Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 15.07.2003, Az.: 5 A 304/02
Auswahlermessen; Beschwerdeprobe; Ermessensnichtgebrauch; Inverkehrbringen; Kosten; Kostenschuldner; LAVES; Lebensmitteluntersuchung; Lebensmittelüberwachung; Probenahme; Veranlasser; Verbraucherbeschwerde; Verfolgsprobe
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 15.07.2003
- Aktenzeichen
- 5 A 304/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48298
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 GOLebensmBG
- § 3 GOLebensmBG
- § 1a VetVwGebV ND
- § 7 Abs 1 LMG
- § 46a LMG
- § 5 Abs 1 VwKostG ND
- § 13 VwKostG ND
- Art 4 Abs 1 b EWGRL 397/89
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Für die Erhebung von Gebühren und Auslagen nach dem LMBG bedarf es gem. § 46 a LMBG keiner speziellen normativen Regelung durch das Handelsrecht. § 13 NVwKostG regelt i. V. m. § 46 a LMBG hinreichend konkret die materiellen Voraussetzungen für die Auslagenerhebung dem Grunde nach.
2. Lebensmittelrechtliche Verdachtsproben gehen über allgemeine Überwachungsmaßnahmen von § 46 a Abs. 1 Nr. 2 LMBG hinaus.
3. Zum Auswahlermessen bei mehreren Kostenschuldnern.
Tenor:
Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 08.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 20.08.2002 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme für Kosten der Lebensmitteluntersuchung.
Die Beigeladene betreibt in Braunschweig das Warenhaus C.. In diesem Warenhaus wurden am 08.11.2001 aufgrund einer Verbraucherbeschwerde vom selben Tage eine Beschwerdeprobe (Nummer der Probe 1267/01) und eine Verfolgsprobe (Nummer der Probe 1266/01) jeweils an der Ware „Putenspieße, natur “ der Herstellerfirma „Service D.“, E. (Frankreich), die am 07.11.2001 von der Klägerin bei der Beigeladenen angeliefert worden waren, vom Lebensmittelkontrolleur der Beklagten entnommen und am selben Tage an das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelrecht – Lebensmittelinstitut Braunschweig – (LAVES) zur Begutachtung übergeben. In einem Schreiben vom 05.12.2001 hinsichtlich der Beschwerdeprobe teilte das LAVES der Beklagten mit, dass das Aussehen der fünf Putenspieße leicht schmierig und der Geruch dieser Spieße deutlich unfrisch, stellenweise leicht stechend faul gewesen sei. Die Untersuchung habe ergeben, dass die Beschwerdeprobe wegen beginnender bakterieller Zersetzung als genussuntauglich beanstandet werde. Hinsichtlich der Verfolgsprobe wies das LAVES mit Schreiben vom 06.12.2001 darauf hin, dass das Aussehen der Spieße ebenfalls leicht schmierig und der Geruch „leicht unfrisch“, hinsichtlich „einzelner Würfel stellenweise stark unfrisch“ gewesen sei. Das Institut kommt auch hinsichtlich der Verfolgsprobe zum Ergebnis, dass der Inhalt dieser untersuchten Packung mit Putenspießen wegen beginnender bakterieller Zersetzung als genussuntauglich beanstandet werde. Ferner übersandte das LAVES hinsichtlich der Beschwerde- und der Verfolgsprobe jeweils eine Kostenmitteilung, nach der Gebühren in Höhe von jeweils 346,70 DM (= 177,25 €) entstanden sind.
Unter Hinweis auf die vorgenommenen Untersuchungen und deren Ergebnisse setzte die Beklagte durch Bescheid vom 8. Februar 2002 Auslagen in Höhe von insgesamt 354,50 € (= 2 mal 177,25 €) fest. Zur Begründung führte die Beklagte aus, gemäß § 46a des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) vom 9. September 1997 (BGBl. I, S. 2296) seien für die Amtshandlungen kostendeckende Gebühren und Auslagen zu erheben. Die Klägerin sei als Inverkehrbringerin des überwachten Erzeugnisses zu den Kosten heranzuziehen, da sie die Amtshandlung (Lebensmitteluntersuchung) veranlasst habe. Den hiergegen seitens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin erhobenen Widerspruch vom 18.02.2002 wies die Bezirksregierung Braunschweig mit Bescheid vom 20.08.2002 – der Klägerin am 27.08.02 zugegangen - zurück. Auf diesen Bescheid sowie den Widerspruch nebst Begründung wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO Bezug genommen.
