Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.06.2009, Az.: 1 LB 52/08
Faktische Zurückstellung eines Bauantrags bis zum Erlass einer Veränderungssperre durch tatsächliche Verzögerung der Erteilung der begehrten Baugenehmigung; Einfügen einer Parkfläche für ca. 1000 Kraftfahrzeuge in die nähere Umgebung eines Hafengebiets mit sonst nur einzeiligen Parkstreifen an den Straßen; Entstehung und Verfestigung einer Splittersiedlung durch die Einrichtung einer nicht-privilegierten Stellplatzanlage im Hafengebiet
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 22.06.2009
- Aktenzeichen
- 1 LB 52/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 37024
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0622.1LB52.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 15.03.2007 - AZ: 4 A 2268/05
- nachfolgend
- BVerwG - 03.02.2010 - AZ: BVerwG 4 B 67.09
- BVerwG - 16.09.2010 - AZ: BVerwG 4 C 7.10
- OVG Niedersachsen - 07.07.2011 - AZ: OVG 1 LB 259/10
- BVerwG - 19.04.2012 - AZ: BVerwG 4 C 10.11
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs. 1 S. 2, 3 BauGB
- § 34 Abs. 1 BauGB
- § 34 Abs. 2 BauGB
- § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
- § 11 BauNVO
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 1. Senat -
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Claus,
die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Berner-Peschau,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Bremer sowie
die ehrenamtliche Richterin C. und
den ehrenamtlichen Richter D.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 15. März 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzung der zu ihrem Werftbetrieb gehörenden Halle im Hafengelände von E. während der Sommersaison als Stellplatz für ca. 250 Kfz sowie der daran anschließenden Freifläche als Stellplatz für ca. 750 Kfz. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Erteilung eines Bauvorbescheids entsprechend ihrem (Bau-)Antrag vom 20. Januar 2005, weiter hilfsweise die Feststellung, dass ihr Bauantrag in der Zeit vom 14. April 2005 bis 14. Juli 2005 positiv hätte beschieden werden müssen.
Die Klägerin betreibt auf ihren Grundstücken im Hafengelände von E. eine Schiffswerft. Für die Errichtung einer Bootsreparaturhalle wurde mit Bescheid vom 10. Juli 1987 die Baugenehmigung erteilt. Bereits im Oktober 1989 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung für die Halle als Allzweckhalle in den Sommermonaten, in denen sie für den Schiffsreparaturbetrieb und die Lagerung von Booten nicht gebraucht würde. Dieser Antrag wurde 1990 abgelehnt. Unter dem 29. Oktober 1998 erhielt die Klägerin eine Änderungsgenehmigung für Anbauten an die vorhandene Halle gemäß § 16 BImSchG, die sie nur teilweise für einen Anbau im südöstlichen Teil der Halle ausnutzte. Mit mehreren Verfügungen wurde die Verlängerung der Geltungsdauer dieser Genehmigung ausgesprochen. Die Klägerin hat diese Genehmigung derzeit noch nicht vollständig ausgenutzt. Mit Gesetz vom 22. April 2005 über Gebietsänderungen im Bereich unter anderem der Stadt B. ist das Gelände des Hafens in den Bereich der Stadt B. eingegliedert worden (Nds. GVBl. 2005, 121).
Am 26. April 2005 beschloss der Rat der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 92 "Hafen", mit dem die in das Gebiet der Stadt B. nunmehr eingemeindeten Flächen des Hafens überplant werden sollen. Nach diesem Planentwurf sind Stellplätze für Pkw in dem Gebiet nur soweit vorgesehen, als es sich nicht um Dauerparken für zum Beispiel Inselbesucher handelt. Am 24. September 2007 beschloss der Rat der Beklagten eine Veränderungssperre für das Gebiet, die im Amtsblatt für den Landkreis Aurich vom 5. Oktober 2007 bekannt gemacht wurde.
