Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 15.03.2007, Az.: 8 U 196/06

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
15.03.2007
Aktenzeichen
8 U 196/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 59334
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:0315.8U196.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 18.07.2006 - AZ: 2 O 232/05

Fundstellen

  • OLGReport Gerichtsort 2007, 896-899
  • VersR 2007, 1355-1357 (Volltext mit red. LS)
  • r+s 2009, 73-74 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

...

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Juli 2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

  2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Kläger, geb. ... 1953, von Beruf Kraftfahrer, nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung in Anspruch.

2

Am 19. Mai 2000 beantragte der Kläger den Abschluss einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsversicherung (Bl. 8 - 10 d.A.). Die Frage

"Bestehen oder bestanden Beschwerden, Störungen, Krankheiten, Vergiftungen"

3

verneinte der Kläger. Auf die weitere Frage

"Sind Sie in den letzten 5 Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden?"

4

gab er einen Kuraufenthalt nach Arbeitsunfall in B. für November 1999 mit 3 Wochen und dem Zusatz "ausgeheilt" an. Als Hausarzt wurde Dr. S. erwähnt. Der Antrag wurde aufgenommen und ausgefüllt durch den für die Beklagte als Versicherungsagent tätigen Zeugen B.. Nicht ausgefüllt wurden von diesem die weiteren Fragen nach Unfällen, Verletzungen sowie dem Bezug oder der Beantragung einer Rente. In einer Ergänzungserklärung vom 5. Juni 2000 gab der Kläger an, er habe keine Rente beantragt (Bl. 39 f.d.A.). Ferner schilderte er den Arbeitsunfall ("1998 sind mir beim Verladen eines LKW?s ein Kühlschank in den Nacken gefallen") und gab an, es seien keine Folgen oder Beschwerden verblieben.

5

Die Beklagte nahm den Antrag gem. Versicherungsschein vom 14. Juni 2000 an, der für den Fall bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit Leistungen bis zum 31. Mai 2013 von 1 000,- DM vorsieht (Bl. 41 - 52 d.A.). Dem Vertrag liegen die BB-BUZ zugrunde (Bl. 53 - 62 d.A.). In einer besonderen Bedingung ist vereinbart, dass zum Nachweis der Berufsunfähigkeit die Vorlage eines Rentenbescheids genügt, wenn ausschließlich wegen des Gesundheitszustandes eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt wurde (Bl. 49 d.A.). Der Kläger erhält seit dem 1. Juni 2002 gem. Bescheid der LVA eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bl. 7 d.A.). Aus einem im Verfahren vor dem SG Lüneburg eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Dr. G. vom 11. März 2004 ergibt sich, dass beim Kläger eine chronifizierte somatoforme Schmerzstörung sowie eine konversionsneurotische Symptomatik auf dem Boden einer schweren, chronifiziert depressiven Erkrankung mit psychosozialem Rückzug und deutlichen kognitiven Hirnleistungsstörungen vorliegen, ferner eine Neigung zu erhöhter psychovegetativer Reagibilität und über das altersentsprechende Maß hinausgehende Abnutzungsschäden am gesamten knöchernen Halte- und Bewegungsapparat (Bl. 98 - 121 d.A.).

6

Der Kläger meldete am 9. Dezember 2004 (Bl. 63 - 70 d.A.) und 18. Januar 2005 (Bl. 71 - 79 d.A.) Ansprüche bei der Beklagten an, wobei er als Erkrankungen Depression, Schulter-Arm-Schmerz, Bandscheibenschmerzen, Knieschmerzen, Kopfschmerzen und Tinnitus angab. Die Beklagte holte einen Bericht des Dr. S. vom 26. Januar 2005 ein (Bl. 85 d.A. nebst Karteikarte Bl. 86 - 91 d.A.). Hieraus ergeben sich u.a. folgende Eintragungen:

  • 24. Mai 1996 psychovegetatives Erschöpfungssyndrom mit Arbeitsunfähigkeit vom 24. Mai - 3. Juni 1996

  • 3. Juni 1996 multiple Beschwerden Bewegungsapparat

  • 10. September 1996 myostatisches HWS-Syndrom und BWS-Syndrom

  • 20. September 1996 Beschwerden der gesamten Rückenmuskulatur wegen myostatischem Syndrom

  • 28. Februar 1997 BWS-Syndrom

  • 5. Mai1997 Erschöpfungssyndrom

  • 13. Februar 1998 Fettleber

  • 25. Februar 1998 Schmerzen in den Schultergelenken

  • 9. Oktober 1998 Erschöpfungssyndrom

  • 4. Dezember 1998 myostatisches Syndrom

  • 4. Januar 1999 Schulter-Arm-Syndrom, LWS-Syndrom

  • 25. Januar 1999 AU 26. - 29. Januar 1999 wegen Schulter-Arm-Syndrom

  • 27. April 1999 Schulter-Arm-Syndrom rechts

  • 7. Mai 1999 LWS-Syndrom

  • 19. Juli 1999 myostatisches Wirbelsäulensyndrom

7

Am 25. Februar 2005 erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Vertrag und focht ihn wegen arglistiger Täuschung an (Bl. 5 f.d.A.).

8

Der Kläger hat behauptet,

9

er habe als Kraftfahrer für die Firma S. in M. gearbeitet, die ein Lager für elektrische Geräte betreibe und einen Fuhrpark für die Auslieferung unterhalte (Bl. 2 d.A.). Er sei aufgrund von schweren depressiven Störungen berufsunfähig (Bl. 95 d.A.). Eine Falschbeantwortung von Antragsfragen sei ihm nicht vorzuwerfen (Bl. 3, 93 f., 128 d.A.). Der Agent Bittner habe die Gesundheitsfragen nicht vorgelesen, sondern den Kläger nur gefragt, wie es ihm in den letzten 3 Jahren gesundheitlich gegangen sei. Er habe dann von dem Arbeitsunfall im Februar 1998 sowie der Kur in B. berichtet. Der Kläger selber habe die Gesundheitsfragen nicht lesen können, da er weder lesen noch schreiben könne und trotz seines langen Aufenthaltes in Deutschland Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache habe. Der Agent B. habe ihm erklärt, der Versicherer werde sich schon melden, wenn er Fragen habe. Vor dem Ausfüllen des Ergänzungsantrages habe seine Ehefrau ebenfalls Rücksprache mit dem Agenten gehalten. Ferner sei der Agent über einen zuvor gestellten Rentenantrag unterrichtet gewesen (Bl. 94, 128, 135 d.A.). Schließlich bleibe die Beklagte auch nach § 21 VVG zur Leistung verpflichtet (Bl. 95 d.A.).

10

Der Kläger hat beantragt (Bl. 2, 138 d.A.),

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1 220,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. Mai 2005 zu zahlen,

  2. 2.

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem Versicherungsvertrag Nr. ... von Juli 2005 bis einschließlich Juni 2013 eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 610,20 € zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 19, 138 d.A.),

  1. die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger habe in erheblichem Umfang Falschangaben gemacht, weil er in den letzten 5 Jahren vor Antragstellung wegen verschiedener Beschwerden bei Dr. S. in Behandlung gewesen sei (Bl. 30 f., 149 - 151 d.A.). Weder diese Beschwerden noch die entsprechenden Arztbesuche habe er angezeigt. Der Agent habe auch alle Fragen im Einzelnen vorgelesen. Der Kläger habe dagegen nur den Arbeitsunfall sowie die anschließende Kur angegeben (Bl. 32 f.d.A.). Der Kläger sei im Übrigen nunmehr deutscher Staatsangehöriger und verfüge über hinreichende Deutschkenntnisse (Bl. 33 f.d.A.). Bei Kenntnis der gefahrerheblichen Umstände hätte sie den Antrag nicht angenommen. Den Kausalitätsgegenbeweis nach § 21 VVG habe der Kläger nicht geführt (Bl. 34 d.A.). Im Übrigen habe dieser auch arglistig gehandelt (Bl. 35, 150 f.d.A.).

13

Das Landgericht hat gem. Beschlüssen vom 24. November 2005 (Bl. 122 d.A.) und 25. Januar 2006 (Bl. 131 d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen B. (vgl. Protokoll vom 27. Juni 2006, Bl. 138 - 141 d.A.). Mit Urteil vom 18. Juli 2006 hat das Landgericht die Klage abgewiesen (Bl. 153 - 160 d.A.). Die Beklagte sei berechtigt vom Vertrag zurückgetreten, weil der Kläger falsche und unvollständige Angaben zu seinem Gesundheitszustand gemacht habe, indem er die in den Jahren 1995 bis 2000 erfolgten durchgängigen Behandlungen bei Dr. S. wegen ständig wiederkehrender Beschwerden des Bewegungsapparates und der Psyche nicht angegeben habe. Der Kläger habe auch selbst gar nicht behauptet, den Zeugen B. hierüber informiert zu haben. Soweit der Zeuge erklärt habe, Kenntnis von den Rückenproblemen des Kläger gehabt zu haben, sei der Beklagten dieses privat erlangte Wissen des Vermittlers nicht zuzurechnen. Außerdem habe der Kläger auf Nachfrage dann ohnehin erklärt, mit den Rückenproblemen sei alles in Ordnung. Ferner habe der Kläger nicht bewiesen, dass die fehlenden Angaben nicht auf seinem Verschulden beruhten. Der Zeuge B. habe nämlich bekundet, dass er dem Kläger die einzelnen Fragen vorgelesen habe. Auch sei die Erklärung des Klägers, er sei der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, als Schutzbehauptung zu werten. Die Leistungspflicht der Beklagten bleibe auch nicht nach § 21 VVG bestehen, da nicht ersichtlich, dass die verschwiegenen Umstände nicht zumindest mitursächlich für die Beschwerden seien, die nun zur Berufsunfähigkeit geführt hätten.

14

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

15

Er behauptet, er habe keine Kenntnis über die krankhaften Befunde gehabt, wie sie sich aus der Karteikarte des Dr. S. ergäben, zumal diese auch keine hinreichenden Feststellungen enthalte (Bl. 185 d.A.). Von einer Erkrankung der Psyche sei ihm überhaupt nichts bekannt gewesen. Insoweit hat der Kläger eine ergänzende Bestätigung des Dr. S. vom 5. September 2006 vorgelegt (Bl. 188 d.A.). Eine Falschbeantwortung von Antragsfragen liege ebenfalls nicht vor, weil der Agent den Antrag nur unvollständig und widersprüchlich ausgefüllt habe. Der Kläger habe dem Zeugen B. jedenfalls gesagt, dass ihm beim Beladen eines LKW?s eine Palette auf die Schulter gefallen sei. Auch habe der Agent die einzelnen Gesundheitsfragen nur vorgelesen, ohne dass der Kläger diese verstanden habe. Erkrankungen des Bewegungsapparates habe er jedenfalls gegenüber dem Zeugen angegeben. Psychische Erkrankungen seien ihm von den Medizinern nicht bekannt gegeben worden. Die Depression sei erst nach Vertragsschluss diagnostiziert worden. Auch der Ergänzungsantrag vom 5. Juni 2000 sei durch die Ehefrau des Klägers nach telefonischer Rücksprache mit dem Agenten Bittner ausgefüllt worden (Bl. 186 d.A.). Ferner habe das Landgericht zu Unrecht das Eingreifen von § 21 VVG verneint (Bl. 186 f.d.A.).

16

Der Kläger beantragt (Bl. 184, 212 d.A.), das Urteil des LG Hannover aufzuheben und

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 10 374,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf jeweils 610,24 € seit dem 1. Mai 2005 bis zum 1. Oktober 2006 zu zahlen,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger monatlich ab dem 1. November 2006 bis einschließlich Juni 2013 eine Rente in Höhe von 610,24 € zu zahlen.

17

Die Beklagte beantragt (Bl. 196, 212 d.A.),

  1. die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie behauptet, der Agent habe dem Kläger alle Fragen wörtlich vorgelesen (Bl. 205 d.A.). Tatsächlich habe der Kläger zahlreiche ärztliche Behandlungen in den letzten 5 Jahren wegen multipler Beschwerden am Bewegungsapparat sowie eines wiederholt aufgetretenen psycho-vegetativen Erschöpfungssyndroms nicht angegeben (Bl. 205 f.d.A.). Soweit der Kläger sich nunmehr auf fehlende Kenntnis von den krankhaften Befunden berufe, handele es sich um neuen Vortrag (Bl. 206 d.A.). Außerdem habe der Kläger nur die ihm bekannten Beschwerden angeben müssen, ohne dass es darauf ankomme, ob ihm eine Diagnose genannt worden sei. Ferner seien die Befunde jeweils erläutert worden (Bl. 207 d.A.). Soweit der Kläger behaupte, er habe den Agenten B. darüber unterrichtet, ihm sei beim Verladen einmal eine Palette auf die Schulter gefallen und diese sei vollständig ausgeheilt, sei diese Auskunft wegen der vielfachen ärztlichen Behandlungen unzutreffend (Bl. 207 d.A.). Auch der Ergänzungsantrag sei wegen der nach dem Unfall 1998 verbliebenen Beschwerden unzutreffend gewesen (Bl. 208 d.A.). Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt, da er der deutschen Sprache hinreichend mächtig sei (Bl. 209 d.A.). Schließlich habe er den Kausalitätsgegenbeweis nach § 21 VVG nicht geführt (Bl. 209 d.A.).

19

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente von 610,24 € ab dem 1. Mai 2005 gegen die Beklagte aus dem zum 1. Juni 2000 geschlossenen Vertrag i.V.m. §§ 1, 2 BB-BUZ zu.

