Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 10.01.2001, Az.: 6 A 70/00

Christen; Dienstverfehlung; Militärzeit; Strafverfahren; Syrien

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
10.01.2001
Aktenzeichen
6 A 70/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39268
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Verfolgungslage für christliche Glaubenszugehörige. Ahndungen von Dienstverfehlungen während der Militärdienstzeit haben idR keine Asylrelevanz. Bei erneutem Verdacht nicht aufgeklärter Straftaten ist ein Abwarten des polizeilichen Ermittlungsverfahrens zumutbar. (bestätigt: OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.02.2001, 2 L 709/01)

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

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Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger und christlicher Glaubenszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 21. März 1999 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter.

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Zur Begründung dieses Begehrens trug er vor:

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Er habe in Syrien 12 Jahre lang die Schule und anschließend für die Dauer von fünf Jahren die Universität besucht. Danach sei er freiberuflich als Elektroingenieur tätig gewesen. Von November 1995 bis April 1998 habe er den Wehrdienst geleistet. Um den 01. Januar 1999 habe er Syrien mit dem Pkw verlassen und sei nach Jordanien gegangen. Von dort aus sei er am 21. März 1999 mit einem Flugzeug auf direktem Weg nach Frankfurt geflogen. Sein Vater sei wegen der Mitgliedschaft in einer kommunistischen Partei etwa acht Mal festgenommen worden, zuletzt im Jahre 1988. Er selbst habe bis dahin keine Schwierigkeiten mit den Behörden gehabt. Erst am 29. August 1988 sei auch er für fünf Tage inhaftiert worden, obwohl er der Partei nicht angehört habe. Er habe gehört, dass man zu dieser Partei "Politbüro" oder "Flügel Riad Al-Turk" sage. Er habe nach der Inhaftierung seines Vaters das Studium bis zum Jahre 1990 ausgesetzt, um seine Angehörigen finanziell zu unterstützen. Am 08. Februar 1991 hätten sie dann die Nachricht erhalten, dass der Vater im Gefängnis an einem Herzanfall verstorben sei. Am 13. September 1992 habe man ihn ein zweites Mal für die Dauer von einer Woche verhaftet, wieder mit dem Vorwurf, ebenso wie sein Vater Mitglied der kommunistischen Partei zu sein. Ein drittes Mal sei er am 15. Oktober 1993 für eine Woche verhaftet worden. Im Jahre 1995 habe er das Studium beendet und sei zum Militärdienst einberufen worden. Während seines Dienstes habe man ihn im August 1997 zu einem Waffendiebstahl an der Kriegsfakultät vernommen. Er sei dort seinerzeit als Offizier vom Dienst eingesetzt gewesen. Man habe ihm eine Beteiligung an diesem Vorgang vorgeworfen, aber nicht beweisen können. Dennoch habe er deswegen 45 Tage nachdienen müssen. Außerdem sei sein Wehrdienst noch einmal um drei Monate verlängert worden. Während dieser Zeit habe ihm der politische Nachrichtendienst vorgeschlagen, gegen lukrative Vergünstigungen wie Arbeitsplatz, Auto und Reisepass mit dem Staat zusammenzuarbeiten. Nach der Entlassung vom Wehrdienst am 03. April 1998 habe er dann aber weder eine Anstellung beim Staat noch ein Zeugnis erhalten und deshalb privat bei der Gesellschaft Gillette gearbeitet. Von Zeit zu Zeit habe ihn ein Angehöriger des Nachrichtendienstes in Homs aufgesucht und versucht, zur Mitarbeit zu bewegen. Er habe dies aber abgelehnt und immer wieder gesagt, dass er kein politischer Mensch sei. Dies habe man ihm aber nicht abgenommen. Diese Person vom Nachrichtendienst habe ihn am 04. Dezember 1998 verwarnt. Am 06. Dezember 1998 sei der Vater eines Freundes zu ihm gekommen. Der Freund habe freiberuflich für den politischen Nachrichtendienst gearbeitet. Der Vater habe ihm erklärt, von seinem Sohn zu wissen, dass die damals an der Kriegsakademie gestohlenen Waffen von einem Angehörigen der kommunistischen Partei entwendet und jetzt sichergestellt worden seien. Er solle unbedingt das Land verlassen, weil man jetzt genügend Beweise für eine Verhaftung habe. Daraufhin sei er dann ausgereist. Er müsse mit seiner Hinrichtung rechnen. Er habe erst in einer Diözese in Homs Zuflucht gesucht und sei später mit Hilfe der Kirche als Mönch verkleidet mit dem Auto nach Jordanien gebracht worden. Er habe dabei einen gefälschten jordanischen Reisepass benutzt. Darin seien bis auf den Geburtsort seine Personalangaben, die er auch jetzt gemacht habe, enthalten gewesen. Der Geburtsort sei ein anderer gewesen. Später habe er den Reisepass verbrannt, weil man ihn dazu angewiesen habe.

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Mit Bescheid vom 28. April 1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG ebenfalls nicht gegeben seien und die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorlägen. Außerdem forderte die Behörde den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung an.

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Gegen den am 06. Mai 1999 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 20. Mai 1999 Klage erhoben.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Bundesamtes vom 28. April 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und außerdem festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 AuslG, vorliegen.

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Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid,

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die Klage abzuweisen.

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Der Kläger ist zu seinem Asylvorbringen in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG oder des § 53 AuslG vorliegen.

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, weil nach den von ihm gemachten Angaben zu den Einzelheiten seines Reiseweges nicht davon ausgegangen werden kann, dass er auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.

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Nach den §§ 15 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG ist der Asylbewerber gehalten, die erforderlichen Angaben über seinen Reiseweg zu machen und seinen Pass vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG). Bei einer Einreise auf dem Luftweg hat er seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 3 und 4 AsylVfG). Sofern der Ausländer nicht im Besitz der erforderlichen Reisepapiere ist, hat er an der Grenze oder bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG). Kommt der Asylbewerber diesen Mitwirkungspflichten nicht oder nur teilweise nach und steht die behauptete Einreise auf dem Luftweg deshalb nicht eindeutig fest, ist es Sache des Gerichts, erforderlichenfalls den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären und im Rahmen seiner Überzeugungsbildung alle Umstände zu würdigen (§§ 86 Abs. 1, 108 Abs. 1 VwGO). Dabei hat das Gericht auch zu berücksichtigen, dass und aus welchen Gründen die gesetzlich vorgesehene Mitwirkung des Asylbewerbers bei der Feststellung seines Reisewegs unterblieben ist (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, AuAS 1999, 260).

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Die gerichtliche Aufklärungspflicht findet allerdings dort ihre Grenze, wo das Vorbringen des Ausländers keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet. Dies ist generell dann der Fall, wenn der Asylbewerber unter Verletzung der ihn treffenden Mitwirkungspflichten seine Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung nicht unter Angabe genauer Einzelheiten schlüssig schildert. Ob bei einer vom Asylbewerber behaupteten, aber nicht belegten Einreise auf dem Luftweg weitere Ermittlung durch das Gericht

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anzustellen sind, ist eine Frage der Ausübung tatrichterlichen Ermessens im Einzelfall. Ein Anlass zu weiterer Aufklärung ist beispielsweise dann zu verneinen, wenn der Asylbewerber keine nachprüfbaren Angaben zu seiner Einreise gemacht hat und es damit an einem Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen fehlt. Macht der Asylbewerber dagegen hierzu einzelne Angaben, so hat das Gericht diese zu berücksichtigen. Es kann in diesem Zusammenhang frei würdigen, dass und aus welchen Gründen der Asylbewerber mit falschen Papieren nach Deutschland eingereist ist, dass und warum er Reiseunterlagen, die für die Feststellung seines Reisewegs bedeutsam sind, nach seiner Ankunft in Deutschland aus der Hand gegeben hat und schließlich, dass und weshalb er den Asylantrag nicht bei seiner Einreise an der Grenze, sondern Tage oder Wochen später an einem anderen Ort gestellt hat (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO.).

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Im Rahmen der Überzeugungsbildung ist das Gericht aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, die Angaben des Asylbewerbers auch ohne Beweisaufnahme als wahr anzusehen. In den Fällen, in denen der Asylbewerber die Weggabe wichtiger Beweismittel behauptet und damit ein Fall einer selbst geschaffenen Beweisnot vorliegt, ist das Vorbringen allerdings besonders kritisch und sorgfältig zu prüfen. Den Asylsuchenden trifft insoweit zwar keine Beweisführungspflicht; das Gericht kann jedoch bei der Feststellung des Reisewegs die behauptete Weggabe von Beweismitteln wie bei einer Beweisvereitelung zu Lasten des Asylbewerbers würdigen. Eine solche Würdigung liegt umso näher, je weniger plausibel die Gründe erscheinen, die für das beweiserschwerende Verhalten angeführt werden. Insbesondere der pauschale Vortrag der Weggabe von Flugunterlagen kann danach ebenso wie eine Weigerung oder das Unvermögen, mit der Flugreise in Zusammenhang stehende Fragen (z.B. nach den Namen in den benutzten gefälschten Pässen) zu beantworten, den Schluss rechtfertigen, dass die Einreise über einen Flughafen nur vorgespiegelt wird. Bei nicht ausräumbaren Zweifeln an der behaupteten Einreise auf dem Luftweg scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigter aufgrund der Drittstaatenregelung aus. Ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Asylbewerber auf dem Luftweg eingereist ist, kann es gleichzeitig aber auch nicht die Überzeugung von einer Einreise auf dem Landweg gewinnen, ist die Nichterweislichkeit der behaupteten Einreise auf dem Luftweg festzustellen und eine Beweislastentscheidung zu treffen. Bleibt in einem solchen Fall der Einreiseweg unaufklärbar, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für seine Behauptung, ohne Berührung eines sicheren Drittstaats nach Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylVfG auf dem Luft- oder Seeweg nach Deutschland eingereist zu sein (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO., m.w.N.).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger nicht auf dem Luftweg mit einem Direktflug von Amman nach Frankfurt in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Dies wird schon darin deutlich, dass er die von ihm benannten Kosten für seine Weiterreise mit der Bundesbahn von Frankfurt nach Gütersloh in einer unrealistischen Höhe angegeben hat. Darüber hinaus konnte der Kläger Angaben zu dem in dem von ihm benutzten Pass enthaltenen Eintragungen weder beim Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht machen. Die Behauptung, dort den Vornamen "Awad" gesehen zu haben, hält das Gericht schon in Anbetracht des Umstandes, dass der Kläger zunächst angegeben hatte, dass nur der Geburtsort verändert worden sei, für unglaubhaft. Für abwegig hält das Gericht den Versuch einer Erklärung, den im Reisepass enthaltenen Nachnamen sowie das Geburtsdatum nicht angeben zu können, weil der Kläger während des - mehrere Stunden dauernden - Fluges "keine Zeit gehabt habe, diese Angaben zu studieren". Nicht nachvollziehbar ist schließlich, dass der Kläger, ohne hierzu unmittelbar gezwungen gewesen zu sein, den von ihm benutzten Reisepass vernichtet haben will, zumal auf eine Weise (Verbrennen in einer belebten öffentlichen Toilettenanlage), die wegen der damit verbundenen erheblichen Rauch- und Geruchsentwicklung das Einschreiten des Flughafenpersonals oder von Toilettenbenutzern provoziert hätte. Es ist deshalb anzunehmen, dass der Kläger nicht in der von ihm geschilderten Weise auf dem Luftweg nach Deutschland gelangt ist.

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Es besteht auch kein Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AuslG.

