Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 07.03.2007, Az.: 12 WF 33/07

Voraussetzungen für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG)

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
07.03.2007
Aktenzeichen
12 WF 33/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 50604
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:0307.12WF33.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hameln - 29.12.2006 - AZ: 31 F 14/06

Fundstellen

  • FamRZ 2007, 2001 (Volltext mit red. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2008, 226-227

Verfahrensgegenstand

Kosten;
hier: Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG

In der Familiensache
...
hat der 12. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S.,
den Richter am Oberlandesgericht F. und
den Richter am Oberlandesgericht W.
am 7. März 2007
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Hannover gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hameln vom 29. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

I.

Zwischen den Parteien war ein Scheidungsverfahren anhängig, in dem sowohl der Antragstellerin als auch dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten bewilligt worden war. Die im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens eingeholten Auskünfte ergaben für die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund monatliche Anwartschaften von 57,28 EUR. Zusätzlich bestand für sie eine private Rentenversicherung mit einem ehezeitlichen Deckungskapital von 382,31 EUR, das umgerechnet monatliche Anwartschaften von 1,75 EUR ergab. Dem standen auf Seiten des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover monatliche Rentenanwartschaften von 45,87 EUR sowie angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 10,04 EUR gegenüber.

2

Im Verhandlungstermin vom 24. August 2006 schlossen die Parteien folgenden "Vergleich": "Beide Parteien verzichten endgültig auf die Durchführung eines Versorgungsausgleiches und nehmen diesen Verzicht gegenseitig an". Diese Vereinbarung wurde daraufhin durch Beschluss des Amtsgerichts gemäß § 1587 o BGB genehmigt und in dem anschließenden verkündeten Urteil festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

3

Durch Beschluss vom 1. September 2006 bzw. 18. September 2006 wurde auf Antrag der jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung festgesetzt. Den Ansatz einer von den Anwälten jeweils beantragten Einigungsgebühr in Höhe von 85 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer für den Abschluss der Vereinbarung bezüglich des Versorgungsausgleichs lehnte die Urkundsbeamtin ab. Den hiergegen eingelegten Erinnerungen beider Verfahrensbevollmächtigter hat der Familienrichter des Amtsgerichts Hameln durch Beschluss vom 29. Dezember 2006 mit der Begründung abgeholfen, dass nicht nur eine, sondern beide Parteien auf etwaig zustehende Unterhaltsansprüche verzichtet hätten, zumal wegen der unklaren Bewertung der Ostanwartschaften offen gewesen sei, welche der Parteien ausgleichsberechtigt sein würde. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen. Daraufhin hat die Bezirksrevisorin beim Landgericht H. nach Übersendung der Akten am 18. Januar 2007 das zugelassene Rechtsmittel am 24. Januar 2007 eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der "Vergleich" tatsächlich einen einseitigen Verzicht beinhalte und deswegen eine Einigungsgebühr nicht rechtfertigen könne.

4

II.

Die gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 2 und 3 RVG zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG sind gegeben.

5

Die Einigungsgebühr nach dieser Vorschrift entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.

6

Nach zutreffender Ansicht des Amtsgerichts haben die Parteien durch den "Vergleich" eine rechtliche Unsicherheit beseitigt, weil gegenwärtig nicht festgestellt werden kann, welche Partei ausgleichsberechtigt und welche ausgleichsverpflichtet ist. Die Antragstellerin hat nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund gesetzliche Rentenanwartschaften von 57,28 EUR erworben. Zusätzlich hat sie im Rahmen einer privaten Rentenversicherung aus dem mitgeteilten Deckungskapital von 382,31 EUR umgerechnet monatliche Rentenanwartschaften von 1,75 EUR erlangt. Damit verfügt sie über Gesamtanrechte von 59,03 EUR.

7

Dem stehen auf Seiten des Antragsgegners nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover gesetzliche Anwartschaften von 45,87 EUR sowie zusätzlich angleichungsdynamische Anwartschaften von 10,04 EUR gegenüber. Im Hinblick auf diese Ostanrechte des Antragsgegners kann gegenwärtig wegen fehlender Angleichung der Lebensverhältnisse in den neuen Bundesgebieten weder eine entsprechende Umrechnung stattfinden noch der Versorgungsausgleich durchgeführt werden. Dies wäre nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VAÜG ausnahmsweise nur dann möglich, wenn nur angleichungsdynamische Anwartschaften zu berücksichtigen wären oder die Partei mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anrechten auch die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte erworben hat oder wenn schließlich die ausgleichsberechtigte Partei bereits eine Rente erhält. Diese alternativen Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor. Vor diesem Hintergrund kann ein Versorgungsausgleich und in dessen Rahmen die Umrechnung der Ostanwartschaften des Antragsgegners erst dann vorgenommen werden, wenn sich die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern denjenigen der alten Bundesländer angeglichen haben werden. Demgemäß kann gegenwärtig nach zutreffender Ansicht des Amtsgerichts nicht festgestellt werden, welche Partei insgesamt höhere Anwartschaften erlangt und deswegen ausgleichsverpflichtet ist, zumal die Gesamtanwartschaften beider Parteien nach den bisherigen Auskünften nur geringfügig differieren. Durch den Vergleich vom 24. August 2006 haben die Parteien somit eine rechtliche Unsicherheit beseitigt, die sich nicht in einem einseitigen Verzicht erschöpft und die das Entstehen einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG rechtfertigt.

8

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG.