Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 07.03.2007, Az.: 3 U 262/06
Pflichten im Zusammenhang mit der Einholung einer Kostendeckungszusage nach Mandatsübernahme; Anspruch auf Schadensersatz bzw. Freistellung wegen positiver Vertragsverletzung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages; Pflicht eines Rechtsanwalts zur eigenständigen Ermittlung des zuständigen Versicherungsunternehmens; Aufgabe des Mandanten zur Übergabe der Informationen über die im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls in Betracht kommende Rechtsschutzversicherung; Bestehen einer anwaltlichen Pflichtverletzung bei Vorliegen einer unzureichenden Risikoaufklärung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 07.03.2007
- Aktenzeichen
- 3 U 262/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 30671
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2007:0307.3U262.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 18.10.2006 - AZ: 7 O 416/05
Rechtsgrundlagen
- § 280 Abs. 1 BGB
- § 611 BGB
- § 675 BGB
Fundstellen
- BRAK-Mitt 2007, 199 (amtl. Leitsatz mit Anm.)
- DB 2007, 1698 (amtl. Leitsatz)
- OLGReport Gerichtsort 2007, 388-392
- VRR 2007, 242 (amtl. Leitsatz)
- VuR 2007, 279 (amtl. Leitsatz)
- ZAP EN-Nr. 698/2007
Amtlicher Leitsatz
Es ist Aufgabe des Mandanten, dem Rechtsanwalt ausreichende Informationen über die im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls in Betracht kommende Rechtsschutzversicherung zur Verfügung zu stellen; den Rechtsanwalt trifft insoweit keine Pflicht zur eigenständigen Ermittlung des zuständigen Versicherungsunternehmens.
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richterin am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Oktober 2006 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden (7 O 416/05) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten wegen Verletzung anwaltlicher Vertragspflichten in Anspruch.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks W.Straße in der Gemarkung W., das er im Jahr 2002 im Wege der Zwangsversteigerung erworben hatte. Zu diesem Grundstück gehört u. a. das Flurstück A. Die Flurstücke A und B - letzteres steht im Eigentum eines Herrn W. und einer Frau M. - waren zuvor Teile eines einheitlichen Grundstücks und sind mit einem Gebäude bebaut, das zuletzt als Alten und Pflegeheim genutzt wurde. Ein Seitenflügel (Anbau) des Gebäudes befindet sich zu ca. 50 % auf dem Flurstück A, das restliche Gebäude auf dem daneben liegenden Flurstück B. Der Kläger beauftragte den Beklagten damit, seine Eigentumsrechte wegen des vorhandenen Überbaus gegenüber dem Nachbarn zu wahren. In diesem Zusammenhang reichte der Beklagte u. a. unter dem 1. April 2004 eine Klage gegen die Grundstücksnachbarn ein, mit der er zugunsten des Klägers Feststellung begehrte, dass der auf dem Flurstück A der Flur aa der Gemarkung W. in der Gemeinde E. befindliche Gebäudeteil im Eigentum des Klägers stehe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ebenfalls beim Landgericht Verden geführte Beiakte (Az. 7 O 160/04) Bezug genommen. In diesem Rechtsstreit unterlag der Kläger. Wegen der in diesem Verfahren entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 6.700,33 EUR nimmt er nunmehr den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, was er hauptsächlich damit begründet, dieser habe eine bestehende Rechtsschutzversicherung bei der X. Versicherung, die andernfalls für die Prozesskosten eingetreten wäre, nicht rechtzeitig informiert. In zweiter Linie stützt er einen Schadensersatzanspruch darauf, dass der Beklagte ihn nicht zutreffend über das Prozessrisiko aufgeklärt habe.
Im Zeitpunkt der Mandatserteilung war der Kläger bei der Y. RechtsschutzVersicherung AG (im Folgenden Y.) versichert. Die Daten dieser Rechtsschutzversicherung gab er dem Beklagten bei Erteilung des Mandats bekannt. Der Beklagte wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 22. Januar 2004 mit der Bitte um Gewährung von Versicherungsschutz an die Y. (Anlage 1.1 zur Klagerwiderung vom 22. November 2005, Bl. 59 GA I), die eine Kostendeckungszusage jedoch mit Schreiben vom 29. Januar 2004 unter Hinweis darauf ablehnte, dass die selbst genutzte Wohneinheit des Versicherungsnehmers unter der Anschrift W.Straße erst seit 1. Februar 2003 versichert sei und die in Rede stehenden Rechtsverstöße bereits vor Versicherungsbeginn gelegen hätten (Anlage zur Klagschrift, Bl. 12 GA I). In dem Schreiben heißt es weiter, die Versicherung stelle anheim, die Angelegenheit gegebenenfalls dem Vorversicherer zu melden. Mit Schreiben vom 16. Februar 2004 setzte der Beklagte den Kläger von dem Inhalt des vorbezeichneten Schreibens der Versicherung in Kenntnis und teilte mit, dass - sofern das Grundeigentum nicht bereits vor dem 8. August 2002 (dem Zeitpunkt des Zuschlagsbeschlusses) - versichert gewesen sei, kein Rechtsschutz geltend gemacht werden könne. Er bat den Kläger ferner um Überprüfung seiner Versicherungsunterlagen verbunden mit der weiteren Bitte, seinen Versicherungsschein hereinzureichen, damit die Angelegenheit überprüft werden könne. Des Weiteren sollte der Kläger mitteilen, ob die Klage gleichwohl eingereicht werden solle, wenn er anhand seiner Versicherungsunterlagen feststellen würde, dass kein Versicherungsschutz bestehe (Anlage 1.4 zur Klageerwiderung, Bl. 62 f GA I). Mit Schreiben vom 24. Februar 2004 trat der Beklagte wieder an die Y. heran, die die Anfrage nach Versicherungsschutz mit Schreiben vom 2. März 2004 erneut ablehnte (Anlagen 5 und 6 zur Klagschrift, Bl. 13, 14 GA I). Der Beklagte forderte daraufhin den Kläger unter dem 1. April 2004 zur Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses sowie von Anwaltskosten auf, was dieser im Folgenden tat.
Nach Erlass des klageabweisenden Urteils des Landgerichts Verden im Oktober 2004 (Anlage 2 zur Klagschrift, Bl. 10 GA I) suchte der Kläger den Beklagten erneut auf und bat ihn darum, bei der Vorversicherung gegebenenfalls rückwirkend Versicherungsschutz einzuholen. Wann dieses Gespräch im Einzelnen stattgefunden hat und wann der Kläger dem Beklagten insoweit Unterlagen der Y. einreichte, aus denen sich auch eine VersicherungsvertragsNummer der X. Versicherung (im Folgenden nur X.) ergab, ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig. Jedenfalls existierte ein Versicherungsschein der X. zu diesem Zeitpunkt bei dem Kläger nicht mehr und kann auch bis heute nicht vorgelegt werden. Mit Schreiben vom 18. April 2005 schrieb der Beklagte die X. mit der Bitte um Gewährung von Rechtsschutz an. Diese lehnte die Übernahme von Kosten jedoch mit Schreiben vom 20. April 2005 mit der Begründung ab, der Schadensfall sei zu spät gemeldet worden, denn die Rechtsschutzversicherung sei mit Wirkung vom 13. Februar 2003 aufgehoben worden, sodass nunmehr nach Ablauf von mehr als zwei Jahren kein Versicherungsschutz mehr bestehe. Wegen des Inhalts wird auf das Schreiben vom 20. April 2005, Bl. 19 GA I, Bezug genommen. Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 und 30. September 2005 teilte die X. weiter mit, der Kläger sei nach § 29 ARB 1975 als Eigentümer des Anwesens W.Straße in E. in der Zeit zwischen dem 13. Februar 1992 und dem 13. Februar 2003 versichert gewesen; es habe nach ihren Unterlagen Rechtsschutz für das selbstbewohnte Objekt bestanden. Auf Bl. 86, 87 GA I wird Bezug genommen.
Der Kläger hat behauptet, nach Erlass des klageabweisenden Urteils im Oktober 2004 habe es einen weiteren persönlichen Besprechungstermin zwischen den Parteien und seiner Lebensgefährtin gegeben, bei dem auch die Frage der entstandenen Kosten und die Ablehnung des Rechtsschutzes durch die Y. erneut zur Sprache gekommen seien. Der Kläger habe den Beklagten aus diesem Anlass nochmals auf das Bestehen einer Vorversicherung bei der X. Versicherung hingewiesen und ihm anlässlich dieses Termins den Rechtsschutzversicherungsantrag an die Y. in Fotokopie überreicht, auf dem die bestehende Vorversicherung einschließlich Versicherungsnummer - unstreitig - erwähnt wird. Des Weiteren habe er dem Beklagten bei diesem Termin in Erinnerung gerufen, dass seiner Sozietät bereits im Jahre 2002 ein Mandat betreffend das Grundstückseigentum W.Straße erteilt worden sei, in dem auch Korrespondenz mit der X. Versicherung geführt worden sei. Die X. Versicherung hatte - insoweit unstreitig - seinerzeit eine Übernahme der Verfahrenskosten lediglich mit der Begründung abgelehnt, dass der ehemalige Rechtsstreit eine vermietete Wohneinheit betraf. Wegen des Inhalts des Schreibens der X. Versicherung vom 14. Februar 2002 wird auf Bl. 18 GA I Bezug genommen. Der Beklagte habe dem Kläger zugesichert, sich kurzfristig mit der X. Versicherung wegen der Übernahme der entstandenen Kosten in Verbindung zu setzen. Bei einem weiteren Besprechungstermin, der unstreitig im Februar 2005 stattgefunden hat, habe der Beklagte dies erneut zugesichert. Der Kläger hat insoweit die Auffassung vertreten, die X. Versicherung hätte, wenn ihr der Versicherungsfall nur rechtzeitig gemeldet worden wäre, die Kosten (auch noch nachträglich) übernommen. Er hat weiter behauptet, für das (gesamte) Grundstück habe Versicherungsschutz bestanden. Ferner habe ihn der Beklagte nicht über die Aussichtslosigkeit des gerichtlichen Verfahrens aufgeklärt.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, die Korrespondenz mit der Rechtsschutzversicherung sei von dem eigentlichen Mandat nicht umfasst gewesen; ein gesondertes Mandat sei - insoweit unstreitig - nicht erteilt worden. Er hat bestritten, dass in Bezug auf das in Rede stehende Grundstück eine umfassende Vorversicherung bestanden habe. Derartiges sei für ihn jedenfalls nicht zu erkennen gewesen, da ihm Versicherungsunterlagen - ebenfalls unstreitig - nicht vorgelegen hätten. Dies habe ihm - so hat er gemeint - auch nicht bekannt sein müssen. Aus dem Schreiben der X. Versicherung vom 14. Februar 2002 gehe zudem im Gegenteil ausdrücklich hervor, dass der Kläger von der Möglichkeit, den Rechtsschutz für Grundstückseigentum, Miete und Pacht auch für das gewerblich oder beruflich genutzte Grundstück oder für die Geschäftsräume zu vereinbaren, keinen Gebrauch gemacht habe, weshalb nicht nachzuvollziehen sei, auf welche Rechtsschutzversicherung der Kläger sich überhaupt berufen wolle. Die Klage sei auf ausdrückliches Ersuchen des Klägers auch ohne Kostendeckungszusage der Rechtschutzversicherung eingereicht worden. Insoweit wird auf das Schreiben vom 8. März 2004 (Anlage 1.7 zur Klageerwiderung, Bl. 67 GA I) Bezug genommen, in dem es heißt, die Rechtsschutzversicherung habe die