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Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind denen des Art. 16a Abs. 1 GG gleich, soweit es die Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale betrifft. Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte haben politisch Verfolgte (Art. 16 a Abs. 1 GG). Dieses Individualgrundrecht kann in Anspruch nehmen, wer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland politische Verfolgung (erneut oder erstmals) zu befürchten hat. Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem Einzelnen durch den Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden oder unmittelbar drohen, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.1989 - 2 BvR 502, 1000, 961/86 -, BVerfGE 80, 315, 333). Dabei beschränkt sich der asylrechtliche Schutz nicht auf die Rechtsgüter Leib und Leben, sondern erfasst auch Einschränkungen der persönlichen Freiheit; die hierin eingeschlossenen Rechte der freien Religionsausübung und ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung lösen einen Asylanspruch indessen nur aus, wenn deren Beeinträchtigung nach ihrer Intensität und Schwere zugleich die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Herkunftsstaates allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Beschl. vom 24.06.1992 - 2 BvR 176/92 u. a., S. 12 f. des Abdrucks unter Hinweis u. a. auf BVerfGE 76, 143, 158). Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Verfolgungsmaßnahmen ergeben, wenn der Asylbewerber sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und auch im Übrigen vergleichbaren Lage befindet, so dass seine (etwaige) Nichtbetroffenheit von ausgrenzenden Rechtsverletzungen eher als zulässig anzusehen ist (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 230 f.). Eine solche sog. mittelbare Gruppenverfolgung liegt danach typischerweise vor bei Massenausschreitungen (Pogromen), die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheit sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, wobei allerdings nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend erfasst sein muss (BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216, 232). Auch ohne Pogrome und diesen vergleichbare Massenausschreitungen liegt eine mittelbare Gruppenverfolgung immer dann vor, wenn die Verfolgungsschläge, von denen die Angehörigen einer Gruppe betroffen werden, so dicht und eng gestreut fallen, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden (BVerwG, Beschl. vom 24.09.1992, Buchholz 402.25 § 1

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AsylVfG Nr. 156; Urt. vom 05.07.1994, BVerwGE 96, 200, 203). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. vom 02.08.1983, BVerwGE 67, 317 m. w. N.) wird eine solche von nichtstaatlicher Seite, also insbesondere von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen, ausgehende Verfolgung dem Staat zugerechnet, wenn dieser die Verfolgung billigt oder fördert, ferner wenn er nicht willens oder - trotz vorhandener Gebietsgewalt - nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe Privater zu schützen. Dabei besteht die Zurechenbarkeit begründende Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit nicht bereits dann, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall effektiver staatlicher Schutz nicht geleistet worden ist. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten lückenlosen Schutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen oder "Pannen" sonstiger Art bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgaben der Wahrung des öffentlichen Friedens nicht vorkommen. Deshalb schließt weder Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch die im Einzelfall von dem Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit aus. Vielmehr sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare Verfolgung dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-) Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (BVerwG, Urt. vom 05.07.1994 , Inf-AuslR 1995, 24).

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Da das Asylgrundrecht auf dem Zufluchtgedanken beruht und von seinem Tatbestand her grundsätzlich den Ursachenzusammenhang von Verfolgung/Flucht/Asyl voraussetzt (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, BVerfGE 74, 51, 60; Beschl. vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 344), ist ferner von maßgeblicher Bedeutung, ob der Asylbewerber vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Ist der Asylsuchende wegen erlittener oder unmittelbar bevorstehender politischer Verfolgung ausgereist und war ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates wegen Fehlens einer inländischen Fluchtalternative unzumutbar, ist er als Asylberechtigter anzuerkennen, sofern die fluchtbegründenden Umstände im maßgeblichen Zeitpunkt fortbestehen. Er ist ferner anzuerkennen, wenn diese zwar entfallen sind, aber an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ernsthafte Zweifel bestehen. Hat der Asylsuchende seinen Heimatstaat hingegen unverfolgt verlassen, kann er nur dann anerkannt werden, wenn ihm politische Verfolgung aufgrund eines asylerheblichen Nachfluchttatbestandes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerfG, Beschl. vom 26.11.1986, aaO., 64 f.; Beschl. vom 10.07.1989, aaO., 344 f.; BVerwG, Urt. vom 20.11.1990, BVerwGE 87, 152; Urt. vom 23.07.1991, DVBl. 1991, 1089). Für die Annahme einer drohenden Verfolgung ist entscheidend, ob aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar erscheint (BVerwG, Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169). Die dazu erforderliche Zukunftsprognose hat auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) und muss auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichtet sein (BVerwG, Urt. vom 03.12.1985, EZAR 202 Nr. 6). Sie hat die vom Asylbewerber geschilderten Ereignisse zu würdigen und insbesondere auch den politischen Charakter der Verfolgungsmaßnahme festzustellen (§§ 15, 25, 74 Abs. 2 AsylVfG). Bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt es, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben (BVerwG, Urt. vom 23.11.1982, BVerwGE 66, 237). Die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Asylbewerber behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft, wobei allerdings der sachtypische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerstaat bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urt. vom 12.11.1985, EZAR 630 Nr. 13).

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Dies setzt voraus, dass der Asylbewerber die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorträgt. Hierzu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG, Beschl. vom 18.09.1989, InfAuslR 1989, 350 [BVerwG 18.09.1989 - BVerwG 9 B 308.89] m.w.N.). Dazu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Ein im Laufe des Asylverfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden in Frage stellen. Ändert der Asylsuchende in seinem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (BVerwG, Beschl. vom 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38 [BVerwG 26.10.1989 - BVerwG 9 B 405.89]; Beschl. vom 21.07.1989, Buchholz 402.24 § 1 AsylVfG Nr. 113). Zwar spricht nicht jede Widersprüchlichkeit im Vortrag eines Asylbewerbers zugleich auch gegen seine Glaubwürdigkeit; vielmehr ist bei der Wertung seiner Aussage zu berücksichtigen, dass sich Missverständnisse aus Verständigungsproblemen ergeben haben können und dass zwischen Asylantragstellung, der Anhörung im Verwaltungsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung sowie ggf. der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht jeweils größere Zeiträume liegen können. Auch dürfen die besonderen Schwierigkeiten, denen Asylbewerber aus anderen Kulturkreisen bei der Darstellung ihrer Verfolgungsgründe besonders dann ausgesetzt sind, wenn sie über einen geringen Bildungsstand verfügen, nicht außer Acht gelassen werden. Grundlegende, für das Verlassen des Heimatlandes und den Asylantrag maßgebende Umstände im individuellen Lebensweg des Asylbewerbers bleiben jedoch im Normalfall zumindest in ihren wesentlichen Einzelheiten in Erinnerung. Widersprüche und Ungereimtheiten, die sich hierauf beziehen, machen das Vorbringen des Asylbewerbers zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal in der Regel insgesamt unglaubwürdig. Vor allem für diejenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, ist ein substantiierter, im Wesentlichen widerspruchsfreier Tatsachenvortrag zu fordern. Dabei ist die wahrheitsgemäße Schilderung einer realen Verfolgung erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.

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Nach diesen Kriterien hat der Kläger eine individuelle Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht. Es mag zutreffen, dass der Kläger während seiner Militärdienstzeit als Offizier vom Dienst in Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Waffen und Munition auf seinem Stützpunkt verwickelt worden ist. Auch erscheint es als denkbar, dass dem Kläger insoweit eine Dienstverfehlung angelastet, er deswegen arrestiert wurde und er die Zeit der Untersuchung und Inhaftierung (45 Tage) hatte nachdienen müssen. Diesen Vorkommnissen fehlt es jedenfalls an der asylrechtlichen Relevanz, weil es um eine Untersuchung und die Ahndung einer dienstrechtlichen Verfehlung im Rahmen des Wehrdienstes gegangen ist.

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Dagegen hält das Gericht die Schilderung der Umstände, die den Kläger zur Ausreise aus Syrien veranlasst haben sollen, für unglaubhaft. Es ist schon nicht nachvollziehbar, dass der syrische Sicherheitsdienst, obwohl ihm bereits ausreichende Beweise hinsichtlich einer Verstrickung des Klägers in einen militärischen Waffendiebstahl vorgelegen haben sollen, nicht sogleich gegen die Verdachtsperson einschreitet, sondern dem Betreffenden noch genügend Zeit lässt, um sich nach einer Warnung durch eine Mittelsperson dem Zugriff der Sicherheitskräfte entziehen zu können. Diese Darstellung ist außerdem unglaubhaft, weil der Kläger hinsichtlich der Einzelheiten der Kenntniserlangung von der bevorstehenden Verhaftung bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unterschiedliche Darstellungen gegeben hat. Während er gegenüber dem Bundesamt behauptet hat, von dem Vater eines Freundes, der freiberuflich für den Sicherheitsdienst in Syrien tätig gewesen sein soll, gewarnt worden zu sein, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung diese Schilderung dahingehend abgeändert, dass dieser Freund aus seiner Schulzeit als Beamter beim Sicherheitsdienst gearbeitet habe. Die auf einen entsprechenden Vorhalt vom Kläger abgegebene Erklärung, bereits bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt den Vorgang so dargestellt zu haben, wie er dies in der mündlichen Verhandlung getan habe, überzeugt angesichts der Aufzeichnungen des Bundesamtes und der Erklärung des Klägers nicht, dass die von ihm dort festgehaltenen Angaben mit Ausnahme einer von ihm am Ende der Befragung veranlassten Korrektur im Übrigen richtig wiedergegeben worden seien. Es sind zudem keine konkreten Hinweise darauf vorhanden, dass eine solche Ermittlungstätigkeit der Behörden nicht lediglich der strafrechtlichen Komponente gedient hätte, wenn sie sich tatsächlich zugetragen hätte. Sofern der Kläger sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, wie er behauptet hat, hätte er sich der Untersuchung - wie schon einmal - in der Gewissheit unterziehen können, dass für eine Tatbeteiligung keine Nachweise vorhanden seien. Aus den vom Bundesamt außerdem dargelegten Gründen, auf die das Gericht insoweit verweist, hält das Gericht den vom Kläger als Grund für seine Ausreise aus Syrien geschilderten Vorgang für konstruiert, lebensfremd und unwahr.

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Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in Syrien als Christ unmittelbar oder mittelbar staatlicher politischer (religiöser) Verfolgung ausgesetzt war, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er künftig solche Verfolgung zu befürchten hätte. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2000 und der Stellungnahme von amnesty international an das VG Schleswig vom 02.09.1993 sowie dem Bericht vom Juni 1994 bestehen keinerlei Anzeichen für offene Diskriminierung von Christen durch syrische Stellen, insbesondere von Polizei und Justiz. Amnesty international führt insoweit aus, dass keine Erkenntnisse über politische Verfolgung allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit vorliegen. Unbestätigten Berichten zufolge sollen Christen allenfalls unter Diskriminierungen leiden, die jedoch nicht die Intensität von Menschenrechtsverletzungen erreichen. Vielmehr bekleiden zahlreiche Christen hohe Stellungen im Wirtschafts- und Staatsdienst. Christen sind u.a. im Kabinett und in der sog. Volkskammer vertreten. Insgesamt spielen die Christen Syriens im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben ihres Landes eine bedeutende und einflussreiche Rolle. Sie bewerten ihre Lage überwiegend selbst als gut (vgl. Deutsches Orient-Institut vom 04.08.1993 an das VG Münster; vom 14.07.1993 an das VG Koblenz; vom 02.05.2000 an das VG Gießen). Zudem haben die Leitungen der verschiedenen christlichen Kirchen ein spannungsfreies Verhältnis zur syrischen Staatsführung, die sich ihrerseits aus politischem Eigeninteresse um ein gutes Verhältnis zu den Christen bemüht (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2000; EKD vom 02.10.2000 an das VG München). Ferner besitzen die christlichen Kirchen aufgrund von Art. 35 der syrischen Verfassung die Freiheit der Religionsausübung (Auswärtiges Amt zur Lage der Menschenrechte in Syrien vom 10.01.1994). Die Religionsfreiheit wird dabei auch in der Verfassungswirklichkeit Syriens respektiert, was nicht zuletzt daran zu erkennen ist, dass christliche Schulen existieren, in denen die Sprachen der Minderheiten (aramäisch, armenisch) gelehrt werden. Diese Sprachen sind auch in der Öffentlichkeit zugelassen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2000).

