Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 10.07.2003, Az.: 1 A 124/01
Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltserlaubnis verbunden mit einer Wohnsitzauflage; Zusammenleben der Ehefrau und der Kinder mit dem Kindesvater an einem gemeinsamen Wohnort; Duldung eine Ausländers mit Auflagen und Bedingungen an einem bestimmten Ort Wohnsitz zu nehmen; Gleichmäßige Verteilung der Sozialhilfelasten auf die Kommunen eines Landes; Berücksichtigung familiärer Bindungen bei der Ermessensausübung der Ausländerbehörde; Familienzusammenführung im Hinblick auf die Auflage zum Wohnsitz; Wohnsitzwechsel in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde; Zustimmung zur Aufnahme der übrigen Familienmitglieder; Zusammenleben einer Beistandsgemeinschaft auf Besuchsaufenthalte
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 10.07.2003
- Aktenzeichen
- 1 A 124/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 34305
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2003:0710.1A124.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 56 Abs. 3 S. 2 AuslG
- Art. 6 Abs. 1 GG
Fundstelle
- InfAuslR 2003, 437-439 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Ausländerrecht, Wohnsitzauflage
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 1. Kammer -
ohne mündliche Verhandlung
am 10. Juli 2003
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Schwarz als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 02.03.2001 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Wohnsitzauflage nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die am D. 1981 geborene Klägerin begehrt die Erlaubnis, im Landkreis Peine Wohnsitz zu nehmen.
Sie ist kurdische Volkszugehörige aus dem Libanon und reiste am 24.12.1994 gemeinsam mit ihrem Vater und ihren Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragten. Mit Bescheid vom 25.01.1995 wurde die Klägerin und ihre Familie dem Beklagten zugewiesen, der ihnen, nachdem der ablehnende Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.01.1995 bestandskräftig geworden war, eine Duldung erteilte, die in der Folgezeit mehrfach verlängert wurde. Später wurde die Duldung mit der Auflage versehen: "Der Wohnsitz ist in der Samtgemeinde Velpke zu nehmen".
Nachdem die Klägerin mit dem abgelehnten Asylbewerber E., der im Besitz einer befristeten Aufenthaltsbefugnis ist und im Landkreis Peine wohnt, nach islamischem Recht die Ehe geschlossen hatte und am 29.09.1996 die erste gemeinsame Tochter F. geboren worden war, beantragte die Klägerin am 16.04.1997 erstmals, ihr und ihrer Tochter zu gestatten, bei dem Kindesvater im Landkreis Peine Wohnsitz zu nehmen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 05.06.1997 unter Hinweis darauf ab, dass der aufnehmende Landkreis Peine seine Zustimmung verweigert habe.
Nach der Geburt der zweiten Tochter, G., am H. 1999 beantragte die Klägerin am 21.04.1999 erneut, zusammen mit ihren Kindern bei dem Vater im Landkreis Peine Wohnsitz nehmen zu dürfen. Da der Landkreis Peine dem wiederum nicht zustimmte und zur Begründung ausführte, der Kindesvater lebe zusammen mit seiner 10-köpfigen Familie in einer Wohnung, in der drei weitere Personen nicht aufgenommen werden könnten, lehnte der Beklagte es mit Bescheid vom 17.06.1999 erneut ab, der Klägerin eine Wohnsitznahme im Landkreis Peine zu ermöglichen. Am 25.06.2000 wurde die dritte Tochter, I., geboren.
Der gegen den ablehnenden Bescheid gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 02.03.2001 - der Klägerin zugestellt am 07.03.2001 - als unbegründet zurückgewiesen.
Daraufhin hat die Klägerin am Montag, den 09.04.2001, den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Zur Begründung ihrer Klage wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 02.03.2001 zu verpflichten, ihr eine Wohnsitznahme im Landkreis Peine am Wohnort ihres Lebensgefährten zu ermöglichen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und tritt dem Vorbringen der Klägerin aus den Gründen der angefochten Entscheidung entgegen.
Im Verlauf des Klageverfahrens wurde das vierte Kind der Klägerin geboren. Zudem hat der Kindesvater beim Landkreis Peine einen Antrag gestellt, es ihm zu ermöglichen, am Wohnort der Klägerin Wohnsitz zu nehmen, um das Verfahren abzukürzen. Auch dieser Antrag wurde unter Hinweis auf eine Zustimmungsverweigerung des Beklagten abgelehnt. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Klägerin verbindlich erklärt, dass der Antrag ihres Lebensgefährten nachrangig verfolgt würde. Der Beklagte hält trotz eines gerichtlichen Hinweises auf eine geänderte Erlasslage an dem angefochtenen Bescheid fest.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet, soweit die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und als Minus zu ihrem Antrag eine Neubescheidung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts begehrt. Im Übrigen ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
Statthafte Klageart ist hier die Verpflichtungsklage, nachdem die selbstständig anfechtbare Wohnsitzauflage (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1993 - 1 C 34.93, BVerwGE 100, 335) bestandskräftig geworden ist und die Klägerin deshalb deren Aufhebung für die Zukunft begehrt.
Die in dem angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommende Weigerung, der Klägerin und ihren Kindern ein legales Zusammenleben mit dem Kindesvater an einem gemeinsamen Wohnort zu ermöglichen, ist rechtsfehlerhaft. An welchem Ort ihr diese Möglichkeit einzuräumen ist, steht im Ermessen des Beklagten, das durch eine noch einzuholende Entscheidung der Bezirksregierung Braunschweig gelenkt wird und nicht vom Gericht ersetzt werden kann.
Gemäß § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG kann die Duldung eine Ausländers mit Auflagen und Bedingungen versehen werden, wozu auch die Auflage gehört, an einem bestimmten Ort Wohnsitz zu nehmen (vgl. Gemeinschaftskommentar zum AuslG § 56 Rn 20; Hailbronner, Kommentar zum AuslG § 56 Rn 9; Kanein/Renner, Kommentar zum AuslG , § 56 Rn 7). Dabei muss die Auflage ihre Rechtfertigung im Zweck des Gesetzes und der vom Gesetzgeber gewollten Ordnung der Materie finden. In diesem Zusammenhang umfasst der Zweck des Ausländergesetzes auch den Schutz finanzieller Belange der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1981 - 1 C 145.80, BVerwGE 64, 285). Eine Ermessensentscheidung, die Duldung eines ausreispflichtigen Ausländers, der - wie die Klägerin - Sozialhilfe bezieht, mit einer Wohnsitzauflage zu versehen, um so eine gleichmäßige Verteilung der Sozialhilfelasten auf die Kommunen eines Landes zu gewährleisten, trägt dem Gesetzeszweck Rechnung. Die Wohnsitzauflage wurde somit zunächst zu Recht verfügt.
Bei der Entscheidung, ob eine Duldung mit einer Wohnsitzauflage zu versehen ist bzw. ob eine bestehende Wohnsitzauflage zu ändern oder aufzuheben ist, stehen den fiskalischen öffentlichen Interessen jedoch auch private Belange des Ausländers gegenüber, die in die Ermessenserwägungen einzustellen sind und die regelmäßig überwiegen, wenn sie grundrechtlichen Schutz genießen. So liegt es z.B. dann, wenn der Ausländer begehrt, mit seinem nach islamischen Recht angetrauten Ehepartner in ehelicher Gemeinschaft leben und die elterliche Sorge über die gemeinsamen Kinder ausüben zu wollen. Auch eine nach islamischem Ritus geschlossene Ehe ist nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützt und die Behörde verpflichtet, die familiären Bindungen bei ihrer Ermessensausübung pflichtgemäß zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.1985 - 1 C 33.81, BVerwGE 71, 228; OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.05.2001 - 4 MA 911/01, InfAuslR 2001, 387).
Das hat der Beklagte erkannt und die Bezirksregierung Braunschweig gebeten, nicht nur über den Widerspruch der Klägerin zu entscheiden, sondern wegen der Versagung der Zustimmung des Landkreises Peine zu einem Wohnsitzwechsel, hilfsweise eine Entscheidung nach Maßgabe des Runderlasses des Nds. Innenministeriums vom 15.07.1998 [Az. 45.21-12230/1-1 (§ 12)], Nds. MBl. S. 1062 zu treffen. Darin ist geregelt, dass eine Wohnsitzauflage im Einvernehmen mit der aufnehmenden Ausländerbehörde aufzuheben ist, wenn der Ausländer nachweist, im Bezirk dieser Ausländerbehörde eine Beschäftigung aufnehmen und eine Wohnung beziehen zu können. Für den Fall, dass die aufnehmende Behörde ihr Einvernehmen verweigert und sowohl der bisherige als auch der künftige Wohnort im Zuständigkeitsbereich einer Bezirksregierung liegen, sah dieser Erlass die Möglichkeit einer Entscheidung der Bezirksregierung vor.
