Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.06.2009, Az.: 8 PA 87/09

Heranziehung zu Bestattungskosten gem. § 8 Abs. 4 S. 4 Bestattungsgesetz (BestattG); Voraussetzungen einer Kostenbefreiung eines vorrangig Bestattungspflichtigen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.06.2009
Aktenzeichen
8 PA 87/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 16803
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2009:0626.8PA87.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 24.04.2009 - AZ: 5 A 230/08

Fundstellen

  • DVBl 2009, 1060
  • FStNds 2009, 596-597
  • NdsVBl 2009, 321

Amtlicher Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen von einem vorrangig Bestattungspflichtigen die Kosten nicht zu erlangen sind.

Heranziehung zu Bestattungskosten nach § 8 Abs. 4 Satz 4 BestattG

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. April 2009, in dem dieses es abgelehnt hat, der Klägerin für das erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist begründet.

2

Die Anfechtungsklage der i. S. d. § 166 VwGO i. V. m. §§ 114, 115 ZPO bedürftigen Klägerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin ist in dem angefochtenen Bescheid vom 4. August 2008 voraussichtlich zu Unrecht als bestattungspflichtig angesehen worden.

3

Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BestattG hat für die Bestattung des am 13. Dezember 2005 verstorbenen Vaters der Klägerin, Herrn E. F., vorrangig Frau G. F. als dessen Ehefrau zu sorgen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 4 BestattG hat die Klägerin die ersatzweise von der Beklagten übernommenen Bestattungskosten nur dann zu tragen, wenn diese Kosten von Frau F. als vorrangig Bestattungspflichtige nicht zu "erlangen" sind. Dies setzt voraus, dass gegen Frau F. ein entsprechender Leistungsbescheid ergangen und eine Vollstreckung daraus erfolglos geblieben oder ersichtlich aussichtslos ist (vgl. Senatsbeschl. v. 23.6.2009 - 8 PA 88/09 -). Diese Voraussetzungen für eine nachrangige Inanspruchnahme der Klägerin sind bislang nicht gegeben.

4

Offenbar wegen der Annahme, Frau F. sei leistungsunfähig bzw. von ihr seien die Bestattungskosten nicht zu erlangen, ist ihr gegenüber zu Unrecht schon kein Leistungsbescheid erlassen worden. Außerdem steht nach dem bisherigen Verfahrensstand auch nicht fest, dass von ihr die Bestattungskosten nicht zu erlangen sind. Sie hat der Beklagten zwar eine Reihe von Unterlagen zu ihren Einkommensverhältnissen vorgelegt. Diese Unterlagen enthalten jedoch keine vollständigen Angaben über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse, wie sie etwa in einem Verzeichnis nach § 22 NVwVG oder § 807 ZPO enthalten sein müssen, und rechtfertigen deshalb nicht die Annahme, von Frau F. seien die streitigen Bestattungskosten nicht zu erlangen. Selbst wenn Frau F. aus ihrem eigenen laufenden Einkommen sowie aus ihrem Vermögen die Bestattungskosten nicht tragen könnte, stünde im Übrigen noch nicht fest, dass von ihr die Bestattungskosten nicht zu erlangen sind. Denn insoweit kommt grundsätzlich ein Anspruch nach § 74 SGB XII in Betracht. Dass ein solcher Anspruch durch den Bescheid des Landkreises Gifhorn vom 30. Juli 2006 abgelehnt worden ist, ändert hieran nichts. Nach der Begründung ist die Ablehnung nur vorläufig erfolgt. Im Übrigen erscheint sehr zweifelhaft, ob Frau F. insoweit auch nur vorläufig zu Recht die Beweislast dafür auferlegt worden ist, dass der Verstorbene nicht über Erben oder Unterhaltsverpflichtete verfüge, die zivilrechtlich vorrangig verpflichtet und in der Lage seien, die Bestattungskosten zu tragen (vgl. LSG Essen, Urt. v. 29.10.2008 - L 12 SO 3/08, - [...]).

5

Die Klägerin kann also gegenwärtig schon deshalb nicht in Anspruch genommen werden, weil bislang nicht feststeht, dass die Bestattungskosten nicht von der öffentlich-rechtlich vorrangig verpflichteten Frau F. zu "erlangen" sind.

6

Im Übrigen ist ohnehin unverständlich, warum die Beklagte Frau G. F., die nach Aktenlage immerhin über Rentenleistungen in Höhe von wenigstens 1.250 EUR monatlich verfügt, für "leistungsunfähig" hält und deshalb nicht in Anspruch nimmt, die Klägerin als Bezieherin von deutlich geringeren Leistungen nach dem SGB II hingegen in Anspruch genommen hat.