Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 29.10.2009, Az.: 3 T 106/09
Festsetzung einer Vergütung als Treuhänder nebst Auslagen und Mehrwertsteuer
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 29.10.2009
- Aktenzeichen
- 3 T 106/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 35368
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2009:1029.3T106.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Celle - 05.10.2009 - AZ: 34 IN 53/03
- nachfolgend
- BGH - 16.12.2010 - AZ: IX ZB 261/09
Rechtsgrundlagen
- § 211 InsO
- § 14 Abs. 3 InsVV
Fundstellen
- NZI 2010, 15
- ZInsO 2010, 207-208
In der Insolvenzsache über das Vermögens des ...
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht MXXX
Richterin am Landgericht Dr. KXXX und
Richterin RXXX
am 29.10.2009
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 15.10.2009 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Celle, Insolvenzgericht, vom 05.10.2009 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 2.100 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 06.08.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl.23 d.A.). Mit Beschluss vom 14.01.2005 wurde das Regelinsolvenzverfahren gemäߧ 211 InsO eingestellt, die Wohlverhaltensphase auf 6 Jahre festgesetzt und der bisherige Insolvenzverwalter zum Treuhänder bestellt (Bl. 198 d.A.).
Der Beschwerdeführer beantragte mit Datum vom 29.08.2009, die Festsetzung seiner Vergütung als Treuhänder nebst Auslagen (Bl. 36 d. BH) und Mehrwertsteuer. Dabei ging er von einer Treuhändervergütung für die Zeit vom 14.01.2005 - 05.08.2005 gemäß § 14 Abs. 1, 2 InsVV in Höhe von insgesamt 874,47 Euro nach einer Berechnungsgrundlage von 17.489,38 Euro aus. Daneben beantragte er die Erhöhung der Vergütung gemäß § 14 Abs. 3 InsVV in der Fassung nach der Änderungsverordnung vom 04.10.2004 in Höhe von 2.200 Euro zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer aufgrund zu berücksichtigender 111 Gläubiger.
Mit Beschluss vom 05.10.2009 (Bl.79 d. BH) setzte das Amtsgericht Celle die Treuhändervergütung inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer auf 1.128,92 Euro fest. Eine zusätzliche Vergütung gemäß § 14 Abs. 3 InsVV lehnte das Amtsgericht ab. Der Beschluss ging dem Beschwerdeführer am 07.10.2009 zu. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.10.2009, eingegangen bei Gericht am 16.10.2009 (Bl.88 d. BH), sofortige Beschwerde mit dem Ziel der Festsetzung auf insgesamt 3.129,94 Euro. Dabei korrigierte der Beschwerdeführer seinen Antrag vom 29.08.2009 dahingehend, dass er lediglich die Mindestgebühr in Höhe von 456,00 Euro für die Dauer der Wohlverhaltensphase zuzüglich der Erhöhung der Mindestvergütung gemäß § 14 Abs. 3 InsVV in Höhe von 1.050,00 Euro jährlich für nunmehr 108 Gläubiger beanspruchte.
Das Amtsgericht Celle half der Beschwerde mit Verfügung vom 20.10.2009:nicht ab (Bl. 101 d. BH) und legte das Verfahren der Kammer zur Entscheidung vor.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, im Ergebnis jedoch unbegründet.
Dem Treuhänder steht - neben der vom Amtsgericht festgestellten Vergütung nach § 14 Abs. 1, 2 InsVV - keine zusätzliche Vergütung nach § 14 Abs. 3 InsVV zu.
1)
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wäre die Regelung des § 14 Abs. 3 InsVV grundsätzlich anwendbar, auch wenn das hiesige Insolvenzverfahren bereits mit Beschluss vom 06.08.2003 eröffnet wurde. Die Anwendung des § 14 Abs. 3 InsVV wäre nicht nach § 19 InsVV ausgeschlossen.
Nach § 19 InsVV sind die Vorschriften dieser Verordnung in ihrer bis zum Inkrafttreten der Verordnung vom 04.10.2004 (BGBl. S. 2569) am 07.10.2004 geltenden Fassung auf Insolvenzverfahren anwendbar, die vor dem 01.01.2004 eröffnet wurden. Eine Übergangsvorschrift für Vergütungsregelungen, die nicht das Insolvenzverfahren sondern das Restschuldbefreiungsverfahren betreffen, gibt es jedoch nicht. Damit ist § 14 Abs. 3 ab Inkrafttreten der der Neuregelung mit Wirkung zum 07.10.2004 anzuwenden.
Eine Auslegung des § 19 InsVV auch auf die Restschuldbefreiungsverfahren verbietet sich im Hinblick auf die Begründung zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsordnung vom 17.09.2004 (ZIP 2004, 1927f). Die Begründung - und auch die Insolvenzordnung (ausführlich Landgericht Memmingen, 4 T 1336/08, Beschluss vom 02.10.2008)- unterscheidet eindeutig und konsequent zwischen Insolvenzverfahren/ Insolvenzverwaltern und Restschuldbefreiungsphase/ Treuhändern. So heißt es schließlich auch in der Begründung zu § 19 InsVV: "Für den Treuhänder in der Wohlverhaltensperiode hat dies zur Konsequenz, dass für Tätigkeiten, die er nach Inkrafttreten dieser Verordnung entfaltet, die neuen Vergütungssätze maßgebend sind". Von einem Versehen des Gesetzgebers kann daher nicht ausgegangen werden (ebenso Hamburger Kommentar zum Insvolvenzrecht, § 14 InsVV, Rdn.7a; Frankfurter Kommentar zur Insvolvenzordnung, § 14 InsVV, Rdn.8b; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, § 19 Rdn.1; Landgericht Memmingen, 4 T 1336/08, Beschluss vom 02.10.2008).
