Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.06.2009, Az.: 8 LC 6/07
Ausübung von Heilkunde i.S.d. § 1 Heilpraktikergesetzes (HPG) durch Synergetik-Therapeuten bzw. Synergetik-Profiler; Einschränkende Auslegung der Legaldefinition des Begriffes "Heilkunde" i.R.d. § 1 Abs. 2 HPG; Maßgeblichkeit der allgemein anerkannten medizinischen Ansicht für die Beurteilung der mit der synergetischen Tätigkeit verbundenen unmittelbaren und mittelbaren Gefahren; Behebung von Krankheiten als berufsmäßig ausgeübte synergetische Tätigkeit; Begrenzung einer strafbewehrten unerlaubten Ausübung der Heilkunde auf einzelne Tätigkeitsbereiche bzw. einen bestimmten Personenkreis
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.06.2009
- Aktenzeichen
- 8 LC 6/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 19287
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0618.8LC6.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Braunschweig - 23.11.2006 - AZ: 5 A 133/04
- VG Braunschweig - 23.11.2006 - AZ: 5 A 102/04
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 18.06.2009 - AZ: 8 LC 9/07
- BVerwG - 26.08.2010 - AZ: BVerwG 3 C 28.09
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 HPG
- § 1 Abs. 2 HPG
- § 11 Nds SOG
- § 37 Abs. 1 VwVfG
- § 161 Abs. 2 NSchG
Fundstelle
- DÖV 2009, 773
Amtlicher Leitsatz
Synergetik-Therapeuten bzw. - profiler üben (unerlaubt) Heilkunde i. S. d. § 1 Heilpraktikergesetzes aus.
Heilkunde i. S. d. Heilpraktikergesetzes
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob es sich bei der Ausübung der sog. Synergetik-Therapie und des sog. Synergetik-Profiling um eine heilkundliche und damit erlaubnispflichtige Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes handelt.
Der Kläger versteht sich als Begründer der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling. Basis dieser Methoden sei die Synergetik-Theorie zur mathematischen Beschreibung der Selbstorganisation makroskopischer Systeme von Hermann Haken. Dessen Erkenntnisse seien auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Psyche in Tiefenentspannung übertragbar. Dem Klienten werde es durch eine Veränderung der neuronalen Informationsstruktur ermöglicht, seine Selbstheilungskräfte aktiv zu mobilisieren. Begleitet durch den Therapeuten solle sich der Klient im Rahmen einer sog. Innenweltreise auf seine Bilderwelt einlassen, die vorgefundene Energie nutzen und so die notwendige Energie zur Erreichung des "Kipppunktes für eine Symetriebrechung " aufbauen, die dann als Selbstorganisationsprozess in einer Neustrukturierung auf höherer Ebene münde. Jeder könne so in seiner Innenwelt aufräumen und dadurch in Eigenleistung Selbstheilung als neue stabile Ordnung erzeugen. Die Synergetik-Methode sei Anleitung zur Selbstheilung bei nahezu allen seelischen und körperlichen Krankheiten, auch bei Krebs. Heilung müsse also nicht durch die Symptombekämpfung, sondern als Ergebnis einer aktiven Bewältigungsarbeit im Inneren des Klienten durch ihn selbst vorgenommen werden. Nach den ursprünglichen Angaben des Klägers aus dem Jahr 2004 liege der Unterschied zwischen der Synergetik-Therapie und dem Synergetik-Profiling in der Fragestellung. Die Therapie betone eher den Selbstheilungsprozess, das Profling das Auffinden der Informationsstruktur.
Der im D. Kreis wohnhafte und überwiegend dort beruflich tätige Kläger eröffnete zum Jahresbeginn 2004 im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten ein sog. Informationscenter, in dem durch den Kläger und die Klägerin im Parallelverfahren (8 LC 9/07) sowohl Synergetik-Therapie als auch Synergetik-Profiling angeboten wurden.
Der Beklagte untersagte dem Kläger mit Bescheid vom 8. Januar 2004 unter Androhung eines Zwangsgeldes von 5.000 EUR die selbständige Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik -Profling, forderte ihn auf, das in E. befindliche Hinweisschild auf die Synergetik-Therapie-Praxis zu entfernen und die Angebote für die Durchführung der Synergetik-Therapie im Internet zu löschen. Der Bescheid wurde für sofort vollziehbar erklärt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger durch seine Tätigkeit gegen § 1 des Heilpraktikergesetzes (HPG) verstoße, weil er eigenverantwortlich Heilkunde ausübe, ohne im Besitz einer ärztlichen Approbation oder einer Heilpraktikererlaubnis zu sein. Vorliegend werde Heilkunde ausgeübt. Erstens gebe es für die im Rahmen der Synergetik-Sitzungen durchgeführte Tiefenentspannung Kontraindikationen; so komme es akut zu schwersten psychischen Veränderungen und Krisensituationen, ggf. auch zu Notfällen bei körperlichen Erkrankungen wie Asthma oder Diabetes. Da nach den eigenen Angaben des Klägers 17% der Klienten körperlich und 26 % psychisch krank seien, bedürfe es zur Verhinderung entsprechender Gefahren sowohl vor als auch während der Therapie einer fachkundigen Ausschlusskontrolle, zu der der Kläger mangels Vorbildung außer Stande sei. Zweitens werde der Eindruck erweckt, mit den angewandten Methoden sei nahezu jede Krankheit heilbar und folglich der Besuch eines Arztes überflüssig. Da der Kläger somit in seiner Praxis in E. zu Unrecht Heilkunde ausübe, sei deren Betrieb einzustellen und das Praxisschild zu entfernen.
Auf den vom Kläger am 15. Januar 2004 eingelegten Widerspruch hob die Bezirksregierung F. den Ausgangsbescheid insoweit auf, als dem Kläger die Löschung im Internet aufgegeben worden war, und wies am 23. März 2004 seinen Widerspruch im Übrigen unter Vertiefung der Begründung des angefochtenen Bescheides zurück. Dabei wurde die umstrittene Synergetik-Methode als ein psychotherapeutisches Verfahren eingestuft, das fließende Übergänge zur hypnotischen Induktion enthalte. Es ähnele sehr dem sog. "katathymen Bilderleben". Ohne fachkundige Begleitung könne es dabei zu massiven Komplikationen bis hin zum Auftreten von psychischen Schüben, d.h. zu unmittelbaren Schäden kommen. Die Durchführung der Synergetik-Therapie bzw. des Synergetik -Profiling verursache aber auch mittelbare Gesundheitsgefahren, indem - auch in dem vom Kläger verwendeten Informationsblatt - Hintergrundauflösung durch Synergetik-Therapie statt Bekämpfung der Krankheit (z. B. durch Ärzte) empfohlen werde. Dementsprechend würden aus synergetischer Sicht die mit etwaigen Nebenwirkungen verbundenen schulmedizinischen Behandlungen nicht nur als unnötig, sondern als schädlich angesehen werden. Diese Gefahr werde noch dadurch erhöht, dass der Anspruch auf Selbstheilung nahezu aller Krankheiten erhoben werde.
Der Kläger wandte sich in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Zur Begründung nahm er u. a. Bezug auf ein zur Information seiner "Klienten" verwendetes Merkblatt nach dem Stand vom September 2002, die Angaben von Teilnehmern sowie umfangreiche Ausdrucke von Eigendarstellungen im Internet. Weiterhin wurde eine Stellungnahme von Dr. G. vom 19. März 2003 vorgelegt und zu den wahren Ursachen von Krebserkrankungen auf die Erklärungen von Dr. H. verwiesen. Der Kläger betonte nochmals, lediglich einen Selbstheilungsprozess einzuleiten. Damit sei keine Gefahr verbunden. Entsprechende Schadensfälle habe es nicht gegeben. Der Beklagte berief sich u. a. auf eine Stellungnahme von Prof. Dr. I. vom 27. Juni 2003. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb - soweit hier noch streitig - in erster Instanz erfolglos (vgl. Beschluss des VG Braunschweig vom 13. Februar 2004 - 5 B 13/04 -). Auf die Beschwerde des Klägers stellte der Senat mit Beschluss vom 27. Mai 2004 (- 8 ME 42/04 -) die aufschiebende Wirkung auf Grund einer Interessenabwägung wieder her. Es sei nicht hinreichend geklärt, ob für die Ausübung der Synergetik-Therapie bzw. des Synergetik- Profilings medizinische Fachkenntnisse erforderlich seien. Kontraindikationen seien bislang nicht hinreichend nachgewiesen. Ebenso wenig offensichtlich seien mittelbare Gefahren zu besorgen, da nach den Angaben des Klägers die Klienten vor Beginn der Tätigkeit auf die Zusammenarbeit mit dem Arzt ihres Vertrauens hingewiesen würden. Außerdem werde die Gefahr, notwendige ärztliche Hilfe zu versäumen, eher vergrößert, wenn die Synergetik-Therapie als Teil der Berufsausübung von Heilpraktikern angesehen werde.
Am 31. März 2004 hat der Kläger auch in der Hauptsache den Verwaltungsrechtsweg beschritten. In Ausübung der Synergetik-Methode würden weder Suggestionen vorgenommen noch erfolge eine Hypnose. Insoweit werde auf eine Stellungnahme des - an einem Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften tätigen - Psychologen Prof. Dr. J. vom 8. Februar 2005 Bezug genommen. Üblicherweise seien alle Klienten in ärztlicher Behandlung. Auf das Verhältnis zu Herrn Dr. H. angesprochen hat der Kläger angegeben, dessen Ansatz zu teilen, dass eine Krebserkrankung konfliktbedingt sei. Im Gegensatz zu Herrn Dr. H. setze die Synergetik allerdings nicht auf natürliche Heilkräfte, sondern fordere den Klienten auf, selbst etwas gegen die Krankheit zu tun. Den Vorwurf, nur mit bestimmten Ärzten zusammenzuarbeiten, weise er ebenso wie die Annahme zurück, die Synergetik-Therapie sei darauf ausgerichtet, schulmedizinische Behandlungen zu verhindern. Beschwerden von ehemaligen Ausbildungsteilnehmern seien auf deren persönliches Scheitern zurückzuführen und enthielten unzutreffende bzw. verzerrte Darstellungen. Ergänzend zum klägerischen Vorbringen sind Schreiben von Dr. K., Psychologischer Psychotherapeut, vom 22. August 2006 sowie vom 25. Oktober 2006 und eine undatierte Stellungnahme von Prof. Dr. L., Jurist, vorgelegt worden. Prof. Dr. M. hat mit Schreiben vom 11. August 2004 eine Gutachtenerstellung für den Kläger abgelehnt. Ihm erscheine die Umsetzung der Synergetik in die vom Kläger befürworteten Formen der Therapie und Selbsterfahrung höchst zweifelhaft.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 23. März 2004 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat unter Auseinandersetzung mit dem Senatsbeschluss vom 27. Mai 2004 zur Verteidigung seines Bescheides vorgetragen, dass die Einstufung der Synergetik-Therapie als suggestives Verfahren von Dr. N. stamme, der als Amtsarzt im Gesundheitsamt des Beklagten tätig sei und über eine psychotherapeutische Zusatzausbildung verfüge. Seine Einschätzung werde von Prof. Dr. I. geteilt. Aus dem Schreiben von Prof. Dr. J. ergebe sich keine abweichende Bewertung. Dass es bei Teilnehmern an therapeutischen Sitzungen zu Schäden gekommen sei, ergebe sich aus den Schilderungen der ehemaligen Auszubildenden des Klägers O., P., Q. und R.. Dass es bei falscher Anwendung der Synergetik zu Schäden kommen könne, werde auch vom Kläger selbst sowie bezogen auf Personen mit akuten oder psychiatrisch vorbehandelten Psychosen und Borderline-Störungen von Dr. K. eingeräumt. Immerhin liege der Anteil der so Erkrankten an der Gesamtbevölkerung bei 2,5 bis 3%. Im Übrigen disqualifiziere sich Dr. K. selbst, wenn er die Synergetik-Therapie - auch etwa bei Krebsbehandlungen - für ungefährlicher als die Schulmedizin halte. Da der Kläger wiederholt vor schulmedizinischen Behandlungen, gerade auch bei Krebserkrankungen, gewarnt habe und dies weiterhin tue, bestehe die naheliegende Gefahr, dass ärztliche Hilfe nicht oder zumindest nicht rechtzeitig in Anspruch genommen werde und dadurch die bei schulmedizinischer Behandlung gegebenen Heilungs- oder Überlebenschancen entfielen. Der eigenen synergetischen Methode auch bei der Krebsbehandlung den Vorzug zu geben, entspreche der Überzeugung des Klägers, Krebs habe rein psychische Ursachen bzw. sei auf ein traumatisches Erlebnis zurückzuführen. Maßgebend sei das erklärte Selbstverständnis des Klägers und nicht andere, davon ggf. abweichende Hinweise in den vorgelegten Informationsblättern.
Mit Urteil vom 23. November 2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger übe eine heilkundliche Tätigkeit i. S. v. § 1 HPG aus. Bei der Synergetik-Therapie nehme der Therapeut eine wesentliche, als Begleitung bezeichnete Aufgabe wahr und werde damit selbst i. S. d. § 1 HPG tätig, und zwar mit dem Ziel der Krankheitsbehebung bzw. -linderung. Gleiches gelte für das Synergetik- Profiling, da jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Bezirksregierung Braunschweig nicht nach außen erkennbar zwischen der sog. Therapie und dem sog. Profiling unterschieden worden sei. Die Ausübung der Synergetik sei unmittelbar und mittelbar mit Gefahren verbunden. Unmittelbar gefährlich sei sie insoweit, als für sie - wie für andere psychotherapeutische Verfahren bzw. solche der Hypnose - Kontraindikationen bei psychischen Erkrankungen bestünden. Aber auch die sachgerechte Durchführung selbst setze hier fehlendes medizinisches Fachwissen voraus. Zudem sei die Synergetik-Therapie mittelbar gefährlich, weil die Behandelten die Anwendung gebotener medizinischer Heilmethoden ggf. unterlassen oder verzögern. Der Kläger berufe sich anders als ein Geist- oder Wunderheiler gerade auf einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der Heilung und nehme für sich in Anspruch, den wahren Grund für Krankheiten gefunden zu haben. Personen, die sich dem Kläger anvertrauen, liefen deshalb Gefahr, eine schulmedizinisch ggf. dringend benötigte Hilfe nicht oder zu spät in Anspruch zu nehmen. Dies zu verhindern, d .h. einem heilkundlich Tätigen die Grenzen seiner eigenen Kompetenzen aufzuzeigen und ihm aufzugeben, sich daran zu halten, sei der Sinn der Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz.
Gegen dieses ihm am 15. Dezember 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Januar 2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und am 12. Februar 2007 begründet. Das Verwaltungsgericht habe den Unterschied zwischen Synergetik-Profilern und Synergetik-Therapeuten verkannt. Nur der Profiler arbeite nach ärztlicher Diagnosefeststellung mit Kranken und decke gezielt Krankheitsstrukturen auf. Diesen Unterschied habe der Kläger von Anfang an dargelegt. Von der Tätigkeit des Klägers, der sich im Gegensatz zu der Klägerin im Parallelverfahren als Profiler verstehe, gehe keine Gefahr aus. Es seien keine ärztlichen Erfahrungsberichte oder Beschwerden von Patienten über Komplikationen im Rahmen der Synergetik bekannt geworden. Mangels Einwirkung könne eine unmittelbare Gefahr auch ausgeschlossen werden. Die Synergetik sei nicht mit der Hypnose vergleichbar. Kontraindikationen seien lediglich behauptet worden, in der Praxis aber nicht aufgetreten. Zu Gefahren bei der Therapie selbst, etwa bei der Einleitung, komme es nicht. Im Übrigen werde insoweit auf eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. vom 9. Februar 2007 sowie mehrere Schreiben von Prof. Dr. I. aus dem Jahr 2007 Bezug genommen. Durch die vorherige Aufklärung der Klienten sei auch die Gefahr hinreichend ausgeschlossen, dass Klienten von einer ärztlichen Behandlung Abstand nähmen. Erst durch eine Tätigkeit als Heilpraktiker würde diese Gefahr entstehen. Auch das für den Wohnsitz des Klägers zuständige Gesundheitsamt habe bislang keinen Anlass zum Einschreiten gesehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 5. Kammer - vom 23. November 2006 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirkregierung Braunschweig vom 23. März 2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil sei zu Recht davon ausgegangen, dass für den Betrachter ein Unterschied zwischen der Synergetik-Therapie und dem Synergetik -Profiling nicht erkennbar (gewesen) sei und nunmehr allenfalls graduell in der Zielrichtung der Tätigkeit bestehen solle. Wie sich aus dem Schriftverkehr mit Prof. Dr. S. ergebe, seien ihm vor seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2003 die wesentlichen Kennzeichen der Synergetik-Therapie bekannt gewesen. Von ihm sei bestätigt worden, dass es Kontraindikationen gebe. Dies belegten ferner Artikel aus dem Deutschen Ärzteblatt, das Schreiben von Dr. T. an das Verwaltungsgericht und selbst der vom Kläger als Gutachter hinzugezogene Dr. K., der im Übrigen die Erfolge der Schulmedizin verkenne. Aus den Berichten ehemaliger Auszubildender ergebe sich weiterhin, dass es im Einzelfall auch tatsächlich zu massiven psychischen Problemen bei Betroffenen im Rahmen der Synergetik gekommen sei. Die Behauptung des Klägers, nur unter ärztlicher Begleitung als Profiler tätig zu werden, widerspreche zahlreichen Angaben des Klägers im Internet, in denen er die Synergetik als gegenüber der Schulmedizin vorrangige Alternative auch und gerade bei schwersten Krankheiten darstelle. Er empfehle Hintergrundauflösung statt Symptombekämpfung. Deshalb müsse befürchtet werden, dass um Hilfe suchende Klienten des Klägers von der gebotenen ärztlichen Hilfe ferngehalten würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst Anlagen und die Beiakten A bis O verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist.
Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in der gefahrenabwehrrechtlichen Generalklausel des § 11 Nds. SOG. Denn weder das Heilpraktikergesetz selbst noch die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen enthalten eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Untersagungsverfügung im Falle einer unzulässigen Heilkundeausübung. Zur Verhinderung von gegenwärtigen oder zukünftigen Gesetzesverstößen durch Ausübung der Heilkunde ohne entsprechende Erlaubnis bedarf es daher einer auf die angeführte Generalklausel gestützten Verfügung (vgl. Senatsurt. v. 20.7.2006 - 8 LC 185/04 - GewArch 2007, 28 ff., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 -, BVerwGE 94, 269 ff. ; OVG Münster, Beschl. v. 28.4.2006 - 13 A 2495/03 -, GewArch 2006, 331 ff., m. w. N.). Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten zum Erlass einer solchen Untersagungsverfügung ergab sich aus § 101 Abs. 4 Nds. SOG i. d. F. des Gesetzes vom 11. Dezember 2003 (Nds. GVBl. S. 414, vgl. heute § 97 Abs. 2 Nds. SOG) in Verbindung mit den fortgeltenden (vgl. OVG Münster, a. a. O., m. w. N.) §§ 3, 11 Abs. 2 der 1. Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz vom 18. Dezember 1939 (RGBl. I S. 259) und Ziffer 1.1 der Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (Runderlass des Niedersächsischen Sozialministeriums vom 22.2.1995 (Nds. MBl. S. 375)).
Der für den Erlass der angefochtenen Untersagungsverfügung erforderliche Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz (nachfolgend: HPG) ist gegeben. Gemäß § 1 Abs. 1 HPG bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt bestallt zu sein. § 1 Abs. 2 HPG enthält eine Legaldefinition des Begriffes "Heilkunde". Heilkunde im Sinne des Gesetzes ist danach jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Das Gesetz macht dabei keinen Unterschied, ob es sich bei den Krankheiten und Leiden um rein körperliche oder aber um solche auch oder ausschließlich seelischer Natur handelt. Ebenso wenig stellt es auf die Behandlungsweise und -methode ab. Die vorgenannte Legaldefinition drückt allerdings das Ziel des Gesetzes, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, nur unzureichend aus und bedarf deshalb einerseits der einschränkenden Auslegung, andererseits der erweiternden Anwendung (vgl. Pelchen, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, H 54, Heilpraktikergesetz § 1 Rn. 5).
So fallen dem Wortlaut nach Maßnahmen zur Schönheitspflege, soweit sie sich in rein kosmetischer Behandlung erschöpfen, nicht unter die Erlaubnispflicht, und zwar nicht einmal chirurgische oder operative Eingriffe aus kosmetischen oder ästhetischen Gründen. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung, nämlich den Schutz der menschlichen Gesundheit, findet jedoch zumindest bei den letztgenannten Eingriffen § 1 Abs. 1 HPG ergänzend Anwendung. Die fachgerechte Durchführung entsprechender Eingriffe setzt ungeachtet des Ziels ärztliche Fachkenntnisse voraus und kann bei unsachgemäßer Ausführung zu erheblichen Körperschäden führen. Demnach bedarf es etwa für das so genannte Faltenunterspritzen im Lippenbereich einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 28.4.2006, a. a. O., sowie BVerwG, Beschl. v. 25.6.2007 - 3 B 82/06 -, NVwZ-RR 2007, 686, jeweils m. w. N.).
Andererseits bedarf die Legaldefinition des § 1 Abs. 2 HPG in zweierlei Hinsicht der einschränkenden Auslegung. Zum einen werden dadurch nicht die so genannten Heilhilfsberufe wie Krankenpfleger, Masseure, Logopäden, Medizinisch Technische Assistenten, Ergotherapeuten und Diätassistenten erfasst, jedenfalls soweit sie auf ärztliche Anordnung hin therapeutisch tätig werden. Sie gelten insoweit als "verlängerter Arm des Arztes" und üben auf erlaubte Weise Heilkunde aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.6.1970 - 1 C 53/66 -, BVerwGE 35, 308 ff.; Kurtenbach, in: Das Deutsche Bundesrecht, Heilpraktikergesetz, § 1, S. 6). Zum anderen erfordert im hier maßgeblichen Zusammenhang die mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG gebotene verfassungskonforme Auslegung, dass vom Ausübungsverbot des § 1 HPG nur solche Tätigkeiten erfasst werden, die einerseits ärztliche Fachkenntnisse voraussetzen und andererseits gesundheitliche Schädigungen zur Folge haben können. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit reicht dabei ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht aus. Deshalb scheiden heilkundliche Verrichtungen aus, die keine nennenswerte Gesundheitsgefahr zur Folge haben können. Andererseits genügt auch eine nur mittelbare Gesundheitsgefährdung, die etwa darin bestehen kann, dass das frühzeitige Erkennen ernster Leiden, das ärztliches Fachwissen voraussetzt, verzögert werden kann, wenn die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Gefahreneintritt nicht nur geringfügig ist (vgl. zuletzt etwa OVG Münster, Beschl. v. 13.11.2008 - 13 B 1488/08 -, GewArch 2009, 35 f., m. w. N.).
Hingegen reicht es für die Bejahung der Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs. 1 HPG nicht aus, wenn an einer Person Tätigkeiten ausgeübt werden, die lediglich nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen als Heilkunde aufgefasst werden, insbesondere wenn der Betroffene von körperlichen Schmerz- und Leidenszuständen mit vermeintlich übersinnlichen Kräften befreit werden soll. Hinzukommen muss auch bei einer so verstandenen heilkundlichen Tätigkeit für die Bejahung der Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HPG, dass dadurch unmittelbar oder mittelbar gesundheitliche Schäden verursacht werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 -, BVerwGE 94, 269 ff. ). Das Bundesverfassungsgericht hat dementsprechend mit Beschlüssen vom 2. März 2004 (- 1 BvR 784/03 -, GewArch 2004, 329 ff. = NordÖR 2004, 292 ff.) und 3. Juni 2004 (- 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890 f. [BVerfG 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02]) zu sogenannten Wunder- bzw. Geistheilern entschieden, dass allein das Gefährdungspotential der in Rede stehenden Tätigkeit geeignet ist, die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz auszulösen. Bei Wunder- bzw. Geistheilern komme nur eine mittelbare Gefahr durch das Versäumen ärztlicher Hilfe in Betracht. Zur Abwendung einer solchen mittelbaren Gefahr bedürfe es aber allein einer hinreichenden Aufklärung durch den Behandelnden sowie einer entsprechenden gewerberechtlichen Überwachung durch die Behörden, nicht aber der Ablegung einer "Kenntnisprüfung auf der Grundlage des Heilpraktikergesetzes" (vgl. dazu kritisch Hübner, NordÖR 2004, 293 f. [BVerfG 02.03.2004 - 1 BvR 784/03], sowie zur praktischen Handhabung der Überwachung den Bericht über die Herbstsitzung 2004 des Bund-Länder-Ausschusses "Gewerberecht" im GewArch 2005, 235, 239). Mit weiterem Beschluss vom 20. März 2007 (- 1 BvR 1226/06 -, BVerfGK 10, 464 ff.) hat das Bundesverfassungsgericht ergänzend klargestellt, dass sich die vorgenannten Beschlüsse auf heilkundlich tätige Personen beziehen, deren Behandlung gerade nicht auf (behaupteten) naturwissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.
Für die vorliegend zu beurteilende Fallgestaltung ist daher eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde i. S. d. § 1 Abs. 2 HPG zu bejahen, wenn die selbständige Tätigkeit aus Sicht des Empfängers der Dienstleistung auf eine Heilbehandlung gerichtet ist, mit naturwissenschaftlicher Begründung zur Heilung beitragen soll und zudem nach allgemein anerkanntem, d.h. schulmedizinischen Erkenntnisstand mit einer Gefahr verbunden ist. Diese Gefahr kann unmittelbar oder mittelbar sein. Für die einer unmittelbaren Gefahr reicht es etwa aus, wenn bestimmte Personen zur Abwendung von Gesundheitsschäden einer bestimmten Behandlung nicht unterzogen werden dürfen und ein Ausschluss dieses Personenkreises nicht sichergestellt ist.
Hieran gemessen ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts zu folgen, dass der Kläger heilkundlich tätig ist und seiner Tätigkeit auch die für die Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs. 1 HPG zusätzlich notwendige Gesundheitsgefahr inne wohnt (ebenso VGH München, Beschl. v. 5.7.2005 - 21 CS 04.2729 -).
Die dem Kläger untersagte Tätigkeit ist im Bescheid ohne nähere Differenzierung als Synegetik-Therapie bzw. Synergetik-Profiling bezeichnet worden. Zur Wahrung der gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG notwendigen Bestimmtheit war eine solche Differenzierung auch nicht geboten, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d.h. im März 2004, der nunmehr von dem Kläger geltend gemachte Unterschied zwischen der sog. Therapie und dem Profiling objektiv nicht bestand. Insbesondere ist damals weder vom Kläger noch von den sog. Berufsverbänden - anders als heute - geltend gemacht worden, die sog. Synergetik-Therapie befasse sich gar nicht mit Kranken und ziele auch nicht auf deren Heilung, sondern betrachte die "Auflösung von Krankheitssymptomen" nur als Nebeneffekt. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist auf ausdrückliche Nachfrage vielmehr vorgetragen worden, die Synergetik-Therapie betone eher den Selbstheilungsprozess, das Synergetik -Profiling das Auffinden der Informationsstruktur. Dass nach dem damaligen Selbstverständnis auch und gerade die sog. Synergetik-Therapie auf Selbstheilung durch eine von dem Therapeuten angeleitete "Innenweltreise" ausgerichtet war, belegt zudem die Broschüre zur Eröffnung des sog. "Infocenter für ganzheitliche Therapie" in E.. Darin wurde u. a. vom Kläger dazu aufgerufen, sich im dem "Infocenter" über Selbstheilung durch Synergetik-Therapie, "die Innovation im Gesundheitswesen", zu informieren. Das von dem Kläger im Februar 2004 vorgelegte Informationsschreiben für die Klienten bezeichnete die Synergetik-Therapie ebenfalls als "Anleitung zur Selbstheilung". Den Klienten wurde zur Heilung die sog. "Hintergrundauflösung" durch eine Synergetik-Therapie empfohlen. Erst in Reaktion insbesondere auf die zuvor zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes München ist der Synergetik-Therapie dann im Jahr 2005 eine andere Zielrichtung zugeschrieben und in der Folge ein getrennter Berufsverband für die Profiler gegründet worden. Diese zeitliche Entwicklung ab dem Jahr 2005 ist aber für das Verständnis des angegriffenen Bescheides aus dem Jahr 2004 unerheblich. Denn dem Kläger ist die Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik -Profiling so, wie sie im Jahr 2004 objektiv zu verstehen war, untersagt worden. Dadurch, dass diesen Begriffen nachträglich vom Kläger bzw. den Berufsverbänden ein anderer Bedeutungsinhalt gegeben wird, wird der Untersagungsbescheid des Beklagten weder nachträglich unbestimmt noch hat er seinen Regelungsinhalt geändert oder sich erledigt.
Die so verstandene, berufsmäßig ausgeübte synergetische Tätigkeit des Klägers zielt auf die Behebung von Krankheiten. Ob die von ihm entwickelte und angewandte synergetische Methode nach medizinischem Kenntnisstand zur Behebung von Krankheiten geeignet ist, ist nach dem Schutzzweck des Heilpraktikergesetzes ebenso unerheblich wie die Tatsache, dass das Verfahren nach dem Vorbringen des Klägers keine Ähnlichkeit mit einer medizinischen oder psychotherapeutischen Behandlung aufweise. Denn das Heilpraktikergesetz soll gerade vor unqualifizierter Hilfe schützen. Ausgenommen sind demnach - wie dargelegt - lediglich Heilungsversprechen, die sich nicht auf einen naturwissenschaftlichen, sondern etwa auf einen religiösen oder rituellen Ursachenzusammenhang berufen. Der Kläger hebt aber gerade den neu entdeckten und naturwissenschaftlich begründeten Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der Heilung von Krankheiten hervor. Der vom Kläger als Klient bezeichnete Empfänger der synergetischen Behandlung erwartet davon also die naturwissenschaftlich begründete Heilung oder Linderung von Krankheiten, d.h. eine Heilbehandlung.
Der Kläger wird auch selbst im Sinne des § 1 HPG tätig. Denn nach dem insoweit zu Grunde zu legenden Selbstverständnis der Synergetik ist die Be- bzw. Anleitung durch einen Therapeuten bzw. Profiler auch zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte des Klienten unverzichtbar. Die Aufgabe des Profilers besteht danach darin, eine Übersicht über die auftauchenden Informations- und Strukturelemente zu erhalten, den Klienten immer wieder zur Rückkoppelung aufzufordern sowie ihn durch Vorschläge und Einspielen von Musik und Geräuschen zu unterstützen. Auch der Synergetik-Therapeut nimmt für sich in Anspruch, Selbstorganisationsprozesse auf der neuronalen Informationsebene in Gang zu setzen.
Die synergetische Tätigkeit des Klägers ist zudem sowohl unmittelbar als auch mittelbar gefährlich. Für die Beurteilung der mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren ist dabei nicht das Selbstverständnis des Klägers über die behaupteten naturwissenschaftlichen Ursachen von Krankheiten und ihre Behebung durch Selbstheilung, sondern die allgemein anerkannte medizinische Ansicht maßgebend. Eine zusätzliche Berücksichtigung von sog. Außerseitermethoden kommt allenfalls in einer hier ersichtlich nicht gegebenen Ausnahmesituation in Betracht (vgl. insoweit allgemein BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 -, BVerfGE 115, 25 ff., sowie zur wissenschaftlichen Anerkennung von psychotherapeutischen Behandlungsmethoden BVerwG, Urt. v. 30.4.2009 - 3 C 4/08 -, hier zit. nach der Pressemitteilung Nr. 25/2009).
Nach anerkannter medizinischer Ansicht bestehen aber für die hier objektiv gegebene Beeinflussung des Gesundheitszustandes der Klienten eines synergetisch tätigen Therapeuten bzw. Profilers Kontraindikationen jedenfalls bei psychischen Erkrankungen wie Psychosen oder Borderline-Erkrankungen, d. h. an diesen Personen darf eine synergetischen Behandlung nicht vorgenommen werden. Auf diese Kontraindikationen hat Prof. Dr. I. bereits in seinem Schreiben vom 27. Juni 2003 hingewiesen. Dass ihm dabei die wesentlichen Gründzüge der synergetischen Methode bekannt waren, ergibt sich schon aus der vom Beklagten vorgelegten Anfrage. Zudem hat Prof. Dr. I. an seiner Einschätzung auch nachfolgend auf wiederholte Nachfrage von Seiten synergetisch Tätiger festgehalten. In dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 23. März 2004 wurde das Vorliegen dieser Kontraindikationen näher begründet. Dabei wurde nachvollziehbar auf einen Vergleich der synergetischen Methode mit dem inzwischen für einen allerdings eng begrenzten Bereich von Krankheiten anerkannten psychotherapeutischen Verfahren des sog. "katathymen Bilderlebens" bzw. heute der sog. katathym-imaginativen Psychotherapie und der diesbezüglich gegebenen Ausschlüsse abgestellt. Dr. K. sieht ebenfalls die Nähe der Synergetik zu dieser psychotherapeutischen Behandlungsmethode und weist ausdrücklich auf eine unmittelbare Gefahr hin, wenn das synergetische Verfahren bei Personen mit akuten oder psychiatrisch vorbehandelten Psychosen zur Anwendung kommt. Prof. Dr. U. kann und will als Jurist in seiner Stellungnahme zu den medizinischen Gefahren der Synergetik- Methode schon keine medizinisch sachverständige Stellungnahme abgegeben. Im Übrigen geht er bei seiner rechtlichen Bewertung des Gefahrenpotentials unzutreffend nicht von dem anerkannten medizinischen Kenntnisstand, sondern von dem Selbstverständnis des Klägers aus. Prof. Dr. J. nimmt zu Kontraindikationen bei der Synergetik-Therapie nicht Stellung und ist dazu ohne medizinische oder psychotherapeutische Ausbildung auch nicht sachverständig in der Lage. Aus sonstigen allgemein zugänglichen Informationen etwa im Internet oder in den vom Beklagten vorgelegten Auszügen aus dem Ärzteblatt über Ausschlüsse bei psychotherapeutischen Verfahren oder speziell bei der sog. katathym-imaginativen Psychotherapie ergibt sich keine andere Bewertung.
Es handelt sich insoweit auch nicht nur um eine geringfügige, theoretische oder allgemeine (Lebens-)Gefahr. Denn der Kläger wendet sich mit seinen Ankündigungen gezielt an Personen mit Problemen auch psychischer Art. Nach eigenen Angaben sollen sich deshalb unter seinen Klienten zu 26 % Personen mit psychischen Erkrankungen befinden. Der Beklagte hat außerdem belegt, dass allein 2,5 bis 3% der Bevölkerung an psychischen Erkrankungen leiden, bei denen eine synergetische Behandlung nach den vorstehenden Angaben kontraindiziert ist. Der Annahme einer Gefahr jedenfalls für den genannten Personenkreis kann auch nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass es in jahrelanger Anwendung nicht zu Komplikationen gekommen sei. Diese Annnahme ist objektiv nicht nachprüfbar und im Übrigen auch sehr zweifelhaft. Denn Synergetik-Therapeuten oder Synergetik-Profiler, die über keine medizinischen Kenntnisse verfügen, sind gar nicht in der Lage, entsprechende psychische Erkrankungen und die Symptome einer unsachgemäßen Behandlung zu erkennen. Zudem widersprechen die vom Beklagten vorgelegten Darstellungen ehemaliger Auszubildender der Angabe, es komme nicht zu entsprechenden Komplikationen. Darin wird vielmehr nicht nur über eigene negative Erfahrungen, sondern auch über schwerwiegende psychische Probleme bei anderen Personen insbesondere in Folge von sog. Provokationen berichtet. Diese sog. Provokationen werden nach Darstellung des Klägers auch im Rahmen der synergetischen Behandlung von Klienten angewendet. Schließlich wird der Gefahr, dass psychisch erkrankte Personen durch die Anwendung der Synergetik Schaden erleiden können, auch nicht dadurch wirksam begegnet, dass sie von einer Therapie bzw. einem Profiling ausgeschlossen sind. Weder gibt es einen so lautenden Ausschlussgrund noch wäre der Kläger in der Lage, selbst eine solche Erkrankung festzustellen. Dass jeder Klient vor einer Behandlung ein fachärztliches Unbedenklichkeitszeugnis vorzulegen hat, ist ebenfalls nicht zu erkennen und dürfte zudem lebensfremd sein. So hat die Klägerin im Parallelverfahren 8 LC 9/07 angegeben, einen Klienten in Kenntnis seiner Zwangsvorstellungen synergetisch behandelt und erst auf dringenden ärztlichen Rat davon abgesehen zu haben.
Es kann deshalb offen blieben, ob mit der Durchführung einer synergetischen Heilbehandlung weitere unmittelbare Gefahren verbunden sind, weil der Kläger - wie vom Beklagten zusätzlich geltend gemacht worden ist - weder in der Lage sei, Komplikationen bei der Durchführung der Heilbehandlung zu erkennen und sachgerecht zu reagieren, noch die bei der Rückführung der Klienten aus der Tiefenentspannung möglichen Gefahren beherrsche. Ebenso wenig ist der Frage näher nachzugehen, welche psychischen Folgen es für schwer erkrankte Klienten des Klägers hat, wenn ihnen der Eindruck vermittelt wird, sie selbst seien für den Fortbestand ihrer Krankheit verantwortlich, da sie den zu Grunde liegenden Konflikt bislang nicht hinreichend selbst bereinigt hätten.
Darüber hinaus ist die synergetische Heilbehandlung auch mittelbar gefährlich, weil sie diejenigen, die daran glauben, davon abhält, die insbesondere bei schweren, etwa lebensbedrohlichen Krankheiten gebotene schulmedizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn der Kläger vertrat im Jahr 2004 die Ansicht, dass wahre Heilung nicht durch die schulmedizinischen Methoden der von ihm sog. Symptombekämpfung, sondern durch die sog. Hintergrundauflösung im Wege der von ihm entwickelten und propagierten synergetischen Verfahren erfolge. An dieser Ansicht hält er bis heute fest. Er empfiehlt deshalb auch in dem von ihm wiederholt vorgelegten Informationsblatt "Hintergrundauflösung" statt "Symptombekämpfung" und bezeichnete nur dies als "echte Heilungsarbeit". Seiner Ansicht nach "sterben mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Menschen nicht an ihrem Krebs, sondern an den Krebsbekämpfungsmethoden der Schulmedizin, d. h. Chemotherapie und Bestrahlung" (vgl. www. synergetik-profiler.de, abruf am 2. Juni 2009). Wer dies glaubt und sich deshalb auf eine synergetische Heilbehandlung einlässt, setzt sich jedoch der naheliegenden und schwerwiegenden Gefahr aus, deshalb auf die dann nicht nur als nutzlos, sondern geradezu als schädlich angesehene schulmedizinische Behandlung zu verzichten. Dass der Kläger ungeachtet dessen behauptet, auf eine Zusammenarbeit mit allen Ärzten bewusst hinzuwirken, widerspricht dem dargelegten Selbstverständnis und ist für den Senat daher nicht überzeugend. Allenfalls eine Zusammenarbeit mit nicht schulmedizinisch orientierten Ärzten wird angestrebt, wie sich etwa aus den bereits vom Beklagten zitierten Angaben des Klägers sowie weiteren Darstellungen im Internet ergibt. Auch den Ausführungen in den vorgelegten Informationsblättern für Klienten misst der Senat keine wesentliche Bedeutung zu. Zwar wird darin auf die fehlende heilkundliche Ausbildung des jeweiligen Therapeuten bzw. Profilers und die Notwendigkeit, ggf. fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, hingewiesen. Damit wird aber nicht der für die Inanspruchnahme einer synergetischen Behandlung zentrale Anspruch aufgehoben, Krankheiten besser als die Schulmedizin heilen zu können und insoweit keine Ergänzung, sondern eine echte Alternative zur Konsultation eines schulmedizinisch handelnden Arztes darzustellen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit dem Informationsblatt lediglich formal der Versuch unternommen wird, sich von einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit i. S. d. § 1 HPG abzugrenzen. Die Gefahr, dass insbesondere lebensbedrohlich erkrankte Personen im Vertrauen auf den vom Kläger vertretenen Kausalzusammenhang von der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe abgehalten werden, ist durchaus real. So beruft sich der Kläger in seinen Ausführungen etwa zur Entstehung von Krebs ausdrücklich auf Herrn Dr. H., der - wie der Kläger - die These vertritt, Krebspatienten würden gerade durch schulmedizinische Behandlung sterben. Der Kläger wirbt zielgerichtet damit, dass in seinem Therapiezentrum auch Personen erfolgreich behandelt werden, die als Anhänger der sog. Neuen Medizin von Herrn Dr. H. eine schulmedizinische Krebsbehandlung ablehnen und stattdessen auf die Synergetik setzen. In dem Therapiezentrum des Klägers hat sich zudem eine aus der Schweiz stammende Frau aufgehalten, die an Herzrhythmusstörungen litt, ihre ärztlich verordneten Beta-Blocker abgesetzt hat und an den Folgen verstorben ist. Auch wenn die Empfehlung zum Absetzen der Beta-Blocker nicht vom Kläger oder einem anderen synergetisch Tätigen, sondern, wie der Kläger vorträgt, von der Schweizer Heilpraktikerin der Verstorbenen stammt, so macht dieses Beispiel doch hinreichend deutlich, welchen Risiken sich Klienten aussetzen, die ausschließlich auf den Erfolg der Synergetik vertrauen. Zudem wird an dem Beispiel deutlich, dass das Angebot des Klägers nicht ausschließlich von Personen in Anspruch genommen wird, die sich parallel in ärztlicher Behandlung befinden oder austherapiert sind. Da es um Abwendung von Gefahren auch für das Leben geht und eine solche Gefahr aus den genannten Gründen jedenfalls in bestimmten Einzelfällen besteht, braucht nicht näher auf die Frage eingegangen zu werden, zu welchem Prozentsatz genau entsprechend gefährdete Personen sich in der Vergangenheit unter den Klienten des Klägers und anderer synergetisch tätiger Therapeuten oder Profiler befunden haben.
Schließlich ist das Verbot der Ausübung der synergetischen Tätigkeit ein geeignetes und auch im Übrigen verhältnismäßiges Mittel zum Schutz der Bevölkerung. Der Kläger geht insoweit von unzutreffenden Voraussetzungen aus, wenn er annimmt, durch den Besitz einer Heilpraktikererlaubnis werde der von ihm bewusst vermiedene Eindruck erst verursacht, er verfüge über heilkundliche Kenntnisse und Fähigkeiten. Zum einen kommt der Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz eine solche Wirkung schon nicht zu. Sie bescheinigt dem Inhaber lediglich zu wissen, wie er seinen Kunden nicht schadet, sagt aber bewusst nichts darüber aus, ob er ihnen auch helfen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.7.2008 - 3 B 18/08 -, [...], m. w. N.). Ob sich für Heilpraktiker, die eine nach § 161 Abs. 2 NSchG anerkannte Schule erfolgreich besucht haben, etwas anderes ergibt, kann offen bleiben. Der Kläger hat eine solche Schule nicht durchlaufen. Im Übrigen darf dem Kläger bei dem von ihm vertretenen Ansatz zum wahren Entstehungsgrund von Krankheiten ohnehin keine Erlaubnis nach § 1 HPG erteilt werden. Denn auch ein Heilpraktiker darf das Unterlassen der Inanspruchnahme notwendiger ärztlicher Hilfe nicht veranlassen oder stärken (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 2.10.2008 - 9 S 1782/08 -, NJW 2009, 458 ff.), wie dies aber geschieht, wenn man - wie der Kläger - annimmt, Krankheiten seien nicht schulmedizinisch, sondern synergetisch zu heilen. Einem Bewerber, der im medizinischen Bereich solchen Fehlvorstellungen unterliegt und dementsprechend eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt, darf keine Erlaubnis nach § 1 HPG erteilt werden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 20.11.2007 - 13 A 3786/05 -, DVBl. 2008, 124 ff.). Das insoweit erforderliche Wissen ist deshalb auch zu Recht Gegenstand der gefahrenabwehrrechtlichen Prüfung nach dem Heilpraktikergesetz (vgl. Ziffer 5.7.2 der Richtlinie des Niedersächsischen Sozialministeriums zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz in der aktuellen Fassung vom 1. März 2007 (Nds. MBl. S. 253)).
Das Verbot der nach § 5 HPG strafbewehrten unerlaubten Ausübung der Heilkunde kann nicht auf einzelne Tätigkeitsbereiche bzw. einen bestimmten Personenkreis, etwa gesunde Klienten, begrenzt werden. Denn der Therapeut bzw. Profiler untersucht den Klienten vor dem Beginn der Behandlung nicht. Er ist dazu mangels Fachkenntnissen auch nicht in der Lage. Weiterhin ist - wie bereits zuvor ausgeführt - auch nicht sichergestellt, dass eine solche fachkundige Untersuchung vor der synergetischen Behandlung anderweitig erfolgt ist.
Das Verbot der Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling ist ferner ermessensfehlerfrei erfolgt. Der Verstoß gegen § 1 HPG konnte im vorliegenden Fall nicht hingenommen werden. Denn es handelt sich dabei gemäß § 5 HPG um eine Straftat. Außerdem wendet sich der Kläger zielgerichtet auch an Personen, die nach medizinischen Erkenntnissen an lebensbedrohlichen Erkrankungen wie etwa Krebs leiden. Er beansprucht, mit der synergetischen Methode nahezu alle Krankheiten erfolgreich behandeln zu können. Da der Kläger seine Tätigkeit nicht als Ausübung von Heilkunde i. S. d. § 1 HPG versteht, fühlt er sich im Übrigen nicht einmal an diejenigen Grenzen gebunden, die für die heilkundliche Tätigkeit von Heilpraktikern gelten, wie etwa die nach § 24 des Infektionsschutzgesetzes untersagte Behandlung der dort aufgeführten Krankheiten. Schließlich hat der Kläger als Begründer der synergetischen Methode (zusammen mit der Klägerin im Parallelverfahren) im Zuständigkeitsbereich des Beklagten bewusst das inzwischen aufgegebene Informationscenter in E. eröffnet, um die berufsrechtliche Zulässigkeit seiner Tätigkeit verwaltungsrechtlich klären zu lassen. Hätte der Beklagte - wie offenbar die für den Wohnsitz des Klägers zuständige Behörde - diesen Zustand toleriert, so wäre der unzutreffende Eindruck entstanden, als sei die synergetische Tätigkeit des Klägers erlaubt und könne - wozu der Kläger in der Vergangenheit bewusst aufgerufen hat - auch von Personen, die Schwierigkeiten mit dem Heilpraktikergesetzes haben, rechtmäßigerweise ausgeübt werden.
Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 EUR findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 64, 65 und 67 Nds. SOG und trägt dem nach § 67 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Nichtbefolgung des Bescheides Rechnung.
Schließlich war der Beklagte nach §§ 2 Nr. 1a, 11, 101 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG (a. F.) auch berechtigt, dem Kläger als Folgemaßnahme zum Verbot der synergetischen Heilbehandlung die Entfernung des vormals in E. befindlichen Hinweisschildes auf die Synergetik-Praxis aufzugeben. Eine vorrangige sachliche Zuständigkeit einer anderen Behörde etwa nach dem Heilmittelwerbegesetz bestand nicht. Wäre das Schild dort verblieben, so hätte die Gefahr bestanden, dass der Kläger weiterhin um eine synergetische Behandlung gebeten worden wäre und sie - wie von ihm ursprünglich bereits angekündigt - zumindest unter einer anderen Bezeichnung auch gewährt hätte.