Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 11.01.2001, Az.: 6 A 215/00
Anfechtungsklage; Anlieger; Durchfahrtsbreite; Ermessen; Feuerwehr; Gemeingebrauch; Gesundheitsgefährdung; Halteverbot; Klagebefugnis; Streitwert; Verkehrszeichen
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 11.01.2001
- Aktenzeichen
- 6 A 215/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 39275
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 45 Abs 1 StVO
- § 42 Abs 2 VwGO
- § 44 Abs 1 StVO
- § 28 Abs 2 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Klagebefugnis eines Anliegers gegen ein Halteverbot vor seinem Grundstück. Eine Anordnung zur Regelung der notwendigen Durchfahrtsbreite ist ermessensfehlerfrei.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner kann eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8000,-- DM festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Halteverbotsbereichs.
Der Kläger ist Eigentümer eines Hausgrundstücks in der in Braunschweig (Broitzem) gelegenen B.-straße. Diese Straße zweigt in westlicher Richtung von der Straße S. ab. An dieser Stelle ist ihre Fahrbahn etwa 6 Meter breit. Sie erstreckt sich bis zur Straße Nachtweide, die in nördlicher Richtung abzweigt, bzw. bis zur Straße D., die sich in südöstlicher Richtung anschließt, wobei sich ihre Breite auf etwa 4,5 Meter verringert. Durchgangsverkehr findet kaum statt; es gilt eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h. Zwischen der Fahrbahn und den nördlich gelegenen Grundstücken ist ein etwa 1,5 Meter breiter Gehweg angelegt. Die an der B.-straße gelegenen Grundstücke sind überwiegend mit Ein- bis Dreifamilienhäusern bebaut, die Garagen und auch entsprechend Einfahrten aufweisen. Seit 1999 führt die Braunschweiger Verkehrs-AG ihre Buslinie 15 auch durch die B.-straße, wobei sog. Abrufbusse eingesetzt werden, die bei entsprechendem Bedarf verkehren. Auf entsprechenden Wunsch der Verkehrs-AG ordnete die Beklagte für den nördliche Teil der Straße, an den auch das Grundstück des Klägers angrenzt, mit dem Verkehrszeichen 283 (Haltverbot) ein durchgehendes Halteverbot an; die entsprechenden Schilder wurden im Sommer 1999 aufgestellt.
Mit Schreiben vom 05.07.1999 machte der Kläger u.a. geltend, das Halteverbot sei aus seiner Sicht nicht erforderlich. Nachdem sich auch andere Anwohner gegen diese Halteverbotsregelungen in der B.-straße gewandt hatten, holte die Beklagte eine Stellungnahme der Braunschweiger Verkehrs-AG ein, die ergab, dass diese zwar ein Halteverbot für den hier verkehrenden "Anforderungsbus" für weiterhin notwendig erachte, sie jedoch mit einer Beschränkung auf die Zeit von montags bis freitags zwischen 7.00 und 17.00 Uhr einverstanden sei. Die Polizei kam in ihrer Stellungnahme vom November 1999 zu dem Ergebnis, dass es wegen der Fahrbahnbreite Probleme für größere Fahrzeuge ("landwirtschaftlicher Verkehr, Fa. F., Feuerwehr im Einsatzfall") geben werde, wenn in diesem Bereich beidseitig geparkt werde. Näheres solle bei einem Ortstermin geklärt werden. Daraufhin fand am 02. Dezember 1999 eine Ortsbesichtigung statt, bei der auch der Kläger zugegen war. In dem am 06.12.1999 erstellten Ergebnisprotokoll der Ortsbegehung heißt es u.a.: "Seit 1999 verkehrt in der B.-straße ein Linienbus der Braunschweiger Verkehrs-AG. Aufgrund der geringen Straßenbreite kann ein beidseitiges Parken nicht zugelassen werden. Wenn auf einer Straßenseite geparkt wird, verbleibt bis zum gegenüberliegenden Bordstein lediglich wenig mehr als 4 m. Dadurch wird, wenn auch auf der gegenüberliegenden Seite geparkt wird, ein Begegnungsverkehr nicht mehr möglich sein. Wegen der Länge und Breite eines Linienbusses müsste dann unter Wegfall einer erheblichen Anzahl von Parkmöglichkeiten ein versetztes Parken angeordnet werden. Durch die Verschwenkungsbereiche geht dann aber noch mehr Parkraum verloren, als bei einer einseitigen Anordnung eines Halteverbotes. Die Anordnung des Halteverbotes auf der nördlichen Straßenseite zugunsten des öffentlichen Personennahverkehrs war lediglich das auslösende Moment, in diesem Wohngebiet verkehrsregelnd in den ruhenden Verkehr einzugreifen. Auf alle Fälle muss berücksichtigt werden, dass bei einem Wegfall auch Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr Probleme hätten, die Straße zu befahren. Bis zur Anordnung des Halteverbotes ist die Verwaltung lediglich auf diesen Umstand nicht aufmerksam gemacht worden. Eine Entfernung der Verkehrszeichen kommt daher nicht in Frage."
Mit Schreiben vom 17.12.1999 teilte die Beklagte dem Kläger ferner mit, dass der Einbau von verkehrsberuhigenden Elementen in den Straßenraum nicht möglich sei, weil die B.-straße entsprechend ihrer Widmung eine reguläre Fahrstraße sei und durch das Aufstellen von Blumenkübeln oder durch den Bau von Barrieren Hindernisse in den Straßenraum gebracht würden, die gefährlich seien und für die die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht übernehmen müsste, was lediglich in verkehrsberuhigten Straßen in Betracht komme. Auch die Markierung eines Radwegs auf der Nordseite der B.-straße komme nicht in Betracht, weil in Tempo 30-Zonen - wie hier - Radwege nicht vorgesehen seien und zudem wegen der geringen Straßenbreite damit gerechnet werden müsste, dass er im Begegnungsverkehr ständig von Kraftfahrzeugen überfahren würde.
Mit Schreiben vom 13.12.1999 erhob der Kläger förmlich Widerspruch gegen das Halteverbot auf der Nordseite der B.-straße. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Durch diese Maßnahme werde für Verkehrsteilnehmer, die schneller als die erlaubten 30 km/h fahren wollten, eine zum Schnellfahren genutzte breite Gasse gebildet. Das Gebot werde vom Lieferverkehr ohnehin nicht beachtet und behindere deshalb nur den Anliegerverkehr, der auf die wenigen Parkplätze angewiesen sei. Jedenfalls gebe es bessere Lösungen, ein Einparken/Halten auf der Nordseite zu verhindern, wie z.B. durch eine verkehrsberuhigende Verbauung oder durch die Abzeichnung eines Fahrradweges auf der Nordseite.
Zu diesem Widerspruch teilte die Polizeidirektion Braunschweig in Ihrer Stellungnahme vom 10.02.2000 mit, dass ein beidseitiges Parken in dieser Straße polizeilich nicht zu befürworten sei, zumal auch die geltend gemachten Geschwindigkeitsverstöße nicht hätten festgestellt werden können. Messungen hätten eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 28,7 km/h ergeben, die festgestellte Höchstgeschwindigkeit habe bei 38 km/h (brutto) gelegen, was durchaus normal erscheine, so dass eine Veränderung der Verkehrssituation hin zum alternierenden Parken aus Gründen einer Geschwindigkeitsdämpfung nicht erforderlich sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2000 wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch des Klägers zurück.
Dagegen hat der Kläger am 16. März 2000 Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:
Sein Grundstück liege in einer unübersichtlichen Kurve, die von der Straßenseite seines Grundstücks her nach rechts abknicke, wobei die Übersicht durch Zäune und eine über 2 m hohe Hecke erschwert werde. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung des Halteverbots sei nicht gegeben. Wegen der unterdurchschnittlichen Benutzung der B.-straße komme die Sicherung der Flüssigkeit des Verkehrs nicht in Betracht und auch Bedürfnisse des öffentlichen Personenverkehrs machten das Halteverbot nicht erforderlich, da der Abrufbus die Straße durchschnittlich nur ein- bis zweimal täglich durchfahre. Immerhin habe der Bus auch vor Einrichtung des Halteverbots die B.-straße problemlos passieren können. Durch die Einrichtung des Halteverbots sei vielmehr eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit erst herbeigeführt worden. Seine Familie werde nunmehr nicht mehr durch die parkenden Fahrzeuge geschützt, sondern an der Kante des Gehweges durch den fließenden Verkehr gefährdet. Ihm gehe es nicht darum, vor seinem Grundstück parken zu können. Zu Unrecht gehe der Widerspruchsbescheid davon aus, dass es sich um ein Halteverbot mit der zeitlichen Beschränkung von 7.00 bis 16.00 Uhr handele. Tatsächlich sei eine solche Beschränkung nicht vorgesehen. Belange des Reisewirtschaftsbetriebes, der sich am Ende der B.-straße befinde und auf dessen Grundstück mehrere überbreite Fahrzeuge abgestellt seien, dürften im Rahmen der Entscheidung nach § 45 Straßenverkehrsordnung - StVO - nicht berücksichtigt werden, da lediglich Anordnungen zum Schutz der Allgemeinheit und nicht auch solche zur Wahrung der Interessen Einzelner zulässig seien.
Der Kläger beantragt,
das von der Beklagten vor den Grundstücken B.-straße 2A und 2 B angeordnete Halteverbot (Verkehrszeichen 283 StVO) aufzuheben.
Die Beklagte verteidigt die ergangenen Entscheidungen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des vorgelegten Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage bleibt ohne Erfolgt. Die angefochtene Anordnung eines Halteverbots (auch) vor dem Grundstück des Klägers (und seines Nachbarn) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Zulässigkeit der Klage scheitert - jedenfalls soweit es um Belange des Klägers als Anlieger der B.-straße in der Breite seines Grundstücks geht - nicht an der für eine Anfechtungsklage notwendigen Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, ist die Klagebefugnis dann zu bejahen, wenn das Klagevorbringen es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Maßnahme eigene Rechte des Klägers verletzt (BVerwG, Urt. vom 29. Juni 1983 - BVerwG 7 C 102.82 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 13; Urt. vom 27.01.1993 - 11 C 35/92 - BVerwGE 92, 32). Ein Verkehrsteilnehmer kann dabei als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nach § 45 Abs. 1 StVO seien nicht gegeben. Was die behördliche Ermessensausübung betrifft, kann er allerdings nur verlangen, dass seine eigenen Interessen ohne Rechtsfehler abgewogen werden mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen (BVerwG, Urt. vom 03.06.1982 - BVerwG 7 C 9.80 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 12; Urt. vom 27.01.1993 - 11 C 35/92 - BVerwGE 92, 32). Hiernach ist die Klagebefugnis des Klägers in seiner Eigenschaft als Anwohner und/oder Verkehrsteilnehmer zu bejahen, weil nicht offensichtlich ist, dass die von ihm behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können. Ob dies auch gilt, soweit der Kläger sich auch gegen das vor dem Nachbargrundstück (mit-)angeordnete Halteverbot wendet, bleibt dahingestellt, da es darauf nicht entscheidend ankommt.
Die Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für die vom Kläger angegriffene Maßnahme liegen vor. Die durch das Aufstellen entsprechender Verkehrsschilder verlautbarte Anordnung des Halteverbots betrifft einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung, für deren Erlass die gemäß § 44 Abs. 1 StVO i.V.m. § 5 Abs. 5 Allg. Zust. VO-Kom zuständige Beklagte von einer vorherigen Anhörung auch des Klägers gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG absehen durfte und ermessenfehlerfrei abgesehen hat, da sie nach den Umständen des Einzelfalls schon wegen des Charakters der Verfügung als einer an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichteten Regelung nicht geboten war.
Die Maßnahme selbst findet ihre Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Nach dieser Vorschrift können die Straßenverkehrsbehörden u.a. die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken. Zu derartigen verkehrsbeschränkenden Maßnahmen gehört auch die streitige Anordnung des Halteverbots. Die Beklagte hat im vorliegenden Fall den Verkehr aus Gründen der Sicherheit - wozu auch die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs zählt - beschränkt, damit der Verkehr in dieser Straße nicht durch parkende Fahrzeuge behindert und insbesondere der Verkehrs-AG und der Feuerwehr der erforderliche Durchfahrtsweg nicht übermäßig erschwert wird. Die getroffene Maßnahme ist zur Erreichung des gesetzlich gedeckten Zwecks geeignet und erforderlich gewesen.
Die Beklagte hat insbesondere zu Recht angenommen, dass die B.-straße auch auf dem Abschnitt zwischen ihrer Abzweigung von der Straße S. bis zur östlichen Grenze des Grundstücks Nr. ..(ein weitergehender Bereich ist vom Klageantrag nicht erfasst und deshalb nicht zu beurteilen) zu schmal ist, um ein verkehrsgerechtes Vorbeifahren an dort parkenden Fahrzeugen zu ermöglichen.
Dabei nimmt das Gericht an, dass die Fahrbahn der B.-straße in diesem Bereich etwa 6 Meter breit ist. Dies ergibt sich aus den aktenkundigen Maßangaben der Polizei sowie aus den bei der Ortsbesichtigung am 02.12.1999 getroffenen Feststellungen. Soweit der Kläger vorträgt, die Fahrbahn sei mehr als 6 Meter breit, mag damit eine geringfügige Überschreitung der Marke von 6 Metern gemeint sein, ist jedoch ein substantiierter Einwand gegen die vorstehende Annahme nicht zu sehen.
Selbst bei einer geringfügig mehr als 6 Meter breiten Fahrbahn wäre die erforderliche Durchfahrtsbreite von 3 Meter nicht gewährleistet, wenn beiderseits der B.-straße geparkt würde. Dass eine Durchfahrtsbreite von 3 Meter regelmäßig - wie auch hier - erforderlich ist, ist in Literatur und Rechtsprechung unstreitig (vgl. etwa VG Berlin, Gerichtsbescheid vom 18.11.1997, NZV 1998, 224; VG Göttingen, Urt. vom 18.02.1999, zitiert nach Juris, VG Braunschweig, Urt. vom 10.03.00 - 6 A 6114/98 -; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., § 12 Rn. 22 m. w. Nw.). Denn die Straßenverkehrszulassungsordnung erlaubt eine Fahrzeugbreite im Allgemeinen von bis zu 2,55 m (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 StVZO), so dass sich bei einem von der Rechtsprechung anerkannten Sicherheitsabstand von etwa 0,5 m die genannte Mindestdurchfahrtsbreite ergibt. Davon gehen u.a. auch die Vorschriften des Baurechts aus, die nicht zuletzt mit Blick auf einen möglichen Einsatz der Feuerwehr vorschreiben, dass zu Gebäuden von öffentlichen Verkehrsflächen grundsätzlich "mindestens 3 m breite Zu- oder Durchfahrten" vorhanden sein müssen (§ 2 Abs. 1 der Allgemeinen Durchführungsverordnung zur Niedersächsischen Bauordnung). Für die öffentliche Verkehrsfläche selbst kann nicht weniger gelten.
Da ein problemloser Einsatz der Feuerwehr jederzeit gewährleistet sein muss, was ohne die streitige Anordnung des Halteverbots an der Nordseite der B.-straße nicht der Fall wäre, liegt hier ein hinreichender Sicherheitsgrund für das Aufstellen eines Halteverbotsschildes auch ohne eine zeitliche Einschränkung vor. Dass es in der Vergangenheit insoweit - soweit bekannt - Probleme nicht gegeben hat, ändert daran nichts. Der Erforderlichkeit der streitigen Anordnung steht auch nicht entgegen, dass in diesem Bereich - und erst recht im weiteren Verlauf der sich verengenden B.-straße - ein Halten an der einen Straßenseite unzulässig ist, sofern bereits auf der anderen Straßenseite ein Fahrzeug hält und durch das hinzukommende Fahrzeug eine enge Straßenstelle im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO entstünde. Da Verkehrsteilnehmer nicht selten - etwa aus Unkenntnis der Rechtslage oder wegen einer Fehleinschätzung der Sachlage - nicht das unmittelbar schon kraft Gesetzes geltende Verbot, an "engen Straßenstellen" zu halten, nicht beachten, kann es - wie hier - durchaus erforderlich sein, diesem Verbot durch entsprechende Beschilderung Nachdruck zu verleihen und auf diesem Wege mit höherer Wahrscheinlichkeit zu erreichen, dass das gesetzlich gewollte Ziel erreicht wird.
Rechtlich zulässige mildere Mittel das sonach notwendige Halteverbot durchzusetzen haben der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Die Anlage eines Radweges unterliegt - abgesehen von widmungsrechtlichen Bedenken - einer besonderen verkehrsrechtlichen Einschätzung und kann grundsätzlich - wie auch hier - nicht als generelle Alternative zur Ausweisung eines Halteverbotsbereiches angesehen werden. Ein Radweg in der B.-straße, für den ein konkretes Verkehrsbedürfnis nicht dargelegt oder sonst ersichtlich ist, würde - wie im Übrigen auch die sonstigen Baumaßnahmen, die der Kläger angeregt hat - die Flüssigkeit des Verkehrs ohne (weitere) Notwendigkeit einschränken und wäre damit nicht ein gleichermaßen geeignetes Mittel, um das hier in Rede stehende (nicht das vom Kläger gewollte) Ziel, die Flüssigkeit und Gefahrlosigkeit des Straßenverkehrs zu sichern, zu erreichen. Die Beklagte ist aber nur verpflichtet, unter mehreren gleich geeigneten Mitteln das mildeste zu wählen. Dass eine (weitere) Geschwindigkeitsbeschränkung nicht hinreichend geeignet wäre, den bei beidseitigem Parken störenden ruhenden Verkehr fernzuhalten, versteht sich von selbst.
