Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.03.2010, Az.: 15 K 440/09

Aufwendung des sorgeberechtigten Elternteils im Zusammenhang mit dem Umgang der Tochter sind keine außergewöhnliche Belastungen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
19.03.2010
Aktenzeichen
15 K 440/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 36423
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2010:0319.15K440.09.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 11.01.2011 - AZ: VI B 60/10

Einkommensteuer 2002

Aufwendungen eines auch sorgeberechtigten Elternteils, mit denen der Kontakt zum gemeinsamen Kind, das im Haushalt des anderen Elternteils lebt, aufrecht erhalten wird, sind auch dann keine außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG, wenn der Kontakt wegen eines schwebenden Prozesses über das Sorgerecht intensiv erfolgen muss und erheblich über den durchschnittlichen Aufwendungen anderer vom Kind getrennt lebender Elternteile liegt.

Tatbestand

1

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Aufwendungen des Klägers für die Betreuung seiner Tochter L (geb. am xxx 1997) im Jahr 2002 als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen sind.

2

Der Kläger war im Streitjahr als Richter am Verwaltungsgericht tätig. Er schloss im Juli 1996 die Ehe mit R, aus der Ehe ging die am xxx 1997 geborene Tochter L hervor. In den Jahren 2000 und 2001 wurde er von seiner Dienststelle, dem Verwaltungsgericht O, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesverfassungsgericht abgeordnet. Die Eltern von L trennten sich im Juli 2001, seit dieser Zeit lebte das Kind im Haushalt der Mutter in K. Der Kläger verzog, nachdem seine Abordnung beendet war, Anfang 2002 allein zurück nach O und nahm seine Tätigkeit beim Verwaltungsgericht wieder auf.

3

Die Eheleute konnten sich über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter nicht einigen. Mit einem beim Amtsgericht K am xxx 2001 eingereichten Antrag begehrte der Kläger unter anderem, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsame Tochter zu übertragen. In einem Eilverfahren entschied das Amtsgericht K mit Beschluss vom xxx 2001, das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Wege der einstweiligen Anordnung bis auf Weiteres der Mutter zu übertragen. Mit Beschluss vom xxx 2003 übertrug das Amtsgericht die elterliche Sorge insgesamt auf die Mutter. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers vor dem Oberlandesgericht K hatte insoweit Erfolg, als das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Mutter verblieb, im Übrigen es aber bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verblieb. Die Ehe wurde 2004 geschieden.

4

In seiner Einkommensteuererklärung 2002 machte der Kläger u.a. Kosten als außergewöhnliche Belastungen für 13 Umgangsfahrten von O nach K, Beiträge für einen Kindergartenplatz in O und in K, Trennungsunterhaltszahlungen an seine Tochter und seine Ehefrau, Aufwendungen für einen gemeinsamen Urlaub mit seiner Tochter und anteilige Mietkosten für ein Kinderzimmer in seiner Wohnung in O geltend. Hierzu führte er aus, er habe während des Jahres 2002 die Voraussetzungen für einen Wechsel des Aufenthaltsorts der L zu ihm vorhalten müssen, weil die rechtliche Auseinandersetzung um das Aufenthaltsbestimmungsrecht in der Schwebe gewesen sei. Die Aufwendungen für das Kinderzimmer und den Kindergartenplatz seien daher notwendig und zwangsläufig gewesen. Die Umgangsfahrten nach K und die Aufwendungen für den gemeinsamen Urlaub seien schon deshalb zu berücksichtigen, weil er nach der Neuregelung des Umgangsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zum Umgang mit dem Kind verpflichtet gewesen sei und der Kontakt zu L auch hätte nicht abreißen dürfen.

5

Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagung durch und berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht bis auf die Kosten für den Kindergartenplatz mit xxx EUR. Im Bescheid vom xxx 2005 wurde hierzu zur Begründung ausgeführt, die geltend gemachten Aufwendungen für Kinder seien durch die Freibeträge für Kinder oder das Kindergeld abgegolten, auch wenn die Freibeträge oder das Kindergeld einer anderen Person zuständen. Kinderbetreuungskosten könnten für mindestens ein Kind im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge nur insoweit gewährt werden, als die Aufwendungen den gesetzlichen Mindestbetrag überstiegen. Die geltend gemachten Unterhaltsleistungen an die Mutter könnten nur mit ihrer Zustimmung als Sonderausgaben abgezogen werden. Dem Kläger wurde dagegen ein Freibetrag für L nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG in Höhe von 2.904 EUR gewährt.

6

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Einspruch. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Umgangsfahrten und die pauschalierten Aufenthaltskosten seien in jedem Fall zu berücksichtigen, weil nach § 1684 Abs. 1 2. Halbs. BGB jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet sei. Als Vater, dem das gemeinsame Sorgerecht für L zustehe, erfülle der Kläger diese gesetzliche Verpflichtung, sodass die dabei entstehenden Kosten zwangsläufig seien und auch betragsmäßig weit über das hinausgingen, was andere Eltern für die Aufrechterhaltung des Kontakts finanziell aufzubringen hätten.

7

Der Einspruch hatte bezüglich der geltend gemachten besonderen Unterhaltsaufwendungen keinen Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte im Einspruchsbescheid vom xxx 2005 aus, die geltend gemachten Aufwendungen seien bei typisierender Betrachtungsweise durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs und der Kinderbetreuungskosten abgegolten.

8

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er weist noch einmal ausführlich auf die besonderen Lebensumstände im Streitjahr 2002 hin, die ihn dazu bewogen hätten, die zahlreichen Besuchsfahrten durchzuführen, einen zusätzlichen Kindergartenplatz und ein Kinderzimmer in seiner Wohnung in O vorzuhalten und zwei gemeinsame Urlaube mit L zu unternehmen. Er habe zusammen mit der Mutter das gemeinsame Sorgerecht ausgeübt. Diese stärkere Stellung müsse unter Beachtung des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dazu führen, dass seine Aufwendungen als außergewöhnlich zu bewerten seien. Die Umgangskosten seien keinesfalls freiwillig erfolgt. Die Besuche seien erforderlich gewesen, um L nicht vom Kläger zu entfremden und damit die rechtlichen Auseinandersetzungen um das gemeinsame Umgangsrecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht offen zu halten. Schließlich müsse auch berücksichtigt werden, dass der Bundesfinanzhof - BFH - Prozesskosten für eine Auseinandersetzung um das Sorgerecht eines gemeinsamen Kindes als außergewöhnliche Belastungen anerkenne. Diese Rechtsprechung sei auf die hier im Streit stehenden Kosten zu übertragen, weil sie auch erforderlich gewesen seien, um die Erfolgsaussichten des Klägers zu wahren.

9

Die generelle Annahme des Gesetzgebers einer Abgeltung der Umgangsaufwendungen bei einem vom Steuerpflichtigen dauernd getrennt lebenden Kind sei für die Eltern gerechtfertigt, bei denen die zur Aufrechterhaltung der Eltern-Kind-Beziehung zu überbrückenden Entfernungen nur kurz seien. In seinem Fall führe diese Annahme zu einer unverhältnismäßigen Belastung, weil bei einer Besoldung nach R 1 und einer Versteuerung nach der Steuerklasse 1 allein die Umgangsaufwendungen mit monatlich durchschnittlich 715 EUR das Dreifache des bereits als Barunterhalt geleisteten Unterhalts betrügen. Würden die somit zwangsläufigen Besuchsaufwendungen zusammen mit dem Unterhalt das wirtschaftliche Existenzminimum des Steuerpflichtigen tangieren, gebiete auch das Sozialstaatsprinzip die Anerkennung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass der Umstand, der ihn zu den verschiedenen Maßnahmen gezwungen habe, durch die Mutter von L gesetzt worden sei, weil diese sich geweigert habe, nach Beendigung der Abordnung wieder nach O zu verziehen.

10

Vor diesem Hintergrund seien die geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von 8.400 EUR abzüglich einer nach typisierender Betrachtung regelmäßigen Belastung von 15 km (= 228 EUR), somit 8.200 EUR, ferner die Aufenthaltspauschale in K in Höhe von 150 EUR, die Aufwendungen für die Vorhaltung des Kinderzimmers in Höhe von 1.400 EUR und die Kosten für den vorgehaltenen Kindergartenplatz in O in Höhe von 1.200 EUR steuermindernd anzusetzen.

11

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2002 vom xxx 2005 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2005 zu ändern und die festgesetzte Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen in Höhe von 11.000 EUR herabzusetzen;

12

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

13

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest.

15

Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom xxx 2009 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist unbegründet.

