Landgericht Lüneburg
Urt. v. 19.03.2009, Az.: 9 S 67/08

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
19.03.2009
Aktenzeichen
9 S 67/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 43102
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2009:0319.9S67.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 17.06.2008 - AZ: 485 C 1346/08

Fundstellen

  • MK 2010, 52
  • ZMR 2009, 554-555

In dem Rechtsstreit

...

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 17.02.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und den Richter ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 17.06.2008 geändert.

  2. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.01.2008 zu Tagesordnungspunkt 3 "Genehmigung der Hausgeldabrechnung 2006" wird für ungültig erklärt (hinsichtlich der Verteilung der Verwalterkosten sowie hinsichtlich der Einzelabrechnungen für die Wohnungen 18 und 19 und die Garagen Nr. 21 bis 24).

  3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1

Der Kläger ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in .... Er hat gegen die übrigen Mitglieder der WEG Klage erhoben mit dem Antrag, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.01.2008 zu Tagesordnungspunkt 3 "Genehmigung der Hausgeldabrechnung 2006" für ungültig zu erklären.

2

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 17.06.2008 (Bl. 153 ff d.A.) Bezug genommen.

3

Mit seiner zulässigen Berufung verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter. Er meint, die Abrechnungen seien fehlerhaft, weil die Verwalterkosten entsprechend der Regelung zu den Bewirtschaftungskosten gem. § 13a der Teilungserklärung nach Miteigentumsanteilen zu verteilen seien, nicht - wie in der Abrechnung - nach Wohneinheiten. Ferner seien ihm alte Kontostände angerechnet worden, wodurch Nachforderungen zu hoch und Guthaben zu gering errechnet worden seien.

4

Die Berufung ist begründet.

5

Der Beschluss zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 16.01.2008 ist hinsichtlich der Verteilung der Verwalterkosten und eines Teils der Einzelabrechnungen unwirksam, weil er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 3 WEG entspricht.

6

1.)

Fehlerhaft ist die Verteilung der Verwalterkosten, denn hier wurden Wohnungseinheiten statt Miteigentumsanteile zu Grunde gelegt, ohne dass dies von der Wohnungseigentümergemeinschaft zuvor beschlossen worden wäre. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob in Ziffer 13a der Teilungserklärung die Verwaltungskosten enthalten sein sollten und daher schon deshalb eine Verteilung nach Miteigentumsanteilen gewollt war. Möglich ist das jedenfalls, denn in Ziffer 17 der Teilungserklärung ist zwar die Verwaltung geregelt, nicht aber der Maßstab für die interne Kostenverteilung.

7

Jedenfalls sind diese Kosten gemäß § 16 Abs. 2 WEG mangels abweichender Vereinbarung im Verhältnis der Miteigentumsanteile auf die Wohnungseigentümer zu verteilen. Das gilt auch, wenn der Verwaltervertrag die Vergütung nach der Anzahl der Einheiten bestimmt (vgl. Bährmann/Becker, WEG, 10. Aufl., § 16 Rdnr. 87 m.w.N.). Der Beschluss über den Verwaltervertrag lässt hier nicht ohne weiteres den Rechtsfolgewillen erkennen, auch die interne Verteilung der Kosten zu regeln. In der Eigentümerversammlung vom 21.11.2004 wurde zwar beschlossen:

"Es wurde beschlossen, Haus und Grund ab sofort als WEG-Verwaltung für die Dauer von 2 Jahren zu bestimmen. Die monatlichen Verwaltungskosten betragen 18,00 € + Mehrwertsteuer pro Einheit.".

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Daraus lässt sich aber lediglich ableiten, welche Vergütung die Verwaltung von der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen kann. Ein ausdrücklicher Beschluss, wonach die Berechnungsgrundlage der Vergütung im Verwaltervertrag auch für die Kostenverteilung im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten soll, fehlt hier. Damit blieb es bei der Verteilung nach Miteigentumsanteilen gem. § 16 Abs. 2 WEG; für die davon abweichende Berechnung fehlte es an einer Grundlage.

9

2.)

TOP 3 ist ferner unwirksam, weil bei der Einzelabrechnung für die Wohnungen Nr. 18 und 19 und die Garagen Nr. 21-24 dem Kläger unzulässigerweise Beträge als Soll angerechnet wurden, mit denen er nicht zu belasten ist.

10

Zunächst hat der Kläger klargestellt, dass der lediglich die Abrechnungen für seine Wohnungen und seine vier Garagen beanstandet. Das war dem Schriftsatz vom 12.03.2008, der sich mit diesen Abrechnungen befasst, sowie den Streitwertangaben im Schriftsatz vom 25.01.2008 zwanglos zu entnehmen. Eine solche Beschränkung auf einzelne Positionen der Einzelabrechnung, bei denen sich eine unzutreffende Kostenverteilung auswirkt, ist zulässig (vgl. BGH NZM 07, 358).

11

Die beanstandeten Abrechnungen sind fehlerhaft, weil jeweils Sollstellungen aus der Zeit vor dem Abrechnungszeitraum 2006 eingestellt wurden. Ausweislich der Einzelabrechnungen ist bei jeder der o.a. Garagen jeweils ein "Saldovortrag" i.H.v. 60,84 € sowie bei den Wohnungen 18 und 19 jeweils ein "Saldovortrag" von 100,92 € angerechnet worden. Das bezog sich zweifellos auf die Zeiträume vor dem 01.01.2006, denn diese Beträge sind vor die Jahresabrechnung für 2006 eingestellt worden.

12

Mit diesen Schulden aus 2005 durfte der Kläger nicht belastet werden, denn sie waren nicht in dem Zeitraum, als er Eigentümer war, fällig geworden. Inhalt des angefochtenen Beschlusses vom 16.01.2008 war die Jahresabrechnung für 2006; diese wurde im Jahre 2008 fällig, also nachdem der Kläger am 14.06.2007 Eigentümer geworden war. Das gilt aber nicht für Ansprüche aus dem Abrechnungszeitraum davor, also für 2005, denn diese Ansprüche waren nicht erst nach dem 14.06.2007 fällig geworden. Als Erwerber ist der Kläger vor Altschulden des Voreigentümers geschützt.

13

Unerheblich ist, ob sich durch die unzulässige Sollstellung ein höherer Nachzahlungsbetrag (bei den Garagen und Wohnung Nr. 19) oder ein gemindertes Guthaben (bei Wohnung Nr. 18) ergab. Das ist lediglich rechnerisch die Folge davon, dass ab 2006 unterschiedlich hohe Beträge zu berücksichtigen waren. Die Belastung des Klägers ist aber in jedem Fall gleich, sei es, dass er mehr nachzahlen muss als geschuldet, sei es, dass er geringere Beträge ausbezahlt erhält, als es berechtigt wäre.

14

Unerheblich ist auch, ob der Kläger aus anderen Wohnungseinheiten Guthaben erstattet bekommt. Allenfalls könnte aufgerechnet werden mit Forderungen aus anderen Objekten, wenn es sich jeweils um Forderungen aus 2006 handeln würde. Hier liegt der Fehler aber darin, dass Altschulden aus 2005 dem Kläger in Rechnung gestellt wurden, für die er als Erwerber nicht haftet.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

16

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

17

Es ist nicht zweifelhaft, dass ein Erwerber für Altschulden, die vor seinem Eigentumserwerb fällig wurden, nicht haftet. Auch hinsichtlich der Verteilung der Verwalterkosten folgt die Kammer der bisherigen Rechtsprechung.