Da die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung des eingeschränkten Halteverbots gegeben sind, durfte die Beklagte die Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen. Insoweit könnte der Kläger nur dann in seinen Rechten verletzt sein, wenn seine Interessen nicht rechtsfehlerfrei abgewogen worden wären mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Anordnung der streitigen Verkehrszeichen sprechen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, sind dabei nur qualifizierte Interessen des Klägers abwägungserheblich, also solche, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden, hinausgehen (BVerwG, Urteil vom 27.01.1993, 11 C 35/92, BVerwGE 92, 32, 40 unter Hinweis auf Manssen NVZ 1992, 465 <469 f.>).
Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass solche Interessen der Klägers bestünden, aber nicht hinreichend berücksichtigt worden wären.
Die Rechte des Klägers aus dem Anliegergebrauch führen nicht zu einem Rechtsfehler der angefochtenen Maßnahme. Denn der Gemeingebrauch gewährt für Eigentümer und andere Anwohner keinen Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen unmittelbar beim Grundstück bestehen. Nur die Verbindung des Anliegergrundstücks mit dem öffentlichen Straßennetz muss erhalten bleiben. Diese Gewährleistung der Zugänglichkeit des Grundstücks enthält weder eine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs der Grundstücksverbindung mit der Straße noch die Gewährleistung von Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zugangs und Abgangs (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.01.1993, a.a.O., Urt. vom 06.08.1982 - 4 C 58.80 - Buchholz 406.16 Eigentumsschutz Nr. 27; Beschlüsse vom 13.05.1985 - BVerwG 7 C 229.84 - und vom 02.08.1989 - 7 C 62.89 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 15 und Nr. 19; Nds. OVG, Urt. vom 28.01.1993 - 12 L 297/89 -).
Auch eine Gefährdung der Gesundheit des Klägers (oder sonstiger Bewohner seines Grundstücks) ist mit der Anordnung des Halteverbots ersichtlich nicht verbunden. Selbst mit Blick auf die Tatsache, dass das Grundstück des Klägers am Ausgang der - von der Straße Steinbrink aus gesehen - Innenkurve der B.-straße liegt, kann bei nüchterner Betrachtung nicht angenommen werden, das Halteverbot bewirke eine Gefährdung des Klägers. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der ohnehin bereits durch die Breite des Gehwegs von seinem Grundstück entfernt fließende Verkehr auch noch durch parkende Fahrzeuge davon abgehalten wird, "zu dicht" an seinem Grundstück vorbeizufahren. § 1 StVO gibt dafür nichts her.
Die Beklagte hat ihr Ermessen nicht durch ihre Entscheidungen zur Verkehrssituation in anderen Stadtteilen dahingehend gebunden, dass die Einrichtung von Halteverbotsstrecken praktisch zu unterbleiben habe. Dies wäre mit dem Zweck des § 45 StVO nicht zu vereinbaren und auch aus diesem Grunde nicht geeignet, einen Gleichbehandlungsanspruch des Klägers zu begründen.
Ein erheblicher Ermessenfehler kann schließlich auch nicht in der Wendung des Widerspruchsbescheides gesehen werden, die davon ausgeht, das Halteverbot sei zeitlich beschränkt. Das Gericht versteht diese im Entscheidungssatz des Widerspruchsbescheides enthaltene (unzutreffende) Formulierung lediglich als einen das Ergebnis der Entscheidung nicht tragenden Mangel in der (gewollten) näheren Bezeichnung des Widerspruchs, nicht aber als Ausdruck einer insoweit unzutreffenden Ermessensausübung. Die Widerspruchsbehörde hat bei ihrer Entscheidung ersichtlich nicht verkannt, dass eine zeitliche Beschränkung für das angeordnete Halteverbot nicht besteht. Dies ergibt sich aus den Ausführungen zur Begründung ihrer Entscheidung. Selbst wenn es anders wäre, könnte der Kläger daraus für sich nichts herleiten, da die Beklagte in einer nach § 45 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 Nds. VwVfG sowie § 114 Satz 2 VwGO zulässigen Weise im Verwaltungsrechtsstreit klar gestellt hat, dass das Halteverbot auch ohne zeitliche Einschränkung gewollt ist.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sowie zur Abwendungsbefugnis ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG und entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. auch Nr. 45.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 1996, 605).