17

Der Einkommensteuerbescheid 2002 vom xxx 2005 und der Einspruchsbescheid vom xxx 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendung im Zusammenhang mit dem Umgang zu seiner Tochter sind weder nach§ 33 c Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 noch allgemein nach § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

18

Nach § 33 c Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 gelten Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt gehörenden Kindes, das - wie im Streitfall - das 14 Lebensjahr noch nicht vollendet hat, als außergewöhnliche Belastung, wenn der Steuerpflichtige erwerbstätig ist. Ob und inwieweit die vom Kläger aufgewandten Kindergartengebühren für den Kindergarten in O in Höhe von 1.200 EUR auch Sachleistungen für L, z.B. für ihre Verpflegung in der Kindertagesstätte, abgegolten haben (vgl. hierzu H 195 "Kinderbetreuungskosten" der Einkommensteuerrichtlinien 2002 - EStR -), kann offen bleiben, weil die Voraussetzung einer Zugehörigkeit des Kindes im Haushalt des Klägers in O auch in der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht dargetan oder gar nachgewiesen worden ist.

19

Haushaltszugehörigkeit bedeutet nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das Gericht anschließt, dass das Kind in einheitlicher Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen dessen Wohnung teilt oder sich mit Einwilligung des Steuerpflichtigen vorübergehend außerhalb der Wohnung aufhält. Bei getrennt lebenden Eltern wird das Kind in der Regel zum Haushalt des Elternteils gehören, dem das Sorgerecht zusteht und der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Besuche des Kindes bei dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil begründen keine auf Dauer angelegte Haushaltszugehörigkeit. Auch wenn das Sorgerecht den Eltern gemeinsam zusteht, ist das Kind im Regelfall dem Haushalt zuzuordnen, in dem es sich überwiegend aufhält und wo sich der Mittelpunkt seines Lebens befindet. In Ausnahmefällen kann jedoch auch eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile bestehen, wenn das Kind tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt und nach den tatsächlichen Umständen des einzelnen Falles als in beide Haushalte eingegliedert anzusehen ist (BFH, Urteil vom 14. April 1999 X R 11/97, BStBl. II 1999, 594).

20

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben, er habe seine Tochter im Streitjahr 2002 über die Wochenenden zu sich nach O geholt. Das Kind habe während des Streitjahres vielleicht einmal den vorgehaltenen Kindergartenplatz in Anspruch genommen, genaueres könne er hierzu aber nicht mehr sagen. Ihren Lebensmittelpunkt habe L aber bei ihrer Mutter gehabt, dort sie sie auch melderechtlich gemeldet gewesen. Nach dieser Schilderung ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass sich L nicht nur vorübergehend und besuchsweise in der Wohnung des Klägers in O aufgehalten hat, auch wenn für sie für die Besuchstage ein eigenes Zimmer vorgehalten wurde. Auch nach der in R 195 Abs. 1 Satz 3 EStR geregelten Vermutungsregel ist daher davon auszugehen, dass L ausschließlich dem Haushalt ihrer Mutter in K zugehört hat.

21

Die geltend gemachten Aufwendungen stellen im Ergebnis auch keine außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG dar. Soweit der Kläger hinsichtlich der Gebühren für den in O vorgehaltenen Kindergartenplatz Kinderbetreuungskosten i.S.d. § 33 c Abs. 1 Satz 1 EStG geltend macht, folgt dieses Ergebnis bereits aus dem Umstand, dass die Spezialregelung des § 33 c Abs. 1 Satz 1 EStG eine Anwendung der allgemeinen Vorschrift über die Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG ausschließt. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Voraussetzungen der Spezialvorschrift - wie im Streitfall die Zugehörigkeit des betreuten Kindes zum Haushalt des Steuerpflichtigen - nicht erfüllt sind (BFH, Urteile vom 12. Juli 1991 III R 23/88, BFH/NV 1992, 172 = [...] Rdnr. 26; vom 31. Juli 1997 III R 31/90, BFH/NV 1998, 439 = [...] Rdnr. 15; Beschluss vom 5. Dezember 1996 III B 59/96, BFH/NV 1997, 491 = [...] Rdnr. 2).

22

Hinsichtlich der übrigen Aufwendungen für die durchgeführten Besuchsfahrten, das vorgehaltene Kinderzimmer in der Wohnung des Klägers in Oldenburg und die möglicherweise gezahlten Gebühren für Sachleistungen des Kindergartens kommt eine Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht, weil die entstandenen Aufwendungen wegen der in § 1684 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) statuierten Verpflichtung des Klägers zum Umgang mit seinem Kind dem Grunde nach zwar zwangsläufig, jedoch nicht außergewöhnlich sind.

23

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Die Aufwendungen entstehen zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Höhe nach). Sie sind außergewöhnlich, wenn sich nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Sie werden durch den Grundfreibetrag (§ 32 a EStG) berücksichtigt. Familienbedingte Aufwendungen sind dagegen durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs (Kinderfreibetrag und Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbetrag oder Kindergeld nach§ 32 Abs. 6 Satz 1 bzw. § 31 EStG) abgegolten (BFH, Urteile vom 27. September 2007 III R 28/05, BFH/NV 2008, 148 = [...] Rdnr. 20; III R 30/06, BFH/NV 2008, 539 = [...] Rdnr. 22; III R 71/06, [...] Rdnr. 16; III R 55/05, [...] Rdnr. 13; III R 41/04, [...] Rdnr. 15).

24

In Konkretisierung dieser Grundsätze vertritt der BFH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass zu den nicht außergewöhnlichen, bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen in der Regel die Kosten für Fahrten gehören, um nahe Angehörige zu besuchen, es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen oder dienen dem Zweck, die Krankheit oder das Leiden des Besuchten erträglicher zu machen (vgl. zuletzt BFH, Beschluss vom 25. Februar 2009 VI B 147/08, BFH/NV 2009, 930 = [...] Rdnr. 5). Durch die Regelungen des Familienlastenausgleichs sind auch die Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten (BFH, Urteile vom 29. August 1986 III R 209/82, BStBl. II 1987, 167 und vom 12. Juli 1991 III R 23/98, BFH/NV 1992, 172, bestätigt durch Urteile vom 27. September 2007, a.a.O.). Schließlich führen die Aufwendungen eines geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters für Fahrten zu seinem Kind aufgrund seines Besuchsrechts bzw. seiner Umgangsverpflichtung nach § 1684 Abs. 1 2. Halbs. BGB zu typischen, nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigenden Kosten der Lebensführung. Weder ist es als außergewöhnlich anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kindern getrennt lebt, weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft mehr besteht, noch sind die aufgrund der Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umgang mit den Kindern außergewöhnlich. Denn eine räumliche Trennung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei zusammenlebenden Eltern nicht unüblich, etwa wenn Kinder eine Schule im Ausland besuchen, auswärtig für einen Beruf ausgebildet werden, in einem Heim, einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung untergebracht sind, oder im Rahmen eines Schüleraustauschs längere Zeit im Ausland leben (BFH, Urteile vom 27. September 2007 III R 71/06, [...] Rdnr. 24; III R 55/05, [...] Rdnr. 21; III R 41/04, [...] Rdnr. 23).

25

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich das Gericht anschließt, können die geltend gemachten Kosten für die Besuchsfahrten des Klägers nach K zu seiner Tochter und die dort entstandenen pauschalen Unterbringungskosten wegen fehlender Außergewöhnlichkeit nicht zu außergewöhnlichen Belastungen führen. Soweit der Kläger gegen die Anwendung dieser Grundsätze auf seinen Fall Einwände erhebt, kann er damit nicht durchdringen.

26

Der Kläger hat dabei zunächst zu Recht darauf verwiesen, dass der BFH seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2007 für die Fälle entwickelt hat, dass ein nichtsorgeberechtigtes Elternteil Besuchsfahrten zu seinem Kind unternimmt. Diese Rechtsprechung ist aber auch auf seinen Fall übertragbar, obwohl er mit der Mutter seines Kindes im Streitjahr zusammen sorgeberechtigt gewesen ist. Mit den angegebenen Entscheidungen baut der BFH zum Einen auf seiner bisherigen Rechtsprechung, nach der Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge mit den Regelungen des Familienausgleichs abgegolten sind, auf und entwickelt sie fort. Die bisherigen vom BFH entwickelten Grundsätze werden somit von ihm bestätigt und gelten damit auch für den hier zu entscheidenden Fall. Zum Zweiten unterscheidet die zivilrechtliche Grundlage des § 1684 Abs. 1 2. Halbs. BGB hinsichtlich der Verpflichtung jedes Elternteils zum Umgang mit dem minderjährigen Kind nicht danach, ob dieses Elternteil das alleinige, zusammen mit dem anderen Elternteil das gemeinsame oder gar kein Sorgerecht für das Kind innehat (vgl. Finger, in: Münchner Kommentar zum BGB, Band 8, Familienrecht II 4. Aufl. 2002, § 1684 Rdnr. 5). Die vom BFH getroffenen Erwägungen für sein Ergebnis, die entsprechenden Aufwendungen nicht als außergewöhnlich zu betrachten, gelten daher auch im Streitfall.

