Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.03.2010, Az.: 4 K 268/08

Sonderausgabenabzug nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) für Zahlungen an die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen der Seeelotsreviere (GAK); Auslegung des Begriffs der berufsständischen Versorgungseinrichtung durch ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF)

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
31.03.2010
Aktenzeichen
4 K 268/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 17718
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2010:0331.4K268.08.0A

Redaktioneller Leitsatz

Die Zahlungen, die ein Seelotse an die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen der Seelotsreviere (GAK) geleistet hat, sind nicht als Sonderausgaben abziehbar, da die GAK keine berufsständische Versorgungseinrichtung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG darstellt und die Leistungen der GAK nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG durch ein Kapitaldeckungsverfahren, sondern durch ein Umlageverfahren aufgebracht werden.

Kein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG für Zahlungen an die GAK

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Beiträge zu Versorgungseinrichtungen für Seelotsen als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbar sind.

2

Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2005 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielt als Seelotse Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Er ist wegen dieser Tätigkeit nach § 2 Satz 1 Nr. 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.

3

Daneben entrichtet er über die Lotsenbrüderschaft Pflichtbeiträge an die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen der Seelotsreviere (GAK). Hierbei handelt es sich um zweckgebundenes Sondervermögen in Trägerschaft der Bundeslotsenkammer, der nach den§§ 34 und 35 des Seelotsgesetzes (SeeLG) die Selbstverwaltung der gemeinsamen Angelegenheiten des Seelotswesens in den Seelotsrevieren obliegt. Die Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer hat mit Wirkung vom 1. Juli 1995 eine an die Stelle der bis dahin geltenden Satzung der GAK tretende Satzung beschlossen, die u.a. folgende Bestimmungen enthält:

"§ 1 Abs. 2: Es bestehen zwei Ausgleichskassen, und zwar die Ausgleichskasse I für Seelotsen, für die bis zum 31.12.1974 der Versorgungsfall eingetreten ist (§ 11a - Altlast), und die Ausgleichskasse II für Seelotsen, für die ab 01.01.1975 der Versorgungsfall eingetreten ist bzw. eintreten wird (§ 11b - Neulast).

§ 2: Die Gemeinsamen Ausgleichskassen ... haben den Zweck, eine Zusatzversorgung nach dieser Satzung zu gewähren, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Zusatzversorgung dient der Erfüllung der Aufgaben der Lotsenbrüderschaften gem. § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG. Zur Durchführung sind diese Aufgaben als gemeinsame Angelegenheit aller Lotsenbrüderschaften der dafür zuständigen Bundeslotsenkammer von allen Lotsenbrüderschaften übertragen worden.

§ 30: Über Änderungen dieser Satzung beschließt die Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer gemäß § 4 Abs. 4 mit Zweidrittelmehrheit. Vor einer Änderung des § 9 Abs. 1 und 2 und des § 13 Abs. 1, Abs. 2 Buchstaben a bis c sowie des § 30 sind alle bestallten Seelotsen der Reviere zu hören.

§ 31: Zur Aufhebung einer oder beider Gemeinsamen Ausgleichskassen ist ein mit Zweidrittelmehrheit zu fassender Beschluss der Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer erforderlich. § 30 Satz 2 gilt entsprechend."

4

Nach § 9 Abs. 1 der Satzung erhebt die GAK von jeder Lotsenbrüderschaft eine monatliche Umlage pro Mitglied, und zwar gesondert für jede Umlagekasse, in Höhe eines vom Bundesministerium für Verkehr (BMV) festgelegten Betrages, der von den Lotsenbrüderschaften vom Lotsgeld einbehalten und an die GAK abgeführt wird. Zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der GAK ist nach § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Satzung eine Rücklage in Höhe von mindestens sechs Monaten zu bilden, der für jedes Mitglied durch das BMV festgelegte Beträge zuzuführen sind. Sinkt die Rücklage unter ihren Mindestbetrag, beschließt die Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer eine Sonderumlage, die von den Lotsenbrüderschaften entsprechend der Zahl ihrer Mitglieder erbracht wird (§ 9 Abs. 2 Satz 4 der Satzung).