Unter dem 20. Januar 2005 stellte die Klägerin einen Bauantrag für die Herstellung der Stellplatzanlage und die Nutzung der Bootslagerhalle für Kfz-Stellplätze in den Sommermonaten. Unter dem 12. April 2005 übertrug das damals noch zuständige Ministerium die Zuständigkeit für das Baugenehmigungsverfahren auf die Stadt B.. Am 2. Juni 2005 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben, zu deren Begründung sie vortrug, die Untätigkeitsklage sei deshalb schon zulässig, weil über ihren Bauantrag ohne zureichenden Grund nicht sachlich in angemessener Frist entschieden worden sei. Das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden solle, sei dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen, weil der gesamte Hafenbereich als zusammenhängende Bebauung anzusehen sei. Das Vorhaben sei selbst im Außenbereich zulässig, weil es sich um einen ortsgebundenen gewerblichen Betrieb handele. Die Stellplätze seien vorgesehen für die Personen, die mit den im Hafen abfahrenden Personenfähren zu den Inseln fahren und ihre Fahrzeuge auf dem Festland stehen lassen wollten. Die Stellflächen seien daher dem Hafen zu- und untergeordnet und stünden mit dem Hafenbetrieb in engem Funktionszusammenhang.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr einen Bauvorbescheid nach Maßgabe ihres Antrags vom 20. Januar 2005 unter Ausschluss der Frage der UVP-Pflichtigkeit zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, das Grundstück liege im Geltungsbereich des sich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 92. Die von der Klägerin angestrebte Nutzungsänderung stehe im Widerspruch zu den genehmigten und geplanten Nutzungen des Gebietes.
Mit Urteil vom 15. März 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag der Klägerin scheitere schon daran, dass nicht die Bauaufsichtsbehörde, sondern die zuständige Immissionsschutzbehörde, hier das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg, gemäß §§ 16 und 17 BImSchG eine immissions-schutzrechtliche Änderungsgenehmigung erteilen müsse. Eine baurechtliche Genehmigung scheitere darüber hinaus aber ebenfalls, weil das Vorhaben weder nach § 35 noch nach § 34 BauGB genehmigungsfähig sei. Das Baugrundstück, mit einer Größe von ca. 10.000 m2, nehme nicht mehr am Bebauungszusammenhang teil. Der östliche Hafenschutzdamm könne nicht als eine bauliche Anlage gewertet werden, die den Innenbereich vom Außenbereich, hier dem Wattenmeer, abtrenne. Das Vorhaben sei aber auch nicht nach§ 35 BauGB privilegiert, weil die geplante saisonale Umnutzung als Stellplatzanlage nicht als ortsgebundener gewerblicher Betrieb anzusehen sei. Der Betrieb gehöre nicht zur Schiffswerft als solcher und sei auch nicht notwendigerweise in der unmittelbaren Hafennähe anzusiedeln, weil die Bereitstellung von Parkplätzen für Besucher der Inseln nicht in einem funktionellen Zusammenhang mit dem Werftbetrieb stehe. Als nicht privilegiert könne das Vorhaben nicht genehmigt werden, weil es die Entstehung einer zu missbilligenden Splittersiedlung befürchten lasse. Eine Genehmigung nach § 34 BauGB scheitere schon am mangelnden Einfügen dieser Anlage, da sich in der maßgeblichen näheren Umgebung keine vergleichbare Anlage befinde. Da das Vorhaben nicht dem vorhandenen Betrieb diene, komme auch § 34 Abs. 3a BauGB 2007 nicht zur Anwendung.
