Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 23.03.2007, Az.: 19 UF 290/06

Voraussetzungen für eine grobe Unbilligkeit eines Versorgungsausgleichs zwischen geschiedenen Ehegatten aufgrund vorsätzlich und schuldhaft wiederholter und erheblicher Straftaten; Vorliegen eines über allgemeine "tätliche Angriffe und Beleidigungen i.R.e. krisenhaften Entwicklung" hinausgehenden Verhaltens

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.03.2007
Aktenzeichen
19 UF 290/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 48904
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:0323.19UF290.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Nienburg - 30.10.2006 - AZ: 8 F 255/05

Fundstellen

  • FamRB 2008, 6-7 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
  • FamRZ 2007, 1333 (Volltext mit red. LS)
  • FuR 2007, 542 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2007, 814
  • ZFE 2008, 32 (Volltext mit red. LS u. Anm.)

In der Familiensache
...
hat der 19. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S....... sowie
die Richter am Oberlandesgericht N....... und S.......
am 23. März 2007
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Nienburg vom 30. Oktober 2006 geändert.

    Der Versorgungsausgleich zwischen den Parteien findet nicht statt.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

    Der Beschwerdewert beträgt 1.000 EUR.

  2. 2.

    Der Antragstellerin wird Prozeßkostenhilfe für die Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluß bewilligt.

    Ihr wird Rechtsanwältin Koch in Celle beigeordnet.

Gründe

1

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 16. August 2006 die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich abgetrennt. Durch den angefochtenen Beschluss hat es den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien durchgeführt und seinen Ausschluß abgelehnt mit der Begründung, die in § 1587 c BGB aufgeführten Ausschlussgründe lägen sämtlich nicht vor.

2

Die dagegen gerichtete befristete Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und hat Erfolg.

3

Die Antragstellerin hat während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Februar 2000 bis 30. Juni 2005 gesetzliche Rentenanwartschaften bei der D ....... R ....... B ....... in Höhe von 141,71 EUR monatlich erworben; die vom Antragsgegner in dieser Zeit bei der D ....... R ....... B ....... erworbenen Anrechte betragen demgegenüber nur 37,12 EUR. Die Antragstellerin wäre daher rechnerisch zu einem Ausgleich in Höhe von 52,30 EUR monatlich verpflichtet.

4

Ein Ausgleich wäre aber vorliegend jedenfalls deshalb grob unbillig (§ 1587 c Nr.1 BGB), weil sich der Antragsgegner vorsätzlich und schuldhaft wiederholter und erheblicher Straftaten gegen die Antragstellerin schuldig gemacht hat, wie im Einzelnen aus dem Strafurteil des Amtsgerichts Stadthagen vom 14. November 2006 - rechtskräftig seit dem 17. Februar 2007 - hervorgeht. Wegen dieser in der Zeit zwischen Mai und November 2004 begangenen Taten (zwei Körperverletzungen und eine Bedrohung) wurde der Antragsgegner zu 8 Monaten Haft verurteilt. Ein solches Verhalten geht über allgemeine "tätliche Angriffe und Beleidigungen im Rahmen einer krisenhaften Entwicklung" (vgl. BGH FamRZ 1985, 1236, 1240) deutlich hinaus, zumal das Eheleben der Parteien, wie aus dem Urteil hervorgeht, auch sonst von "heftigen verbalen und auch körperlichen Auseinandersetzungen" geprägt war, wobei insbesondere der Antragsgegner zu "gewalttätigen Ausbrüchen" (Bl. 127) neigte. Unter diesen Umständen erschiene die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig; das gilt umso mehr, als der Antragsgegner während der Ehe seine Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, nicht sonderlich ernst genommen hat, ohne dass letztlich die Voraussetzungen des § 1587 c Nr. 3 BGB angenommen werden können.

5

Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerdebegründung, hat davon aber nicht Gebrauch gemacht.

6

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 93 a ZPO, 49 Nr. 1 b GKG.