5

Der Ausgleichsfall (Versorgungsfall) tritt nach § 12 der Satzung ein, wenn der Seelotse berufsunfähig wird, wenn seine Bestallung zum Seelotsen nach § 18 SeeLG erlischt, d.h. mit Beginn des Bezuges von Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung, und wenn er stirbt. Die Ausgleichsleistungen wegen Alters und Erwerbsunfähigkeit bemessen sich nach der nach Alter gestaffelten Gesamtversorgung (in Höhe eines festgelegten Prozentsatzes eines Kapitänsgehaltes [§ 13 Abs. 2 Buchst. b der Satzung] abzüglich einer - fiktiven - anrechenbaren Rente [§ 13 Abs. 2 Buchst. a der Satzung]). In den §§ 14 ff. der Satzung sind die Ausgleichsleistungen für die Hinterbliebenen geregelt.

6

Der Kläger leistete im Streitjahr folgende Zahlungen an die GAK:

  • Neulast: 3.xxx,xx EUR

  • Sonderumlage: 1.xxx,xx EUR

  • Rücklage: xxx,xx EUR

  • 5.xxx,xx EUR.

7

Außerdem war der Kläger Mitglied der Versorgungskasse seiner Lotsenbrüderschaft (Versorgungskasse) Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG).

8

Die Satzung der Versorgungskasse enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 6: Die Kasse hat folgende Einnahmen:

a)
Das Eintrittsgeld.

b)
Die ordentlichen Beiträge der Mitglieder.

c)
Die außerordentlichen Einmalbeiträge der Mitglieder.

d)
Zuwendungen.

§ 9 Abs. 2: Mitgliedern, die als Schwerbeschädigte das 62. Lj., ansonsten das 63. Lj. überschritten haben oder 30 Jahre Mitglied der Kasse sind, steht auch ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit ein Anspruch auf ein Ruhegehalt nach Maßgabe des § 9 Abs. 3 zu, vorausgesetzt, dass ihre Zurruhesetzung von der Lotsenaufsichtsbehörde genehmigt wird.

§ 9 Abs. 3 Buchstabe c: Einem Kassenmitglied, das gemäß Abs. (2) Anspruch auf Ruhegehalt hat, steht auf Antrag eine Kapitalabfindung für höchstens 60% seiner aus Einmalbeiträgen erworbenen Anwartschaft auf Ruhegehalt einschließlich der als Gewinnbeteiligung beschlossenen Zuschläge zu. Der Antrag auf eine Abfindung muss mindestens drei Jahre vor dem Datum der Pensionierung gestellt werden."

9

Im Streitjahr leistete der Kläger an die Versorgungskasse folgende Beiträge:

  • Regelbeitrag: 1.xxx,xx EUR

  • Einmalbeitrag: 4.xxx,xx EUR

  • 6.xxx,xx EUR.

10

In der Einkommensteuererklärung machten die Kläger die Zahlungen an die Versorgungskasse und die GAK neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (12.168 EUR) in Zeile 65 des Mantelbogens als Sonderausgaben geltend.

11

Durch Einkommensteuerbescheid vom 2. Oktober 2006 ermittelte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Günstigerprüfung nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage.

12

Zur Abzugsfähigkeit der Zahlungen an die GAK führte es in den Erläuterungen aus:

13

Beiträge an berufsständische Versorgungskassen - wie im Streitfall die GAK - seien grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzurechnen, wenn mit den Beiträgen dem Mitglied oder seinen Angehörigen ein Rechtsanspruch (Anwartschaft) auf eine spätere Altersversorgung begründet werde. Die gezahlten Beiträge seien auch nicht als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG abzugsfähig, da insoweit nur Beiträge zugunsten kapitalgedeckter Versorgungsträger angesetzt werden könnten.

14

Dies gelte gleichermaßen, wenn die Versorgungskasse in nicht erheblichem Umfang Leistungen auch an ehemalige Berufsangehörige zahle, die keine entsprechenden Beiträge eingezahlt hätten. Das Vertragswerk über die Mitgliedschaft stelle dann rechtlich ein nicht teilbares Ganzes dar, bei dem die eigene Versorgung nicht ohne Übernahme der sog. Altlasten erlangt werden könne. Der Gesamtbeitrag sei daher einheitlich zu behandeln.

15

Eine andere Beurteilung gelte lediglich für den Fall, dass Beiträge an eine rechtlich und tatsächlich selbständige Versorgungskasse zu entrichten seien, die ausschließlich Versorgungsansprüche von ehemaligen Berufsangehörigen abdecke, ohne dass der Beitragzahlende eine eigene Anwartschaft erlangen könne. Diese Zahlungen seien als Betriebsausgabe abziehbar. Zahlungen an die GAK könnten unter diesem Gesichtspunkt nur insoweit abgezogen werden, als sie an die Ausgleichskasse I geleistet würden. Bei den Rücklagen und Sonderumlagen, die nach der Satzung die Zahlungsfähigkeit der GAK sicherstellen sollten und offenbar nicht getrennt für die beiden Ausgleichskassen berechnet würden, sei hingegen von einer einheitlichen, nicht abziehbaren Zahlungsverpflichtung auszugehen.

16

Zur Abzugsfähigkeit der Zahlungen an die Versorgungskasse führte das FA in den Erläuterungen aus:

17

Die Versorgungskasse sei als kleiner VVaG im Sinne des § 53 des Versicherungsaufsichtsgesetzes nicht den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen zuzuordnen. Da ihre Mitglieder nach § 9 Abs. 12 der Satzung die Möglichkeit der hundertprozentigen Kapitalisierung der Anwartschaften hätten, könne sie auch nicht als berufständische Versorgungseinrichtung im Sinne des § 6 SGB VI angesehen werden, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringe. Eine Berücksichtigung der Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG komme somit nicht in Betracht. Die Beiträge könnten allenfalls als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b EStG abgezogen werden.

18

Hiergegen legten die Kläger am 31. Oktober 2006 Einspruch ein, mit dem sie die Berücksichtigung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Versorgungskasse als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG begehrten. Nachdem das FA unter dem 11. April 2007 und dem 6. Mai 2008 Änderungsbescheide erlassen hatte, in denen es Zahlungen in Höhe von 1x.xxx EUR als Sonderausgaben im Sinne dieser Vorschrift und Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG in Höhe des sich aus § 10 Abs. 4 EStG ergebenden Höchstbetrages von 3.900 EUR berücksichtigte, wies es den weitergehenden Einspruch durch Einspruchsbescheid vom 17. Juli 2008 als unbegründet zurück.

19

Mit der am 18. August 2008 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass es sich sowohl bei der GAK als auch bei der Versorgungskasse um Einrichtungen handele, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbrächten, so dass die von dem Kläger geleisteten Beiträge als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG abziehbar seien.

20

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2006 vom 6. Mai 2008 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 17. Juli 2008 die Einkommensteuer auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn die Zahlungen an die GAK in Höhe von 5.xxx,xx EUR und die Zahlungen an die Versorgungskasse in Höhe von 6.xxx,xx EUR als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG berücksichtigt werden.

21

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

22

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

23

Er hält an der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Beurteilung fest. Hinsichtlich der Zahlungen an die GAK führt er ergänzend aus:

24

Die berufsständischen Versorgungseinrichtungen seien aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zu dem Alterseinkünftegesetz in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG einbezogen worden. Maßgeblich hierfür sei die in der öffentlichen Anhörung von der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) abgegebene Stellungnahme gewesen. Darin habe die ABV darauf hingewiesen, dass die öffentlich-rechtlichen Pflichtversorgungseinrichtungen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG einbezogen werden müssten, weil es sich hierbei um auf Landesrecht beruhende Pflichtversorgungseinrichtungen handele, die wie die gesetzliche Rentenversicherung der ersten Schicht der Altersversorgung und nicht der Zusatzversorgung zuzurechnen seien. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages habe diese Anregung aufgegriffen und zur Begründung ausgeführt: "Die berufsständischen Versorgungseinrichtungen stellen jedoch ein auf öffentlich-rechtlicher Grundlage beruhendes Ersatzsystem zur gesetzlichen Rentenversicherung dar. Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, die Beiträge zugunsten berufsständischer Versorgungswerke genauso zu behandeln wie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung" (Bundestags-Drucksache 15/3004, 17).

25

Die GAK stelle jedoch kein Ersatzsystem zur gesetzlichen Rentenversicherung dar, sondern gewähre nach § 2 ihrer Satzung eine Zusatzversorgung, die dazu diene, die Versorgung auf dem Niveau eines Kapitäns auf großer Fahrt sicherzustellen. Sie sei daher ebenso wie andere Zusatzversorgungseinrichtungen - wie z.B. die im Bereich des öffentlichen Dienstes bestehende Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder - zu beurteilen.

26

Soweit das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 10. Juni 1988 12 RK 25/86 die GAK als berufsständische Versorgungseinrichtung im Sinne des § 180 Abs. 8 Satz 2 Nr. 3 der früheren Reichsversicherungsordnung beurteilt habe, sei die Entscheidung im Rahmen eines anderen Regelungskomplexes ergangen. Die Entscheidung des BSG rechne im Übrigen auch die Leistungen einer zu der GAK hinzutretenden Pensionskasse zu den "Versorgungsbezügen aus einer berufsständischen Einrichtung", so dass darunter faktisch alle Leistungen fielen, die bestimmten Berufsgruppen gewährt würden. Daran zeige sich, dass die Entscheidung des BSG nicht zur Auslegung der durch das Alterseinkünftegesetz völlig neu konzipierten Behandlung der Alterseinkünfte und Altersvorsorge herangezogen werden könne, weil diese von einem Dreischichtenmodell ausgehe, bei dem die regelmäßig durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährleistete Basisversorgung (Schicht 1) durch eine betriebliche oder private Zusatzversorgung (Schicht 2) und Kapitalanlagen (Schicht 3) ergänzt würden.

27

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Kläger vom 26. März 2010 - Blatt 120 der Gerichtsakte 4 K 168/08 - und Schriftsatz des FA vom 24. Oktober 2008 - Blatt 10 der Gerichtsakte -).

Entscheidungsgründe

28

Die Klage ist unbegründet.

29

1.

Die Zahlungen, die der Kläger an die GAK geleistet hat, sind nicht als Sonderausgaben abziehbar.

30

a)

Sie stellen keine Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG dar. Nach dieser Vorschrift abziehbar sind neben Beiträgen zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen zwar auch Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen. Die GAK stellt jedoch keine berufsständische Versorgungseinrichtung in diesem Sinne dar.

31

Der Begriff der berufsständischen Versorgungseinrichtung wird im EStG an unterschiedlichen Stellen verwendet (außer in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a in § 3 Nr. 3 Buchstabe c, § 22 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa, § 22a Abs. 1 Satz 1, § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 und § 49 Abs. 1 Nr. 7), jedoch nicht definiert. Nach Tz. 6 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30. Januar 2008 IV C 8 - S 2222/07/0003/IV C 5 - S 2345/08/0001 (BStBl. I 2008, 390) handelt es sich bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen im steuerlichen Sinne um öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen für Beschäftigte und selbständig tätige Angehörige der kammerfähigen freien Berufe, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen und deren Mitglieder auf Antrag von der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden. Eine Liste der hiernach in Betracht kommenden Einrichtungen wurde zuletzt mit Schreiben des BMF vom 7. Februar 2007 IV C 8 - S 2221 - 128/06 (BStBl. I 2007, 262) veröffentlicht. Sie umfasst auf landesrechtlichen Vorschriften beruhende Versorgungswerke von Ärzten, Apothekern, Architekten, Ingenieuren, Mitgliedern des nordrhein-westfälischen Landtags, Notaren, Psychologischen Psychotherapeuten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Tierärzten, Wirtschaftsprüfern und Zahnärzten. Die GAK ist darin nicht erwähnt.

32

Die Auslegung des Begriffs der berufsständischen Versorgungseinrichtung durch das BMF-Schreiben in BStBl. I 2008, 390 knüpft an die gesetzliche Begriffsbestimmung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI an. Nach dieser Vorschrift können "Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind" unter den weiteren Voraussetzungen der Buchstaben a bis c von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden. Der Regelungszusammenhang, in dem diese Begriffsbestimmung steht, spricht dafür, dass es sich bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI um Ersatzsysteme zur gesetzlichen Rentenversicherung handelt.

33

Dieses Begriffsverständnis liegt auch § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG zugrunde, wie sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt. Die seit dem 1. Januar 2005 geltende Gesetzesfassung beruht auf Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz - AltEinkG) vom 4. Juli 2007 (BGBl. I 2004, 1427). Nach den übereinstimmenden Gesetzentwürfen der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Bundestags-Drucksache 15/2150) und der Bundesregierung (Bundestags-Drucksachen 15/2563, 15/2592) sollte der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG auf Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und den landwirtschaftlichen Alterskassen beschränkt sein. Erst auf Vorschlag des Finanzausschusses wurden auch die Beiträge zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen in den Kreis der nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG abziehbaren Aufwendungen einbezogen. Maßgeblich hierfür war die Erwägung, dass die berufsständischen Versorgungseinrichtungen ein auf öffentlich-rechtlicher Grundlage beruhendes Ersatzsystem zur gesetzlichen Rentenversicherung darstellen (Bundestags-Drucksache 15/3004, 17).

34

Um ein solches Ersatzsystem handelt es sich bei der GAK jedoch nicht. Abgesehen davon, dass die von ihr gewährten Leistungen die Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ersetzen, sondern lediglich um eine Zusatzversorgung ergänzen sollen, kann sie auch nicht zu einer Befreiung der Seelotsen von der durch § 2 Satz 1 Nr. 4 SGB VI begründeten Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führen. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI setzt neben anderen Erfordernissen die Mitgliedschaft des Beschäftigten oder selbständig Tätigen in der berufsständischen Versorgungseinrichtung voraus. Eine Mitgliedschaft der Seelotsen in der GAK ist aber ausgeschlossen, weil diese keine Körperschaft, sondern ein zweckgebundenes Sondervermögen in Trägerschaft der Bundeslotsenkammer ist, der wiederum nicht die Seelotsen selbst, sondern die nach § 27 SeeLG für die einzelnen Seelotsreviere gebildeten Lotsenbrüderschaften als Mitglieder angehören (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SeeLG).

35

b)

Die Zahlungen an die GAK können auch nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG als Sonderausgaben abgezogen werden. Unter diese Vorschrift fallen nur Beiträge des Steuerpflichtigen zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung. Die Leistungen der GAK werden aber nicht durch ein Kapitaldeckungsverfahren, sondern durch ein Umlageverfahren aufgebracht, bei dem die laufenden Zahlungen aus den laufenden Beiträgen bestritten werden.

36

c)

Der Ausschluss der Zahlungen an die GAK vom Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG führt wegen der Wechselwirkung, die nach der Systematik des AltEinKG zwischen dem Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen und der Besteuerung der Altersbezüge besteht, nicht zu unbilligen Ergebnissen. Während Leistungen, die auf Beitragszahlungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 beruhen, mit dem sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe a.A. Satz 3 EStG ergebenden, vom Jahr des Rentenbeginns abhängigen Besteuerungsanteil von mindestens 50 Prozent als sonstige Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasst werden, sind Leibrenten, die nicht auf Beiträgen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG beruhen, nur mit dem sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 4 EStG ergebenden Ertragsanteil zu versteuern.

37

2.

Auch die Zahlungen an die Versorgungskasse können nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgezogen werden. Dem Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG steht entgegen, dass berufsständische Versorgungseinrichtungen im Sinne dieser Vorschrift nur öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen sein können, die Versorgungskasse als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit aber eine privatrechtliche Körperschaft ist. Der Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG ist ausgeschlossen, weil danach nur Beiträge zu Versicherungen begünstigt sind, deren Leistungen nicht kapitalisiert werden können, § 9 Abs. 3 der Satzung der Versorgungskasse aber die Möglichkeit einer (Teil-) Abfindung der Ruhegehaltsansprüche vorsieht.

38

3.

Die Klage ist daher abzuweisen. Die Kosten des Rechtsstreits sind den Klägern als den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage, welche Einrichtungen als berufsständische Versorgungseinrichtungen im Sinne des§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG anzusehen sind, hat grundsätzliche Bedeutung.