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Anhaltspunkte für Nachfluchtgründe liegen ebenfalls nicht vor. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem unverfolgt ausgereisten Kläger bei seiner Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung droht. Die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland um Asyl nachgesucht hat, ist kein Umstand, dessentwegen eine solche Befürchtung begründet wäre. Die Asylantragstellung als solche hat keine Maßnahmen syrischer Behörden zur Folge (vgl. den o.g. Lagebericht sowie das Urteil des Nds. OVG vom 04.08.1993, 2 L 5341/92; Beschl. vom 22.08.2000, 2 L 3024/00). Nichts anderes gilt auch für den mit der Dauer des Asylverfahrens zusammenhängenden Auslandsaufenthalt. Dieser wird von den syrischen Behörden ganz regelmäßig nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen (vgl. Nds. OVG Lüneburg, aaO.; OVG Bremen, Urt. vom 13.04.2000, OVG 2 A 466/99.A; VGH Mannheim, Urt. vom 19.05.1998, A 2 S 28/98; OVG Saarlouis, Urt. vom 08.12.1998, 3 R 72/98). Es entspricht deshalb der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass weder allein der Auslandsaufenthalt noch die Asylantragstellung zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien führen, sofern die Betroffenen - wie hier - sich nicht politisch betätigt haben. Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes (z. B. vom 19.07.2000) ergibt sich, dass die Einreise abgeschobener Antragsteller ohne Anhaltspunkte für eine politische Betätigung weitgehend unbehelligt verläuft und die Asylantragstellung als solche oder ein längerer Auslandsaufenthalt für sich in der Regel keine Anknüpfungspunkte für ein erhöhtes Interesse der Geheimdienste sind. Aus den der Kammer vorliegenden Auskünften von amnesty international (z.B. vom 20.06.1996 an das VG Koblenz) ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Darin wird insoweit übereinstimmend mit den Angaben des Auswärtigen Amtes ausgeführt, dass mit zielgerichteter politischer Verfolgung in der Regel dann gerechnet werden muss, wenn sich jemand aktiv politisch und in herausgehobener Funktion oppositionell oder anderweitig regimekritisch verhält. Darüber hinaus wird zwar auch angeführt, dass syrische Asylantragsteller bei der Abschiebung gefährdet seien, von staatlichen Stellen verfolgt zu werden, da sie einem eingehenden Verhör durch die Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden unterzogen werden. Zusätzlich wird dann aber angeführt, dass die abgeschobenen Asylantragsteller dann in ein Haft- und Verhörzentrum in Damaskus gebracht werden, wo sie spätestens gefährdet sind, gefoltert zu werden, wenn sich bei der Überprüfung der Verdacht auf eine regimekritische Haltung oder frühere oppositionelle Betätigung ergibt. Bei der Befragung am Flughafen sei es hingegen lediglich nicht ausgeschlossen, dass es zu Misshandlungen durch Schläge oder zu anderen Maßnahmen komme. Auch aus dieser Stellungnahme kann daher nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien für diejenigen entnommen werden, die sich - wie der Kläger - nicht politisch betätigt haben und die daher auch nicht in den Verdacht einer regimekritischen Haltung kommen können. Übereinstimmend hiermit gibt das Deutsche Orient Institut (z.B. Auskunft an das VG Ansbach vom 08.05.1995) an, dass auch staatenlose Kurden aus Syrien allein wegen ihrer Asylantragstellung keine Bestrafung zu erwarten haben, da die staatlichen Organe Syriens die Bedeutung eines Asylverfahrens durchaus realistisch einschätzen können und das Asylverfahren in den Augen der syrischen Staatsorgane für nicht bereits in ihrem Heimatland politisch Verfolgte eben dieselbe Bedeutung hat wie in den Augen der Asylbewerber, nämlich die einer Formalie.

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Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse i.S.d. § 53 AuslG nicht ersichtlich. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Lediglich dann, wenn dem einzelnen Ausländer kein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG zusteht, er aber gleichwohl nicht abgeschoben werden darf, weil die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach den §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gebieten, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 199 [BVerwG 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9/95]). Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr nach Syrien in einer solchen extremen Gefahrenlage befinden würde.

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Da das Bundesamt den Kläger zu Recht nicht als Asylberechtigten anerkannt hat und er keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, hatte die Behörde ihn gemäß den §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise aufzufordern und die Abschiebung anzudrohen.

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Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b Abs. 1

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AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.