Kostendeckung wiederum abgelehnt; es werde nunmehr, wie besprochen, auch ohne Kostendeckungszusage Klage eingereicht werden. Bei der Besprechung Ende des Jahres 2004 habe er den Kläger darüber aufgeklärt, dass überhaupt nicht klar sei, welche Vorversicherung überhaupt einschlägig sei und ob das Risiko "Grundstückseigentum und Miete" in der Vorversicherung mitversichert worden wäre. Der Kläger habe daraufhin erklärt, er werde seine Unterlagen nach den Altversicherungsverträgen durchsehen und den passenden Versicherungsschein einreichen; er habe aber erst Anfang April 2005 ein RechtsschutzUnterlagenkonvolut eingereicht, das sich wiederum ausschließlich auf die Y. bezogen habe. Der Kläger habe erst zu diesem Zeitpunkt darum gebeten, ein kurzes Schreiben an die X. Versicherung zu richten, bei dem einfach die VersicherungsscheinNummer habe angegeben werden sollen, um zu sehen, ob Versicherungsschutz bestehe oder nicht. Der Beklagte hat bestritten, schon zu einem früheren Zeitpunkt erklärt zu haben, er werde sich mit der X. Versicherung in Verbindung setzen.
Über die Risiken des Rechtsstreits habe er den Kläger ausreichend aufgeklärt. Er habe ihn mehrfach mündlich als auch schriftlich unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Risiken der Klageerhebung hingewiesen. Insoweit nimmt er auf die Schriftsätze vom 3. August 2000 und 24. September 2003 (Anlagen 1 und 2 zum Schriftsatz vom 19. Mai 2006, Bl. 115 - 118 GA I) Bezug. Diese Schriftsätze seien insbesondere Anfang des Jahres 2004 noch einmal eingehend mündlich erörtert worden, als sich das Scheitern der mit der damaligen Gegenseite geführten außergerichtlichen Vergleichsvershandlungen abgezeichnet habe. Er habe den Kläger immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof einen - im Hinblick auf den von ihnen vertretenen - gegenteiligen Standpunkt einnehme.
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen M. H. und der Zeugin N. die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz aus einer Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages gemäß § 280 BGB zu. Der Beklagte habe keine Pflichtverletzung begangen, aus der dem Kläger ein Schaden entstanden sein könnte. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass die X. keinen Rechtsschutz für das Verfahren 7 O 160/04 vor dem Landgericht Verden bewilligt hätte. Der Zeuge H. habe ausgesagt, dass nach Abschluss des Gerichtsverfahrens ohnehin kein Versicherungsschutz mehr gewährt worden wäre, sodass eine verzögerte Kontaktaufnahme mit der X. Versicherung nach Erlass des Urteils im Oktober 2004 nicht mehr kausal für den eingetretenen Schaden geworden sei. Soweit der Kläger anführe, der Beklagte habe bereits vor Durchführung des Rechtsstreits um Rechtsschutz bei der X. Versicherung nachsuchen müssen, stehe dies im Widerspruch zu seinem offensichtlichen Verhalten gegenüber dem Beklagten. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger den Originalversicherungsvertrag mit der X. Versicherung nicht habe vorlegen können und er dem Beklagten nur Unterlagen der Y. übergeben habe, die ohne konkrete Bezeichnung die Inanspruchnahme des Vorversicherers anheim gestellt hätten. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil der Beklagte ihn nicht davon abgehalten habe, das Klageverfahren durchzuführen. Denn zum einen habe der Beklagte den Kläger sehr wohl auf ein etwaiges Unterliegen in den Rechtsstreit hingewiesen, was sich aus dem Schreiben vom 3. August 2000 und 24. September 2003 ergebe. Darüber hinaus sei die Klage nicht offensichtlich erfolglos gewesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und meint, das Landgericht habe übersehen, dass die Obliegenheit, bei der X. Versicherung vor Einreichung der Klage Kostenschutz einzuholen, nicht vom Kläger, sondern vom Beklagten schuldhaft verletzt worden sei. Er habe bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandats im Rahmen einer Nebenpflicht die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung sorgfältig zu prüfen gehabt. Der Beklagte habe jedoch rechtsirrig angenommen, nicht die Vorversicherung, sondern die Y. wäre eintrittspflichtig gewesen. Zudem habe es der Beklagte schuldhaft unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens die nachträgliche Einholung einer Deckungszusage des Vorversicherers nicht mehr möglich gewesen wäre. Darüber hinaus führe gemäß § 15 Abs. 2 ARB 75 nicht jede Obliegenheitsverletzung zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers. Das Gericht habe versäumt festzustellen, ob die X. tatsächlich von der Versicherungsleistung frei gewesen wäre, hätte sich der Beklagte im Oktober 2004 mit ihr in Verbindung gesetzt.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils erster Instanz zu verurteilen, an den Kläger 6.700,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2005 zu zahlen;
- 2.
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils erster Instanz zu verurteilen, den Kläger wegen nicht anrechenbarer außergerichtlicher Anwaltsgebühren seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 305,95 EUR freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz bzw. Freistellung gegen den Beklagten wegen positiver Vertragsverletzung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages (§§ 611, 675 BGB) bzw. aus § 280 Abs. 1 BGB n. F. nicht zu.
Ihm ist weder im Zusammenhang mit der unterbliebenen Einholung einer Kostenzusage der X. noch im Hinblick auf die Beratung in der Sache eine Pflichtverletzung vorzuwerfen.
1.
In Anbetracht des Umstands, dass der Kläger anlässlich der Mandatserteilung dem Beklagten Unterlagen über seine bei der Y. bestehende Rechtsschutzversicherung einreichte, ist zwar davon auszugehen, dass er eine Klage zunächst von der Erteilung einer vorherigen Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung abhängig machen wollte. Allerdings hat er sich später mit der Einreichung der Klage auch ohne eine solche Kostenübernahme einverstanden erklärt und den von dem Beklagten geforderten Vorschuss bezahlt. Dies geht auch aus dem Schreiben des Beklagten vom 8. März 2004 (Anlage 1.7 zur Klageerwiderung, Bl. 67 GA I) hervor.
a)
Bei der gegebenen Ausgangslage dürfte der Beklagte zunächst dazu verpflichtet gewesen sein, bei der Rechtsschutzversicherung des Klägers um Kostendeckung nachzusuchen. Allerdings darf hierbei nicht außer Betracht gelassen werden, dass es Vertragspflicht des Mandanten ist, seinen Rechtsanwalt wahrheitsgemäß und vollständig zu unterrichten und ihm die für die Durchführung des Mandats notwendigen Informationen zu erteilen. Soll eine Rechtsschutzversicherung in Anspruch genommen werden, ist es erst einmal die Pflicht des Mandanten, von sich aus alle Umstände tatsächlicher Art mitzuteilen, aus denen sich Art und Umfang des Versicherungsschutzes ergeben. Vorliegend hat der Kläger dem Beklagten unstreitig nur Unterlagen der Y. zur Verfügung gestellt, aus denen der Beklagte nicht ohne weiteres entnehmen konnte, dass stattdessen im Hinblick auf die in Aussicht genommene Auseinandersetzung über den Umfang des dem Kläger zustehenden Eigentumsrechts (möglicherweise) Rechtsschutz bei der X. bestand. Unterlagen der X. hatte der Beklagte offenbar auch gar nicht im Besitz. Einen Versicherungsschein gab es jedenfalls unstreitig nicht. Der einzige Hinweis auf die X. Versicherung findet sich im Antrag auf Abschluss der Rechtsschutzversicherung bei der Y., in dem die Versicherungsnummer der Vorversicherung bei der X. aufgenommen ist. Diesen Versicherungsantrag hat der Kläger dem Beklagten aber auch nach seinem eigenen Vortrag erst nach Verlust des Rechtsstreits im Verfahren 7 O 160/04 vor dem Landgericht Verden im Herbst 2004 überlassen, sodass der Beklagte bei Mandatsübernahme hiervon gerade keine Kenntnis haben konnte. Allein der Umstand, dass die Y. mit dem die Kostendeckung ablehnenden Schreiben vom 29. Januar 2004 die Inanspruchnahme des Vorversicherers anheim gestellt hat, ohne einen solchen namentlich zu bezeichnen, enthielt für den Beklagten keine ausreichenden Anhaltspunkte, sich nunmehr an die X. Versicherung zu wenden.
Nachdem der Beklagte den Kläger über den Inhalt des ablehnenden Schreibens der Y. Mitte Februar 2004 in Kenntnis gesetzt und um Überprüfung der Versicherungsunterlagen gebeten hatte, wäre es vielmehr Aufgabe des Klägers gewesen, zunächst anhand seiner Unterlagen zu klären, ob gegebenenfalls bei einer anderen Versicherung Versicherungsschutz bestand, den Beklagten über das Ergebnis seiner Suche zu informieren und ihn gegebenenfalls darum zu bitten, bei der X. Versicherung nachzufragen. Ein Rechtsanwalt kann von seinem Mandanten erwarten, dass dieser weiß, ob und wo er eine Rechtsschutzversicherung unterhält oder unterhalten hat. Es ist nicht seine Aufgabe, ohne konkrete Hinweise seinerseits Nachforschungen anzustellen.
b)
Es kommt insoweit auch nicht darauf an, ob der Beklagte wegen der Korrespondenz im Rahmen eines anderen im Auftrag des Klägers bearbeiteten Mandats zwei Jahre zuvor im Grundsatz Kenntnis von der X. als Vorversicherin des Klägers hätte haben und dort ggf. hätte Nachfrage halten können. Denn es würde eine Überspannung der anwaltlichen Pflichten bedeuten, wollte man von ihm verlangen, ungeachtet der ihm von seinem Mandanten erteilten Informationen bei der Übernahme eines Mandats zunächst alle abgeschlossenen Akten durchzugehen, um dort nach weitergehenden oder abweichenden Hinweisen auf eine möglicherweise bestehende Rechtsschutzversicherung zu suchen.
Der Kläger war daher vor Einreichung der Klage im Verfahren 7 O 160/04 (Landgericht Verden) nicht verpflichtet, um eine Kostendeckungszusage bei der X. Versicherung nachzusuchen.
c)
Aber auch nach Abschluss des Vorprozesses kann ihm insoweit nicht vorgeworfen werden, die X. nicht noch im Jahr 2004 bzw. vor Ablauf ihrer (etwaigen) Einstandspflicht im Februar 2005 von dem Versicherungsfall unterrichtet und nachträglich Kostendeckung beantragt zu haben. Jedenfalls steht die Kausalität einer solchen Pflichtverletzung nicht fest.
aa)
Gibt es nicht einmal einen konkreten Hinweis auf einen bestimmten Vorversicherer bzw. den Umfang des Versicherungsvertrags, dürfte schon fraglich sein, ob der Rechtsanwalt seinen Mandanten über etwaige Ausschlusspflichten aufklären muss. Eine Pflichtverletzung des Klägers erscheint überdies vor dem Hintergrund zweifelhaft, dass die Ausschlussfrist von zwei Jahren nicht zwingend ist und es vielmehr darauf ankommt, welche Allgemeinen Versicherungsbedingungen im Verhältnis zwischen dem Kläger und der X. vereinbart waren. Es besteht kein Anhalt dafür, dass der Beklagte wusste oder hätte wissen können, dass dem Versicherungsvertrag mit der X. die ARB 75 (und damit die darin enthaltene Ausschlussfrist) zugrunde gelegen haben. Auch insoweit dürfte es zunächst Aufgabe des Klägers gewesen sein, die notwendigen Informationen - insbesondere den Versicherungsschein - beizubringen bzw. mitzuteilen, welche ARB einem Versicherungsvertrag zugrunde liegen. Es kann nicht Sache des Rechtsanwalts sein, den Mandanten rein vorsorglich über die verschiedenen denkbaren Ausschlussfristen aufzuklären.
bb)
Das Landgericht hat, gestützt auf die Aussage des Zeugen H., die Überzeugung gewonnen, dass die X. nach Abschluss des Verfahrens 7 O 160/04 ohnehin nachträglich keine Kostenzusage mehr erteilt hätte. Der Zeuge H. hat in diesem Zusammenhang bekundet, unabhängig von der zu späten Meldung des Versicherungsfalls, hätte eine Deckungszusage schon deswegen nicht erteilt werden können, weil die X. für bereits abgeschlossene Gerichtsverfahren im Nachhinein grundsätzlich keinen Versicherungsschutz gewähre. Dies habe seine Ursache in einer Fülle von Obliegenheitsverletzungen, die bis dahin erfolgt seien, sodass grundsätzlich Deckungszusagen nur für ausstehende Rechtsstreitigkeiten erteilt würden, soweit sie erfolgversprechend seien (vgl. hierzu Bl. 158 GA I). Nach der Aussage des Zeugen ist daher davon auszugehen, dass die X. im Oktober 2004 keine Deckungszusage mehr erteilt hätte. Eine etwaige Pflichtverletzung des Beklagten, der nach der Behauptung des Klägers nach dem Verlust des Rechtsstreits im Oktober 2004 über die Vorversicherung bei der X. informiert worden sein soll, könnte hier jedoch nur in dem Unterlassen der unverzüglichen Meldung des Versicherungsfalls bei der Versicherung vor dem Hintergrund, dass die Folgeversicherung immerhin seit Frühjahr 2003 bestand und eine Eintrittspflicht möglicherweise nicht unbegrenzt bestand, liegen. Selbst wenn man daher eine Pflichtverletzung unterstellt, wäre sie danach - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht kausal geworden.
cc)
Soweit der Kläger nunmehr die Rechtsauffassung vertritt, der Beklagte habe ihn (offenbar im Vorfeld) darauf hinweisen müssen, dass nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens die nachträgliche Einholung einer Deckungszusage des Vorversicherers nicht mehr möglich war, steht dem ebenfalls entgegen, dass er den Beklagten erst nach Beendigung des Rechtsstreits darum gebeten hat, sich mit der X. in Verbindung zu setzen und es zuvor konkrete Hinweise auf einen bei der X. bestehenden Versicherungsschutz nicht gegeben hat. Anderenfalls hätte es auch nahegelegen, die X. sofort von dem beabsichtigten Prozess zu informieren.
dd)
Auch soweit der Kläger meint, das Landgericht habe es versäumt, sich mit der Aussage des Zeugen H., wonach ohnehin kein Versicherungsschutz mehr gewährt worden wäre, kritisch auseinander zu setzen, weil gemäß § 15 Abs. 2 ARB 75 nicht jede Obliegenheitsverletzung zwangsweise zur Leistungsfreiheit des Versicherers führe, kann er damit im Ergebnis nicht durchdringen. Gemäß § 15 Abs. 1 lit. d, cc, lit. e ARB 1975 hat der Versicherungsnehmer der Versicherung - soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden - insbesondere die Erhebung von Klagen anzuzeigen und mit dem Versicherer abzustimmen sowie dem Versicherer unverzüglich alle ihm zugegangenen Kostenrechnungen von Rechtsanwälten, Sachverständigen und Gerichten vorzulegen. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der in Abs. 1 genannten Obliegenheiten, wird der Versicherer gemäß § 15 Abs. 2 ARB 1975 von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Auch bei grob fahrlässiger Verletzung bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung Einfluss weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistungen gehabt hat. Der Einwand des Klägers ist daher insofern berechtigt, als hiernach sogar bei grob fahrlässiger Verletzung der vorstehend bezeichneten Obliegenheiten der Versicherer zur Leistung verpflichtet bleibt, wenn sich die Obliegenheitsverletzung nicht ausgewirkt hat. Es kann jedoch an dieser Stelle dahinstehen, ob die Versicherung bei rechtzeitiger Meldung des Versicherungsfalls zur Leistung verpflichtet gewesen wäre, weil zum einen ein versichertes Risiko eingetreten ist und zum anderen die beabsichtigte Klage auch erfolgversprechend gewesen wäre (vgl. insoweit §§ 14, 17 ARB 1975). Denn nach der Aussage des Zeugen H. ist davon auszugehen, dass die X. Versicherung ihre Leistungspflicht gleichwohl erst einmal verneint hätte, weil dies offenbar ihrer Geschäftspolitik entsprach.
Anhaltspunkte dafür, wie der Kläger - beraten durch den Beklagten - reagiert hätte, wenn eine entsprechende Ablehnung durch die X. Versicherung erfolgt wäre, gibt es nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, ob sich der Kläger auf eine gegebenenfalls gerichtlich zu führende Auseinandersetzung mit der X. Versicherung über die nachträgliche Übernahme der Prozesskosten eingelassen hätte.
ee)
Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Kläger durch die Aussage der Zeugin N. bewiesen hat, dass der Beklagte jedenfalls in der Zeit zwischen Oktober und Weihnachten 2004 über das Bestehen der X. Versicherung in Kenntnis gesetzt worden ist.
d)
Vor diesem Hintergrund ist es schließlich ohne Bedeutung, dass der Beklagte - wie der Kläger behauptet - von einer Einstandspflicht (nur) der Y. ausgegangen sein soll. Davon abgesehen ist dieser von dem Beklagten bestrittene und vom Kläger nicht unter Beweis gestellte Vortrag auch schwer nachzuvollziehen. In Anbetracht des Umstandes, dass dem Beklagten von dem Kläger Informationen nur im Hinblick auf die Y. Versicherung zur Verfügung gestellt worden sind, ist es vielmehr durchaus plausibel, dass er im Interesse seines Mandanten gleichwohl versucht hat, einen Versicherungsfall zu konstruieren, für den die Y. einstandspflichtig gewesen wäre.
Die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 15. Februar 2007 geben keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Zwar hat sich der Beklagte - auch nach der Absage - darum bemüht, doch noch eine Kostenzusage der Y. Versicherung zu erlangen und hat den Kläger möglicherweise auch auf einen nach dem Prozess zu führenden Rechtsstreit gegen die Versicherung verwiesen. Aus seiner damaligen Sicht war dies jedoch die einzige Möglichkeit, überhaupt die Eintrittspflicht einer Versicherung zu erzwingen. Dass er im Vorprozess gegenüber der Y. insoweit eine zugunsten seines Mandanten sprechende Rechtsauffassung vertreten hat, dürfte nahe liegen (s.o.), solange er keine konkreten Anhaltspunkte für die Eintrittspflicht einer anderen Versicherung hatte. Wie ausgeführt, gab es zu diesem Zeitpunkt solche gerade nicht - insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger den Beklagten etwa auf dessen Schreiben vom 16. Februar 2004 hin auf die X. hingewiesen hat.
Soweit der Kläger nunmehr behauptet, der Beklagte habe vor Durchführung des Prozesses stets erklärt, der Vorversicherer sei in keinem Fall eintrittspflichtig, ist dieser von dem Beklagten bestrittene Vortrag gem. §§ 529, 531 ZPO unbeachtlich und darüber hinaus auch nicht belegt.
2.
Der Kläger kann auch mit seiner Hilfsbegründung nicht durchdringen, denn im Zusammenhang mit dem unter dem Aktenzeichen 7 O 160/04 vor dem Landgericht Verden geführten Vorprozess ist dem Beklagten eine Pflichtverletzung - insbesondere im Hinblick auf eine unzureichende Risikoaufklärung - im Ergebnis nicht vorzuwerfen.
a)
Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, seinen Auftraggeber über die Notwendigkeiten, Aussichten und Gefahren des Rechtsstreits ins Bild zu setzen, soweit der Auftraggeber zur eigenen Beurteilung nicht in der Lage ist (Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl., Kapitel IV, Rn. 92 m. w. N.). Fehleinschätzungen des Mandanten muss er vermeiden. Der Anwalt genügt seiner Beratungspflicht nicht schon, wenn er dem Mandanten seine, wenn auch in vertretbarer Weise gebildete und nachvollziehbare Meinung über die Rechtslage mitteilt, sondern erst dann, wenn er ihn umfassend informiert. Die Risiken und Chancen einer streitigen Verteidigung seines Rechts muss der Mandant danach selbst einschätzen und abwägen können (Borgmann/Jungk/Grams, a. a. O.). Die Art der Belehrung richtet sich dabei zum einen nach dem Begriffsvermögen des Mandanten und zum anderen nach dem Grad der Erfolgsaussichten bzw. der Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits. Von völlig aussichtslosen Verfahren muss der Rechtsanwalt abraten (Borgmann/Jungk/Grams, a. a. O., Rn. 93). Das Erfordernis einer objektiven und deutlichen Belehrung bedeutet jedoch nicht, dass jede Unsicherheit und jede abweichende Rechtsanschauung Anlass sein müsste, dem Mandanten von einem Prozess abzuraten (Borgmann/Jungk/Grams, a. a. O., Rn. 95). Selbst bei nur geringen Erfolgsaussichten ist in der Prozessführung keine anwaltliche Pflichtverletzung zu sehen, wenn der Mandant ausführlich genug belehrt wurde und zu dem Vorgehen sein Einverständnis gegeben hat (Borgmann/Jungk/Grams, a. a. O., Rn. 96).
Der Beklagte hätte dem Kläger daher nur dann von der Erhebung der Klage abraten müssen, wenn er bei pflichtgemäßer Rechtsprüfung hätte erkennen müssen, dass der Klage von vornherein kein Erfolg beschieden sein konnte. Hiervon ist indessen - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht auszugehen. Hängt ein Prozesserfolg von einer richterlichen Auslegung ab, ist der Prozess nicht von vornherein als aussichtslos anzusehen (Bormann/Jungk/Grams, a. a. O., Rn. 95 mit Hinweis auf BGH NJW 1996, 2648).
b)
Der Kläger hat im Zwangsversteigerungsverfahren einen Teil des vormals im Eigentum eines Herrn H.A. B. befindlichen Grundbesitzes ersteigert, und zwar in der Gemeinde E., Gemarkung W., Flur aa, Flurstücke C, D und A. Das Flurstück B gehört den Prozessgegnern des Klägers im Verfahren 7 O 160/04. Auf diesem ursprünglich im Gesamteigentum von Herrn B. stehenden Grundbesitz befindet sich auf dem Flurstück B ein zunächst als Schule und dann als Alten und Pflegeheim genutztes Gebäude, das im Jahr 1981/1982 erweitert worden war. Ein Teil dieses Erweiterungsbaues liegt auf dem Flurstück A.
(1)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt in Fällen des sog. Eigengrenzüberbaus Folgendes: Überschreitet der Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke mit dem Bau auf einem dieser Grundstücke die Grenze des anderen, so wird der hinübergebaute Gebäudeteil nicht Bestandteil des überbauten Grundstücks, sondern das Gebäude bildet, einen wesentlichen Bestandteil desjenigen Grundstücks, von dem aus überbaut worden ist.
Dasselbe gilt für den Fall der Teilung eines Grundstücks in der Weise, dass ein aufstehendes Gebäude von der Grenze der beiden neu gebildeten Grundstücke durchschnitten wird. Gelangen diese Grundstücke in das Eigentum verschiedener Personen, so ist das Eigentum an dem Gebäude als Ganzem, wenn sich der nach Umfang, Lage und wirtschaftlicher Bedeutung eindeutig maßgebende Teil auf einem dieser Grundstücke befindet, mit dem Eigentum an diesem Grundstück verbunden.
Nur wenn die Grenzziehung zu einer Trennung des Gebäudes in zwei wirtschaftlich selbständige Einheiten führt, kann jeder Gebäudeteil dem Grundstück zugeordnet werden, auf dem er steht. Ragt in einem solchen Fall ein Teil des einen Gebäudes in das Nachbargrundstück hinein, so findet auf diesen hineinragenden Teil § 93 BGB Anwendung. Nach dem darin zum Ausdruck gekommenen Gedanken, wirtschaftliche Werte möglichst zu erhalten, werden Räume, die von ihrer Größe, Lage, baulichen Eigenart und wirtschaftlichen Nutzung her einem (selbständigen) Gebäudeteil zugehörig sind, auch eigentumsrechtlich diesem Gebäudeteil zugeordnet, sind also mit dem Eigentum an dem Grundstück verbunden, auf dem sich der maßgebende Teil des Raumes befindet (vgl. zum Ganzen: BGH, Urteil vom 10. Oktober 2003 - V ZR 96/03, abgedruckt u. a. in ZfIR, 2004, 104 ff., hier zitiert nach juris Rn. 10, 11; BGHZ 110, 299 [BGH 23.02.1990 - V ZR 231/88] ff.; BGHZ 64, 333 ff.).
(2)
Auch wenn der auf dem Grundstück des Klägers liegende Gebäudeteil nur ein Teil eines Anbaus des ursprünglich errichteten Gebäudes ist, erscheint es auch im Hinblick auf die vorstehend dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze nicht von vornherein unvertretbar, anzunehmen, dass insoweit eine Eigentumsspaltung hätte in Betracht kommen können.
Der Kläger hatte vorprozessual - durch den Beklagten - die Auffassung vertreten, es sei kein Stammgrundstück erkennbar, zu dem das Gebäude nach Absicht und Interesse des Erbauers gehören sollte, sodass in Bezug auf die verschiedenen Gebäudeteile eine Eigentumsspaltung eingetreten sei. Entsprechendes findet sich in der Klageschrift.
(a)
Die Bestandteilszuordnung eines Grenzgebäudes an nur eines der bebauten Nachbargrundstücke setzt voraus, dass eines derselben als Stammgrundstück angesehen werden kann, von dem aus der Überbau vorgenommen worden ist.
Wird das Gebäude auf einem einheitlichen Grundstück errichtet und dieses erst später geteilt, kann in diesem Sonderfall die Zuordnung des Eigentums nur an objektive Kriterien anknüpfen. Bei natürlicher Betrachtungsweise erscheint es dann sachgerecht, als Stammgrundstück das Grundstück anzusehen, auf dem sich nach Umfang, Lage und wirtschaftlicher Bedeutung der eindeutig maßgebende Gebäudeteil befindet, so dass es auf den Willen des Erbauers insoweit nicht einmal ankommt (BGHZ 110, 299 [BGH 23.02.1990 - V ZR 231/88] ff., hier zitiert nach Juris, Rn. 16).
(b)
Legt man diese Grundsätze zugrunde, spricht vorliegend zwar einiges dafür, das Flurstück B als Stammgrundstück anzusehen, schon weil das ursprünglich (noch nicht erweiterte) Gebäude hierauf errichtet worden war. Es erscheint jedoch auch nicht ganz fernliegend, einen Anbau je nach wirtschaftlicher Bedeutung als eigenständig zu beurteilendes Teilstück des Gesamtkomplexes anzusehen, denn immerhin besteht die Möglichkeit, ihn als separate und eigenständige Einheit räumlich von dem Ausgangsgebäude abzutrennen. Dass es auch innerhalb eines solchen separat zu betrachtenden Anbaus weitere Untereinheiten geben kann, ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen und wird von den konkreten Umständen des einzelnen Falls abhängen. Die Umstände, die für oder gegen eine Eigentumsspaltung sprachen, waren jedenfalls einer tatrichterlichen Würdigung zugänglich. Tatsachenvortrag, der von vornherein dagegen sprechen würde, hält der Kläger nicht. Die als Anlage 2 zur Klageerwiderung zu den Akten gereichte (unmaßstäbliche) Skizze der Katasterbehörde (Bl. 56 GA I), gibt keinen hinreichenden Aufschluss darüber, wie groß das Gebäude insgesamt war und wie groß der Anbau bzw. sein auf dem klägerischen Grundstück gelegener Teil. Nicht ersichtlich ist ferner, ob und wie das Gebäude einschließlich Anbau zuletzt genutzt wurden (denn eine Nutzung als Altenheim fand offenbar nicht mehr statt) oder wie die räumliche Aufteilung innerhalb der Gebäudeteile ausgestaltet war, wo etwa die Eingänge lagen (also ob beispielsweise der auf dem klägerischen Grundstück gelegene Gebäudeteil über einen eigenen Eingang verfügte) und wie die Räumlichkeiten im Einzelnen genutzt worden waren bzw. ob die einzelnen Teilstücke "autark" waren. Insoweit ist gerade nicht sicher auszuschließen, ob die Trennung der Gebäudeteile nicht doch zu zwei wirtschaftlich selbständigen Einheiten im obigen Sinne hätte führen können. Jedenfalls ergeben sich aus den bekannten Umständen und der oben bezeichneten Skizze zu wenig greifbare Anhaltspunkte, die eine Eigentumsspaltung als abwegig erscheinen lassen würden. Dies darzulegen, wäre jedoch Sache des für die anwaltliche Pflichtverletzung darlegungs und beweisbelasteten Klägers gewesen. Es kann hiernach jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Prozesssituation vom damaligen Standpunkt als von vornherein als völlig aussichtslos einzuschätzen war.
c)
Darüber, dass im Hinblick auf die Bewertung eines Grundstücks als Stammgrundstück unterschiedliche Sichtweisen möglich waren, mithin der Prozess auch verloren gehen konnte, hat der Beklagte aber bei der hier gegebenen Ausgangssituation in hinreichendem Maß aufgeklärt.
Der Kläger wusste bereits aufgrund des Schreibens vom 3. August 2000 (Bl. 115 f. GA I), dass man darüber streiten konnte, auf welchem der Flurstücke die Gebäude sich schwerpunktmäßig befanden und die Qualifikation des Flurstücks B als Schwerpunktgrundstück zur Folge haben würde, den auf dem Grundstück des Klägers befindlichen Gebäudeteil gleichwohl dem Flurstück B zuzuordnen. Ferner hat der Beklagte den Kläger auch mit Schreiben vom 24. September 2003 (Bl. 117 f. GA I) auf das Risiko hingewiesen, dass der Gebäudeteil dem Grundstück der Nachbarn zugerechnet werden könne.
Dass diese Hinweise im (zeitlich weitläufigeren) Vorfeld des Klageverfahrens (und nicht noch einmal vor der Klageerhebung) erteilt worden sind, spielt keine entscheidende Rolle, denn es ging von Anfang an - auch im Rahmen der vorgerichtlichen Auseinandersetzung - um die Frage der Zugehörigkeit des Gebäudeteils zu dem einen oder anderen Grundstück.
Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob der Kläger in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Klageerhebung den Kläger ein weiteres Mal ausführlich mit den Prozessrisiken vertraut gemacht hat.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.