Da der Erlass vom 15.07.1998 Fälle einer Familienzusammenführung nicht regelte, sondern ihr lediglich nicht entgegenstand (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.06.2001 - 9 LB 1404/01; VG Braunschweig, Beschluss vom 24.07.2001 - 5 B 199/01), hat das Nds. Innenministerium ihn durch einen Runderlass vom 16.10.2002 [Az. 45.11-12230/1-1 (§ 14) N 1] - Nds. MBl. S 938, ersetzt, der nunmehr auch solche Fälle einbezieht. Nach Ziffer 4.1.1 dieses Erlasses ist bei einem beabsichtigten Wohnsitzwechsel in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde zuvor das Einvernehmen mit dieser herzustellen und - falls es nicht zustande kommt - eine Entscheidung der Bezirksregierung herbeizuführen. Ziffer 4.1.2 des Erlasses bestimmt, dass die Zustimmung der aufnehmenden Ausländerbehörde zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen der Ziffer 5.1 vorliegen. Danach ist eine von allen Beteiligten gewünschte Herstellung der Lebensgemeinschaft enger Familienangehöriger (Ehegatten und minderjährige, unverheiratete - auch nichteheliche - Kinder) stets zu ermöglichen. Bei der Beurteilung der Frage, wo der künftige Wohnsitz genommen werden soll, ist nach Möglichkeit auf berechtigte Wünsche der Betroffenen Rücksicht zu nehmen.
Die vorstehende Erlassregelung ist sprachlich nicht eindeutig. Wenn es in Ziffer 4.1.2 heißt, die Zustimmung der aufnehmenden Ausländerbehörde nach Nr. 4.1.1 ist beim Vorliegen der Voraussetzungen nach Nr. 5.1 zu erteilen, steht dem entgegen, dass Ziffer 4.1.1 gerade die Möglichkeit beinhaltet, dass ein Einvernehmen nicht hergestellt wird und für diesen Fall eine Entscheidung der Bezirksregierung vorsieht. Wollte man Ziffer 4.1.2 wörtlich dahin auslegen, dass in Fällen der Ziffer 5.1 stets die aufnehmende Behörde ihre Zustimmung erteilen muss, hätten es die zusammenführungswilligen Ausländer in der Hand, durch einseitige Antragstellung festzulegen, welches die aufnehmende Behörde sein soll und damit einen Wohnsitzwechsel an einen bestimmten Ort zu erzwingen. Das ist vom Erlassgeber ersichtlich nicht gewollt, da Ziffer 5.1 bestimmt, dass auf berechtigte Wünsche der Betroffenen "nach Möglichkeit" Rücksicht zu nehmen ist.
Für Fälle der vorliegenden Art ergibt sich hieraus, dass auch bei einseitiger Antragstellung - hier durch die Klägerin - die aufnehmende Behörde nicht ohne Weiteres verpflichtet ist, ihre Zustimmung zu erteilen, sondern, wenn sie ihre Zustimmung versagt - eine Entscheidung der übergeordneten Bezirksregierung darüber herbeizuführen ist, an welchem Ort der gemeinsame Wohnsitz aller Familienmitglieder zu nehmen ist. Dabei wird die Bezirksregierung im behördlichen Innenverhältnis tätig, indem sie eine der beteiligten Ausländerbehörden anweist, ihre Zustimmung zur Aufnahme der übrigen Familienmitglieder zu erteilen oder deren Zustimmung als übergeordnete Behörde ersetzt, und es damit der abgebenden Ausländerbehörde ermöglicht, die Wohnsitzauflage der betroffenen Familienmitglieder zu streichen oder - wenn möglich - zu ändern.