Mit Beschluss vom 4. März 2008 - 1 LA 180/07 - hat der Senat dem Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts stattgegeben.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor: Die Veränderungssperre entfalte ihr gegenüber keine Wirkung mehr. Sowohl der Hafenschutzdamm als auch die nördlich ihrer Grundstücke liegenden so genannten Spülfelder seien als bauliche Anlagen anzusehen, die den dahinter beginnenden Außenbereich von dem das gesamte Hafengebiet einschließenden Innenbereich abgrenzten. Bei den Spülfeldern handele es sich um gewerbliche Sandabbauflächen, auf denen der Sand, der aus den Fahrrinnen zu den Nordseeinseln entnommen werde, aufbereitet und dann verkauft und abtransportiert werde. Diese Tätigkeit erfordere den dauerhaften Einsatz großer Bagger und führe zu Erhebungen von mindestens 10 m. Diese Anlage stelle ebenfalls eine hafentypische Nutzung dar, die den Eindruck eines Hafengebietes optisch verstärke. Der Hafenschutzdamm, bei dem es sich um ein künstliches Bauwerk handele, trage zu diesem Eindruck bei. Bei einer Betrachtung nach§ 34 BauGB füge sich das Vorhaben ein, weil bereits jetzt verschiedene Parkflächen für die Aufnahme von Touristenfahrzeugen im Hafengebiet vorhanden seien. Bodenrechtliche Spannungen würden allenfalls verringert, jedenfalls aber nicht ausgelöst. Ein Zurücktreten der baurechtlichen Genehmigung gegenüber einer erforderlichen bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung sei nicht gegeben. Vielmehr habe das Gewerbeaufsichtsamt mit Schreiben vom 6. Mai 2008 mitgeteilt, dass eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG nicht erforderlich sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 15. März 2007 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung nach Maßgabe ihres unter dem 20. Januar 2005 formulierten Bauantrages zu erteilen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, ihr auf diesen Bauantrag einen entsprechenden bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid (Bebauungsgenehmigung) zu erteilen,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, ihr, der Klägerin, die Nutzung der Bootshalle zur Einstellung von Kraftfahrzeugen entsprechend dem Antrag vom 20. Januar 2005 zu genehmigen,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin hinsichtlich der bestehenden Bootshalle einen entsprechenden Bauvorbescheid zu erteilen,
schließlich hilfsweise festzustellen,
dass der Bauantrag in der Zeit vom 14. April 2005 bis zum 14. Juli 2005 positiv hätte beschieden werden müssen,
sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung mit all ihren Anträgen zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie darauf, dass unabhängig vom Bestehen der Veränderungssperre eine Genehmigung nicht in Betracht komme, weil es sich um ein Außenbereichs-vorhaben handele, das öffentliche Belange beeinträchtige und dem deshalb§ 35 BauGB entgegenstehe.
Die Berichterstatterin hat die Örtlichkeit als beauftragte Richterin am 16. Juni 2009 in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Ortsbesichtigung vom gleichen Tage Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die Umstellung des Antrags auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gegenüber dem Antrag in der ersten Instanz auf Erteilung eines Bauvorbescheids stellt keine in der Berufungsinstanz unzulässige Klageerweiterung dar. Die Klägerin hatte in ihrem ursprünglichen Antrag an die Beklagte vom Januar 2005 bereits die Erteilung einer Baugenehmigung beantragt und die Einschränkung auf die Erteilung eines Bauvorbescheids erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgenommen. Der nunmehr gestellte Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung stellt deshalb keinen neuen Antrag dar. Dies gilt auch im Hinblick auf die im September 2007 von der Beklagten beschlossene Veränderungssperre für das Gebiet.
