Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 15.07.2003, Az.: 5 A 89/03
Abstammung; Ausbildungsförderung; Ausbürgerung; Auswanderung; Einbürgerung; Erklärungsrecht; Erkundigungspflicht; Ermessen; Ermessendefizit; Ermessensfehler; israelische Staatsbürgerschaft; Mehrstaatigkeit; Nachfrist der früheren UDSSR; Prognoseentscheidung; Unterhaltsfähigkeit; Wartezeiten; Wohlwollensgebot
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 15.07.2003
- Aktenzeichen
- 5 A 89/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48277
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 13 StAG
- § 8 StAG
- Art 3 RuStAÄndG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zu den Voraussetzungen für eine sachgerechte Ermessensentscheidung über die Einbürgerung israelischer Staatsangehöriger unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit.
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 18. Dezember 2002 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Einbürgerungsantrag der Klägerinnen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand:
Die Klägerinnen begehren ihre Einbürgerung.
Die Klägerin zu 1) wurde am I. 1973 in Duschambe (damals UdSSR, heute Tadschikistan) als Tochter der J., und des K. geboren. Als Staatsangehörigkeit der Eltern der Klägerin zu 1) wurde in ihrem Antrag vom Mai 1999 für ihren Vater tadschikistanisch (in einem späteren Antrag auch russisch) und für die Mutter deutsch (sowie russisch, tadschikistanisch) aufgenommen. Die deutsche Staatsangehörigkeit der Mutter beruht wiederum darauf, dass deren Vater, also der Großvater mütterlicherseits der Klägerin zu 1), Herr L. im April 1944 die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben hatte. Die Eltern der Klägerin zu 1) leben seit 1997 in Paderborn. Für die Mutter der Klägerin zu 1) wurde von der Stadt Paderborn ein Staatsangehörigkeitsausweis der Bundesrepublik Deutschland ausgestellt.
Die Klägerin zu 1) ist seit dem 12. Oktober 1990 mit M. (vormals N.) verheiratet. Er ist ebenfalls in Duschambe/früher UdSSR, heute Tadschikistan, geboren. Die Klägerin zu 1) wanderte gemeinsam mit ihrem Ehemann 1993 nach Israel aus und erhielt gemäß dem israelischen Staatsbürgerschaftsgesetz v. 1952 dadurch die israelische Staatsbürgerschaft. Die Staatsbürgerschaft der Republik Tadschikistan besitzt sie nach Auskunft des dortigen Innenministeriums vom 18.8.2000 nicht. Unterlagen über eine etwaige russische Staatsangehörigkeit befinden sich nicht bei den Verwaltungsvorgängen; auf einem darin befindlichen Antrag der Klägerinnen ist allerdings hinsichtlich einer früheren sowjetischen Staatsangehörigkeit die Auflösung der UdSSR als Verlustgrund von Rechts wegen aufgeführt. Am 12. August 1997 wurde die Klägerin zu 2) in Israel geboren. Für sie liegt ebenso wie für ihre Mutter, die Klägerin zu 1), ein israelischer Pass vor.
Die Klägerin zu 1) bemüht sich nach Aktenlage seit 1998 um ihre Einbürgerung bzw. den anderweitigen Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Im Oktober 1998 gab sie vor der Deutschen Botschaft in Tel Aviv eine Erklärung gemäß Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes 1974 (RuStAÄndG 1974) ab. Für die wegen des Wohnsitzes der Eltern der Klägerin zu 1) in Paderborn zunächst örtlich zuständige Bezirksregierung Detmold teilte die Stadt Paderborn der Deutschen Botschaft in Tel Aviv mit, dass ein Erklärungserwerb nach Art. 3 RuStAÄndG 1974 wegen Fristablaufs und des Verstreichen evtl. Nachfristen nicht in Betracht komme; ein förmlicher Ablehnungsbescheid erging nicht.
Möglich sei, so die Stadt Paderborn, nur eine Einbürgerung nach § 13 RuStAG. Dabei wurde von der Rechtsansicht ausgegangen, dass diese Vorschrift auch auf Abkömmlinge deutscher Staatsangehöriger Anwendung finde. Einen entsprechenden Einbürgerungsantrag stellte die Klägerin zu 1) für sich und die Klägerin zu 2), insoweit mit Einverständnis des Vaters der Klägerin zu 2), im Mai 1999 vor der Deutschen Botschaft in Tel Aviv. Die Bezirksregierung Detmold teilte mit Schreiben von August 1999 mit, dass sie beabsichtige, den Antrag abzulehnen. Nach den Informationen der Deutschen Botschaft lägen (damals) keine hinreichenden Kenntnisse der Klägerin zu 1) über die gesellschaftliche und politische Ordnung in Deutschland vor. Außerdem sehe das israelische Staatsangehörigkeitsrecht bei einem Einwohner Israels keinen Verzicht auf die Staatsangehörigkeit vor. Die demnach nur in Betracht kommende doppelte Staatsangehörigkeit solle jedoch möglichst vermieden werden. Der jetzige Bevollmächtigte der Klägerinnen wandte sich hiergegen mit Schreiben vom November 1999. Im Hinblick auf die zum 01.01.2000 in Kraft getretene örtliche Zuständigkeitsänderung nach den §§ 17 Abs. 2, 27 StAngRegG erging kein Bescheid; vielmehr wurde das Verfahren an das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsamt in Köln abgegeben. Dieses ging gleichfalls von der Anwendbarkeit des § 13 (jetzt:) StAG aus und forderte insoweit weitere Unterlagen an.
Die Klägerin zu 1), die zum Jahresende 2000 gemeinsam mit ihrem Ehemann ihren Familiennamen von O. geändert hatte, reiste dann, bevor das Bundesverwaltungsamt über ihren Einbürgerungsantrag entschied, am 4. Januar 2001 mit Ehemann und Klägerin zu 2) nach Deutschland ein. Wegen dieses Wohnortswechsels wurden die Verwaltungsvorgänge zur weiteren Bearbeitung an die Beklagte abgegeben. Die Klägerin zu 1) erhielt von der Minerva-Stiftung für eine Tätigkeit an der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung mbH in Braunschweig als Gastdoktorin bis zum Jahresende 2002 monatlich 2.000,00 DM, ihr Ehemann einen gleich hohen Betrag für einen Aufenthalt an der TU Braunschweig. Wegen der jetzigen Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse der Eheleute wird auf die Anlagen zum Schreiben der Klägerinnen vom 7.7.2003 Bezug genommen. Nach einem Schreiben vom Juni 2001 an die Bezirksregierung Braunschweig ging die Beklagte von der Anwendbarkeit von § 8 StAG i.V.m. § 13 StAG aus und fragte bei der Bezirksregierung an, ob vorliegend eine Mehrstaatigkeit hingenommen werden könne. Die Bezirksregierung wies mit Schreiben vom August 2001 darauf hin, dass der gegebene Ermessensspielraum, die Einbürgerung unter Verkürzung der Mindestaufenthaltszeiten vorzunehmen, vom Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit eingeengt würde. Dementsprechend könne erst nach Vorlage eines Nachweises über den Verlust der israelischen Staatsangehörigkeit die Einbürgerung erfolgen, ggf. wäre den Klägerinnen eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen. Nach weiteren Ermittlungen erteilte die Beklagte am 22.10.2001 eine entsprechende Einbürgerungszusicherung. Sie ging dabei unter Anwendung von Ziffer 8.1.2.2 StAR-VwV von einer unter anderem für Abkömmlinge von Deutschen erheblich kürzeren Mindestaufenthaltsdauer als acht Jahren für die Einbürgerung aus und führte ergänzend mit Schreiben vom 9.7.2003 aus, dass nach § 13 StAG bereits vom Ausland aus eine Einbürgerung ohne Wartezeit in Betracht gekommen wäre und die Klägerin zu 1) nach der erfolgten Einreise nach Deutschland nicht schlechter gestellt werden könne. Zur „sozialen Absicherung“ wurde insoweit ausgeführt, dass bei entsprechend kurzem Inlandsaufenthalt die Absicherung gegen das Alter noch nicht gegeben sein könne. Eine Prognoseentscheidung zur Unterhaltsfähigkeit nach Ziffer 8.1.1.4 StAR-VwV hielt die Beklagte für überflüssig; im Hinblick auf die Qualifikation der Klägerin zu 1) wäre ihrer Ansicht nach eine solche Prognose aber jedenfalls positiv ausgefallen. Anlass zu Nachfragen hinsichtlich einer etwaigen russischen Staatsangehörigkeit der Klägerinnen sah die Beklagte nicht. Zusammen mit der Einbürgerungszusicherung wurden die Klägerinnen aufgefordert, selbst gegenüber der zuständigen israelischen Auslandsvertretung um ihre Entlassung aus der israelischen Staatsangehörigkeit zu ersuchen, was sie mit Schreiben vom 05.02.2002 (Anlage zum Schriftsatz v. 7.7.2003) auch taten. Die Konsularabteilung der israelischen Botschaft in Berlin teilte mit Schreiben vom 6. Februar 2002 mit, dass die Klägerin zu 1) nicht die Kriterien für die Entlassung aus der israelischen Staatsbürgerschaft erfülle. „Eine Voraussetzung“ sei, dass sie „mindestens sieben Jahre aus Israel abwesend sein müsse“. Die Klägerin zu 1) habe Israel jedoch erst am 4. Januar 2001 verlassen.
Nach Anhörung der Klägerinnen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.4.2002 die Einbürgerung ab. Zur Begründung wurde angeführt: Nach Ziffer 8.1.2.6 StAR-VwV müsse für die Einbürgerung grundsätzlich die bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben (oder verloren) werden. Wann abweichend hiervon eine Mehrstaatigkeit hingenommen werden könne, sei gemäß den Ziffern 8.1.2.6.3.1 bis 7 StAR-VwV nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen. Vorliegend könne die Mehrstaatigkeit, die bei einer Einbürgerung der Klägerinnen eintrete, jedoch nicht hingenommen werden. Das israelische Staatsangehörigkeitsrecht ermögliche die Aufgabe bzw. den Verlust der Staatsangehörigkeit; Israel gehöre nicht zu den Staaten, die die Entlassung regelmäßig verweigern. So seien u.a. der Bezirksregierung Braunschweig drei entsprechende Fälle bekannt. Da nach dem Schreiben der israelischen Botschaft vom Februar 2002 eine Voraussetzung für die Entlassung die mindestens siebenjährige Abwesenheit aus Israel sei, die Klägerinnen diese Voraussetzung aber (noch) nicht erfüllten, hätten die Klägerinnen die Versagung der Entlassung selbst zu vertreten. Die Forderung der israelischen Behörden nach einem längeren Auslandsaufenthalt rechtfertigte nicht die Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit. Abweichendes ergäbe sich auch nicht für Abkömmlinge von Deutschen. Ebenso wenig bestehe ein herausragendes öffentliches Interesse an der Einbürgerung der Klägerinnen.
Gegen diesen Bescheid legten die Klägerinnen am 22. Mai 2002 Widerspruch ein und nahmen zur Begründung auf eine Bescheinigung des Arbeitgebers der Klägerin zu 1) Bezug. Eine im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eingeholte Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) vom 28. Oktober 2002 verneint ein besonderes öffentliches Interesse an der Einbürgerung der Klägerin zu 1). Die Bezirksregierung Braunschweig wies daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2002 den Widerspruch aus den Gründen des Erstbescheides zurück. Ergänzend wurde auf die o.a. Verneinung des besonderen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung der Klägerin zu 1) durch das BMBF sowie darauf hingewiesen, dass die Klägerinnen lediglich im Besitz von befristeten Aufenthaltsbewilligungen seien.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 19.12.2002 haben die Klägerinnen am 20.01.2003, einem Montag, den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Zur Begründung haben sie sich auf ihren bisherigen Vortrag im Verwaltungsverfahren bezogen. Die allein der Einbürgerung entgegenstehende Mehrstaatigkeit sei vorliegend hinzunehmen. Die erforderliche Wartefrist von mehr als sieben Jahre stelle im Sinne der StAR-VwV eine faktische Verweigerung der Entlassung aus der israelischen Staatsangehörigkeit dar, jedenfalls aber keine von den Klägerinnen „zu vertretende Bedingung“. Im Übrigen bestehe nach den StAR-VwV für die Beklagte auch die Möglichkeit, die Klägerinnen unter vorübergehender Hinnahme der Mehrstaatigkeit einzubürgern. Ergänzend ist auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt worden, dass die Klägerin zu 2) sehr gut deutsch spreche, und eine aktuelle Bescheinigung des Arbeitgebers des Ehemannes der Klägerin zu 1) über dessen zukünftige Beschäftigungsaussichten vorgelegt worden.
Die Klägerinnen beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 18. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Einbürgerungsantrag der Klägerinnen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Über die Begründung ihres angefochtenen Bescheides hinaus weist sie darauf hin, dass der Klägerin zu 1) ihre Tätigkeit als Doktorandin auch durch die erteilte Aufenthaltsbewilligung ermöglicht werde. Da durch das BMBF bereits ein besonderes öffentliches Interesse verneint worden sei, liege erst recht kein herausragendes öffentliches Interesse an der Einbürgerung der Klägerin zu 1) vor. Soweit die Bezirksregierung Braunschweig die Aufenthaltsbewilligungen für nicht ausreichend erachtet habe, werde diese Auffassung von der Beklagten allerdings nicht geteilt. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte mitgeteilt, dass ihr keine Erkenntnisse über die Behandlung von „Wartefristen“ als Voraussetzung für die Entlassung aus der israelischen (oder einer anderen) Staatsangehörigkeit vorliegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Bescheidungsklage ist begründet, da die Ablehnung des Einbürgerungsantrags der Klägerinnen ermessensfehlerhaft gewesen ist und sie dadurch in ihrem Recht auf sachgerechte Ermessenausübung verletzt worden sind, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Rechtsgrundlage für ihren Einbürgerungsantrag ist § 8 StAG. Danach gilt: Ein Ausländer, der sich im Inland niedergelassen hat, kann von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet die Niederlassung erfolgt ist, auf seinen Antrag eingebürgert werden,
wenn er handlungsfähig ist
keinen Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 1 bis 4, nach § 47 Abs. 1 oder 2 des AuslG erfüllt,
an dem Ort seiner Niederlassung eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat und
an diesem Orte sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist.
Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind gegeben, da die Klägerinnen „Ausländerinnen“ i.S.v. § 8 StAG (1.1) sind und die in den o.a. Nrn. 1 – 4 genannten Voraussetzungen erfüllen (1.2).
1.1 Die Klägerin zu 1) ist aus den nachfolgend angeführten Gründen Ausländerin, nicht deutsche Staatsangehörige i.S.v. § 8 StAG; daher liegen auch keine Anhaltspunkte für eine - allenfalls über die Klägerin zu 1) vermittelte - deutsche Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2) vor.
1.1.1 Kraft Geburtes ist die Klägerin zu 1) nicht deutsche Staatsangehörige geworden. Nach § 4 Abs. 1 RuStAG v. 22.7. 1913 (RGBl. S. 583) in der zu ihrem Geburtszeitpunkt 1973 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes v. 23.6. 1970 (BGBl. I S. 805) wurde sie als eheliches Kind einer (auch) deutschen Mutter vermittelt über diese grundsätzlich nicht deutsche Staatsangehörige, es sei denn, sie wäre andernfalls staatenlos. Letzteres ist vorliegend im Hinblick auf die damalige (auch) sowjetische Staatsangehörigkeit ihrer beiden Elternteile und die Geburt im Gebiet der früheren UDSSR jedoch nicht ersichtlich. Die Klägerin zu 1) war vielmehr bei Geburt (nur) sowjetische Staatsangehörige.
1.1.2 Zum Ausgleich für diese verfassungswidrige Benachteiligung ist die verfassungsgemäße (vgl. BVerfG – 1. Kammer des 2. Senats – v. 22.1.1999 – 2 BvR 729/96 – NVwZ-RR 1999, 403 f) Sonderregelung in Art. 3 RuStAÄndG vom 20.12.1974 (BGBl. I 3714) geschaffen worden. Danach konnte das nach dem 1. März 1953 bis zum Jahresende 1974 ehelich geborene Kind einer Mutter, die im Zeitpunkt der Geburt des Kindes Deutsche war, - diese Bedingungen treffen auf die Klägerin zu 1) zu - durch Erklärung, deutsche Staatsangehörige werden zu wollen, deutsche Staatsangehörige werden, wenn es nicht bereits durch Geburt deutsche Staatsangehörige geworden war. Dieses Erklärungsrecht war nach Art. 3 Abs. 6 RuStAÄndG befristet, nämlich bis zum Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes, also bis zum Jahresende 1977. Wer ohne Verschulden außerstande war, die Erklärungsfrist einzuhalten, konnte nach Art. 3 Abs. 7 RuStAÄndG allerdings die Erklärung noch bis zum Ablauf einer sog. Nachfrist von sechs Monaten nach Fortfall des Hindernisses abgeben. Als unverschuldetes Hindernis galt auch der Umstand, dass der Erklärungsberechtigte durch Maßnahmen des Aufenthaltsstaates gehindert war, seinen Aufenthalt in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verlegen. Für im Ausland lebende Erklärungsberechtigte – wie die Klägerin zu 1) - bestand aber eine, wenn auch ggf. nach den Umständen eingeschränkte Erkundigungspflicht; die Unkenntnis von einer entsprechenden Erklärungsmöglichkeit war daher nur unter ganz ungewöhnlichen Umständen unverschuldet. Dies war insbesondere dann nicht der Fall, wenn sie auf mangelndem Interesse am Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit beruhte oder auf unklaren Verhältnissen bezüglich der Staatsangehörigkeit der Mutter (vgl. Hailbronner/Renner, StAngR, Kommentar, § 3 StAG, Rn 11, 15 m.w.N.). Nach dem Erlass des Nds. Innenministeriums vom 14.11.1994 soll die Nachfrist bei Erklärungsberechtigten aus den Ländern der früheren UDSSR allgemein bereits am 1.1.1993 abgelaufen sein (vgl. dazu aber auch Beschluss des Nds. OVG v. 10.7.2000 – 13 O 1728/00 – m.w.N).
Hieran gemessen war die von der Klägerin zu 1) nach Aktenlage erst im Oktober 1998 abgegebene entsprechende Erklärung jedenfalls zu spät. Denn dass sie nach ihrer Auswanderung in Israel im Jahr 1993, allerspätestens jedoch 1997, als ihre Eltern nach Deutschland gezogen sind und sie spätestens Anlass zur Überprüfung ihrer eigenen Staatsangehörigkeit hatte (vgl. BverwG v. 25.6.1998 – 1 C 6.96 – DVBl. 1999, 169, 170 f), noch unverschuldete Unkenntnis von der o.a. Erklärungsmöglichkeit hatte, kann nicht angenommen werden und wird von ihr selbst nicht geltend gemacht.
1.1.3 Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Klägerin zu 1), die sich im Laufe des Verwaltungsverfahrens auch auf eine deutsche Volkszugehörigkeit berufen hatte, insoweit aus anderweitigen Rechtsgründen die deutsche Staatsangehörigkeit bereits erworben hat.
1.1.3.1 Ein Erwerb nach § 7 StAG als Statusdeutsche durch Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 des Bundesvertriebenengesetzes scheidet schon deshalb aus, weil die Klägerin zu 1) mangels dazu notwendiger Aufnahme nicht die Eigenschaft einer Statusdeutschen hat. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass sie eine entsprechende Bescheinigung nach dem Bundesvertriebenengesetz erhalten hat.
1.1.3.2 Mangels Eigenschaft als Statusdeutsche kommt insoweit auch kein Erwerb nach § 40a StAG in Betracht.
1.1.3.3 Auch bei - zu ihren Gunsten hier unterstellter, aber zweifelhafter - deutscher Volkszugehörigkeit, kann sie sich nicht auf § 8 des StAngRegG berufen. Diese Bestimmung, die dem Begünstigten unter den dort genannten Voraussetzungen einen Einbürgerungsanspruch verschafft, setzt nämlich einen - bei der Klägerin zu 1) ersichtlich nicht gegebenen - dauernden Aufenthalt in Deutschland bei Inkrafttreten dieser Bestimmung im Februar 1955 voraus (vgl. Urteil des BVerwG v. 29.10.1996 – 1 C 37/93 – EZAR 278 Nr. 4).
1.2 Die Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 3 des § 8 Nrn. 1-4 StAG sind für beide Klägerinnen gegeben.
1.2.1 Für die Nrn. 1-3 bedarf dies hier keiner näheren Begründung.
1.2.2 Im Ergebnis hat die Beklagte die in § 8 StAG Nr. 4 geforderte sog. Unterhaltsfähigkeit bejaht.
Der Einbürgerungsbewerber muss danach in der Lage sein, voraussichtlich dauerhaft den Lebensunterhalt für sich und seine (unterhaltsberechtigten) Angehörigen sichern zu können, ohne dazu auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln angewiesen zu sein (vgl. Hailbronner/Renner, a.a.O., § 8 StAG, Rn 37 m.w.N., sowie Ziffer 8.1.1.4 StAR-VwV v. 13.12.2000 (BAnz. 2001, 1418), wonach ein Einbürgerungsbewerber imstande ist, sich und seine Angehörigen zu ernähren, wenn er den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie sowie etwaige an ihn gerichtete Unterhaltsansprüche nachhaltig und auf Dauer aus einem selbsterwirtschafteten Einkommen, einem eigenen Vermögen und einem bestehenden Unterhaltsanspruch gegen einen Dritten bestreiten kann, ohne auf einen Anspruch auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln angewiesen zu sein). In Ziffer 8.1.1.4 StAR-VwV wird zutreffend weiter ausgeführt, dass es bei verheirateten Einbürgerungsbewerbern ausreicht, wenn die Ehegatten hierzu gemeinsam in der Lage sind (vgl. Urt. des BVerwG vom 22.06.1999 - 1 C 16/98 - BVerwGE 109, 142 ff.). Die Unterhaltsfähigkeit umfasst dabei grundsätzlich auch eine ausreichende soziale Absicherung gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und für das Alter. Ergänzend wird in der o.a. Ziffer der StAR-VwV ausgeführt, dass bei dem Bezug anderer Leistungen, wie u.a. bei Ausbildungsförderung nach dem BAföG, eine Prognoseentscheidung erforderlich ist, ob der Einbürgerungsbewerber künftig in der Lage sein wird, sich ohne Bezug solcher Leistungen aus eigenen Kräften zu unterhalten.
Gleiches hat nach Ansicht der Kammer im vorliegenden Fall zu gelten. Die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann hatten beide bis zum Jahresende 2002 zeitlich befristete Stipendien für ihre wissenschaftliche Fortbildung erhalten; nunmehr sind sie jeweils mit 19,25 Wochenstunden bis zum Jahresende 2003 bzw. Juni 2004 befristet als wissenschaftliche Mitarbeiter tätig. Es bedarf daher der Prognose, ob zumindest einer der Ehegatten nach Ablauf der befristeten Arbeitsverträge dauerhaft in der Lage sein wird, die Familie ohne öffentliche Unterstützung zu unterhalten. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann bezögen Erwerbseinkommen, bei dem es keiner Prognose über die weitere Entwicklung bedürfe, trifft nach Ansicht der Kammer nicht zu, da es für die Notwendigkeit einer Prognose nicht (nur) auf die Art des Einkommens, sondern auch auf seine Dauerhaftigkeit ankommt und diese bei befristeten Stipendien oder Arbeitsverträgen nicht gegeben ist.
Die demnach erforderliche Prognose über die zukünftige Einkommensentwicklung der Klägerin zu 1) und ihres Ehemannes fällt jedoch zu ihren Gunsten aus. Im Hinblick auf die vorliegenden positiven Stellungnahmen für die Klägerin zu 1) durch ihren jetzigen Bereichsleiter P. vom 11.3.2003 und für ihren Ehemann durch Herrn Q. vom 14.7.2003 sowie die hohe (wissenschaftliche) Qualifikation der Eheleute ist die Annahme gerechtfertigt, jedenfalls einer der Eheleute werde auch später, d.h. nach dem Auslaufen der heute gegebenen befristeten Teilzeitverträge, dauerhaft einen „auskömmlichen Job“ erhalten und in der Lage sein, dadurch den Familienunterhalt, auch für die Klägerin zu 2), ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu bestreiten.
2. Liegen somit die o.a. gesetzlichen Voraussetzungen für die Einbürgerung vor, so hat Beklagte nach Ermessen („kann“) über die Einbürgerung zu entscheiden. Zur gleichmäßigen Ermessensausübung sind die o.a., auch von der Beklagten angewandten StAR-VwV erlassen worden. Nach deren Ziffer 8.0 Abs. 2 Satz 1 „kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörden erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. Maßgebend hierfür sind die unter den Ziffern Nr. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 aufgeführten Gesichtspunkte“. Nach Ziffer 8.1.2 Satz 1 und 2 StAR-VwV enthalten diese Bestimmungen „die allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und legen fest, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Persönliche Wünsche und wirtschaftliche Interessen des Einbürgerungsbewerbers können danach nicht entscheidend sein. Belange der Entwicklungspolitik stehen einer Einbürgerung (im Gegensatz zu der vormals geltenden Verwaltungsvorschrift) nicht entgegen“.
Auch wenn danach für die Ausübung des Einbürgerungsermessens öffentliche Interessen maßgebend sind, hat der Bewerber dennoch beim Vorliegen der gesetzlichen Mindestvoraussetzungen – wie hier - Anspruch auf ermessensfehlerfreie Ermessensausübung. Für die Nachprüfung dieser Ermessensausübung gelten die üblichen Regeln (vgl. Hailbronner/Renner, a.a.O. § 8 Rn 46 f. m.w.N.). D.h.: Die Beklagte muss als Voraussetzung ihrer Ermessensentscheidung alle für den Zweck der Ermächtigung maßgebenden Tatsachen ermitteln (vgl. Urteil des BVerwG v. 17.3.1981 – 1 C 74.76 – BVerwGE 62, 36, 43; Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 8. Aufl., § 40, Rdn. 62 mwN); andernfalls liegt ein zur sog. Ermessensdefizit vor.
Ermessensschranken können sich etwa aus den Grundrechten, insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, sowie im Rahmen des einfachen Rechts aus sog. Wohlwollensgeboten. Die Tatsache, dass die Klägerinnen als Tochter bzw. Enkelkind einer deutschen Staatsangehörigen bereits seit Geburt deutsche Staatsangehörige wären, wenn verfassungskonform gemäß der ab Jahrebeginn 1975 geltenden Rechtslage bereits bei Geburt der Klägerin zu 1) die deutsche Staatsangehörigkeit eines ehelichen Kindes kraft Geburtes grundsätzlich geschlechtsunabhängig über jeden Elternteil und nicht nur – wie grundsätzlich bis dahin - über den Vater vermittelt worden wäre, führt hingegen nicht zu einem entsprechenden Wohlwollensgebot (BverwG, Urteil v. 21.10.1986 – 1 C 44/84 - BVerwGE 75, 86, 90). Ebenso wenig ergeben sich insoweit Erleichterungen aus § 13 StAG. Denn dieser Bestimmung liegt nicht der Rechtsgedanke einer allgemeinen, vom Ort der Niederlassung unabhängigen Privilegierung ehemaliger Deutscher und ihrer Abkömmlinge zu Grunde (vgl. Urt. des BVerwG vom 22.06.1999 - 1 C 16/98 - BVerwGE 109, 142 ff.). Im Übrigen gehören die Klägerinnen nach Ansicht der Kammer unabhängig von ihrem Aufenthaltsort ohnehin nicht zu dem durch § 13 StAG begünstigen Personenkreis. Begünstigt werden nämlich (nur) „ehemalige Deutsche und ihre Abkömmlinge“. Dazu gehören die Klägerinnen aber nicht. Vielmehr handelt es sich bei ihnen um die Tochter und das Enkelkind, also Abkömmlinge, einer (immer) deutschen Staatsangehörigen. Ihre Mutter bzw. Großmutter ist nämlich seit Geburt vermittelt über ihren Vater, also den Großvater mütterlicherseits der Klägerin zu 1), deutsche Staatsangehörige. Dass sie zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hätte, ist nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht. Zwar ist § 13 (Ru)StAG auch zu Gunsten der Abkömmlinge derjenigen ehemaligen deutschen Staatsangehörigen anzuwenden, die zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit wieder erworben haben (vgl. Urteil des BVerwG v. 6.12.1983 – 1 C 122/80 - BVerwGE 68, 220, 238). Gleiches gilt schon dem Wortlaut nach aber nicht für die Abkömmlinge von (immer) deutschen Staatsangehörigen. Diese Bestimmung kann – jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung - auch nicht analog angewandt werden, weil dafür schon die erforderliche planwidrige Regelungslücke fehlt. War nämlich der Vater des oder der Betroffenen deutscher Staatsangehöriger, so haben die Betroffenen kraft Geburt gemäß § 4 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, bei Geburt nach 1975 auch bei Abstammung von einer deutschen Mutter. Für die vorliegende Fallgestaltung der Abstammung von einer deutschen Mutter vor 1975 besteht wiederum die o.a. Sonderegelung in Art. 3 RuStAÄndG 1974. Die Abstammung der Klägerinnen von einer deutschen Mutter bzw. Großmutter ist damit aber für die Ermessenausübung nicht bedeutungslos. Diesem Gesichtspunkt wird zwar nicht in der stärkeren Form eines sog. Wohlwollensgebots, sondern (in schwächerer Form) durch Erleichterung der Einbürgerung, insbesondere hinsichtlich der erforderlichen Aufenthaltszeit in Deutschland gemäß den StAR-VwV, im Rahmen des Ermessens nach § 8 StAG hinreichend Rechnung getragen.
Hieran gemessen war der angefochtene Bescheid der Beklagten aufzuheben, weil die für eine sachgerechte Ermessensentscheidung hinsichtlich der Hinnahme der Mehrstaatigkeit als Einbürgerungshindernis maßgebenden Tatsachen zum insoweit maßgebenden Entscheidungszeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (und bis heute) nicht hinreichend geklärt waren (dazu 2.1); die Klägerinnen werden - jedenfalls hinsichtlich der etwaigen Hinnahme der israelischen Staatsangehörigkeit als Einbürgerungshindernis – deshalb auch in ihrem Recht auf eine sachgerechte Ermessensausübung verletzt, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass nach vollständiger Ermittlung des Sachverhalts eine erneute Ermessensentscheidung zu ihren Gunsten ausfällt (dazu 2.2).
2.1 Ziffer 8.1.2.6 StAR-VwV, der von der Beklagten für ihre Ermessensausübung herangezogenen Verwaltungsvorschriften, regelt, dass „der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit bei der Ermessensausübung zu beachten ist“. Das ist nicht zu beanstanden (vgl. Urteil des BVerwG v. 2.5.2001 – 1 C 18/99 – EZAR 271 Nr. 34). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos. Ob vorliegend eine solche Ausnahme in Betracht kommt, ist noch nicht hinreichend geklärt. Zwar ist die Entscheidung der Beklagte zu einer Ausnahme wegen der „Unmöglichkeit“ des Ausscheiden aus der israelischen Staatsangehörigkeit (2.1.1), eines „herausragenden öffentlichen Interesses“ (2.1.2) und der „vorübergehenden“ Hinnahme der Mehrstaatigkeit nicht zu bestanden (2.1.3); anders gilt aber für die Frage, ob vorliegend nicht „unzumutbare Bedingungen“ bzw. ein sonstiger Grund vorliegen (2.1.4).
2.1.1 Nach Ansicht der Kammer ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die von der israelischen Botschaft als „Ausbürgerungsvoraussetzung“ angeführte Frist von sieben Jahren Auslandsaufenthalt nicht unter die Ausnahmebestimmung der Ziffer 8.1.2.6.3.1 StAR-VwV fällt. Danach kann die Mehrstaatigkeit hingenommen werden, wenn das Recht des ausländischen Staats das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht ermöglicht. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen und der Entstehungsgeschichte ergibt, ist damit jedoch gemeint, dass es bereits nach der Rechtslage überhaupt keine Möglichkeit des Ausscheidens aus der Staatsangehörigkeit gibt. Dies trifft aber für das israelische Staatsangehörigkeitsgesetz nicht zu. Dies sieht u.a. in Art. 10 ein Ausscheiden durch Verzicht für Erwachsene – wie die Klägerin zu 1) - grundsätzlich vor. Art. 10 f des israelischen Staatsangehörigkeitsgesetzes lässt außerdem dem Wortlaut nach auch eine Entlassung der Klägerin zu 2) als Minderjährige aus der Staatsbürgerschaft zusammen mit der Entlassung ihrer Mutter (und ggf. der Zustimmung ihres Vaters) zu. Fälle der faktischen Verweigerung der Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit sind hingegen mit der Ziffer 8.1.2.6.3.1 StAR-VwV nicht gemeint. Eine vom Wortlaut dieser Bestimmung abweichende und für die Ermessensausübung bei Verwaltungsvorschriften - wie der StAR-VwV - maßgebende Verwaltungspraxis (vgl. zur entscheidenden tatsächlichen Handhabung von Verwaltungsvorschriften allgemein das Urteil des BVerwG v. 2.2.1995 – 2 C 19/94 – NVwZ-RR 1996, 47 f sowie speziell zur Anwendung von Verwaltungsvorschriften in Vollzug des (RuStAG) die Beschlüsse des BVerwG v. 11.10.1985 – 1 B 102/85 – DVBl. 1986, 110 ff sowie vom 23.5.1989 – 1 B 17/89 – Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 38) ist nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht vorgetragen.
2.1.2 Ferner hätte die Beklagte nach Ziffer 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV die Mehrstaatigkeit auch hinnehmen können, wenn ein herausragendes öffentliches Interesse an der Einbürgerung bestünde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie die Beklagte in der Klageerwiderung zutreffend ausgeführt hat, ist von dem dafür nach den StAR-VwV (zu Ziffer 8.1.3.5 Einbürgerungserleichterungen bei einem besonderen öffentlichen Interesse) zuständigen Bundesministerium, dem BMBF, mit Schreiben vom 28.10.2002 schon das Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung verneint worden. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass ein noch gesteigertes, nämlich herausragendes öffentliches Interesse an der Einbürgerung gegeben ist.
2.1.3 Die Möglichkeit, nach den StAR-VwV die Mehrstaatigkeit vorübergehend hinzunehmen, bestand gleichfalls nicht.
Abgesehen von der hier nicht gegebenen Ausnahme für Minderjährige ist dies nach Ziffer 8.1.2.6.2 StAR-VwV nur dann möglich, wenn der ausländische Staat das Ausscheiden aus seiner Staatsangehörigkeit erst nach dem Vollzug der Einbürgerung zulässt. Mit der Voraussetzung „nach dem Vollzug der Einbürgerung“ ist aber nicht (allein) der zeitliche Nachrang des Ausscheiden aus der bisherigen Staatsangehörigkeit in Verhältnis zur Einbürgerung gemeint, sondern vielmehr eine Bedingung. Dafür spricht die systematische Stellung dieser Regelung in Ziffer 8.1.2.6.2. StAR-VwV, nämlich als Ergänzung zu dem vorhergehend geregelten Fall, dass der ausländische Staat für die Entlassung aus seiner Staatsangehörigkeit eine Einbürgerungszusicherung eines anderen Staates nicht ausreichen läßt, sondern den Vollzug der Einbürgerung verlangt. Der Vollzug der Einbürgerung muss dementsprechend nach dem ausländischen Staatsangehörigkeitsrecht Bedingung für das Ausscheiden aus der anderen Staatsangehörigkeit sein. In diesem Fall kann, wenn der Einbürgerungsbewerber zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit bereit ist und die dazu erforderlichen Handlungen vorgenommen hat bzw. sie ihm als Auflage aufgegeben werden können, die Einbürgerung erfolgen, weil dann nämlich davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit das Ausscheiden aus der bisherigen Staatsangehörigkeit erfolgt, folglich die Mehrstaatigkeit nur vorübergehend hingenommen wird. Dies gilt aber nicht entsprechend für den vorliegenden Fall. Denn nach dem Schreiben der israelischen Botschaft vom Februar 2002 ist das Ausscheiden der Klägerin zu 1) aus der israelischen Staatsangehörigkeit nicht von dem Vollzug der Einbürgerung in Deutschland abhängig, sondern u.a. von dem Ablauf einer „Abwesenheitsfrist“ (aus Israel) von sieben Jahren. Hierauf bezieht sich die Bestimmung aber nicht. Sie kann jedenfalls im vorliegenden Fall auch nicht entsprechend angewandt werden, da - unabhängig von den ungenannten ggf. weiteren „Ausbürgerungs-“ voraussetzungen - ein Zeitraum von (z. Zt. des Erlasses des Widerspruchsbescheides) mindestens noch weiteren fünf Jahren bis zum Verstreichen der o.a. Frist von sieben Jahren nicht mehr als „vorübergehend“ angesehen werden kann.
2.1.4 Nach Ziffer 8.1.2.6.3.2 StAR-VwV kann die Mehrstaatigkeit aber auch dann hingenommen werden, wenn der ausländische Staat die Entlassung von „unzumutbaren Bedingungen“ abhängig macht, bzw. gemäß Ziffer Ziffer 8.1.2.6.3 Satz 2 StAR-VwV beim Vorliegen eines sonstigen atypischen Grundes. Insoweit liegt keine sachgerechte Ermessensentscheidung der Beklagten vor.
Ob vorliegend eine „Abwesenheits-“frist von sieben Jahren als Ausbürgerungsvoraussetzung eine „unzumutbare Bedingung“ darstellt, ist von der Beklagten nämlich nach den maßgebenden Ausführungen in ihrem Bescheid vom 24.4.2002 – ihre ergänzende Stellungnahme unter Ziffer 3 des Schreibens v. 9.7.2003 ist insoweit unklar - nicht geprüft worden. Vielmehr ist sie im Umkehrschluss aus der Bestimmung von Ziffer 8.1.2.6.3.4 StAR-VwV - wenn der Einbürgerungsbewerber zwar die Verweigerung der Entlassung zu vertreten hat, sich aber schon länger als 20 Jahre nicht mehr im Herkunftsstaat aufgehalten hat, davon mindestens zehn Jahre im Inland und über 40 Jahre alt ist, kann die Mehrstaatigkeit angenommen werden - davon ausgegangen, dass bei einer von dem Einbürgerungsbewerber zu vertretenden Verweigerung der Entlassung die Mehrstaatigkeit nicht hingenommen werden kann. Insoweit ist schon fraglich, ob dieser Grund im Rahmen des § 8 StAG überhaupt anzuwenden ist (dagegen Marx , in: GK-StAR, § 8 StAG, Rdn. 236) und ,bejahendenfalls, ob die Beklagte den Begriff der „zu vertretenden“ Entlassungsverweigerung zu treffend erkannt hat. Nach Ziffer 87.1.2.3.1. Abs. 2 StAR-VwV hat der Einbürgerungsbewerber die Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit zu vertreten, wenn er die Hindernisse für die Entlassung aus seiner bisherigen Staatsangehörigkeit durch Nichterfüllung von Verpflichtungen gegenüber seinem Heimatstaat selbst verursacht hat und die Entlassungsverweigerung darauf beruht, wie im Falle der Nichtrückzahlung von Stipendien, der Verletzung von Unterhaltspflichten, Steuerrückständen oder bei der Einreichung von nicht formgemäßen Unterlagen. Nicht zu vertreten sind hingegen Gründe, die der Einbürgerungsbewerber nicht in zumutbarer Weise beeinflussen kann und die deshalb ohne sein Verschulden eintreten oder bestehen. Ob dies nach dem – aus den o.a. Gründen maßgeblichen - Willen des Urhebers der Verwaltungsvorschrift, der Bundesregierung, auch für die Ermessensausübung im Rahmen des § 8 StAG gelten soll und eine „Ausbürgerungsfrist von sieben Jahren“ demnach einer Einbürgerung nicht entgegensteht, ist unklar, da die Beklagte (und das Gericht) insoweit über keine Erfahrungen verfügt, und letztlich durch Rückfrage der Beklagten zu klären. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass eine solche Frist zwar durch das Verhalten des Einbürgerungsbewerbers, nämlich durch ein Warten bis dahin, beeinflusst werden kann. Das maßgebende Verhalten ist dem Betroffenen – anders als in den anderen, in der StAR-VwV ausdrücklich angeführten Fällen wie bei der Rückzahlung von Stipendien oder von Steuern – aber nicht gegenwärtig oder jedenfalls in naher Zukunft möglich. Außerdem wird jedenfalls im Rahmen des § 87 AuslG nach Ziffer 87.1.2.3.2 StAR-VwV u.a. die Zahlung einer Ausbürgerungsgebühr von mehr als einem Bruttomonatseinkommen des Einbürgerungsbewerbers, mindestens jedoch 2.500,00 DM, als nicht akzeptabel angesehen. Wenn dies für Einbürgerungen nach § 8 StAG ebenso gelten sollte, also ggf. schon die Forderung einer „Ausbürgerungsgebühr“ von „nur“ etwa 1.500,00 € als unzumutbare Bedingung eingestuft wird und die Hinnahme von Mehrstaatigkeit rechtfertigt, so ist nicht ersichtlich, warum andererseits - vorbehaltlich der Erfüllung der Voraussetzungen der Ziffer 8.1.2.6.3.4 StAR-VwV – „Ausbürgerungswartezeiten“ von fünf, zehn oder mehr Jahren gleichwohl der Hinnahme der Mehrstaatigkeit entgegenstehen sollten. Eine solche Ermessensausübung wäre schwerlich mit dem Gleichbehandlungssatz des Art. 3 GG zu vereinbaren.
Im Übrigen läßt die StAR-VwV bei atypischer Fallgestaltung auch aus sonstigen Gründen die Hinnahme der Mehrstaatigkeit zu. Denn nach Ziffer 8.1.2.6.3 Satz 2 StAR-VwV sind nachfolgend die Ausnahmen „insbesondere“, also nicht abschließend aufgeführt. Eine solche atypische Situation könnte vorliegend gegeben sein, da – soweit ersichtlich – entsprechende „Ausbürgerungs-“fristen, die über Bedenkzeiten von kurzer Dauer ( vgl. dazu Berlit, GK-StAR, § 87 AuslG, Rdn. 66) hinausgehen, beim Erlass der StAR-VwV unberücksichtigt geblieben sind.
Im Rahmen der demnach nachzuholenden Prüfung, ob Israel vorliegend die Entlassung von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht bzw. ein sonstiger unbenannter Grund zur Hinnahme der Mehrstaatigkeit gegeben ist, hat die Beklagte nach Ansicht der Kammer zudem vorab den Versuch zu machen, ergänzend zu klären, warum eine solche, sich aus dem der Kammer vorliegenden Gesetzestext des israelischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (aus der Sammlung Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Familienrecht, Stand der Lieferung: Dezember 1987) nicht folgende Voraussetzung überhaupt von den israelischen Behörden im Einzelfall geltend gemacht wird, ob dies z.B. wegen der vorherigen Einbürgerung der Klägerin zu 1) oder der Ausbildung der Klägerin zu 1) und ihres Ehemannes in Israel oder aus sonstigen Gründen der Fall ist. Außerdem ist zu klären, ob dies in der maßgeblichen israelischen Praxis die einzige Voraussetzung für die Entlassung aus der israelischen Staatsangehörigkeit ist. Aus dem Schreiben der israelischen Botschaft vom 6.2.2002 ergibt sich dies gerade nicht. Darin wird nur angeführt, dass eine, nicht aber die einzige Voraussetzung für den Verzicht auf die israelische Staatsangehörigkeit für die Klägerin zu 1) die nichterfüllte o.a. Abwesenheitsfrist ist.
Welche Gründe einem Verzicht der Klägerin zu 2) entgegenstehen, wird in dem Schreiben vom 6.2.2002 (überhaupt) nicht gesagt. Auch insoweit muss – auch unter Berücksichtigung der erleichterten Einbürgerungsvoraussetzungen (für Minderjährige) gemäß Ziffer 8.1.2.6.2 Satz 2 StAR-VwV - ebenfalls noch geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen die Klägerin zu 2) nach der Praxis der israelischen Behörden die israelische Staatsangehörigkeit verlieren kann.
Nach Ansicht der Kammer sollte zudem im Rahmen der weiteren Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes das Auswärtige Amt ergänzend um eine Stellungnahme gebeten werden, inwieweit aus deutscher Sicht im Hinblick auf das besondere deutsch-israelische Verhältnis ein öffentliches Interesse daran besteht, unter den vorliegend gegebenen Voraussetzungen nicht gegen den Willen der israelischen Behörden eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit vorzunehmen. Zwar ergibt sich aus der Systematik der StAR-VwV, dass es auf die Bewertung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Einbürgerungsbewerber bislang hat, insoweit grundsätzlich nicht ankommt, da entsprechende Regelungen in den StAR-VwV nicht enthalten sind. Dies schließt dies aber nicht aus, wegen des besonderen deutsch-israelischen Verhältnisses ausnahmsweise zu berücksichtigen, ob nicht die deutschen Behörden ein insoweit berücksichtigungsfähiges öffentliches Interesse daran haben, jedenfalls Personen, die, wie die Klägerin zu 1), selbst erst als Erwachsene nach Israel eingewandert, dort eingebürgert und (weiter) ausgebildet worden sind, nicht unter Hinnahme der gleichzeitig fortbestehenden israelischen Staatsbürgerschaft einzubürgern. Der Sinn und Zweck des Grundsatzes, Mehrstaatigkeit zu verhindern, liegt nämlich darin, Konflikte über die Personalhoheit zwischen den verschiedenen Heimatstaaten, etwa bei Pflichtenkollisionen hinsichtlich der Ableistung des Wehrdienstes oder bei konkurrierender Inanspruchnahme des diplomatischen Schutzes, zu verhindern (vgl. umfassend: Hailbronner, aaO., Einleitung F Rn 5 m.w.N.), und an der Vermeidung einer entsprechenden Pflichtenkollision dürfte gerade im deutsch-israelischen Verhältnis ein besonderes öffentliches Interesse bestehen. Dass umgekehrt – wie von den Klägerinnen geltend gemacht wurde - ein öffentliches Interesse gerade daran besteht, in dieser Fallgestaltung, also nicht in Fällen mit sog. staatsangehörigkeitsrechtlichem Wiedergutmachungsgehalt, eine deutsch-israelische Mehrstaatigkeit hinzunehmen, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht auch die Stellungnahme der Deutschen Botschaft vom 31.5.1999.
Auch wenn die außerhalb des heutigen russischen Staatsgebietes geborenen und dort nach dem Zerfall der vormaligen UDSSR auch nicht wohnhaften Klägerinnen nach den Erkenntnissen des Gerichts wohl nicht von Gesetzes wegen die russische Staatsangehörigkeit erworben haben dürften, sollte im Hinblick auf die – von der Klägerin zu 1) (vormals) angegebene – russische Staatsangehörigkeit ihrer Eltern zur Klarstellung nach Ansicht des Gerichts im Rahmen der weiteren Sachverhaltsaufklärung insoweit noch eine Stellungnahme der zuständigen russischen Behörden eingeholt werden.
2.2 Sonstige zu berücksichtigende Ermessensgesichtspunkte stehen der Einbürgerung der Klägerinnen – soweit ersichtlich - nicht entgegen. Dies gilt sowohl für die Klägerin zu 1) – s. dazu 2.2.1 – als auch für die Klägerin zu 2) – s. dazu 2.2.2.
2.2.1.(1) Die Klägerin zu 1) verfügt nach den von ihr vorgelegten Unterlagen über die nach Ziffer 8.1.2.1.1 StAR-VwV erforderlichen Deutschkenntnisse, wovon die Kammer sich in der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen konnte.