Im vorliegenden Fall hatte zwar auch der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit dem hilfsweisen Begehren vorgelegt, eine Entscheidung der übergeordneten Behörde nach Maßgabe des Runderlasses vom 15.07.1998 zu treffen. Da dieser Erlass Fälle der Familienzusammenführung jedoch nicht regelte, hätte die Bezirksregierung auf seiner Grundlage eine solche Entscheidung nicht treffen können und sich deshalb auf die Widerspruchentscheidung beschränkt. Diese war allerdings fehlerhaft und deshalb aufzuheben. Wenn zur Begründung der ablehnenden Entscheidung ausgeführt wird, die Klägerin könne sich im Land Niedersachen frei bewegen und somit ihren Lebensgefährten jederzeit besuchen, wird das dem verfassungsmäßigen Schutz von Ehe und Familie nicht gerecht. Die ihr erteilte Wohnsitzauflage besagt, dass die Klägerin in der Samtgemeinde Velpke Wohnsitz zu nehmen hat. Als Wohnsitz ist mangels einer ausländerrechtlich spezifischen Definition derjenige Ort zu anzunehmen, an dem der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt hat (vgl. § 7 Abs.1 BGB). Die Klägerin hat jedoch Anspruch darauf, ihren Lebensmittelpunkt an einem Ort zu begründen, an dem auch ihre Kinder und deren Vater leben. Das familiäre Zusammenleben einer Beistandsgemeinschaft auf Besuchsaufenthalte zu beschränken, mag allenfalls dann kurzzeitig hinnehmbar sein, wenn alle Familienmitglieder ausreisepflichtig sind und ihrer kurz bevorstehenden Ausreise keine Hindernisse entgegenstehen. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr ist der Kindesvater und Lebensgefährte der Klägerin im Besitz einer befristeten Aufenthaltsbefugnis, weil er auf absehbare Zeit nicht in den Libanon abgeschoben werden kann. Auch der Verweis auf die Möglichkeit eines "Dauerbesuchsaufenthalts" der Klägerin beim Kindesvater ist mit geltendem Recht nicht vereinbar, da ein solcher Aufenthalt zum einen dem Schutzgedanken des Art. 6 GG nicht hinreichend Rechnung trägt und zum anderen einer Aufforderung zum Rechtsbruch gleichkommt, weil die Klägerin damit in der Sache darauf verwiesen wird, ihren Lebensmittelpunkt entgegen der ihr erteilten Auflage faktisch nach Peine zu verlegen.
Dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin konnte nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang entsprochen werden, weil es im Übrigen zunächst der Einholung einer Entscheidung der Bezirksregierung über den Zusammenführungsantrag bedarf, der in ihrem Ermessen steht und über den sie bisher nicht entschieden hat.
Da es sich bei der Entscheidung der Bezirksregierung nach § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG Ziffer 4.1.1 und 5.1 des Erlasses vom 16.10.2002 um eine Ermessensentscheidung handelt, welche die Bezirksregierung im Innenverhältnis trifft, sind ihre Ermessenserwägungen nur im Rahmen einer Klage gegen die nach außen auftretende Ausländerbehörde gerichtlich nachprüfbar. Allerdings ist die Prüfungskompetenz des Gerichts darauf beschränkt festzustellen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO). Das Gericht kann nicht das behördliche Ermessen durch eine eigene Bestimmung des Ortes ersetzen, an dem es der Klägerin zusammen mit ihren Kindern und dem Kindesvater erlaubt sein soll, ihren Lebensmittelpunkt zu begründen. Umstände, die eine Ermessensentscheidung nur in einer Richtung rechtsfehlerfrei erscheinen lassen (Ermessensreduzierung auf Null), liegen hier nicht vor. Vielmehr erscheint es ebenso sachgerecht, ein Zusammenleben im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu ermöglichen, weil der Betrag der damit verlagerten Sozialhilfeaufwendungen geringer ist als im umgekehrten Fall, wie eine antragsgemäße Entscheidung in Sinne der Klägerin. Der Beklagte ist daher zu verpflichten, eine Entscheidung der Bezirksregierung Braunschweig nach Maßgabe des Runderlasses vom 16.10.2002 (a.a.O.) herbeizuführen und auf deren Grundlage nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gericht neu über den Antrag der Klägerin zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das erkennende Gericht (§ 124 a VwGO) liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG