können sich die Kläger folglich eben so wenig berufen wie auf eine Beeinträchtigung des FFH-Gebietes „E., E.“.

j) Auch unter Brandschutzgesichtspunkten ist eine Verletzung drittschützender Rechte nicht zu erkennen. Die Kläger rügen, dass Brandschutzkonzept sei nicht in allen Teilen nachvollziehbar. Ein ausreichendes Brandschutzkonzept sei zwingend notwendig, um eine Genehmigung zu erhalten. Sie könnten sich auf die aufgeführten Sicherheitsmängel im Brandschutz berufen, da Brandschutzvorschriften drittschützender Art seien. Hier seien die Brandgefahr und die damit verbundenen Folgen für die Wohnumgebung besonders erheblich, da es sich um sensible Bereiche handele.

Nach § 14 Satz 1 NBauO müssen bauliche Anlagen so errichtet, geändert und instand gehalten werden und so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geeignet sein, dass der Entstehung eines Brandes sowie der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Bei dieser Norm handelt es sich um eine allgemeine Brandschutz- bzw. Rahmenvorschrift, die durch Einzelanforderungen an verschiedenen Stellen der NBauO und in Spezialbestimmungen präzisiert wird (Kammeyer/Dorn, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 1). Teilweise wird angenommen, dass die Vorschrift nachbarschützenden Inhalt habe (OVG Greifswald, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 3 M 268/04 -, juris Rn. 9 sowie Kammeyer/Dorn, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 9. Auflage 2013, § 14 Rn. 1b). Die Kammer meint allerdings, dass die vorliegende Konstellation nicht außer Acht gelassen werden darf. Hier geht es nicht um eine dichte innerstädtische Bebauung, bei der ein Übergreifen eines Brandes auf ein benachbartes Wohnhaus durchaus in kürzester Zeit vorkommen kann, sondern vielmehr um eine mindestens 400 m von den klägerischen Grundstücken entfernte genehmigte Tierhaltungsanlage. Bei dieser Entfernung kann sicher ausgeschlossen werden, dass ein Brand auf eines der klägerischen Grundstücke übergreifen und in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die Geruchsentwicklung, die mit einem Brand üblicherweise einhergeht und möglicherweise auch auf den klägerischen Grundstücken wahrgenommen werden könnte, stellt sich nicht als eine Verletzung ihrer Rechte, sondern vielmehr als eine als sozialadäquat hinzunehmende Beeinträchtigung dar. Im Übrigen stützen die Kläger selbst ihren Einwand nicht nur auf die Befürchtung, das Feuer könne auf ihre Wohnhäuser überspringen, sondern fokussieren sich auf die ihrer Ansicht nach unzulängliche Tierrettung, die sie aber unter Drittschutzaspekten gerade nicht mit Erfolg geltend machen können.

k) Soweit die Kläger auf eine befürchtete Beeinträchtigung durch multiresistente Keime bzw. Bioaerosole abstellen, dringen sie damit nicht durch. In der Tat sprechen gegenwärtig gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass von Tierhaltungsanlagen luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sein könnten, die menschliche Gesundheit zu beeinträchtigen (sog. Besorgnispotential). Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand liegen allerdings keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kläger Gefahren in Form von Bioaerosolen zu erwarten haben. Immissions- oder Emissionswerte sieht die TA Luft insoweit nicht vor, insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch sonst keine wissenschaftlichen Untersuchungen und Erkenntnisse über Grenz- oder Orientierungswerte für die Entstehung einer konkreten Gesundheitsgefahr für Menschen, welche die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. Insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung des OVG Lüneburg (vgl. Beschluss vom 13. März 2012 - 12 ME 270/11 -, juris unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 9. August 2011 - 12 LA 55/10 -, juris), wonach die den Nachbarn schützende immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG als Instrument der Gefahrenabwehr insoweit nicht eingreift, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Vielmehr ist die Vermeidung von erhöhten Bioaerosolkonzentrationen den Vorsorgeanforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen (vgl. zuletzt ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 L 84/14 -, juris Rn. 267; OVG Münster, Beschluss vom 31. März 2016 - 8 B 1341/15 -, juris Rn. 95; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 7 C 10.13 -, juris sowie Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 -, juris Rn. 16).

Daran vermögen auch die von den Klägern gemachten Ausführungen zu multiresistenten Keimen nichts zu ändern. Medizinisch begründete Immissionsgrenzwerte für Bioaerosole existieren nicht. Auch in der VDI-Richtlinie 4250 Blatt 1 wird darauf hingewiesen, dass es bis heute weder international noch auf nationaler Ebene gelungen sei, Dosis-Wirkungs-Beziehungen für gesundheitsrelevante Bioaerosole zu erstellen oder allgemeingültige auf die Wirkung am Menschen bezogene Schwellenwerte bzw. Grenzwerte abzuleiten. Die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst in jüngster Zeit durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen zudem.

Zutreffend weist der Beklagte in diesem Zusammenhang schließlich darauf hin, dass nach der Erlasslage in Niedersachsen (Gemeinsamer Runderlass des MU, des MS und des ML vom 2. Mai 2013: Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren; Abluftreinigungsanlagen in Schweinehaltungsanlagen und Anlagen für Mastgeflügel sowie Bioaerosolproblematik in Schweine- und Geflügelhaltungsanlagen; Nds. MBl. 2013, S. 561 und 2015 S. 1126) für den Bereich der Rinderhaltung nicht einmal die Vorlage von Sachverständigengutachten zu Bioaerosolemissionen verlangt wird.

l) Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, die Gemeinde R. habe ihr Einvernehmen lediglich unter Vorbehalt erklärt. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird in bauaufsichtlichen Verfahren über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Unter dem 9. Juli 2014 erteilte die Gemeinde R. ihr Einvernehmen. Zutreffend ist, dass diese Erklärung unter Bedingungen erfolgte. Dies ist indes ohne weiteres möglich und zulässig (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 36 Rn. 7). Im Übrigen wurden die im Schreiben vom 9. Juli 2014 der Gemeinde R. genannten „Bedingungen“ vom Beklagten im Wesentlichen als Auflagen Nr. 19 bis 23 in den Genehmigungsbescheid vom 9. September 2014 aufgenommen.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Kläger durch eine fehlerhafte bzw. unzureichende Einvernehmenserklärung nicht in ihren Rechten verletzt wären. In einem solchen Fall könnte allenfalls die Gemeinde R. den Genehmigungsbescheid anfechten und geltend machen, sie sei in ihrer Planungshoheit verletzt (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1969 - IV C 215.65 -, juris, Rn. 14 sowie Reidt, in: Battis / Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 36 Rn. 24). Dass § 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB nicht zugunsten der Nachbarschaft drittschützend ist, entspricht ständiger Rechtsprechung (BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 1997 - 4 B 73.97 -, juris Rn. 12 sowie Bay. VGH, Beschluss vom 18. April 2016 - 22 ZB 15.2625 -, juris Rn. 18). Demnach können die Bedenken der Kläger gegen die Annahme eines wirksam erteilten Einvernehmens der Gemeinde R. zum hier streitigen Vorhaben des Beigeladenen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen.

m) Der Standort des streitigen Vorhabens des Beigeladenen liegt im Geltungsbereich des Regionalen Raumordnungsprogramms 1996 des Landkreises A.. Dieses setzt für das Gebiet ein Vorranggebiet zur Gewinnung von Rohstoffen (Ton) fest. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB dürften raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen. Ein Widerspruch in diesem Sinn setzt voraus, dass das betreffende Raumordnungsziel bei Realisierung eines raumbedeutsamen Außenbereichsvorhabens nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in dem raumordnerisch angestrebten Umfang erreicht werden kann (Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 35 Rn. 104 sowie BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, juris Rn. 11). Ziele der Raumordnung, denen ein raumbedeutsames Vorhaben im Außenbereich nicht widersprechen darf, können sich insbesondere aus Festlegungen zu Vorranggebieten ergeben (OVG Lüneburg, Urteil vom 28. Januar 2010 - 12 KN 65/07 -, juris Rn. 34). Die Kläger machen insoweit geltend, das streitige Vorhaben habe Raumbedeutsamkeit und der Beklagte hätte daher ein Zielabweichungsverfahren nach § 6 Abs. 2 des Raumordnungsgesetzes (ROG) durchführen müssen.

Davon abgesehen, dass es insoweit an der drittschützenden Wirkung fehlt, verneinte der Beklagte zu Recht die Raumbedeutsamkeit des streitigen Vorhabens. Nichts ist dafür ersichtlich, dass mit der Realisierung des streitigen Vorhabens die Ziele des genannten Raumordnungsprogramms nicht mehr erreicht werden könnten. Die vom Beklagten insoweit eingeräumte betriebsbedingte Erhöhung der Verkehrsbelastung auf der K. Straße (Kreisstraße K 133) führt weder für sich noch im Zusammenspiel mit anderen Kriterien zu einer Raumbedeutsamkeit. Die gutachterlich ermittelten Gerüche durch den Betrieb der streitgegenständlichen Anlage, wonach der Grenzwert für den Außenbereich von 25 % der Jahresstunden nur im direkten Umfeld des Vorhabens überschritten wird, sprechen ebenfalls gegen eine Raumbedeutsamkeit.

2. Die Kläger haben nicht Anspruch auf die Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheides vom 9. September 2014 gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG i.V.m. § 3a Satz 4 UVPG a. F. (jetzt: § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG) oder aus anderen verfahrensrechtlichen Gründen

a) Der Beklagte wählte die zutreffende Verfahrensart. Die dem Beigeladenen genehmigte Anlage gehört zu den genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 7.1.11.3 des Anhangs 1 der 4. BImSchV ist als Verfahrensart das vereinfachte Verfahren gemäß § 19 BImSchG vorgesehen. Somit war nach § 19 Abs. 2 BImSchG eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG nicht erforderlich. Auch § 19 Abs. 3 BImSchG kam in dieser Hinsicht nicht zum Tragen, da es an einem entsprechenden Antrag des Beigeladenen fehlte.

b) Mit dem Beklagten meint die Kammer, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorzunehmen war, dass die vorgenommene Vorprüfung und ihre Dokumentation nicht zu beanstanden sind und dass sich folglich auch nicht aus dem UmwRG ein Anspruch der Kläger auf Aufhebung der Genehmigung vom 9. September 2014 ergibt.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens u.a. nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Entsprechendes gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UVPG, wenn eine nach § 3c UVPG a. F. (jetzt: § 5 UVPG; vgl. § 74 UVPG) durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG a. F. (jetzt: § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG) genügt, d.h. nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a. F. durchgeführt worden und das Ergebnis nicht nachvollziehbar ist.

Beruht die Einschätzung der Behörde, eine Umweltverträglichkeitsprüfung könne unterbleiben, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG a. F., ist diese Einschätzung in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a. F. durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3a Satz 4 UVPG a. F.). Wegen des Prognosecharakters der Vorprüfung steht der Behörde ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 -, juris Rn. 48). Verwaltungsgerichtlich zu überprüfen ist nach § 4a Abs. 2 UmwRG a. F. also (nur), ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, juris Rn. 32 ff.). Ist eine Genehmigungsentscheidung aufgrund einer im vorbezeichneten Umfang fehlerhaften UVP-Vorprüfung getroffen worden, so ist die Genehmigung auf Antrag eines (antrags- bzw. klagebefugten) Dritten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Verfahrensfehlers aufzuheben (BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, juris Rn.10; OVG Münster, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 187/17 -, juris Rn. 6).

Nach § 3c Satz 6 UVPG a. F. (jetzt: § 7 Abs. 7 UVPG) sind dabei die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren. Nähere Einzelheiten dazu, in welcher Weise eine Vorprüfung des Einzelfalls zu dokumentieren ist, sind dem Wortlaut des § 3c Satz 6 UVPG a. F. nicht zu entnehmen. Nach der Gesetzesbegründung dient § 3c Satz 6 UVPG a. F. lediglich der Klarstellung, indem er die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dokumentation der von der zuständigen Behörde durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls ausdrücklich in den Gesetzestext aufnimmt (vgl. BR-Drucksache 551/06, S. 35 und 44). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss eine Entscheidung der zuständigen Behörde, nach der ein Projekt aufgrund seiner Merkmale keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen zu werden braucht, alle Angaben enthalten, die erforderlich sind, um kontrollieren zu können, dass sie auf eine angemessene, den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entsprechende Vorprüfung gestützt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - Rs. C-87/02 -, Slg. 2004, I-5975). Die Dokumentation soll insbesondere dem Vorhabenträger und der interessierten Öffentlichkeit sowie im Fall einer Beschwerde der Europäischen Kommission und im Fall der Anfechtung den Gerichten die Kontrolle ermöglichen, ob sich die getroffene Entscheidung hinreichend an den dafür maßgeblichen Kriterien orientiert hat. Dem wird entsprochen, wenn die der Vorprüfung zugrunde gelegten Unterlagen, die wesentlichen Prüfschritte und die dabei gewonnenen Erkenntnisse über nachteilige Umweltauswirkungen zumindest grob skizziert in der Zulassungsentscheidung oder in einem zu den Verwaltungsakten genommenen Dokument niedergelegt sind (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2013 - 7 VR 13.12 -, juris Rn. 15 und Beschluss vom 13. Juli 2017 - 7 B 1.17 -, juris Rn. 9; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. November 2016 - 13 LC 71/14 -, juris Rn. 48 f.).

Mit dem Beklagten meint die Kammer, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen war. Nach Nr. 7.11.3 der Anlage 1 zum UVPG war lediglich eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG a. F. durchzuführen. Nach § 3c Satz 2 UVPG a. F. ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Bei dieser Vorprüfung ist nach § 3c Satz 3 UVPG a. F. zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidung- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Mit den in § 3c Satz 2 UVPG a. F. angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standortes kennzeichnen. In Nr. 2.3 findet sich die gesetzliche Definition der Schutzkriterien. Diese treten klar abgegrenzt neben die in Nr. 2.1 der Anlage 2 ebenfalls einer gesetzlichen Begriffsbestimmung zugeführten „Nutzungskriterien“ und die in der Nr. 2.2 definierten „Qualitätskriterien“. Die in den Nummern 2.1 bzw. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG erwähnten Nutzungs- und Qualitätskriterien sind damit nicht heranzuziehen (Bay. VGH, Beschluss vom 6. März 2017 - 22 ZB 16.2031 -, juris Rn. 28). Dabei führt bereits die fehlerhafte Ermittlung der Auswirkungen auf ein einzelnes Schutzgut i.S.d. § 2 Abs. 1 UVPG zur Rechtswidrigkeit der Vorprüfung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. August 2017 - 12 ME 81/17 -, juris Rn. 19).

Eine entsprechende UVP-Vorprüfung (Screening-Prüfung) gemäß Anlage 2 zu § 3c UVPG a. F. nahm der Beklagte am 1. Juli 2014 vor (Blatt 110 bis 116 Beiakte D) und dokumentierte sie damit ordnungsgemäß. Dabei legte er den zutreffenden Maßstab an, indem er eine standortbezogene Vorprüfung vornahm. In dieser Prüfung stellte er zunächst fest, dass durch das Vorhaben eine Flächenversiegelung von insgesamt 25.773,34 m² stattfinden werde. Weiter erkannte er, dass die natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und Natur und Landschaft betroffen sein werden. In einem nächsten Schritt (Tabellen 2 und 3) wurden die bestehenden Nutzungen und die betroffenen Biotoptypen zusammengetragen. Festgestellt wurde in diesem Zusammenhang, dass Vorsorgegebiete für Erholung, für Landwirtschaft und für Rohstoffgewinnung betroffen sein würden. Schließlich wurde die Belastbarkeit der Schutzgüter untersucht und in diesem Zusammenhang erkannt, dass zwar ein Wallheckengebiet, nicht aber FFH-Gebiete, Vogelschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Nationalparks, Biosphärenreservate, Landschaftsschutzgebiete, besonders geschützte Biotope, Wasserschutzgebiete, gesetzliche Überschwemmungsgebiete, Gebiete, in denen die in den Gemeinschaftsvorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind, Gebiete mit hoher Siedlungsdichte und schließlich Denkmale, Bodendenkmale, archäologisch bedeutsame Landschaften oder Landschaftsteile betroffen sein werden. Tabelle 5 des vom Beklagten verwendeten Vordrucks wurde nicht ausgefüllt, da keine allgemeine Vorprüfung vorgenommen wurde. Auch darin zeigt sich im Übrigen, dass der Beklagte den zutreffenden Maßstab angewandt hat. In Tabelle 6 der standortbezogenen Vorprüfung wurden sodann die Auswirkungen nach Ausmaß, Schwere und Komplexität, Wahrscheinlichkeit, Dauer, Häufigkeit und Reversibilität untersucht. Erhebliche Auswirkungen wurden festgestellt für die Bereiche Flächenverbrauch, Funktionsverlust, Bodenabtrag, Veränderung der Bodenstruktur, Veränderung der Bodeneigenschaften, Verlust/Funktionsverlust von Waldflächen mit lufthygienischen und klimatischen Ausgleichsfunktionen, Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und Beeinträchtigung des Stadt- und Ortsbildes. Geringe Auswirkungen wurden festgestellt im Hinblick auf Lärmbelästigung, Schattenwurf und Reflexion, Geruchsbelästigung, Erholung/Naturerlebnis, Grundwasserneubildung, Grundwasserqualität, Fließgewässer, Veränderung des Reliefs, Luftverunreinigungen und schließlich Verlust und Beeinträchtigung naturräumlicher Besonderheiten. Für die anderen untersuchten Schutzgüter wurden keine Auswirkungen festgestellt. Das Gesamtergebnis des Screenings lautet wie folgt:

„Bei den geplanten Baumaßnahmen handelt es sich um ein privilegiertes Vorhaben, das aufgrund der Größe und seiner Auswirkungen nicht als raumbedeutsam eingestuft worden ist. Durch die geplante Baumaßnahme sind keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung, den Wasserhaushalt sowie Verkehr, Ver- und Entsorgung zu erwarten. In den Gutachten der Landwirtschaftskammer wurde nachgewiesen, dass das Vorhaben aus immissionsschutzrechtlicher Sicht hinsichtlich der Art und dem Ausmaß aller luftverunreinigenden Emissionen einschließlich der Gerüche sowie der Schallemissionen zulässig ist. Das Vorhaben befindet sich in einem Abstand von ca. 2 km zum FFH-Gebiet E., E.. Die Stickstoffeinträge liegen bei maximal 180 g N/ha und Jahr in diesem Bereich unterhalb der Bagatellschwelle und sind somit irrelevant für das Vorhaben. Ferner wurde nachgewiesen, dass die westlich gelegenen Fischteiche mit dem dazugehörigen besonders geschützten Biotop durch den Stickstoffeintrag nicht beeinträchtigt werden. Im Bereich des Vorhabens sind keine weiteren Schutzgebiete vorhanden. Bei dem Vorhaben handelt es sich um einen Eingriff im Sinne des § 14 BNatSchG durch den der Naturhaushalt und das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden. Da die Auswirkungen auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild kompensiert werden können, ist die Durchführung einer UVP nicht erforderlich.“

Dieses Ergebnis ist nachvollziehbar. Es ist zunächst festzustellen, dass der Beklagte den zutreffenden Maßstab (hier: standortbezogene Vorprüfung) zugrunde legte. Keine Rolle spielt es in diesem Zusammenhang, wenn sich in den Antragsunterlagen Ausführungen zur Frage der UVP - Pflichtigkeit befinden, bei denen ein abweichender Maßstab (dort: allgemeine Vorprüfung) angewandt wurde. Denn maßgeblich ist insoweit nicht die Einschätzung des Beigeladenen und des von ihm beauftragten Erstellers der Antragsunterlagen, sondern ausschließlich die Prüfung des Beklagten. Insofern kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, er habe sich ausschließlich auf die Stellungnahme vom 7. Februar 2014 gestützt und dabei nicht erkannt, dass dort der falsche Maßstab der Prüfung zugrunde gelegt worden ist. Vielmehr machte der Beklagte (vgl. Seite 3 der Widerspruchsbescheide vom 22. Dezember 2014) immer wieder deutlich, dass er die Verwendung des fehlerhaften Maßstabes erkannt und berücksichtigt hat. Zudem zeigt die dokumentierte Vorprüfung, dass der Beklagte entgegen der Auffassung der Kläger zur Beurteilung der Erheblichkeit von Umweltauswirkungen des Vorhabens nicht auf die Grenzwerte der TA Luft abgestellt hat. Eine Verkennung des rechtlichen Maßstabes ist nicht ersichtlich.

Die Screening-Prüfung, beim Beklagten vom dortigen „Amt für Umwelt und Wasserwirtschaft - Untere Naturschutzbehörde“ erarbeitet, musste entgegen der Auffassung der Kläger nicht noch einmal von einer anderen Stelle beim Beklagten geprüft und        - etwa in einem förmlichen Akt - für zutreffend befunden werden. Für die von den Klägern in dieser Hinsicht geäußerte Auffassung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der Beklagte handelt als Einheitsbehörde und die Ausführungen im Genehmigungsbescheid setzen sich aus den Einzelprüfungsergebnissen der beteiligen Fachämter zusammen. Mit dem Ergehen des einheitlichen Genehmigungsbescheides wird nach Außen kundgetan, dass sich die Genehmigungsbehörde als Gesamtheit die jeweiligen Stellungnahmen und Einschätzungen der Fachämter zu Eigen gemacht hat.

Ohne Erfolg kritisieren die Kläger angesichts der zitierten zusammenfassenden Ausführungen des Beklagten, die Screening-Prüfung vom 1. Juli 2014 habe lediglich in der Ausfüllung eines Formulars ohne irgendeine Form von überschlägigem Prüfungsinhalt bestanden. Mit diesem Einwand verkennen die Kläger ferner den Maßstab bzw. die Prüfungstiefe, die an die Vorprüfung zu stellen ist. Nach § 3c UVPG a. F. hat nämlich lediglich eine überschlägige Prüfung stattzufinden. Nicht gefordert wird vom Gesetzgeber eine bereits ins Einzelne gehende Prüfung aller möglicherweise berührten Umweltbelange. Schon gar nicht dient die Vorprüfung dazu, bereits festzustellen, ob das beantragte Vorhaben die Genehmigungsvoraussetzungen in jeder Hinsicht erfüllen wird (VG Osnabrück, Urteil vom 28. April 2016 - 2 A 89/14 -, juris Rn. 105). Folgerichtig ordnet der Gesetzgeber in § 3a Satz 4 UVPG a. F. auch an, dass die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a. F. durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

Auch inhaltlich ist das Ergebnis der Vorprüfung nicht zu beanstanden. Im Vermerk vom 1. Juli 2014 ist grob skizziert, aufgrund welcher Umstände der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht für erforderlich erachtete. Dabei ist zu beachten, dass auch die vom Beigeladenen eingereichten Antragsunterlagen entsprechende Ausführungen enthalten und dass diese Antragsunterlagen den verschiedenen Fachämtern des Beklagten zur Stellungnahme überlassen wurden. Wie die Ausführungen im Vermerk vom 1. Juli 2014 und in den Widerspruchsbescheiden zeigen, sind diese Prüfungen Grundlage der behördlichen Vorprüfung nach dem UVPG geworden (vgl. nur Stellungnahme der Unteren Wasserbehörde vom 25. Juni 2014).

Aus den Darlegungen der Kläger ergibt sich nicht, dass sich innerhalb des Bereichs, auf den sich das Vorhaben des Beigeladenen voraussichtlich auswirken wird, für eines der in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.11 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Gebiete oder Einzelobjekte erhebliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind, die nicht ausgeglichen werden könnten. Insbesondere hat der Beklagte bei seiner Vorprüfung berücksichtigt, dass sich im voraussichtlichen Einwirkungsbereich der Anlage geschützte Fischteiche und ein FFH-Gebiet befinden. Durch die Berücksichtigung der vom Beigeladenen vorgelegten Unterlagen fanden zudem die Tatsachen Beachtung, dass das Vorhaben in der Nähe eines Wohngebiets realisiert werden soll (vgl. Nr. 2.3.10 der Anlage 2) und dass sich in der Nähe bereits eine Biogasanlage befindet.