Der Antrag der Klägerin scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine Veränderungssperre beschlossen hat, deren Geltung noch nicht abgelaufen ist. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB ist die Zurückstellung eines Bauantrags bei der Berechnung der Geltungsdauer der Veränderungssperre einzurechnen. Die Vorschrift ist entsprechend anzuwenden auf die Fälle "faktischer Zurückstellung", das heißt auch dann, wenn ein Baugesuch zögerlich behandelt worden ist und so die Erteilung der begehrten Baugenehmigung sich bis zum Erlass der Veränderungssperre tatsächlich verzögert hat. Das ist hier der Fall. Die Klägerin hatte ihren Bauantrag unter dem 20. Januar 2005 gestellt. Zwar hatte ihr das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit erst mit Erlass vom 12. April 2005 (Eingang: 14. April 2005) die Zuständigkeit übertragen. Als angemessener Zeitraum zur Entscheidungsfindung sind drei Monate anzusehen. Daher hätte die Beklagte im Juli 2005 entscheiden können. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin im Juni 2005 Untätigkeitsklage erhoben hatte. Deren Erhebung hinderte die Beklagte nicht, über den "eingeklagten" Anspruch zu entscheiden, bevor das gerichtliche Verfahren zu Ende geführt ist. Zwar ist bei der Anrechnung der faktischen Zurückstellung auch die Möglichkeit der Verlängerung der Veränderungssperre nach § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB zu berücksichtigen (Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 17 Rn. 5 m. Hinw. auf BVerwG, Urt. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 -, BVerwGE 51, 121, [BVerwG 10.09.1976 - 4 C 39/74] und Beschl. v. 27.7.1990 - IV B 156.89 -, BRS 50 Nr. 101; BVerwG, Urt. v. 11.11.1970 - IV C 79.68 -, BRS 23 Nr. 88). Die mithin insoweit zu berücksichtigende Frist von 3 Jahren ist für die Klägerin abgelaufen. Die Möglichkeit einer Verlängerung der Veränderungssperre auf 4 Jahre ist zwar ebenfalls zu berücksichtigen, setzte aber voraus, dass besondere städtebauliche Gründe erkennbar vorliegen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn das Planverfahren durch eine Ungewöhnlichkeit gekennzeichnet ist, die sich vom "allgemeinen Rahmen städtebaulicher Planung abhebt" (Lemmel, a.a.O., Rn. 7). Das kann hier jedoch auch nicht im Hinblick auf den Umstand angenommen werden, dass die Beklagte die Zuständigkeit zur Planung erst durch § 4 des Gesetzes vom 22. April 2005 (GVBl. S. 121) mit Wirkung vom 13. Mai 2005 (§ 8) erhalten hatte. Die Veränderungssperre ist erst am 24. September 2007 im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens, also mehr als 2 Jahre nach Übertragung der Zuständigkeit und dem Planaufstellungsbeschluss, beschlossen worden. Besondere Gründe, die eine weitere Verzögerung rechtfertigen würden, sind von der Beklagten nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar, da auch bereits weitgehend fertig gestellte Entwürfe des zu Grunde liegenden Bebauungsplans vorliegen.
Der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung besteht aber aus materiellen Gründen nicht.
Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich nach § 34 oder § 35 BauGB, je nach dem, ob das Gelände noch dem Innenbereich oder schon dem Außenbereich zuzurechnen ist. Die Frage, ob der Hafenschutzdeich geeignet ist, einen "Innenbereich" vom "Außenbereich" abzugrenzen, kann unentschieden bleiben, weil das Vorhaben der Klägerin weder nach § 35 noch nach § 34 BauGB genehmigungsfähig ist.
Beurteilt man das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB, kann sein Abs. 2 keine Anwendung finden, weil das Gelände allenfalls als ein faktisches Hafengebiet einzustufen wäre und sich damit als Sondergebiet im Sinne des § 11 BauNVO darstellen würde. Ein Rückgriff auf § 11 BauNVO im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB scheidet aber aus, weil sich ein derartiges Baugebiet erst durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans näher definieren lässt (König/Stock/Roeser, BauNVO, 2. Aufl. § 11 Rdn. 3).
Der auf dem Außengelände anzulegende Stellplatz dieser Größe sowie die Nutzung der vorhandenen Halle als Stellplatz in der Sommersaison fügen sich nicht in die Umgebung ein. Entgegen der Annahme der Klägerin sind vergleichbare Stellplätze im Hafengebiet nicht vorhanden. Das Vorhaben überschritte daher deutlich den vorhandenen Rahmen. Zwar befinden sich verschiedene Autoabstellplätze/Parkplätze westlich und nordwestlich des Grundstücks der Klägerin. Nach den vorliegenden Luftaufnahmen, den von der Klägerin vorgelegten Fotos und Filmen und dem Eindruck der Ortsbesichtigung ist jedoch ein Abstellplatz für Autos in der von der Klägerin geplanten Größe im eigentlichen Hafengelände nicht vorhanden. Bei den derzeit vorhandenen Parkplätzen handelt es sich, wie sich auch anlässlich der Ortsbesichtigung feststellen ließ und was sich auch aus den von der Klägerin vorgelegten zahlreichen Fotografien bestätigt, jeweils um "einzeilige" Stellplätze parallel zu den vorhandenen "Straßen" im Hafengelände. Auch die mit Schranke und Kassenhäuschen abgetrennte Anlage nordwestlich des Grundstücks der Klägerin bzw. westlich des Lagerplatzes der "NHA B." bietet Stellplätze nur "einzeilig" entlang der Straße und ist daher in ihrer räumlichen Ausdehnung bereits nicht mit dem von der Klägerin geplanten Parkplatz für ca. 700 Fahrzeuge auf dem nordöstlich der Halle liegenden Freiplatz zu vergleichen. Auf der eigentlichen "Mole" angelegte Stellplätze sowie Stellplätze im westlichen Hafenbereich, dem Yachthafen, sind bereits soweit vom Grundstück der Klägerin entfernt, dass sie dessen unmittelbare Umgebung nicht mehr prägen. Für das streitige Objekt gibt es damit kein Vorbild, so dass sich eine Parkfläche für insgesamt ca. 1.000 Fahrzeuge schon deshalb ihrer Art nach nicht in die Umgebung einfügen würde.
Selbst wenn es Vorbilder dieser Art bereits gäbe im eigentlichen Hafengebiet, löste das streitige Vorhaben städtebauliche Spannungen aus; deren negative Folgewirkungen sind verlässlich nicht auszuschließen (BVerwG, Urt. v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - BRS 54 Nr. 65; Beschl. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - BRS 59 Nr. 79; Beschl. v. 25.3.1999 - 4 B 15.99 -BRS 62 Nr. 101). Das Vorhaben würde durch seine Vorbildwirkung dazu führen, dass für weitere nicht (mit Gebäuden) bebaute Grundstücke der Wunsch nach einer Einrichtung von Stellplätzen für die Fahrzeuge der Feriengäste aufkäme. Derartige Freiflächen sind im Hafengebiet vorhanden. Derzeit werden sie teilweise als Lagerplätze genutzt. Der Bedarf für unmittelbar in Hafennähe gelegene Stellplätze ist vorhanden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass Interesse an der Nutzung weiterer größerer Flächen als Stellplätze begründet würde. Gerade der Bereich des so genannten Osthafens ist aber auch schon derzeit nicht für die Beförderung der Feriengäste vorgesehen und genutzt, sondern für gewerbliche (sonstige) Zwecke. Ein Überhandnehmen von Autoabstellplätzen in diesem Bereich würde die Nutzung für diese Zwecke beeinträchtigen und insoweit ausgleichsbedürftige Spannungen auslösen.
Zusätzlich wirft die Erschließung eines Stellplatzes für annähernd 1.000 Fahrzeuge bewältigungsbedürftige Spannungen auf. Zwar werden diese Fahrzeuge nicht alle gleichzeitig bewegt, sondern vermutlich für ein bis zwei Wochen abgestellt. Jedoch ergibt sich aus der Nutzung ein ständiger Verkehr von und zu den Stellplätzen. Dieser könnte aller Voraussicht nach durch die bestehenden Straßen, die derzeit - neben den beschriebenen "Parkstreifen" - nur die Schiffswerft der Klägerin sowie Lagerplätze und die Spülfelder erschließen, nicht aufgefangen werden. Bei den Liegeplätzen der Schiffe in diesem Bereich des Osthafens handelt es sich nicht um die Liegeplätze des Yachthafens, der sich im Westteil des Hafengebietes westlich der Mole befindet, sondern um die der Schiffswerft der Klägerin zugeordneten Plätze. Da mit diesen Schiffsliegeplätzen weder ein erhöhter Verkehr noch eine dementsprechend ausgebaute Straße verbunden sind, bestehen erhebliche Zweifel, ob der Verkehr zu dem geplanten Parkplatz von dieser Zufahrt aufgenommen werden könnte. Zwar wird ein Parkplatz, auf dem Feriengäste ihre Fahrzeuge für eine oder mehrere Wochen abstellen, nicht täglich von einer größeren Zahl von Autos angefahren, jedoch ergibt sich allein aus der Gesamtzahl der dorthin aufzustellenden Fahrzeuge auch bei Bewegung nur eines Teils der Fahrzeuge ein erhöhtes Fahrzeugaufkommen, das nicht ohne weiteres zu bewältigen ist.
Das Vorhaben der Klägerin ist aber auch nicht genehmigungsfähig, wenn das Grundstück dem Außenbereich zuzurechnen wäre. Die geplante Stellplatzanlage ist nicht privilegiert im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Sie ist nicht standortgebunden. Die Klägerin hat insoweit Gesichtspunkte vorgetragen, die zwar darlegen, dass es sich um eine kostengünstige und auch im Sinne der Touristen vorteilhafte Maßnahme handelt, den Stellplatz an diesem Ort anzulegen. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine Ortsgebundenheit in diesem Sinne nur dann vor, wenn das Vorhaben "nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden kann". Bloße Lagevorteile, die aus gesamtökologischen oder gesamtökonomischen Gründen sich ergeben, reichen insoweit nicht aus (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1995 - 4 B 260.95 -, BRS 57 Nr. 107 mit Nachweisen der vorhergehenden Rechtsprechung). Dass der Stellplatz keinesfalls außerhalb des Hafengebiets angelegt werden könnte, hat auch die Klägerin selbst nicht behauptet. Wie sich aus den Luftbildern ergibt, sind umfangreiche Stellplätze im Ortsgebiet außerhalb des Hafenbereichs vorhanden und auch von den Touristen entsprechend genutzt.
Das demnach als nicht privilegiert einzustufende Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil zutreffend ausgeführt, das Vorhaben sei geeignet, eine vorhandene Splittersiedlung in zu missbilligender Weise zu verfestigen. Unter den Begriff der Splittersiedlung fallen zunächst zwar alle baulichen Anlagen, auch gewerbliche, wenn sich Menschen darin aufhalten können (BVerwG, Urt. v. 9.6.1976 - IV C 42.74 - BauR 1976, 344 = DVBl. 1977, 198; Beschl. v. 11.9.1989 - 4 B 170.89 -zitiert nach [...]). Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass ein Vorhaben, das - wie hier -dem gelegentlichen Aufenthalt von Menschen in diesem Sinne dient, von vornherein nicht zur Zersiedlung des Außenbereichs führen kann und ihm damit grundsätzlich dieser Belang nicht entgegenstehen könnte. Auch Vorhaben dieser Art können geeignet sein, eine Splittersiedlung zu verfestigen. Dies ergibt sich daraus, dass auch sonstige bauliche Vorhaben störende Auswirkungen haben können, die zwar nicht unmittelbar von einem Baukörper ausgehen, aber durch ihre "außenbereichsfremde Nutzung" sich in einer Weise auswirken können, die mit dem Zweck des Außenbereichs nicht zu vereinbaren ist. Dazu gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts etwa der von dem Vorhaben ausgelöste Verkehr und entsprechende Betriebsvorgänge (Beschl. v. 7.9.1984 - 4 B 188.84 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 215; Beschl. v. 19.7.1988 - 4 B 124.88 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG/BauGB Nr. 250). Berücksichtigt man, dass die öffentlichen Belange im Sinne des§ 35 BauGB "lediglich Interessen der Allgemeinheit" dienen und "in erster Linie die innere Zweckbestimmung des Außenbereichs verwirklichen helfen, die darin liegt, grundsätzlich für die land- und forstwirtschaftliche sowie die gärtnerische Nutzung und für die in § 35 Abs. 1 BBauG bezeichneten Vorhaben bereitzustehen und daneben der gesamten Bevölkerung als Erholungsgebiet zur Verfügung zu stehen", stehen die Auswirkungen des von der Klägerin geplanten Vorhabens dem entgegen (BVerwG, Urt. v. 6.12.1967 - IV C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 = DVBl. 1968, 651). Eine Nutzung als Stellplatzanlage größeren Ausmaßes (ca. 750 Pkw) steht mit diesem Zweck des Außenbereichs nicht im Einklang. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Gelände nicht um eine "Erholungslandschaft" im sonst üblichen Sinne handelt, sondern um ein jedenfalls im unmittelbaren Anschluss an das Hafengebiet liegendes Gelände, das nicht ohne weiteres zur Erholung der Bevölkerung oder zur landwirtschaftlichen Nutzung bereitsteht. Gleichwohl ist die von der Nutzung des Vorhabens ausgehende Wirkung auch in diesem Bereich wesensfremd. Der dem Außenbereich zuzurechnende Teil dieses Hafengeländes stellt sich als Übergangszone der zwischen dem unberührten außerhalb des Deichs gelegenen Wattenmeer und der intensiven Nutzung für den eigentlichen Hafenbetrieb innerhalb des Deiches dar. Eine Nutzung als Stellplatzanlage lässt sich weder der einen noch der anderen "Seite" als sozialadäquat zurechnen. Damit kann das Vorhaben jedenfalls nicht im Sinne einer geordneten Bodennutzung an dieser Stelle angesehen werden.