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1. Die Beklagte ist gem. § 16 Abs. 2, § 20 VVG wirksam vom Vertrag zurückgetreten, weil der Kläger seine Anzeigepflicht nach § 16 Abs. 1 VVG verletzt hat.

21

a) Zunächst hat er die Frage im Antrag vom 19. Mai 2000, ob Beschwerden, Krankheiten oder Störungen bestehen oder bestanden, verneint sowie auf die weitere Frage, ob er in den letzten 5 Jahren untersucht, beraten oder behandelt wurde, nur einen Kuraufenthalt nach einem Arbeitsunfall im November 1999 mit dem Zusatz "ausgeheilt" angegeben. Hierbei kann die Frage, ob die fehlende zeitliche Begrenzung der ersten Frage nach Beschwerden, Krankheiten oder Störungen zulässig ist (so OLG Saarbrücken VersR 2007, 193 [OLG Saarbrücken 14.06.2006 - 5 U 697/05]) oder ob eine zeitliche Begrenzung auf 5 Jahre vorzunehmen ist, wie sie auch in der weiteren Frage nach Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen zum Ausdruck kommt (so etwa OLG Oldenburg VersR 1998, 835 [OLG Oldenburg 26.03.1997 - 2 U 267/96]), offen bleiben. Der Kläger hat jedenfalls maßgebliche anzeigepflichtige Umstände auch in den letzten 5 Jahren vor Antragstellung nicht angegeben.

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b) In der ersten Frage wird allgemein nach dem Vorhandensein von Beschwerden, Krankheiten oder Störungen gefragt. Bei einer derart umfassend formulierten Frage hat der Versicherungsnehmer grundsätzlich jede Gesundheitsbeeinträchtigung anzugeben, die nicht offenkundig belanglos ist oder alsbald vergeht (BGH NJW-RR 2003, 1106 [BGH 19.03.2003 - IV ZR 67/02]; VersR 1994, 711, 713; 1457, 1458) . Der Versicherungsnehmer ist demgegenüber nicht berechtigt, die Gefahrerheblichkeit bestimmter Umstände aus seiner Sicht zu beurteilen, sondern gehalten, die ihm gestellten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten sowie deren Prüfung und Bewertung dem Versicherer zu überlassen (BGH VersR 2000, 1486, 1487 [BGH 20.09.2000 - IV ZR 203/99]; 1994, 711, 712; NJW 1993, 596, 597 [BGH 09.12.1992 - IV ZR 232/91]). Soweit zusätzlich in der weiteren Frage umfassend nach Untersuchungen, Behandlungen oder Beratungen in den letzten 5 Jahren gefragt wird, hat der Versicherungsnehmer grundsätzlich alle Untersuchungen anzugeben, denen er sich im fraglichen Zeitraum unterzogen hat (OLG Düsseldorf VersR 2001, 1408, 1410 [OLG Düsseldorf 29.02.2000 - 4 U 47/99]; OLG Köln r+s 1994, 315).

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aa) Zunächst hat der Kläger zahlreiche ärztliche Behandlungen wegen seines Bewegungsapparates nicht angegeben, denen er sich bei seinem Hausarzt Dr. S. unterzogen hat, nämlich

  • 3. Juni 1996 multiple Beschwerden Bewegungsapparat

  • 10. September 1996 myostatisches HWS-Syndrom und BWS-Syndrom

  • 20. September 1996 Beschwerden der gesamten Rückenmuskulatur wegen myostatischem Syndrom

  • 28. Februar 1997 BWS-Syndrom

  • 25. Februar 1998 Schmerzen in den Schultergelenken

  • 4. Dezember 1998 myostatisches Syndrom

  • 4. Januar 1999 Schulter-Arm-Syndrom, LWS-Syndrom

  • 25. Januar 1999 AU 26. - 29. Januar 1999 wegen Schulter-Arm-Syndrom

  • 27. April 1999 Schulter-Arm-Syndrom rechts

  • 7. Mai 1999 LWS-Syndrom

  • 19. Juli 1999 myostatisches Wirbelsäulensyndrom

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Hierbei handelt es sich auch um keine Bagatellbeschwerden mehr. Zwar lassen sich der Karteikarte des Dr. S. nur in eingeschränktem Umfang konkrete Behandlungsmaßnahmen entnehmen, insbesondere Massagen, Überweisung an einen Facharzt für Chirurgie, Verschreibung einer Creme. Zu einer Krankschreibung ist es nur einmal kurzfristig vom 26. - 29. Januar 1999 gekommen. Andererseits handelt es sich um immerhin elf Arztbesuche. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst gegenüber dem Gutachter Dr. G. angegeben hat, seit dem Unfall 1998 habe er Schmerzen im Kopf, in den Schultern, im Nacken, in der Wirbelsäule, in den Knien und den Füßen (Bl. 102 d.A.). Seine linke Körperhälfte sei taub. Aus einem in dem Gutachten vom 11. März 2004 weiter erwähnten Vorbefund des Dr. L. vom 11. August 2000 ergibt sich ferner, dass wie bei der Voruntersuchung 1998 Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, der Arme und Beine etc. bestünden (Bl. 99 d.A.). Die Kurbehandlung in B. habe insofern keine Besserung ergeben. Ferner wird ein hausärztlicher Bericht des Dr. S. zitiert, wonach die Rücken- und Schulter-Arm-Schmerzen sich seit dem Arbeitsunfall vom 23. Februar 1998 erheblich verschlechtert hätten (Bl. 101 d.A.). Insoweit ist hier von bloßen Bagatellbeschwerden angesichts der Häufigkeit der Arztbesuche und der eigenen Angaben des Klägers gegenüber den behandelnden Ärzten und dem Gutachter Dr. G. über die seit Jahren bestehenden Schmerzen an verschiedenen Körperteilen nicht mehr auszugehen.

25

Diese Beschwerden hat der Kläger in den schriftlichen Anträgen nicht angegeben, sondern dort im Gegenteil nur den einen Arbeitsunfall geschildert und diesen als ausgeheilt bezeichnet. Im Ergänzungsantrag vom 5. Juni 2000 ist bezüglich des Arbeitsunfalles sogar nur von Prellungen die Rede und die Frage nach bestehenden Folgen oder Beschwerden wird ausdrücklich verneint.

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An einer Anzeigepflichtverletzung fehlt es allerdings, wenn der Versicherungsnehmer den Agenten bei Antragsaufnahme mündlich zutreffend unterrichtet, dieser die Angaben aber nicht in den von ihm ausgefüllten Antrag übernommen hat. Darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Versicherungsnehmer den Agenten nicht zutreffend informiert hat, d.h., dass der Agent nur die falschen Angaben erhalten hat, die im Antrag niedergelegt sind, ist der Versicherer (BGH VersR 1989, 833, 834 [BGH 23.05.1989 - IVa ZR 72/88]; 2001, 1541, 1542) . Hier ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Landgericht der Aussage des Zeugen B. gefolgt ist. Er hat bekundet, er habe den Kläger vor dem Ausfüllen des Antrages zunächst allgemein nach Gesundheitsproblemen gefragt (Bl. 139 d.A.). Dieser habe dann von dem Arbeitsunfall und der Kur berichtet und erklärt, das sei alles erledigt. Auch auf Nachfrage habe er erklärt, eine Berufsunfähigkeit könne deshalb nicht eintreten und es sei alles in Ordnung. Danach habe er dem Kläger die einzelnen Gesundheitsfragen vorgelesen und die Eintragungen vorgenommen. In diesem Zusammenhang sei ihm eingefallen, dass der Kläger einmal von Rückenproblemen gesprochen habe. Auf Nachfrage habe der Kläger aber auch hierzu erklärt, es sei alles in Ordnung. Da der Kläger es dann eilig gehabt habe, habe er es vergessen, die beiden letzten Fragen abzufragen. Nach dem Antrag habe ihn der Kläger auch noch einmal angerufen und ihm gesagt, dass die Beklagte Nachfragen wegen der Kur gestellt habe. Auch habe er ihm später noch einmal davon berichtet, die Beklagte habe den Antrag angenommen. Ob das dasselbe Gespräch gewesen sei, wisse er nicht mehr. Mit der Ehefrau des Klägers habe er im Zusammenhang mit dem Antrag nicht gesprochen.

27

Auch wenn die Aussage des Zeugen nicht frei von Widersprüchen ist, insbesondere zu der Frage, ob der Kläger einen Rentenantrag erwähnt hat und welche Gespräche es nach dem Antrag noch gegeben hat, ist der Kern seiner Aussage jedenfalls eindeutig, dass der Kläger erklärt hat, aus dem Unfall seien keine Folgen verblieben und er habe auch keine Rückenprobleme mehr. Ferner sei nicht von psychischen Problemen des Klägers die Rede gewesen. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht auf die Frage an, ob der Zeuge das Wissen über die Rückenprobleme des Klägers privat erlangt hat und ob dies der Beklagten zurechenbar wäre, was grundsätzlich nicht der Fall ist (BGH VersR 1990, 150 [BGH 29.11.1989 - IVa ZR 273/88]; OLG Koblenz VersR 2001, 45). Entscheidend ist jedenfalls, dass bereits der Zeuge Nachfrage wegen der Rückenprobleme hielt und der Kläger erklärte, es sei alles in Ordnung. Das traf indessen, wie oben dargelegt, nicht zu.

28

Es ist auch nicht erforderlich, die Ehefrau des Klägers zum Zustandekommen der Ergänzungserklärung vom 5. Juni 2000 zu vernehmen. Der Kläger hat hierzu lediglich vorgetragen, seine Ehefrau habe nach Erhalt des Fragebogens mit dem Zeugen B. telefoniert und nach Rücksprache mit diesem den Fragebogen ausgefüllt (Bl. 186 d.A.). Selbst wenn das zuträfe, entfiele dadurch nicht eine Falschabgabe, weil der Kläger selbst nicht vorträgt, er habe bei Ausfüllung dieses Fragebogens den Zeugen zutreffend über seinen Gesundheitszustand unterrichtet. Insbesondere war es gerade nicht zutreffend, dass aus dem Unfall in 1998 nur Prellungen ohne Folgen resultierten. Dem stehen die eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen G. über die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nach dem Unfall entgegen (Bl. 99, 101f., 114 d.A.).

29

bb) Auch bezüglich seines psychischen Zustandes hat der Kläger unzutreffende Angaben gemacht, weil er diesbezüglich dreimal bei Dr. S. in Behandlung war, nämlich am

  • 24. Mai 1996 psychovegetatives Erschöpfungssyndrom mit Arbeitsunfähigkeit vom 24. Mai - 3. Juni 1996

  • 5. Mai 1997 Erschöpfungssyndrom

  • 9. Oktober 1998 Erschöpfungssyndrom

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Welche konkrete Behandlung hier erfolgte, lässt sich den Eintragungen in der Karteikarte zwar nicht klar entnehmen. Neben der Arbeitsunfähigkeit ist es (wohl) nur einmal zur Verabreichung von Medikamenten gekommen. Grundsätzlich ist allerdings anerkannt, dass der Versicherungsnehmer auch psychische Störungen, gegebenenfalls verbunden mit somatischen Nebenwirkungen, offenbaren muss (vgl. BGH VersR 2000, 1486 [BGH 20.09.2000 - IV ZR 203/99]: vasovegetative Migräne, vegetative Störungen, Labilität bei gleichzeitiger Verordnung von Psychopharmaka; NJW 1993, 596 [BGH 09.12.1992 - IV ZR 232/91]: reaktive Depression; VersR 1991, 575 [BGH 13.03.1991 - IV ZR 218/90]: krankhafte Depression mit häufigen Arztbesuchen und medikamentöser Behandlung; OLG Saarbrücken r+s 1999, 432: Depression mit psychiatrischer Gesprächsbehandlung; OLG Köln OLGR 1996, 175: psychische Beschwerden; OLG Bremen r+s 1992, 31: Angstneurose).

31

Allerdings besteht die Anzeigepflicht nur, soweit dem Kläger dem Grunde nach die Umstände seiner Beschwerden bekannt waren und er sie nicht als bloße Bagatellerkrankung ansehen durfte. Maßgebend ist, welche Kenntnis der Versicherungsnehmer von den erfragten Gesundheitsumständen, sei es infolge eigener Wahrnehmung, sei es infolge Vermittlung durch den Arzt, hatte (BGH VersR 1994, 711, 712). So kann es an der erforderlichen Kenntnis des Versicherungsnehmers von einem offenbarungspflichtigen Umstand fehlen, wenn der Arzt ihm nach der Untersuchung weder eine Diagnose mitteilt noch ein Medikament verordnet und ihm auch keine bestimmten Verhaltensregeln aufgibt (BGH r+s 1993, 392).

32

Aus der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme des Dr. S. vom 26. Januar 2005 ergibt sich zunächst, dass er die gestellten Diagnosen immer offen mit dem Kläger besprochen habe (Bl. 85 d.A.). Andererseits heißt es an einer anderen Stelle, der Kläger sei immer bei seiner Vermutung geblieben, es handele sich nur um körperliche Beschwerden. In einem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Dr. S. vom 5. September 2006 heißt es, die über 10 Jahre bestehenden Schmerzen hätten bei mehreren Untersuchungen und verschiedenen Untersuchern nie eindeutig körperliche Ursachen gezeigt (Bl. 188 d.A.). Der Kläger sei immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die wesentlichen Ergebnisse letztlich ohne krankhafte Befunde geblieben seien. Die Untersucher seien dessen ungeachtet vom Vorliegen einer möglichen Depression als Schmerzursache ausgegangen. Ein eindeutig diagnostischer Befund habe insoweit nie vorgelegen. Die Diagnose Depression habe dem Patienten nie nachvollziehbar erklärt werden können. Er habe deshalb davon ausgehen müssen, dass er ohne relevanten Befund war. Weiter hat der Sachverständige Dr. G. in seinem Gutachten ausgeführt, der Kläger sei hochgradig fixiert auf die körperlichen Beschwerden und selbst bei vorsichtiger, wohlwollender Erörterung völlig unzugänglich für eine psychosomatische Betrachtungsweise (Bl. 111 d.A.). An anderer Stelle heißt es, dem Krankheitsbild liege eine schwere depressive Störung zugrunde, deren emotionaler Gehalt und deren seelische Erlebensinhalte dem Betroffenen auf bewusstem Wahrnehmungsniveau nahezu völlig unzugänglich seien, was bedeute, dass der depressive Zustand sich auf symptomatischer Ebene fast ausschließlich in körperlichen oder körpernahen Beschwerden äußere (Bl. 115 d.A.).

33

Gleichwohl ist hier die erforderliche Kenntnis des Klägers gegeben. So ist zunächst anerkannt, dass durch die gestellte umfassende Frage nach Beschwerden, Störungen oder Krankheiten dem Betroffenen keine Diagnose abverlangt wird (BGH VersR 1994, 711). Hat der Versicherungsnehmer nur überhaupt Kenntnis von einer Gesundheitsstörung, so muss er diese anzeigen, ohne dass ihm eine Wertung abverlangt wird oder ihm diese auch nur zusteht und ohne dass es darauf ankommt, ob er der Überzeugung war, nicht "krank" zu sein (BGH VersR 1994, 1457 [BGH 26.10.1994 - IV ZR 151/93]). Die Besonderheit dieses Falles besteht nämlich darin, dass körperliche und seelische Beschwerden ineinander greifen, insbesondere die körperlichen Beschwerden überwiegend seelisch bedingt bzw. überlagert sind. So heißt es auch im Gutachten des Dr. G., die geklagten schmerzhaften Beschwerden in fast allen größeren Körperteilen seien nur zum Teil auf vorzeitig eingetretene degenerative Knochen- und Gelenkveränderungen zurückzuführen (Bl. 114 f.d.A.). Die degenerativen Veränderungen stellten nur den somatischen Ausgangspunkt des Beschwerdebildes dar, aus dem sich ein überwiegend psychogenes Krankheitsbild im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung entwickele.

34

Die körperlichen und die psychischen Beschwerden müssen mithin in ihrer Gesamtheit gesehen werden. Hier war es dem Kläger aber sehr wohl bewusst, dass er bereits vor dem Unfall 1998 und danach verstärkt unter erheblichen körperlichen Beschwerden litt, die ihn zu vielfachen Arztbesuchen veranlassten. Dieser Umstand und auch die Tatsache, dass die wesentlichen Untersuchungsergebnisse ohne krankhafte Befunde blieben, war dem Kläger aber bekannt und ist ihm immer wieder mitgeteilt worden (vgl. Schreiben Dr. S. vom 5. September 2006, Bl. 188 d.A.). Das hätte der Kläger der Beklagten mitteilen können und müssen, die dann gegebenenfalls nach von ihr eingeholtem ärztlichen Rat hätte entscheiden können, ob beim Kläger eine somatoforme Schmerzstörung mit psychischer Überlagerung vorliegt, die sie zur Ablehnung des Antrages berechtigt hätte. Ohne eine derartige Gesamtbetrachtung würde indessen ein einheitlicher Vorgang unzulässig zergliedert werden.

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2. Die verschwiegenen Umstände sind auch gefahrerheblich. Zwar können dem Versicherungsnehmer Erleichterungen in der Darlegungslast zuzubilligen sein, so dass bereits die pauschale Behauptung, der betreffende Umstand sei nicht gefahrerheblich genügt, während es dann Sache des Versicherers ist, substantiiert vorzutragen, von welchen Grundsätzen er sich bei der dem Vertragsschluss vorangehenden Risikoprüfung leiten lässt (BGH VersR 2000, 1486 [BGH 20.09.2000 - IV ZR 203/99]; 1984, 629) . Diese Vortragslast trifft den Versicherer aber nur dann, wenn die Gefahrerheblichkeit des verschwiegenen Umstandes nicht ohnehin auf der Hand liegt (BGH VersR 2000, 1486 [BGH 20.09.2000 - IV ZR 203/99]). So liegt es hier. Der Umstand, dass der Antragsteller sich seit vielen Jahren wegen multipler Beschwerden des Bewegungsapparates, verbunden mit diesen überlagernden psychischen Problemen, in ärztlicher Behandlung befand, ist für eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei einem Kraftfahrer, der Auslieferungsfahrten mit dem Tragen schwerer Gegenstände vornimmt, offenkundig gefahrerheblich.

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3. Die Kläger hat auch nicht den ihm obliegenden Beweis geführt, dass die Anzeige gem. § 16 Abs. 3 VVG ohne sein Verschulden unterblieben ist (zur Beweislast des Versicherungsnehmers für sein fehlendes Verschulden vgl. BGHZ 122, 388; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., §§ 16, 17 Rdnr. 74). Für das Vorliegen des Verschuldens genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (Römer/Langheid, a.a.O., Rdnr. 63). Hier wäre es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, die ihm bekannten Umstände hinsichtlich seiner Behandlung anzugeben, ohne dass er etwa selbst die Diagnose einer depressiven Angststörung hätte angeben müssen (zur Mitteilungspflicht des Versicherungsnehmers über die ihm bekannten Gesundheitsstörungen auch ohne Angabe einer Diagnose vgl. BGH VersR 1994, 711, 713). Soweit der Kläger sich darauf beruft, er könne nicht lesen und schreiben und sei der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, kann ihn dies nicht entlasten. Der Kläger lebt seit 1969 in Deutschland, ist mit einer Deutschen verheiratet, hat drei Kinder und inzwischen selbst die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Aus dem Gutachten des Sachverständigen G. ergibt sich, dass eine Verständigung mit ihm in deutscher Sprache problemlos möglich ist (Bl. 101 d.A.). Auch der Zeuge B., der den Kläger seit 30 Jahren kennt, hat angegeben, mit ihm habe es nie irgendwelche Verständigungsschwierigkeiten gegeben (Bl. 139 d.A.). Der Kläger war auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in der Lage, den Sachverhalt im Wesentlichen verständlich aus seiner Sicht in deutscher Sprache zu schildern.

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4. Die Leistungspflicht der Beklagten bleibt auch trotz Rücktritts nicht nach § 21 VVG bestehen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Umstand, in dessen Ansehung die Anzeigepflicht verletzt ist, keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat. Diesen Beweis der mangelnden Kausalität hat der insoweit beweisbelastete Kläger nicht führen können. Zu der Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente, die nach den hier vereinbarten Bedingungen zum Nachweis der Berufsunfähigkeit genügt (Bl. 49 d.A.), haben die chronifizierte somatoforme Schmerzstörung auf dem Boden einer schweren, chronifizierten Erkrankung, die Neigung zu erhöhter psychovegetativer Reagibilität sowie über das altersentsprechende Maß hinausgehende Abnutzungsschäden am Halte- und Bewegungsapparat geführt (Bl. 117 d.A.). Diese Beschwerden sind aber nicht erst nach Antragstellung eingetreten, sondern stehen in einer ununterbrochenen Linie zu den Störungen, die beim Kläger bereits vorher vorhanden waren, die ihn zu den zahlreichen Arztbesuchen veranlassten und die er auch gegenüber dem Gutachter G. im Einzelnen geschildert hat, wobei diese sich nach dem Unfall 1998 verstärkt haben. Auch nach dem Gutachten des Dr. G. liegt hier ein im Wesentlichen einheitlicher Krankheitsverlauf zugrunde, ohne dass hier nach der Antragstellung am 19. Mai 2000 eine Zäsur des Inhalts eingetreten wäre, dass die zuvor aufgetretenen Beschwerden mit den gesundheitlichen Störungen, die dieser nunmehr diagnostiziert hat und die zur Annahme der Erwerbsunfähigkeit führten, nichts zu tun hätten.

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Ohne Erfolg macht der Kläger demgegenüber geltend, zur Berufsunfähigkeit hätte nur seine psychische Erkrankung geführt, die vor der Antragstellung aber nicht ärztlich diagnostiziert worden sei. Maßgebend ist hier das dem Kläger einheitlich bekannte Beschwerdebild umfangreicher körperlicher Beschwerden ohne nachweisbaren (gravierenden) körperlichen Befund, welches sich auch nach Antragstellung fortgesetzt und dann zur Berufsunfähigkeit geführt hat.I. Ü. hat der Kläger auch in seinem Antrag auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung als aktuelle Erkrankungen nicht nur Depression, sondern auch Schulter-Arm-Schmerz, Bandscheibenschmerzen, Knieschmerzen, Kopfschmerzen und Tinnitus angegeben.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.