Dem Beklagten kann auch nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, er habe den Sachverhalt unvollständig oder unzutreffend erfasst. Insbesondere hat er festgestellt (vgl. Tabelle 6 des Vermerks vom 1. Juli 2014), dass das Vorhaben des Beigeladenen vielfältige, geringe und auch erhebliche Auswirkungen auf die verschiedenen Schutzgüter Mensch, Wasser, Boden, Klima/Luft, Flora/Fauna, Landschaft und schließlich auf Kultur- und sonstige Sachgüter haben wird. Da die Prüfung des Beklagten auch die Vorprüfung vom 7. Februar 2014 berücksichtigte, ist ihm auch nicht verborgen geblieben, dass die Vorhabenfläche am nordöstlichen Rand von R. liegt und einen Abstand von ca. 300 Metern zum Ortsrand aufweist (vgl. Ziffer 2.3.10). Er hat ebenfalls berücksichtigt, dass es im Bereich des Vorhabens gemäß der Emissionsprognose zu einer Überschreitung der Ammoniakdeposition im Bereich stickstoffempfindlicher Waldflächen kommt (vgl. Ziffer 3.3. der Stellungnahme vom 7. Februar 2014). Schließlich ist dem Beklagten im Rahmen der Vorprüfung nicht verborgen geblieben, dass durch das Vorhaben der Naturhaushalt und das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, bereits aufgrund dieser Auswirkungen hätte der Beklagte zu der Einschätzung kommen müssen, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unumgänglich sei, folgt dem die Kammer nicht. Fehler, die die Prognoseentscheidung des Beklagten als rechtswidrig erscheinen lassen, können in Anbetracht des gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums nicht festgestellt werden. Insbesondere hat der Beklagte berücksichtigt, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (vgl. § 3c Satz 3 UVPG a. F.). Dazu heißt es in der naturschutzfachlichen Stellungnahme des Beklagten vom 1. Juli 2014, bei dem Vorhaben handele es sich um einen Eingriff im Sinne des § 14 BNatSchG, durch den die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt würden. Der natürlich gewachsene Boden als Filter und Speicher für das Niederschlagswasser werde durch die geplanten Baumaßnahmen auf einer Fläche von 25.773,34 m² überbaut und versiegelt. Die vorhandene Vegetation, soweit sie im Rahmen der Ackernutzung vorhanden sei, werde beseitigt. Die neuen Gebäude seien aufgrund ihrer Lage zur freien Landschaft hin weithin sichtbar und stellten eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar. Zusätzlich werde der Lebensraum frei lebender Tierarten eingeschränkt. Der Eingriff werde durch eine Eingrünung des Vorhabens mit standortheimischen Gehölzen kompensiert. Im Rahmen der Prüfung der Auswirkungen von Ammoniakemissionen sei festgestellt worden, dass durch die Überschreitung der zulässigen Stickstoffdeposition die vorhandene nördlich der K. Straße liegende Laubwaldfläche auf einer Fläche von 1.600 m² beeinträchtigt werde. Für diese Beeinträchtigung werde im Rahmen des vorliegenden Antrages eine Waldumwandlung mit der Auflage, auf dem Grundstück 173/38 der Flur 24 eine Ersatzaufforstung in gleicher Größe durchzuführen, genehmigt werden. Weiter heißt es, als Kompensationsmaßnahme sei auf einer Fläche von 9.856 m² an der westlichen und südlichen und östlichen Seite der Milchviehanlage eine Anpflanzung mit standortheimischen Laubgehölzen vorzunehmen. Entlang der Zufahrt sei eine Baumallee und an der östlichen Seite des Stallgebäudes eine Baumreihe auf einer Fläche von insgesamt 1.800 m² anzupflanzen. Für die Neuanpflanzungen seien standortheimische Laubgehölze zu verwenden. Die Anpflanzungsmaßnahmen seien innerhalb eines Jahres nach Fertigstellung durchzuführen und auf Dauer zu erhalten. Ausfälle seien nachzubessern. Auf einer Fläche von 2.691 m² seien im Bereich der Allee und Anpflanzungsflächen Gehölzsäume als Wildkrautsäume anzulegen.

Diese Vorgaben finden sich im Genehmigungsbescheid vom 9. September 2014 als Auflage 49 wieder. Vor diesem Hintergrund bewerten die Kläger zum einen die Eingriffe bzw. Auswirkungen abweichend vom Beklagten und übersehen zum anderen die Kompensationsmaßnahmen.