27

Wenn der Kläger weiterhin auf die besonderen Konstellationen in seinem Fall abstellt, die im Vergleich zu den üblicherweise zu beurteilenden Lebensumständen zu berücksichtigen seien, kann er hiermit im Ergebnis nicht durchdringen. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu ausgeführt, er sei damals nach Beendigung der Abordnung beim Bundesverfassungsgericht zur Rückkehr nach O gezwungen gewesen, um seine Stelle beim dortigen Verwaltungsgericht anzutreten. Die Kindesmutter habe sich seinerzeit grundlos geweigert, ebenfalls nach O zu verziehen. Er habe durchaus überlegt, sich an das Verwaltungsgericht K versetzen zu lassen. Letztlich habe er davon Abstand genommen, weil die Kindesmutter erklärt habe, dann ihrerseits zu verziehen, um ihm den Kontakt zu seinem Kind zu erschweren. Bei der Beurteilung müsse daher berücksichtigt werden, dass die Höhe der Aufwendungen vom Verhalten der Mutter abhängig gewesen sei, auf das er keinerlei Einfluss gehabt habe.

28

In dem Urteil vom 27. September 2007 III R 28/05, BFH/NV 2008, 148 = [...] Rdnr. 7, 34 hat sich der BFH mit einer vergleichbaren Fallkonstellation auseinander gesetzt. Dort hatte der Steuerpflichtige geltend gemacht, er habe den Entschluss der Kindesmutter, mit den gemeinsamen Kindern in die Vereinigten Staaten von Amerika auszuwandern, nicht beeinflussen können. Aufgrund dieses Entschlusses seien ihm im Vergleich mit den normalen Lebensverhältnissen weit überhöhte Aufwendungen für entsprechende Flugreisen zur Wahrnehmung seines Umgangs- und Besuchsrechts entstanden, die er im Interesse der Entwicklung und Gesundheit seiner Kinder auf sich genommen habe. Hierzu stellt der BFH fest, dass trotz der individuellen Höhe diese Kosten als typische Lebensführungskosten mit dem gewährten Freibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG abgegolten seien. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht an. Dass die Besuchskontakte erforderlich gewesen wären, um eine Krankheit oder ein Leiden seiner Tochter zumindest zu lindern, hat der Kläger während des gesamten Verfahrens nicht vorgetragen und ist nach Aktenlage auch nicht ersichtlich. Der dem Kläger zuzugebende Umstand, dass sein regelmäßiger Kontakt zu seinem Kinde für dessen geistig-seelische Entwicklung sicherlich von großer Wichtigkeit gewesen ist, reicht für die Anerkennung der geltend gemachten Kosten dagegen nicht aus (vgl. BFH, Urteil vom 12. Juli 1991 III R 23/88, BFH/NV 1992, 172).

29

Schließlich kann der Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, mit der Pauschalierung der steuerlich zu berücksichtigenden Betreuungskosten durch den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG bzw. der Gewährung von Kindergeld wurden die Besonderheiten, die in manchen Konstellationen entstehen könnten, in verfassungswidriger Weise nicht berücksichtigt. Gerade sein Fall zeige, dass durch hohe zwangsläufige Kosten sogar das Existenzminimum tangiert werden könne. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des Kindes durch den Familienlastenausgleich abgegolten sind, ist nach der Rechtsprechung de BFH nicht zu beanstanden. Der Kläger ist in seinen Grundrechten nicht dadurch verletzt, dass diese Kosten nicht nach § 33 EStG steuerlich berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber darf auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Indem dem Kläger der Freibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG gewährt wurde, wurde bei ihm in verfassungsrechtlich zulässiger Weise das sächliche Existenzminimum seines Kindes steuerlich freigestellt. Wegen der näheren Begründung dieses Ergebnisses wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen in den Urteilen des BFH vom 27. September 2007 III R 28/05, [...] Rdnr. 36 - 45; III R 30/06, [...] Rdnr. 32 - 42; III R 71/06 [...] Rdnr. 27 - 37; III R 55/05 = [...] Rdnr. 23 - 33; III R 41/04, [...] Rdnr. 27 - 37 verwiesen (vgl. auch BFH, Beschluss vom 25. Februar 2009 VI B 147/08, BFH/NV 2009, 930 = [...] Rdnr. 6). Der in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG für das Streitjahr 2002 geregelte Freibetrag in Höhe von insgesamt 2.904 EUR, der dem Kläger bei der Einkommensteuerveranlagung vom Beklagten auch gewährt wurde, genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben an die Freistellung des sächlichen Existenzminimums des Kindes des Klägers (BFH, Urteil vom 29. Mai 2008 III R 108/07, BFH/NV 2008, 1822 = [...] Rdnr. 18). Sofern - was der Kläger allerdings nicht vorgetragen hat - ihn die Zahlung der Einkommensteuer tatsächlich überfordert haben sollte, hätten ihm dagegen möglicherweise Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 oder 222 Abgabenordnung zugestanden, nicht dagegen eine generelle steuerliche Entlastung durch Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen (vgl. BFH, Urteil vom 18. März 2004 III R 24/03, BStBl. II 2004, 726, 727).