2.2.1.2 Nach Ziffer 8.1.3.3 StAR-VwV wird u.a. bei Abkömmlingen deutscher Staatsangehöriger, wie der Klägerin zu 1), als Einbürgerungsvoraussetzung auf die ansonsten nach Ziffer 8.1.2.4 StAR-VwV erforderliche Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung verzichtet; erforderlich ist statt dessen nur ein - hier mit der Aufenthaltsbewilligung gegebener - rechtmäßiger Aufenthalt im Inland im Zeitpunkt der Einbürgerung. Dass in der (maßgeblichen) Verwaltungspraxis abweichend von dieser Bestimmung auch für Abkömmlinge von deutschen Staatsangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung verlangt würde, ist nicht ersichtlich. Die Kammer geht dabei davon aus, dass die abweichenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig versehentlich erfolgt sind, zumal diese zuvor der Erteilung einer Einbürgerungszusicherung zugestimmt hatte.
2.2.1.3 Abkömmlinge deutscher Staatsangehöriger können nach Ziffer 8.1.3.3 StAR-VwV abweichend von der nach Ziffer 8.1.2.2 StAR-VwV grundsätzlich erforderlichen Mindestaufenthaltsdauer von acht Jahren „bei einer - nach Lage des Einzelfalls auch erheblich -kürzeren Aufenthaltsdauer als acht Jahre eingebürgert werden“. Wie die Beklagte mit Schreiben vom 9.7.2003 ausgeführt hat, hält sie vorliegend überhaupt keine Mindestaufenthaltsdauer für erforderlich, da die Klägerin zu 1) bereits nach § 13 StAG ohne weitere Wartezeit (vom Ausland aus) hätte eingebürgert werden können. Aus den zuvor unter Ziffer 2 Abs. 3 dargelegten Gründen trifft diese Begründung zwar nicht zu. Dies schließt allerdings nach dem Wortlaut nicht aus, gleichwohl in diesen Fällen mit anderer Begründung, etwa der Abstammung von einem (immer) deutschen Staatsangehörigen und dessen Aufenthalt in Deutschland – wie hier -, üblicherweise auf eine längere Aufenthaltsdauer - als sie die Klägerin zu 1) (nunmehr) aufweist - zu verzichten. Welche Frist insoweit „üblich“ ist, hat die Beklagte in Hinblick auf eine gleichmäßig Ermessensausübung über den Einzelfall hinaus zu klären.
2.2.1.4 Die staatsbürgerlichen Voraussetzungen nach Ziffer 8.1.2.5 StAR-VwV erfüllt die Klägerin zu 1), namentlich bekennt sie sich in der abgegebenen Loyalitätserklärung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung (vgl. dazu Urteil des BVerwG v. 21.10.1986 – 1 C 44/84 – BVerwGE 75, 86 ff). Gegenteilige Anhaltspunkte liegen nicht vor.
2.2.1.5 Der Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Familie, der in vormals gültigen Einbürgerungsrichtlinien enthalten war (vgl. dazu Beschluss des BVerwG v. 23.5.1989 – 1 B 17/89 – Buchholz 310 § 8 RuStAG Nr. 38 mwN), findet sich in den nunmehr von der Beklagten angewandten StAR-VwV nicht mehr. Daher steht dieser Grundsatz jedenfalls dann der Einbürgerung einzelner Familienangehöriger nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen für die gleichzeitige Einbürgerung aller Familienangehörigen nicht vorliegen. Dies ist vorliegend deshalb der Fall, weil der Ehemann der Klägerin zu 1) mangels Abstammung von einem Deutschen mit seinem Aufenthalt in Deutschland erst seit 2001 und der lediglich vorhandenen Aufenthaltsbewilligung grundsätzlich nicht die Voraussetzungen zu einer eigenständigen Einbürgerung erfüllt und auch für eine Miteinbürgerung gemäß Ziffer 8.1.3.9.1 StAR-VwV zumindest ein - bislang nicht gegebener - Aufenthalt von vier Jahren gefordert wird.
2.2.1.6 Weitere der Einbürgerung der Klägerin zu 1) ggf. entgegenstehende und im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich.
2.2.2.(1) Nach Ziffer 8.1.3.6 StAR-VwV kann die Klägerin zu 2) nicht selbständig eingebürgert werden. Dazu müßte sie nämlich nach Abs. 1 dieser Regelung bereits jetzt im Inland mit einem sorgeberechtigten deutschen Staatsangehörigen in einer familiären Lebensgemeinschaft lebt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ihre sorgeberechtigten Eltern sind keine deutschen Staatsangehörigen.
2.2.2.2 Dementsprechend kann die Klägerin nur gemäß Nr. 8.1.3.9.2 StAR-VwV miteingebürgert werden.
Die dazu erforderliche Voraussetzung nach Abs. 1 erfüllt die Klägerin zu 2) als noch nicht Sechzehnjährige, da sie mit der Klägerin zu 1) als sorgeberechtigter Einbürgerungsbewerberin in familiärer Lebensgemeinschaft im Inland lebt.
Die weiterhin gemäß Abs. 2 erforderliche mündliche Verständigung ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache und die Gewährleistung ihrer Einordnung in die deutsche Lebensverhältnisse sind gleichfalls gegeben. Die Klägerin zu 2) geht nach den Anlagen zum Schreiben vom 9.7.2003 seit über zwei Jahren in den Kindergarten, soll nunmehr (planmäßig) eingeschult werden und ist nach der schulärztlichen Untersuchung zweisprachig (mehr Deutsch), aber ohne Sprechauffälligkeiten und „leistungsstark“.
Dass sich nach Abs. 3 dieser Regelung das miteinzubürgernde Kind vor der Einbürgerung mindestens drei Jahre im Inland aufgehalten haben soll, bzw. bei einem miteinzubürgernden noch nicht sechsjährigen Kind - wie der Klägerin zu 2) - das halbe Leben im Inland verbracht haben soll, stünde – würde die Klägerin zu 1) ermessensgerecht eingebürgert - der Miteinbürgerung der Klägerin zu 2) nicht entgegen. Denn durch diese Bestimmung sollen ersichtlich die Voraussetzungen für die Miteinbürgerung gegenüber der erforderlichen Aufenthaltsdauer des „Haupt-“ einbürgerungsbewerbers herabgesetzt, nicht aber erhöht werden. Wenn aber zulässigerweise bereits für die Klägerin zu 1) eine geringere Aufenthaltsdauer als drei Jahre als ausreicht – s.o. unter Ziffer 2.2.1.3 - , so kann für die Miteinbürgerung der Klägerin zu 2) nichts anderes gelten. Dieser Grund würde eine Abweichung von dem „Soll-erfordernis“ des mindestens dreijährigen Aufenthalt rechtfertigen, zumal die Klägerin zu 2) selbst auch ein insoweit privilegierter Abkömmling einer deutschen Staatsangehörigen, nämlich ihrer Großmutter mütterlicherseits, i.S.v. Ziffer 8.1.3.3 StAR-VwV ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war angesichts der Schwierigkeit, des Umfanges und der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen notwendig i.S.v. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.