Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.07.2003, Az.: 5 B 286/03

Aufstellungsort; Bestimmtheit; Internet; Multifunktionalität; PC; Sicherheitsleistung; Spielgerät; Vergnügungssteuer

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
10.07.2003
Aktenzeichen
5 B 286/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48281
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Vergnügungssteuersatzung hier: Steuererhebung für einen PC mit Internetzugang

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 12. März 2003 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. März 2003 wird ohne Sicherheitsleistung angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 575,21 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Antragstellerin wendet sich als Betreiberin eines sogenannten Internetcafés im Innenstadtbereich der Antragsgegnerin gegen die Festsetzung von Vergnügungssteuern.

2

In diesem Internetcafé befinden sich 30 untereinander vernetzte Computer mit Internetanschluss. Die Computer sind mit Tastatur, Bildschirm, Maus und Kopfhörern ausgestattet; ein zentraler Drucker steht zum Ausdruck von Dokumenten zur Verfügung. In dem hier maßgebenden Zeitraum waren zudem auf jedem Computerarbeitsplatz ca. 20 sogenannte „Strategie- bzw. Aktionsspiele“ installiert. Ein vormals auf dem Desktop der Computer vorhandener Hinweis auf diese vorinstallierten Spiele ist entfernt worden. Je 20 Minuten sind für die Benutzung der Computer 1 € zu zahlen, unabhängig davon, wozu der Computer genutzt wird. Die vorinstallierten Spiele werden von der in dem „Internetcafé“ befindlichen Aufsichtsperson freigeschaltet, wofür jedoch kein zusätzliches Entgelt erhoben wird. Ein Geschäftsführer der Antragstellerin hat in der Vergangenheit nach Aktenlage (vgl. Zeitungsbericht der Braunschweiger Zeitung am 14. März 2003, Bl. 44 der Beiakte) vorgetragen, dass bei ihnen das Verhältnis zwischen Spielern und Surfern etwa „halbe halbe“ sei. Nunmehr wird der Anteil der Spieler von der Antragstellerin mit etwa 30% bemessen.

3

Nach Anhörung der Antragstellerin setzte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 4. März 2003 für die von der Antragstellerin „aufgestellten Personalcomputer mit festinstallierten Unterhaltungsspielen“ für den Zeitraum März bis Mai 2003 gestützt auf § 9 e ihrer Vergnügungssteuersatzung eine Vergnügungssteuerschuld in Höhe von insgesamt 4.601,70 € fest. Darüber hinaus wurde für den Zeitraum ab Juni 2003 die Festsetzung des erhöhten Steuersatzes gemäß § 9 f der Vergnügungssteuersatzung angekündigt. Wie sich aus einem Aktenvermerk in den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin und einem auch der Antragstellerin übersandten Merkblatt ergibt, hält die Antragsgegnerin zwar die bloße Möglichkeit, über einen üblichen PC mit Internetanschluss zu spielen, nicht für ausreichend, um eine Vergnügungssteuerpflicht nach ihrer Satzung zu begründen. Hinreichend dafür sei aber die - hier erfolgte – (Vor-)Installation von Spielen auf einem PC.

4

Die Antragsgegnerin legte gegen diesen Bescheid am 13. März 2003 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Bescheid vom 28. Mai 2003 setzte die Antragsgegnerin die streitige Vergnügungssteuerschuld in Höhe von 4.601,70 € für die Monate März bis Mai 2003 unter der Bedingung, dass bis zum 15. Juni 2003 eine Sicherheitsleistung in entsprechender Höhe erbracht werde, aus. Zur Begründung wurde u.a. angeführt, dass durch die Installation von Spielen auf dem PC die Voraussetzung für die Erhebung von Vergnügungssteuer gegeben sei, insoweit aber noch Unklarheiten bestünden und das Ergebnis von Beratungen des Bund-, Länderausschusses abgewartet werden solle. Die Unsicherheit rechtfertige die Aussetzung der Vollziehung, allerdings nur gegen eine entsprechende Sicherheitsleistung. Die Erbringung einer solchen sei der Antragstellerin auch zumutbar. Gegenteiliges habe die Antragstellerin trotz Aufforderung nicht dargelegt. Zudem bestehe im Hinblick auf den unverändert fortgeführten Betrieb von 30 Computern ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis der Antragsgegnerin.

5

Die Antragstellerin hat darauf hin am 4. Juni 2003 bei Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Ein parallel dazu erhobener vorläufiger Rechtsschutzantrag vor der 1. Kammer des erkennenden Gerichts gegen die Qualifikation des Internet-Cafes als Spielhalle oder ähnliches Unternehmen i.S.v. § 33 i GewO ist (in erster Instanz) erfolglos geblieben; insoweit wird auf das Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 B 99/03 Bezug genommen.

6

Die Antragstellerin beantragt insbesondere unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Auffassung, dass es sich bei dem von ihr betriebenen „Internetcafé“ um nicht eine Spielhalle handele,

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„die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 12. März 2003 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. März 2003 anzuordnen.“

8

Die Antragsgegnerin beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Verwaltungsverfahren sowie unter Hinweis auf die bereits gegen Sicherheitsleistung erfolgte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im Verfahren 1 B 99/03 nebst jeweiliger Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

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Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 12. März 2003 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. März 2003 anzuordnen, ist sachgerecht dahingehend auszulegen, dass gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung durch das Gericht „ganz“, d.h. ohne Sicherheitsleistung, angeordnet werden soll; denn einer gerichtlichen Regelung zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung bedarf es nicht mehr, nachdem eine entsprechende Anordnung, allerdings mit Sicherheitsleistung, bereits durch die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28. Mai 2003 erfolgt ist und – wie sich aus ihrem Schreiben vom 24.6.2003 ergibt – bis zum Abschluss dieses Verfahrens auch über den ursprünglich zur Erbringung der Sicherheitsleistung gesetzten Termin bis zum 15.6.2003 hinaus weiterhin wirksam ist.

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Der so verstandene Antrag ist nach der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.5.2003 erfolgten (Teil-) Ablehnung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung - nämlich der Ablehnung, die Vollziehung ohne Sicherheitsleistung auszusetzen - gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO zulässig und nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO aus den nachfolgend angeführten Gründen auch begründet.

13

Die 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 03.12.1998 – 1 BvR 592/97 – NVwZ 1999, 638), der sich die Kammer anschließt, hat insoweit zu den – aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden - Voraussetzungen für die Anordnung einer Sicherheitsleistung im gerichtlichen Vollziehungsaussetzungsverfahren u.a. angeführt: Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist ermessensfehlerfrei, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass der Rechtssuchende bei einem für ihn ungünstigen Prozessausgang überzahlte Beträge nicht erstatten kann. Erscheint die Rechtslage nicht eindeutig, sondern zweifelhaft, ist bezüglich der Anordnung der Sicherheitsleistung in jedem Fall zu prüfen, ob eine Gefährdung des Erstattungsanspruchs besteht. Hingegen stellt sich die Anordnung einer Sicherheitsleistung als ermessensfehlerhaft dar, wenn die Rechtslage zugunsten des Rechtssuchenden spricht und ein Erfolg der Klage zumindest sehr wahrscheinlich ist (ebenso Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdn. 875). Darüber hinaus ist die Anordnung einer Sicherheitsleistung als unverhältnismäßig zu beurteilen, wenn und soweit es dem Rechtssuchenden trotz zumutbaren Anstrengungen nicht möglich ist, Sicherheit zu leisten. Hieran gemessen ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Vergnügungssteuerbescheid der Antragsgegnerin vom 4. März 2003 ohne Sicherheitsleistung anzuordnen.

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Dies ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass es der Antragstellerin unzumutbar sei, Sicherheit in der festgesetzten Höhe zu leisten. Trotz Aufforderungen durch die Antragsgegnerin und das Gericht hat die Antragstellerin hierzu nämlich nicht substanziiert vorgetragen oder erbetene Belege vorgelegt.

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Die von der Antragsgegnerin für die Aussetzung geforderte Sicherheitsleistung ist gleichwohl als ermessensfehlerhaft anzusehen, da nach der in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen Prüfung der Rechtslage der Erfolg einer Anfechtungsklage sehr wahrscheinlich ist. Dies ergibt sich aus dem Fehlen einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage für die Erhebung von Vergnügungssteuern für die Aufstellung von Personalcomputern mit Internetanschluss, die bestimmungsgemäß zu verschiedenen Zwecken genutzt werden:

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Rechtsgrundlage für die Erhebung von Vergnügungssteuern durch die Antragsgegnerin sind die §§ 1 bis 3 NKAG i.V.m. der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin vom 10.12.1996 (Amtsblatt S. 39), in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Mai 2000 (Amtsblatt S. 28), nachfolgend = VGStS. Nach § 1 VGStS erhebt die Stadt Vergnügungssteuern für die folgenden im Stadtgebiet veranstalteten Vergnügungen gewerblicher Art: ...

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3. Veranstaltungen, bei denen Filme, bespielte Videokassetten, Bildplatten oder vergleichbare Bildträger vorgeführt werden, die von der obersten Landesbehörde nicht gemäß § 6 Abs. 3 Ziff. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit ... freigegeben worden sind; ...

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5. den Betrieb von Spiel-, Geschicklichkeits-, Musik- und Unterhaltungsapparaten und -automaten (einschließlich der Apparate und Automaten zur Ausspielung von Geld und Gegenständen) in Gaststätten, Spielhallen, Vereinsräumen, Kantinen und an anderen Orten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind; ausgenommen hiervon sind Spielgeräte für Kleinkinder.

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Die Steuerhöhe für den Betrieb der in § 1 Nr. 5 VGStS aufgeführten Apparate und Automaten wird als sogenannte Pauschsteuer nach festen Sätzen in § 9 VGStS bestimmt.

20

Danach beträgt die Steuer je Gerät für jeden angefangenen Monat für ...

21

c) Musikautomaten ... 30,00 DM

22

d) sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeiten, die nicht in Spielhallen aufgestellt sind ... 80,00 DM

23

e) sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeiten, die in Spielhallen aufgestellt sind ... 100,00 DM und

24

f) Geräte, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeiten dargestellt werden oder eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben ... 660,00 DM.

25

Der bereits verfassungsrechtlich vorgegebene und in § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG konkretisierte Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass in der Satzung (u.a.) der abgabebegründende Tatbestand hinreichend bestimmt umschrieben sein muss (vgl. Driehaus, in: ders., Kommunalabgabenrecht, § 2, Rdn. 99 ff mwN). Die Satzungsregelung ist so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. Beschluss des BVerfG v. 26.9.1978 – 1 BvR 525/77 – NJW 1978, 2446 ff unter B I 1 a)). Der Normgeber darf dabei auch im Bereich des Steuerrechts unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, ohne das Bestimmtheitsgebot zu verletzen. Allein die Notwendigkeit der Auslegung nimmt einer normativen Begriffsbestimmung noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat vom Gesetz fordert (vgl. Urteil des OVG Lüneburg vom 15. Februar 1989 – 13 C 2/87 - , NVwZ 89, 591, 593 m.w.N.). Erforderlich, aber auch ausreichend sind objektive Kriterien für die Auslegung (vgl. Beschluss des BVerwG v. 15. November 1995 - 11 B 72/95 – juris mwN).

26

Hieran gemessen regelt nach Ansicht der Kammer die VGStS nicht hinreichend bestimmt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen genau ein – wie hier – auch, aber nicht ausschließlich zum Spielen geeigneter und bestimmter Personalcomputer mit Internetanschluss, der im Rahmen eines Gewerbebetriebes an einem der Öffentlichkeit zugänglichen Ort aufgestellt wird, vergnügungssteuerpflichtig ist; eine solche, hier fehlende Regelung ist aber, etwa anhand der nachfolgend erörterten Merkmale, mit Rücksicht auf den Normzweck möglich.

27

Kennzeichnend für einen PC mit Internetanschluss ist seine sogenannte Multifunktionalität (vgl. Beschluss des OVG Berlin v. 17.12.2002 – 1 S 67.02 – hier zit. nach juris), d.h.: ein solcher PC kann zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden und wird dies im vorliegenden Fall - in einem nach Aktenlage im Einzelnen nicht genau feststehenden Umfang - auch. So kann und wird an dem PC gespielt. Darüber hinaus kann er zu Kommunikationszwecken genutzt werden. (Jedenfalls) Über den Internetzugang können ferner Musik gehört, Darstellungen auch erotischen Inhalts abgerufen, Zeitungen gelesen oder sonstige Informationen abgerufen werden, um nur die häufigsten Nutzungen zu nennen. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein solches Gerät nun Spiel-, Geschicklichkeit-, Musik- oder Unterhaltungsapparat im Sinne von § 1 VGStS ist, ist unklar. Dies ist aber Voraussetzung für eine Vergnügungssteuerpflicht. Denn im maßgebenden § 1 VGStS befindet sich kein Zusatz, dass auch „sonstige Geräte“ steuerpflichtig sind. Eine entsprechende Bestimmung enthält § 9 VGStS lediglich für die Höhe der Besteuerung. Dies setzt nach der Systematik der VGStS aber voraus, dass es sich bei dem „sonstigen Gerät“ i.S.d. § 9 VGStS um ein solches handelt, für das nach § 1 VGStS eine Steuerpflicht besteht, also um einen Spiel-, Geschicklichkeits-, Musik- oder Unterhaltungsapparat bzw. -automat. Insoweit ist schon fraglich, ob sich § 1 VGStS nicht ohnehin auf „mono“funktionale Geräte, die dem Rat der Antragsgegnerin als Satzungsgeber offenbar allein „vor Augen gestanden haben“, beschränkt, ein PC mit Internetanschluss also schon wegen seiner Multifunktionalität nicht darunter fällt. Selbst wenn man dem nicht folgt und dem Grunde nach auch ein solches multifunktionales Gerät als von § 1 VGStS mitumfasst ansähe, so fehlen jedenfalls hinreichend objektive Anhaltspunkte für die Festlegung, welche Merkmale aus einem Internet-PC ein unter § 1 VGStS fallendes Gerät machen. Nach den Erkenntnissen der Kammer wird eine Vielzahl von unterschiedlichen Abgrenzungskriterien diskutiert, unter denen ein auch zum Spielen geeigneter und bestimmter Personalcomputer vergnügungssteuerpflichtig sein soll; Rechtsprechung hierzu liegt – soweit erkennbar – nicht vor.

28

Als geringste Voraussetzung kommt die bloße Eignung eines PC mit Internetanschluss auch zum Zwecke des Spielens in Betracht. Dies würde im Regelfall zur Vergnügungssteuerpflicht des Aufstellens jedes entsprechenden (öffentlich zugänglichen, gewerblich genutzten) Computers mit Internetanschlusses führen. Diese Auslegung wird aber bereits von der Antragsgegnerin selbst nicht für zutreffend erachtet. Nach der Kommentierung (Rosenzweig/Freese, NKAG, § 3 NKAG, Rdn. 85) soll es für die Vergnügungssteuerpflicht letztlich auf den Aufstellungsort ankommen. In Internetcafés stünde ihr Einsatz als Informationsinstrument im Vordergrund, in Spielhallen dürfte ihr Einsatz dem eines sonstigen Spielgerätes entsprechen und deshalb steuerpflichtig sein. Diese ohnehin ohne entsprechende ausdrückliche Regelung fragwürdige Unterscheidung kommt jedenfalls für die Auslegung der hier maßgebenden VGStS nicht in Betracht. Denn in § 1 und 9 VGStS wird ein einheitlicher Begriff des Spiel-, Geschicklichkeits-, Musik- und Unterhaltungsapparats bzw. -automats vorausgesetzt, der nicht von dem Aufstellungsort abhängt. Dies zeigt sich besonders deutlich in § 9 d und e VGStS, der jeweils „sonstige Geräte“ betrifft und sie nach ihrem Aufstellungsort außerhalb oder innerhalb von Spielhallen unterschiedlich besteuert. Dies setzt gedanklich voraus, dass es einen gesonderten, nicht vom Aufstellungsort abhängigen Begriff des „sonstigen Geräts“ ergibt. Stellt man hingegen – wie nach den Informationen der Kammer aus dem Internet offenbar ab Jahresbeginn in abgestimmter Weise eine Reihe von Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ( vgl. etwa die Vergnügungssteuersatzungen der Städte Olsberg und Lübbecke) - auf die überwiegende Nutzung eines Personalcomputers zum Spielen als Voraussetzung für die Vergnügungssteuerpflichtigkeit ab, so bedarf dies jedenfalls, wie in Nordrhein-Westfalen erfolgt, einer gesonderten Regelung und wirft darüber hinaus die Frage nach der Verwaltungspraktikabilität einer entsprechenden Bestimmung auf. Nach den Angaben des Interessenverbandes der Betreiber entsprechender Internetcafés (www.icvd.de/news unter dem 31. Januar 2003) soll die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen (für die Vergnügungssteuerpflicht eines funktionsfähigen PC mit Internetzugang und entsprechendem Zubehör nach dortigem Landesrecht) nicht auf den überwiegenden (zeitlichen) Nutzungsumfang, sondern entscheidend darauf abstellen, ob „die Erlöse aus dem Computerspielen die übrigen Erlöse übersteigen“. Noch über dieses Abstellen auf den überwiegenden Nutzungszweck hinaus wird wiederum in einer Mitteilung des nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebundes (Nr. 215/99 vom 5. April 1999 zum Thema Vergnügungssteuerpflicht für Internetcafés) unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Innenministeriums darauf abgestellt, dass grundsätzlich bei einem Computer mit Internetzugang von einer überwiegenden nicht vergnügungssteuerpflichtigen Benutzung zu Kommunikationszwecken und zur Informationsbeschaffung auszugehen sei. Möglicherweise sei die Aufstellung eines PC mit Internetanschluss in einer Spielhalle anders zu beurteilen, wenn eindeutig nicht die zuvor angeführten Zwecke im Vordergrund, sondern die Nutzung als Spielgerät stünde. Die Antragsgegnerin selbst stellt nach Aktenlage entscheidend für die Qualifikation als vergnügungssteuerpflichtiges Spielgerät auf die – hier gegebene – Installation von Spielen ab. Nach Akteninhalt hat sie zuvor in Erwägung gezogen, die betreffenden Computer entsprechend ihrem zeitlichem Nutzungsumfang jeweils aufgespalten (insbesondere) als Musik- oder Spielautomat unterschiedlich hoch zu besteuern, diese Überlegung (ohne ausdrückliche Regelung in der Satzung zu Recht) aber verworfen. Schließlich käme auch noch in Betracht, die Vergnügungssteuerpflicht eines PC mit Internetanschluss vom (Nicht-)Einsatz bestimmter (üblicher) Filtersoftware abhängig zu machen. Bei dieser Sachlage ist es nach Ansicht der Kammer schon mangels Bestimmtheit des § 1 VGStS nicht zulässig, durch gerichtliche Entscheidung festzulegen, unter welchen Voraussetzungen ein multifunktionales Gerät i.S.v. § 1 VGStS vergnügungssteuerpflichtig ist. Vielmehr hat hierüber der Rat der Antragsgegnerin als Satzungsgeber zu entscheiden (vgl. zu den Gründen für die Entscheidung, für Internet-PCs unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehend die Rundfunkgebührenpflicht nach § 5a RGebStV auszusetzen, die Kommentierung dieser Bestimmung in: Hahn, Vesting (Hrsg.), Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2003). Dass der Rat sich diese Frage bereits bei der Aufstellung der VGStS im Dezember 1996 bzw. beim Erlass der Änderungssatzung im Jahr 2000 gestellt hat, ist nicht ersichtlich.

29

Gegen die Besteuerung der Aufstellung von Internet-PCs, die auch, aber nicht ausschließlich oder ganz überwiegend zum Spielen genutzt werden, spricht ferner der Sinn und Zweck der Vergnügungssteuerpflicht. Zu den die Vergnügungssteuer als Aufwandssteuer kennzeichnenden und rechtfertigenden Merkmalen gehört nämlich die (grundsätzliche) Abwälzbarkeit auf den „Benutzer der Veranstaltung“. Daneben können die Gemeinden zulässigerweise mit der Steuererhebung auch Lenkungszwecke verfolgen, so lange sich die steuerlichen Vorschriften nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung im Übrigen setzen (vgl. Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom Bundesverfassungsgericht vom 3. Mai 2001 – 1 BvR 624/00DVBl 2001, 1135). Wie nach den Verwaltungsvorgängen auch der Antragsgegnerin bewusst ist, bereiten diese Grundsätze bei der Besteuerung eines multifunktionalen Gerätes, wie eines PCs mit Internetanschluss, aber jedenfalls bei der Anwendung der vorliegenden VGStS Probleme. Denn je nach Nutzungszweck des Computers kann ein Veranstalter dadurch unterschiedlich hohe Erlöse erzielen und auf die Computeranwender überwälzen. Außerdem ist unklar, ob nach dem Willen des Satzungsgebers die - nach dem zuletzt angeführten Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgericht zulässige – „eindämmende Wirkung“ der Besteuerung von sogenannten „Gewaltspiel“automaten gemäß § 9 f VGStS auch auf einen Internet-PC Anwendung finden soll, auf dem zwar entsprechende „Gewalttätigkeiten“ sowie „sexuelle Handlungen“ dargestellt werden (können), der darüber hinaus aber auch (in einem ungewissen Umfang) zu Informations- und Kommunikationszwecken genutzt wird, die wohl auch von der Antragsgegnerin nicht zurückgedrängt, sondern im Gegenteil eher gefördert werden sollen.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG und berechnet sich nach einem 1/8 des streitigen Betrages in Höhe von 4.601,70 € = 575,21 € als festgesetztem Betrag. Nach Ziffer I 7 Satz 1 Alternative 2 des sog. Streitwertkatalogs beträgt der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO – wie hier – zwar grundsätzlich ¼ des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes in Höhe des umstrittenen Betrages; dieses ¼ des streitigen Steuerbetrages hat die Kammer aber nochmals halbiert, weil vorliegend bereits durch die Antragsgegnerin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin angeordnet worden und deshalb im Gerichtsverfahren lediglich noch die Forderung nach einer Sicherheitsleistung streitig war.