30

Der Kläger kann schließlich auch nicht mit seinem Einwand vordringen, die geltend gemachten Aufwendungen seien von ihm auch deshalb getätigt worden, um die Erfolgsaussichten der angestrengten Gerichtsverfahren mit dem Ziel der Übertragung des alleinigen Sorgerechts zu wahren. Nach dem Urteil des BFH vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BStBl. II 2002, 382, 384 können allerdings abweichend von der Grundregel, dass Kosten zur Führung eines Zivilprozesses mangels Zwangsläufigkeit nicht zu außergewöhnlichen Belastungen führen (vgl. BFH, Urteil vom 18. März 2004 III R 24/03, BStBl. II 2004, 726), Kosten eines Prozesses steuermindernd berücksichtigt werden, mit dem ein Steuerpflichtiger sein Umgangsrecht für sein Kind durchzusetzen versucht, wenn ihm der Umgang völlig versagt wird, obwohl er sich ihnen gegenüber nichts hat zu Schulden kommen lassen. Das Gericht hat allerdings Zweifel, ob diese Ausnahme im Streitfall für das Streitjahr 2002 gegeben war, weil der Kläger auch nach seinen eigenen Angaben in nicht unerheblichem Umfang offenbar mit Billigung der Mutter seine Tochter besucht hat. Selbst wenn aber ein solcher Ausnahmefall gegeben wäre, wären nur die mit dem Prozess verbundenen unmittelbar und unvermeidbar entstehenden Kosten, also die Gerichts- und ggf. Anwaltskosten zu berücksichtigen, nicht dagegen andere Kosten, die im Vorfeld oder während des Prozesses entstanden sind (BFH, Urteil vom 21. Februar 1992 III R 88/90, BStBl. II 1992, 795, 796). Die Aufwendungen des Klägers zur Aufrechterhaltung seines Umgangs mit seiner Tochter stehen - wenn überhaupt - nur in einem solchen mittelbaren Zusammenhang mit der Durchsetzung seines Sorgerechts gegenüber der Kindesmutter und sind deshalb nicht außergewöhnlich (BFH, Urteil vom 27. September 2007 III R 41/04, [...] Rdnr. 25).

31

Unter Berücksichtigung der dargestellten Erwägungen können auch die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das in seiner Wohnung eingerichtete Kinderzimmer und die Gebühren für den Kindergarten, soweit mit ihnen Sachleistungen abgegolten worden sind, nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Sie betreffen Kosten, die auch dann angefallen wären, wenn das Kind im Haushalt des Klägers gelebt hätte, und sind deshalb ihrer Art nach durch den Familienlastenausgleich abgegolten (BFH, Beschluss vom 30. März 2004 III S 16/03 [PKH], BFH/NV 2004, 738 = [...] Rdnr. 26).

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

33

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht zuzulassen. Die entscheidende Streitfrage, ob Kosten eines Steuerpflichtigen zur Wahrung eines von ihm getrennt lebenden minderjährigen Kindes als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist, ist vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des BFH zu diesem Fragenkomplex nicht mehr klärungsbedürftig. Dies gilt umso mehr, als die gegen das Urteil desBFH vom 27. September 2007 III R 41/04 erhobene Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden ist (Beschluss vom 22. Oktober 2009 2 BvR 1520/08).