Im Hinblick auf seine nicht bezweifelbare "Vorbildwirkung" muss von einer "unerwünschten Splittersiedlung" ausgegangen werden, an deren Verhinderung besonderes Interesse besteht (BVerwG, Beschl. v. 24.6.2004 - 4 B 23.04 -, BRS 67 Nr. 109).
Da das Vorhaben der Klägerin bereits aus planungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig ist, kann sie mit ihrem Hilfsantrag auf Erteilung eines planungsrechtlichen Bauvorbescheids keinen Erfolg haben.
Der weiter hilfsweise gestellte Antrag auf Genehmigung der Nutzung allein der Bootshalle zur Einstellung von Kraftfahrzeugen kann ebenfalls aus planungsrechtlichen Gründen keinen Erfolg haben. Wäre die Bootshalle noch dem "Innenbereich" zuzuordnen, ist die von der Klägerin angestrebte Nutzung nicht mit der vorhandenen Umgebung zu vereinbaren. Dies gilt auch für die Nutzung der Halle als Stellplatz für "nur" 250 Kraftfahrzeuge, denn auch diese gegenüber der Nutzung des gesamten Areals verringerte Nutzung findet in der Umgebung keine Entsprechung. Maßgeblich ist insoweit, ob die Neuerrichtung der Halle mit diesem Nutzungszweck bauplanungsrechtlich zulässig wäre. Das ist sowohl hinsichtlich § 34 als auch bei Anwendung von § 35 BauGB zu verneinen.
Da nicht ersichtlich ist, dass sich die Zustände in der Zeit zwischen dem 14. April und dem 14. Juli 2005 im Gelände des Hafengebietes anders darstellten, kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte in dieser Zeit den Bauantrag der Klägerin hätte positiv bescheiden müssen.
Dem Antrag der Klägerin, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, konnte nicht stattgegeben werden, weil die Voraussetzungen des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht erfüllt sind. Bei der von der Klägerin vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Klage handelte es sich um eine Untätigkeitsklage im Sinne des § 75 VwGO. Bei diesem Sachverhalt, der von dem "Normalsachverhalt" eines Klageverfahrens mit vorhergehendem Widerspruchsverfahren abweicht, ist Raum für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Vorverfahrens nur dann, wenn die Klage im Sinne des § 75 VwGO durchgeführt wird. Wird dagegen - wie hier - die Untätigkeitsklage als normales Klageverfahren weitergeführt, wenn die Behörde den begehrten Bescheid nach Klageerhebung erlassen hat, besteht kein Anlass für eine Anerkennung von Kosten des Vorverfahrens (Beschl. d. Sen. v. 8.1.2007 - 1 OB 81/07 - NVwZ-RR 2007, 430). Ein Kläger, der bereits anwaltlich vertreten ist vor dem Verwaltungsgericht, braucht im Hinblick auf einen nunmehr erlassenen Bescheid keine weitere anwaltliche Beratung.
Zudem besteht Anlass für einen Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO nur dann, wenn die Klage Erfolg hat.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2 und 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtsmittelbelehrung
...
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.012.500,-- EUR festgesetzt.
Berner-Peschau
Bremer