Die Erhöhung der Treuhändervergütung würde darüber hinaus nach § 14 Abs. 3 InsVV - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - für die Jahre anfallen, in denen eine Verteilung an die Gläubiger tatsächlich stattfand (Hamburger Kommentar zum Insvolvenzrecht, § 14 InsVV, Rdn.6, Frankfurter Kommentar zur Insvolvenzordnung § 14 InsVV, Rdn.8a).
2)
Nach Auffassung der Kammer scheitert eine Anwendung des § 14 Abs. 3 InsVV jedoch an der Tatsache, dass die Summe aller Einkünfte im Rahmen der Restschuldbefreiungsphase mit 17.489,38 Euro beziffert und dem Treuhänder damit entsprechend § 14 Abs. 1 und Abs. 2 eine Treuhändervergütung in Höhe von 874,47 Euro zuerkannt werden kann. Eine Mindestvergütung, aufweiche allein die Grundsätze der Erhöhung nach § 14 Abs. 3 InsVV anwendbar sind, kommt hier nicht zum tragen.
In dem vorliegenden Fall liegt die Besonderheit darin, dass (ausnahmsweise) die Ausschüttung an derart viele Gläubiger erfolgte, dass der Treuhänder bei einer Geltendmachung der Mindestvergütung nach § 14 Abs. 3 InsVV und der entsprechenden Erhöhung der Gebühr besser dastehen würde, als bei Geltendmachung der Treuhändervergütung nach § 14 Abs. 1, 2 InsVV.
Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Treuhänder in einem solchen Fall berechtigt ist, die für ihn bessere Vergütungsart geltend zu machen.
Zwar hat der Gesetzgeber diesen Fall nicht geregelt, doch war er mit der Änderung der InsVV zum 01.10.2004 bemüht, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 15.01.2004 (ZIP 2004, 417 f, 424 f [BGH 15.01.2004 - IX ZB 96/03]) umzusetzen. In diesen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass die Mindestvergütung in massearmen Regelinsolvenzverfahren und in massearmen Verbraucherinsolvenzverfahren nicht auskömmlich und als unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungswidrig sei (ZPI, 2004, 192). Der Änderung des InsVV und insbesondere die Änderung des § 14 Abs. 3 InsVV liegt damit allein der Gedanke zugrunde, dass der Treuhänder bei massearmen Verfahren eine Mindestvergütung erhält, die erhöht wird, da die Vergütung anderenfalls dem Aufwand des Treuhänders nicht gerecht werden würde.
Sofern jedoch die Regelungen des § 14 Abs. 1 und 2 InsVV anhand der entsprechenden Einnahmen aus Verfahren zum tragen kommen und keine massearmen Verfahren vorliegen, ist eine Anwendung des§ 14 Abs. 3 InsVV und damit eine Erhöhung der Vergütung aufgrund getätigter Vermögensausschüttungen ausgeschlossen.
Ungeachtet dessen weist die Kammer abschließend darauf hin, dass Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers die Regelung des§ 14 Abs. 3 InsVV auch bei einer Verteilung von 108 Gläubigern keine jährliche Erhöhung von 1.050,00 Euro rechtfertigen würde. Nach § 14 Abs. 3 InsVV erhöht sich die Vergütung um jeweils 50 Euro nur je 5 Gläubiger, soweit an mehr als 5 Gläubiger verteilt wurde. Die Verordnung regelt damit eine blockweise Erhöhung je 5 Gläubiger, so dass ab 10 Gläubiger eine Erhöhung um 50 Euro, ab 15 Gläubiger eine Erhöhung um weitere 50 Euro u. s. w. gerechtfertigt ist. Auch wenn diese Regelung von den Regelungen in§§ 2 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 Satz 3 InsVV abweicht, ist auf den eindeutigen Wortlaut der Norm abzustellen (Frankfurter Kommentar zur Insvolvenzordnung, § 14 InsVV, Rdn.8a). Sofern der Beschwerdeführer vorträgt, dass er an 108 Gläubiger ausgekehrt habe würde dies lediglich eine Erhöhung von 1.000 Euro rechtfertigen. Der weitere "Block" von einer jährlichen Erhöhung von 1.050 Euro wäre erst bei einer Ausschüttung an 110 Gläubiger erreicht. Dass die von dem Beschwerdeführer benannte Gläubigeranzahl nicht korrekt war und sowohl in 2008 als auch in 2009 nur an 103 Gläubiger Vermögen ausgeschüttet wurde, kann jedoch dahingestellt bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO i.V.m. § 91 ZPO
Dr. Kastendieck
Reppenhagen