Zur Begründung der am 26.09.2002 erhobenen Klage führt die Klägerin Folgendes aus: Die hier zu entscheidende Rechtsfrage sei diejenige, ob nach § 46a LMBG kostendeckende Verwaltungsgebühren und Verwaltungsauslagenerstattungen erhoben werden dürften, obgleich nach den zugrunde zu legenden gemeinschaftsrechtlichen Maßgaben („Rechtsakte“) der Organe der Europäischen Gemeinschaft, nämlich Richtlinie 89/397/EWG über die amtliche Lebensmittelüberwachung, Richtlinie 93/99/EWG über zusätzliche Maßnahmen im Bereich der amtlichen Lebensmittelüberwachung und Richtlinie 93/43/EWG über Lebensmittelhygiene, gerade keine Bestimmungen über Gebühren bzw. deren Bemessung gemeinschaftsrechtlich geschaffen seien. Der gemeinschaftsrechtliche Gesetzgeber habe die Mitgliedsstaaten und deren Überwachungsbehörden zu einer Auflastung ihrer Kosten und Auslagen auf den Überwachten nicht ermächtigt. Es fehle an der erforderlichen gemeinschaftsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage und somit an der in § 46 a Abs. 2 S. 2 LMBG geforderten „Maßgabe“. Die Konformität der Kostenforderung der Beklagten auf Basis des niedersächsischen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht sei durch Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 EGV des Amsterdamer Vertrages zu klären. Ebenfalls sei durch Vorlage an den EuGH zu klären, ob die durch § 46a Abs. 1 LMBG gewährte Gebühren- und Auslagenerhebungsermächtigung und die reduzierte (nur über allgemeine Überwachungsmaßnahmen hinausgehende) Gebühren- und Auslagenerhebungsermächtigung gemeinschaftsrechtskonform sei (vgl. Schriftsatz v. 11.10.02). Im Übrigen sage der Untersuchungsbefund vom 05.12.2001 (Beschwerdeprobe) nichts darüber aus, wann die Beschwerdeführerin die Ware gekauft habe und unter welchen Bedingungen das Lebensmittel bei der Beschwerdeführerin aufbewahrt worden sei. Darüber hinaus stehe im Gutachten nichts über das Mindesthaltbarkeitsdatum des Lebensmittels. Es sei daher durchaus möglich, dass das Lebensmittel „unordentlich“ aufbewahrt und erst nach der Mindesthaltbarkeitsfrist untersucht worden sei. Ein hinreichend konkretisierter Verdacht der lebensmittelrechtlichen Unkonformität der Ware der Klägerin sei somit nicht gegeben. Ebenso sei die Art und Weise, wie die Kosten der beiden Untersuchungsbefunde ermittelt und festgestellt worden seien, unklar. Weiterhin könne von einem „Inverkehrbringen“ durch die Klägerin im Sinne von § 7 LMBG keine Rede sein. Allenfalls könne hier als „Inverkehrbringer“ der Herstellerbetrieb in Frankreich in Betracht kommen. Die Identität der Ware (des Beschwerdestückes) mit der Beschwerdeprobe sei außerdem nicht erweislich. Schließlich sei die Zuordnung der entnommenen Proben zu dem Untersuchungsbefund nicht eindeutig möglich.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 08.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 20.08.2002 aufzuheben.
2. die Beklagte zu verurteilen, die gezahlten Untersuchungskosten nebst Mahngebühren und Säumniszuschläge, insgesamt 366,60 Euro, nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe an die Klägerin zurückzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es handele sich um Probeentnahmen und Untersuchungen aufgrund eines konkreten Verdachts, die über die allgemeinen Überwachungsmaßnahmen hinausgingen und daher gemäß § 46a Abs. 1 LMBG gebührenpflichtig seien. Zum Nachweis der beim Lebensmittelinstitut Braunschweig entstandenen Kosten übersandte die Beklagte mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2002 und 11. Februar 2003 entsprechende Aufschlüsselungen des Lebensmittelinstituts Braunschweig vom 15.11.2002 und vom 28.01.2003, auf die das Gericht gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO Bezug nimmt. Schließlich weist die Beklagte noch darauf hin, dass die Beigeladene über ein Eigenkontrollsystem nach der Lebensmittelhygiene-Verordnung verfüge, in dem u.a. Temperaturkontrollen entsprechend aufgezeichnet würden. Die Überprüfung habe am Tage der Probenahme sowohl hinsichtlich der von der Beigeladenen gemessenen Transporttemperatur bei der Anlieferung der Putenspieße als auch im Hinblick auf die Lagertemperatur bei der Beigeladenen ergeben, dass insoweit nichts zu beanstanden gewesen sei. Da ein Verderb ordnungsgemäßer Ware bei korrekter Lagerung durch die Beigeladene innerhalb von einem Tag nicht möglich gewesen sei, habe die Beklagte die Klägerin als Veranlasserin und somit Kostenschuldnerin in Anspruch genommen. Es habe daher eine Reduzierung des Auswahlermessens auf Null vorgelegen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Sie bestreitet, dass die Beanstandung durch die Käuferin eine adäquat - kausale Folge einer angeblich fehlerhaften Warenlagerung gewesen sei.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Kammer konnte hier ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
II. Die Klage ist zulässig und begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 08.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 20.08.2002 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
1. Grundsätzlich dürfen bei einer berechtigten Verbraucherbeschwerde die Kosten für die Untersuchung von amtlichen Lebensmittelproben gem. § 46 a Abs. 1 LMBG erhoben werden. Der Antrag, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht bzw. Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, war daher abzulehnen.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind die §§ 1, 3, 4, 5 Abs. 1 sowie 13 Abs. 2 f) NVwKostG i.V.m. §§ 2,3 der Gebührenordnung für die amtliche Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeuntersuchung (GO-LebensmBG) vom 8. Juli 1997 (GVBl. S. 347) sowie § 46 a LMBG.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 b) NVwKostG werden für Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts – zu denen die kommunale Lebensmittelüberwachung zählt – Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben.
1.1 § 13 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG bestimmt, dass der Kostenschuldner Auslagen, die bei der Vorbereitung oder der Vorname einer Amtshandlung notwendig werden, zu erstatten hat, auch wenn die Amtshandlung selbst gebührenfrei ist; dies gilt nur dann nicht, wenn die Auslagen durch die Gebühr abgegolten werden. Als Auslagen werden nach § 13 Abs. 2 f) NVwKostG u.a. die Beträge angesehen, die anderen Behörden für ihre Tätigkeit zu zahlen sind.
Hinsichtlich der hier geltend gemachten Auslagen kommt nur § 13 NVwKostG und nicht § 1 a der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung v. 22.3.1995 (GVBl. S. 63), geändert durch Verordnung v. 2.7.1997 (GVBl. S. 308 ff) sowie zuletzt durch Verordnung v. 12.06.2003 (GVBl. S.204ff), in Betracht. Zwar bestimmt Abs. 1 der letztgenannten Bestimmung, dass die zuständigen Behörden bei Amtshandlungen u.a. nach dem LMBG – wie hier – kostendeckende Gebühren und Auslagen erheben, wobei gemäß Abs. 5 Nr. 2 als Auslagen auch Kosten für Untersuchungen zu erheben sind, die von der jeweils zuständigen Behörde nicht selbst durchgeführt werden. Es fehlt aber an der erforderlichen Rechtsgrundlage, um in dieser Verordnung den Auslagenersatz zu regeln. § 3 Abs. 1 NVwKostG ermächtigt in Satz 1 nämlich nur zum Erlass von Gebührenordnungen, während Satz 2 für Auslagen ausdrücklich die Geltung von § 13 NVwKostG bestimmt. § 46a LMBG enthält ebenfalls insoweit keine Verordnungsermächtigung, sondern lediglich eine Verweisung auf das Landesrecht.
Der demnach allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommende § 13 NVwKostG regelt i.V.m. § 46 a LMBG hinreichend konkret die materiellen Voraussetzungen für die Auslagenerhebung dem Grunde nach; die Auslagenhöhe wird durch die Bestimmungen der GO-LebensmBG, also durch Rechtssatz (vgl. zu diesem Erfordernis das Urteil des VG Oldenburg v. 14.5.2003 – 7 A 2784/01 – unter Bezugnahme auf BVerwG v. 29.8.1996 – 3 C 7.95 – BVerwGE 102, 39, 43) ebenfalls hinreichend konkretisiert. Die für eine von der Klägerin angeregte Vorlage nach Art. 100 GG erforderliche Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit ist daher nicht gegeben. Im Übrigen steht einer solchen Vorlage aus den nachfolgend unter Ziffer 2 angeführten Gründen die fehlende Entscheidungserheblichkeit entgegen.
Vorliegend hat die Beklagte dem LAVES zu Recht für dessen Tätigkeit die in der GO-LebensmBG vorgesehenen Gebühren erstattet (1.1.1) und als Auslagen (1.1.2) gemäß § 13 NVwKostG geltend gemacht; § 46a LMBG (vgl. zur Auslegung dieser Bestimmung als kompetenzbegrenzend und nicht kompetenzbegründend das Urteil des BVerwG v. 27.4.2000 – 1 C 7.99 – Buchholz 418.5 Nr. 19 S. 7, 12) steht dem nicht entgegen (1.2).
1.1.1 Pro Probe waren in jedem Fall schon nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GO-LebensmBG als (Untersuchungs)Grundgebühr sowie nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GO-LebensmBG als weitere (Gutachten)Grundgebühr jeweils 253 DM zu erheben. Richtigerweise hat das LAVES darüber hinaus gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 3 i.V.m. Abs.2 GO-LebensmBG gegenüber der Beklagten noch jeweils weitere, nach der Art der Untersuchung bzw. dem dafür erforderlichen Zeitaufwand zu bemessene Zusatzgebühren in Höhe von jeweils insgesamt 93,70 DM geltend gemacht.
Das LAVES konnte von der Beklagten auch eine entsprechende Gebühr verlangen. Dem stand § 8 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG nicht entgegen, wonach die um Amtshilfe ersuchende Behörde der ersuchten Behörde für die Amtshilfe keine Verwaltungsgebühr zu entrichten hat. Eine Amtshilfe liegt nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nämlich nicht vor, wenn die Hilfeleistung in einer Handlung besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgabe obliegt. Dies ist vorliegend aber der Fall, da die Untersuchung von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen nicht in die Zuständigkeit der allgemeinen Lebensmittelüberwachungsbehörden, sondern in die Zuständigkeit der seit dem 1. Juli 2001 in das LAVES eingegliederten Lebensmittelinstitute (vgl. dazu LT-Drs. 14/3738) fällt, vgl. Art VI des Gesetzes v. 28.6.1977 (GVBl. S. 233).
1.1.2 Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass die Gebühren für die Untersuchung durch die Lebensmittelinstitute nicht unmittelbar von dem LAVES, sondern von der Beklagten als Lebensmittelüberwachungsbehörde erhoben werden.
Denn § 4 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG bestimmt als „Berechtigten“ für die Kostenerhebung (und damit zugleich den für die Kostenerhebung im eigenen Namen Zuständigen) die Körperschaft, deren Behörde oder Organ die Amtshandlung vornimmt. Eine Amtshandlung in diesem Sinne bedarf der Außenwirkung; behördeninterne Mitwirkungsakte entbehren der Außenwirkung und sind deshalb keine Amtshandlung (vgl. Loeser, NVwKostG, § 1 S. 13). Eine nach außen wirkende Amtshandlung hat mit der Probenahme aber nur die Beklagte der Klägerin gegenüber vorgenommen, während es sich bei der Probenuntersuchung um einen behördeninternen Mitwirkungsakt gehandelt hat. Deshalb ist die in V 1.7 „Kostenerhebung“ Satz 2 des Erlasses des ML vom 08.02.2000 (Nds. MBl. S. 230), geändert durch Erlass v. 28.12.2000 (Nds. MBl 2001, S. 187), getroffene Regelung, wonach die Überwachungsbehörden die „den Untersuchungsämtern“ entstandenen Kosten als Auslagen geltend machen, nicht zu beanstanden.
1.2.Die Kostenerhebung steht auch im Einklang mit § 46a LMBG.
1.2.1 Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung werden für Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen kostendeckende Gebühren und Auslagen erhoben, wenn diese Amtshandlungen
in die Zuständigkeit der Länder fallen,
über die allgemeinen Überwachungsmaßnahmen hinausgehen und
zur Durchführung von Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaften erforderlich sind.
Da die Aufgaben der Lebensmittelüberwachung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LMBG in die Zuständigkeit der Länder fallen, ist die erste Voraussetzung hier erfüllt (vgl. V 1.2. des o.a. Erlasses v. 8.2.2000).
Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (zuletzt Beschluss vom 22. Mai 2002 – 11 LA 100/02 – NVwZ-RR 2002, 834 ff mwN) geht die Ziffer 2 dieser Bestimmung von der Unterscheidung zwischen nicht gebührenpflichtigen „allgemeinen“ und gebührenpflichtigen Überwachungsmaßnahmen aus besonderem Anlass aus. Untersuchungen und Probenahmen, die aufgrund eines konkreten Verdachts oder einer Verbraucherbeschwerde vorgenommen werden, sind daher im Gegensatz zu den allgemeinen Überwachungsproben grundsätzlich nach Maßgabe des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes gebühren- und auslagepflichtig.
Vorliegend handelte es sich um eine aufgrund konkreten Verdachts erfolgende Beschwerde- und um eine Verfolgsprobe, die über die allgemeinen Überwachungsmaßnahmen hinausgingen. Die betroffenen Lebensmittel sind nicht im Rahmen einer Routineprüfung stichprobenhaltig, sondern aufgrund des einzelfallbezogenen Verdachts weitergehender Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen untersucht worden.
Erforderlich sind entsprechende Probeentnahmen, wenn Anhaltspunkte für die Verletzung von (weiteren) lebensmittelrechtlichen Vorschriften bestehen (vgl. hierzu und zum Folgenden: Zipfel, Lebensmittelrecht, § 42 LMBG, § 42, Rdnr. 14). Dies wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass nachträglich die Proben als ungeeignet oder überflüssig anzusehen sind; vielmehr ist die Erforderlichkeit nach den Vorstellungen und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Probenahme zu beurteilen. Hieran gemessen waren die Entnahmen von Proben zum Zwecke ihrer lebensmittelrechtlichen Untersuchung geboten. Denn die Putenspieße waren – auch nach den Feststellungen des LAVES – schmierig.
Dabei handelt es sich auch um Proben, die im Sinne von § 46a Abs. 1 Nr. 3 LMBG zur Durchführung von Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaft erforderlich waren.
Art. 4 Abs. 1b der Richtlinie 89/397 EWG des Rates vom 14. Juni 1989 über die amtliche Lebensmittelüberwachung (Abl. L 186/23) schreibt nämlich vor, dass eine Lebensmittelüberwachung bei Verdacht der Nicht-Übereinstimmung zu erfolgen hat. Gemäß Art. 1 Abs. 2 erstreckt sich diese Überwachung von Lebensmitteln u.a. auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit, die Sicherstellung eines redlichen Handelsverkehr oder den Schutz der Verbraucherinteressen bezwecken einschließlich der Vorschriften über die Information der Verbraucher. Dass sich diese vorgeschriebenen Überwachungsmaßnahmen wiederum nur auf die Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorschriften zum Schutze der genannten Interessen zu erstrecken haben, ergibt sich daraus nicht. Jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem beide genommenen Proben die Genussuntauglichkeit der Putenspieße ergeben haben, bestehen für die Kammer auch keine Zweifel an der Notwendigkeit beider Probeentnahmen i.S.d. Art. 4 Abs. 1b der Richtlinie 89/397 EWG. Der insoweit unter Ziffer 1 des Schriftsatzes der Klägerin vom 11.10.02 angeregten Vorlage an den EuGH nach Art. 234 Abs. 2 EGV bedarf es schon deshalb nicht.
§ 46a Abs. 1 Nr. 3 LMBG ist auch nicht so zu verstehen, dass er sich nur auf diejenigen Rechtsakte der EU bezieht, die – im Anwendungsbereich des LMBG – selbst Regelungen zur Gebührenerhebung enthalten (vgl. hierzu Grube, ZLR 2001, 476 ff), was für die hier streitige Überwachungsmaßnahme nicht der Fall ist. Denn dem Wortlaut lässt sich eine solche Einschränkung ebenso wenig entnehmen wie der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, die in der jetzigen Fassung auf einen abgelehnten Vorschlag des Bundesrats hin (vgl. BT-Drs. 12/3201, 46 f) durch Gegenvorschlag der Bundesregierung (a.a.O., S. 50 f) in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden ist. Zwar sollte diese Bestimmung nach der Begründung weniger weit gehen als der Vorschlag des Bundesrates, der nach Ansicht der Bundesregierung alle Amtshandlungen nach dem LMBG (potentiell) gebührenpflichtig hätte werden lassen. Dass aber eine Kostenerhebung auf Amtshandlungen in Vollzug bestimmter EG-Rechtsakte – der sog. Veterinärkontrollrichtlinien – beschränkt werden sollte, wird daraus nicht deutlich. Bei dieser Sachlage kann auch aus der Tatsache, dass bei der wortgetreuen
Auslegung dieses Tatbestandsmerkmal weitgehend (abgesehen von einer etwaigen Erforderlichkeitsprüfung der Amtshandlung) bedeutungslos – weil in der Regel gegeben – ist, keine Einschränkung des Wortlauts abgeleitet werden, zumal dies in gleicher Weise unstreitig auch auf § 46a Abs. 1 Nr. 1 LMBG zutrifft.
Erst recht bedarf es wegen des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung (vgl. Wichard, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2. Aufl., 2002, Art. 5 EUV, Rdn. 3) für die hier streitige landesrechtliche Kostenerhebung keiner ausdrücklichen Ermächtigung in einem EG-Rechtsakt, so dass sich schon aus diesem Grund die von der Klägerin unter Ziffer 2 ihres Schriftsatzes vom 11.10.02 angeregte weitere Vorlage nach Art. 234 Abs. 2 EGV erübrigt. Dass die Richtlinie 89/397/EWG (oder andere gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen) die Kostenerhebung unter den in § 46a LMBG und ergänzend im NVwKostG enthaltenen Voraussetzungen ausdrücklich oder sinngemäß verbieten würde, ist ebenfalls nicht ersichtlich, kann insbesondere nicht aus dem bloßen Fehlen von kostenrechtlichen Bestimmungen geschlossen werden.
1.2.2 Schließlich steht auch § 46a Abs. 2 S. 2 LMBG der Kostenerhebung nicht entgegen.
Wenn dort ergänzend zu Satz 1 dieser Bestimmung, wonach grundsätzlich Landesrecht die kostenpflichtigen Tatbestände bestimmt, geregelt wird, dass die Gebühren nach „Maßgabe“ der von den Organen der EG erlassenen Rechtsakte zu bemessen sind, so ist dies nur ein selbstverständlicher Hinweis auf den Vorrang dieses Rechts bei der Gebührenbemessung, nicht aber so zu verstehen, dass Gebühren nur erhoben werden dürfen, soweit – anders als vorliegend – solche „Maßgaben“ nicht bestehen (im Ergebnis, aber ohne nähere Auseinandersetzung ebenso der o.a. Beschluss des Nds. OVG; offengelassen – aber inkonsequent in Hinblick auf § 46a Abs. 1 Nr. 3 LMBG das Urteil des VGH München v. 26.5.2000 – 25 B 96/1735 – GewArch 2001, 173 f; vgl. ferner zur weitgehend übereinstimmenden Regelung in § 24 Abs. 2 FIHG das o.a. Urteil des BVerwG v. 27.4.2000, S. 10 f, und das Urteil des BVerwG v. 14.10.2002 – 3 C 16/02 – NVwZ 2003, 345; „Danach ist zwar den Ländern das Recht eingeräumt, die kostenpflichtigen Tatbestände.... festzulegen. Dabei sind aber die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu beachten“). Andernfalls würde die Regelung in § 46a Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 2 LMBG sich doch nur auf diejenigen Rechtsakte der EU beschränken, die eigene Regelungen über die Gebührenerhebung enthalten. Außerdem wäre unverständlich, warum dies nur für die Gebühren-, nicht aber die nach § 46a Abs. 2 Nr. 1 LMBG ausdrücklich den Ländern überlassene Erhebung sonstiger Kosten, insbesondere Auslagen, gelten sollte. Was unter einer „Maßgabe“ zu verstehen ist, ergibt sich also – wie dargelegt - aus dem Bundesrecht. Die Frage nach der zutreffenden Auslegung dieses Merkmals kann schon deshalb nicht dem nach Art. 234 EGV allein zur Auslegung des dort bezeichneten Gemeinschaftsrechts berufenen EUGH vorgelegt werden, wie dies unter Ziffer 3 ihres Schriftsatzes vom 11.10.02 von der Klägerin angeregt worden ist.
Die Geltendmachung der Kosten des LAVES als Auslagen der Beklagten ist daher hier nicht zu beanstanden.
2.Der angefochtene Bescheid ist aber hinsichtlich der Auswahl der Klägerin fehlerhaft.
2.1 Kostenschuldner im Sinne des § 5 NVwKostG ist nicht nur derjenige, der eine Amtshandlung willentlich – durch Antragstellung – veranlasst hat. Vielmehr ist Kostenschuldner auch, wer objektiv einen Tatbestand gesetzt hat, der ursächlich für das behördliche Tätigwerden war und an den das Gesetz eine Kostenpflicht knüpft (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 20.02.1984 – 6 OVG A 76/83 -, OVGE 37, 464 ff., 466). Es ist also nicht erforderlich, dass die Amtshandlung von dem (der) Betroffenen willentlich herbeigeführt worden ist (OVG Lüneburg Urt. v. 22.04.1970 – IV OVG A 151/69 -, OVGE 26, 446 ff.). Ebenso wenig ist es erforderlich, dass der Kostenschuldner bzw. die Kostenschuldnerin ein (wirtschaftliches) Interesse an der Verwaltungsleistung hat (vgl. Loeser, Kommentar zum NVwKostG, Stand: Januar 1999, § 1 Anm. 5a (2b)). Ein gutgläubiger Anzeigeerstatter oder Hinweisgeber ist am Verfahren im kostenrechtlichen Sinn grundsätzlich nicht beteiligt (Loeser, a.a.O., § 1 Anm. 5a (1); OVG Lüneburg, Bschl. V. 22.05.2002 – 11 LA 100/02 – zit. nach juris). Das gilt zumindest unzweifelhaft bei einem vom Anzeigeerstatter geäußerten begründeten Verdacht. Kommen mehrere als Kostenschuldner in Betracht (vgl. § 5 Abs. 1 S. 2 NVwKostG) so hat die Behörde beim Zugriff auf die einzelnen Kostenschuldner ein Auswahlermessen (vgl. Loeser, a.a.O., § 5 b).
2.2 Dieses Auswahlermessen hinsichtlich der einzelnen Kostenschuldner hat die Beklagte hier rechtsfehlerhaft ausgeübt. Die eigentliche Betätigung des Ermessens besteht in einer Abwägung der nach dem Zweck der Ermächtigung maßgebenden Gesichtspunkte gegen- und untereinander. Die Ermessensentscheidung ist dabei in zwei Phasen zu unterteilen, die zwar in der Praxis nicht zeitlich voneinander getrennt werden können, aber wegen der Unterschiede des Vorgehens unterschieden werden sollten. Die erste Phase betrifft die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts. In Anlehnung an das Planungsrecht kann auch von der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials gesprochen werden. In dieser Phase müssen diejenigen Gesichtspunkte festgestellt und ggf. ermittelt werden, die nach dem Ermächtigungszweck für die Entscheidung wichtig sind. In der zweiten Phase erfolgt sodann die Gewichtung und Abwägung der maßgeblichen Gesichtspunkte gegen- und untereinander mit dem Ziel einer Entscheidung, die sämtlichen erheblichen Gesichtspunkten soweit als möglich Rechnung trägt. Voraussetzung für die korrekte Ausübung des Ermessens ist die vollständige und zutreffende Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts. Dagegen führt die unvollständige oder unkorrekte Sachverhaltsermittlung zu einem Ermessendefizit und damit zu einem Ermessensfehler (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 40 Rn. 52 f.). Insbesondere muss die Behörde als Voraussetzung ihrer Entscheidung bzw. ihres Handelns alle dafür zum Zweck der Ermächtigung her relevanten Tatsachen sorgfältig ermitteln und bei der Entscheidung alle Ergebnisse dieser Ermittlungen und alle sonst einschlägigen wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 40 Rn. 62; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 9. Juli 1992 – BVerwG 7 C 21.91 -, BVerwGE 90, S. 296 ff., 300 ff.).
2.3 Hier hat die Beklagte nicht alle nach Ansicht der Kammer für die Abwägung maßgeblichen, im Folgenden einzeln aufgeführten Gesichtspunkte ermittelt und in ihre Entscheidung einbezogen, denn im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid wird allein die Klägerin als Veranlasserin im Sinne des § 5 Abs. 1 NVwKostG von der Beklagten in Betracht gezogen. Die Beklagte hat aber im angefochtenen Bescheid keine Ermessensentscheidung über die Frage getroffen, warum sie die Klägerin und nicht die Beigeladene, die die beanstandete Ware an die Anzeigeerstatterin verkauft hat, in Anspruch genommen hat. Die Beklagte ist vielmehr allein davon ausgegangen, dass die Lieferung der beanstandeten Ware als unmittelbarer Anlass im Sinne des § 5 NVwKostG für eine Verdachtsprobe nach § 46a Abs. 1 LMBG angesehen werden muss. Auf dieser Grundlage hat sie dann ihre Entscheidung getroffen.
2.4 Ermessensfehlerhaft unterblieben ist dagegen die Prüfung der Frage, ob die Beigeladene, die die beanstandete Ware an die Anzeigeerstatterin verkauft hat, neben der Klägerin in Anspruch zu nehmen ist. Zu einer solchen Prüfung bestand gerade im vorliegenden Fall im Blick auf den o.a. Erlass vom 08.02.2000 (Nds. MBl. S. 230 ff) Anlass. Denn in V 1.7 „Kostenerhebung“ Abs. 2, S. 1. dieses Erlasses gilt der „Inverkehrbringer“ als Veranlasser der Amtshandlung und hat danach die Kosten zu tragen. Das Inverkehrbringen wird in § 7 Abs. 1 2. Spiegelstrich LMBG definiert als „das Anbieten, Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe, Feilhalten und jedes Abgeben an andere“. Sowohl die Beigeladene (2.4.1) als auch die Klägerin (2.4.2) haben das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringer“ i.S. des o.a. Erlasses v. 8.2.2000 erfüllt.
2.4.1 Hier hat die Beigeladene die beanstandete Ware durch ein „Feilhalten“ in den Verkehr gebracht. Feilhalten ist eine Art und Weise der Bereitstellung, aus der das Publikum auf Verkaufsabsicht schließen kann. Wo das Lebensmittel für das Publikum bereitgehalten wird, ob durch das Auslegen von Ware in einer Glastheke (vgl. OLG Koblenz, B. v. 04.08.1982, ZLR 1983, 280, hier zit. nach Behler/Schroeder, Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) oder durch Aufbewahrung in einem Kühlschrank (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 17.04.1975, LRE 9, 217, hier zit. nach Behler/Schroeder,a.a.O.), ist gleichgültig. Die Absicht, es zu verkaufen, muss nur nach außen erkennbar hervortreten, beispielsweise durch Angebote, sonstige Hinweise, Art oder Ort der Aufbewahrung (vgl. Behler/Schroeder, a.a.O., Rn. 26). Unstreitig hat die Anzeigeerstatterin die beanstandeten Putenspieße bei der Beigeladenen am 8.11.2002 um 10.42 Uhr gekauft (vgl. zu einer weiteren Möglichkeit des „Inverkehrbringens“ auch Nds. OVG, B. v. 22.05.2002 – 11 LA 100/02 - zitiert nach Juris Web, wonach auch „das Anbieten“ einer Ware als unmittelbarer Anlass im Sinne des § 5 NVwKostG für eine Verdachtsprobe nach § 46a Abs. 1 LMBG angesehen wird).
2.4.2 Hinsichtlich der Klägerin liegt dagegen ein Inverkehrbringen der beanstandeten Ware in Form des „Abgebens an andere“ vor. Danach bringt derjenige eine Ware durch Abgabe in Verkehr, der die Verfügungsgewalt über sie besitzt und diese auf einen anderen überträgt, indem er ihm die Ware überlässt bzw. einem anderen die Möglichkeit zum Verfügen hierüber eröffnet. Der Betroffene muss die Ware hierzu nicht unbedingt selbst im Besitz haben. Es reicht aus, dass er den Weitertransport veranlasst und jederzeit darauf einwirken kann. Deshalb wird insbesondere der Versender als Abgebender im Sinne des § 7 Abs. 1 LMBG angesehen (vgl. Behler/Schroeder, a.a.O., Rn. 26 a E; vgl. auch VG Lüneburg, Urt. v. 15.12.2002 – 6 A 190/01 – zitiert nach Juris Web, wonach grundsätzlich auch der Zwischenhändler Adressat der Gebührenpflicht für verdachtsbezogene Lebensmittelüberwachungsmaßnahmen sein kann). Hier hat die Klägerin am 7.11.02 u.a. die Putenspieße bei der Beigeladenen abgeliefert. Durch entsprechenden Empfang hat die Beigeladene den Erhalt quittiert.
2.5 Die Beklagte und die Bezirksregierung Braunschweig sind nicht entsprechend diesem Runderlass verfahren, obwohl er zum Zeitpunkt der Verbraucherbeschwerde bereits in Kraft war. Bei der Frage, wer hier als Veranlasser der Amtshandlung in Betracht kam, hätte die Beklagte entsprechend Ziff. V 1.7.2 Abs. des o.a. Erlasses v. 8. 2. 2000 ihr Ermessen dahingehend ausüben und zunächst prüfen müssen, welchen der beiden „Inverkehrbringer“ der beanstandeten Ware sie hier als Kostenschuldner heranzieht. Die Entscheidung der Beklagten, allein die Klägerin hier in Anspruch zu nehmen, verstößt gegen den o.a. Erlass v. 8.2.2000 als ermessensbindende Richtlinie und ist daher ermessensfehlerhaft.
Die Ansicht der Beklagten, die Beigeladene habe sich wegen der von ihr durchgeführten Kühlung der beanstandeten Waren korrekt verhalten und sei als Veranlasserin der Amtshandlung deshalb nicht herangezogen worden - insoweit habe eine Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen - , ist unzutreffend. Denn zum einen enthält der o.a. Erlass v. 8.2.2000 als ermessensbindende Richtlinie gerade kein subjektives Merkmal (korrektes/unkorrektes Verhalten), sondern stellt allein auf das objektive Merkmal des „Inverkehrbringens“ ab. Zum anderen ist die Kammer nicht der Auffassung, dass hier hinsichtlich der Klägerin eine Ermessensreduzierung auf Null vorlag, denn als Veranlasserin der Amtshandlung kommt hier auch noch neben der Klägerin und der Beigeladenen die Firma „Service D.“, E. (Frankreich) in Betracht, von der die Beigeladene die beanstandete Ware bezogen hat.
2.6 Da es sich vorliegend auch nicht um einen Verstoß z.B. gegen Kennzeichnungsvorschriften handelt, der in der Sphäre des Produzenten bzw. – weil dieser vorwiegend seinen Sitz im Ausland hat – des Importeurs liegt (vgl. zur Gebührenschuld nach § 30 EichG, BayVGH, Urt. v. 23.02.1982 – 296 XXII 78 – GewArch 82, 397), sondern um eine Beanstandung einer zum Verkauf angebotenen Ware, die eher in die Sphäre des Verkäufers gehört, wird die Beklagte bei der erneuten Ausübung ihres Ermessens zu überlegen haben, ob sie die Beigeladene als Gebührenschuldnerin in Anspruch nimmt, die dann ggf. auf ihre Vertragspartner (den Hersteller bzw. die Klägerin) Rückgriff nehmen müsste.
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Da die Ausübung des Ermessens beim Zugriff auf die einzelnen Kostenschuldner der Verwaltung grundsätzlich eine rasche und sichere Kostenbefriedigung gewährleisten soll (Loeser, a.a.O., § 5 b)), erscheint es der Kammer auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sachgerecht, wenn der Verkäufer einer zu Recht beanstandeten Ware als Letzter in der Kette „der Inverkehrbringer“ i.S.d. o.a. Erlasses v. 8.2.2000 grundsätzlich von der Überwachungsbehörde – hier die Beklagte – als Veranlasser der Amtshandlung herangezogen wird. Denn dieser ist für die Überwachungsbehörde am leichtesten greifbar, was dieser Fall eindruckvoll belegt. So hat die Klägerin ihren Firmensitz in Berlin und der Hersteller ist in Frankreich ansässig. Dass dieses Ergebnis auf eine Art „Garantiehaftung“ des Verkäufers einer zu Recht beanstandeten Ware hinausläuft, muss der Verkäufer hinnehmen, da er nicht befugt ist, verdorbene Ware in den Verkehr zu bringen. Tut er es dennoch, ist es ihm zuzumuten, als Veranlasser der Amtshandlung(Untersuchung der Probe) zunächst die Kosten zu tragen und dann die von ihm verauslagten Kosten der Untersuchung im Wege des Rückgriffs entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen von seinem Lieferanten bzw. Hersteller geltend zu machen. Dass dies ihm leichter fallen wird als der zuständigen Überwachungsbehörde, ist offensichtlich. Lediglich in besonders krassen Ausnahmefällen(z.B. Nagel in geschlossener Gemüsekonservendose), bei denen zweifelsfrei feststeht, dass nur der Hersteller als Veranlasser der Amtshandlung in Betracht kommt, ist es sachgerecht, dass die Überwachungsbehörde den Hersteller direkt als Kostenschuldner in Anspruch nimmt, soweit dies erfolgsversprechend möglich erscheint.
3. Hinsichtlich der weiteren Einwände der Klägerin weist die Kammer lediglich klarstellend auf folgendes hin:
3.1 Soweit die Klägerin behauptet, das beanstandete Lebensmittel sei „unordentlich“ aufbewahrt und erst nach der Mindesthaltbarkeitsfrist untersucht worden, bemerkt die Kammer, dass sich aus den identischen Ergebnissen von Beschwerde- und Verfolgsprobe ergibt, dass die fraglichen Putenspieße ordnungsgemäß gelagert worden sind. Da außerdem für die fraglichen Putenspieße eine Mindesthaltbarkeitsfrist bis zum 10.11.01 bestand, geht der Hinweis der Klägerin, dass ein hinreichend konkretisierter Verdacht der lebensmittelrechtlichen Unkonformität nicht gegeben sei, ins Leere. Gleiches gilt hinsichtlich der Behauptung der Klägerin, dass die Identität der Ware (des Beschwerdestückes) mit der Beschwerdeprobe nicht erweislich sei. Insoweit hätte die Klägerin substantiiert darlegen müssen, aufgrund welcher konkreten Tatsachen sie zu der Überzeugung gelangt ist, dass hier eine Identität des Beschwerdestückes und der Beschwerdeprobe nicht gegeben ist. Dies war der Klägerin nicht möglich. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Behauptung, dass die Zuordnung der entnommenen Proben zu dem Untersuchungsbefund nicht eindeutig möglich sei.
3.2 Die Behauptung der Klägerin, die Art und Weise, wie die Kosten der beiden Untersuchungsbefunde ermittelt und festgestellt worden seien, sei unklar, ist ebenfalls unzutreffend. Das Gericht verweist zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die nachvollziehbaren Ausführungen in den Schriftsätzen der Beklagten vom 5. Dezember 2002 nebst Anlagen (Bl. 67-69 GA) und vom 11. Februar 2003 nebst Anlagen (Bl. 84 bis 86 GA).
4. Im Interesse der Klägerin geht die Kammer davon aus, dass der Klageantrag zu 2. sich erledigt hat. Denn mangels Rechtsschutzinteresses der Klägerin wäre der Antrag unter Erhöhung des Streitwertes abzuweisen gewesen, da die Klägerin keine Umstände dargelegt hat, aus denen gefolgert werden könnte, die Beklagte werde ihrer Rückzahlungsverpflichtung nicht nachkommen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Weil die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, konnten ihr Kosten nicht auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Ihre außergerichtlichen Kosten konnten aus Billigkeitsgründen nicht für erstattungsfähig erklärt werden, weil die Beigeladene sich durch ihren Verzicht auf einen Sachantrag nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.