Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.03.2001, Az.: 2 K 572/98

Abzugsfähigkeit vergeblicher Aufwendungen bei Errichtung einer Wohnung zur Selbstnutzung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
28.03.2001
Aktenzeichen
2 K 572/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 34522
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0328.2K572.98.0A

Redaktioneller Leitsatz

1. Der Abzug nach § 10e Abs. 6 Satz 1 EStG setzt einen unmittelbaren Zusammenhang der Aufwendungen mit der tatsächlich hergestellten und eigengenutzten Wohnung voraus. Dieser Zusammenhang besteht nur, wenn der Stpfl. das ursprünglich geplante Objekt auch verwirklicht.

2. Scheitert der beabsichtigte Erwerb oder die beabsichtigte Herstellung der Wohnung, können die mit der Anschaffung oder Herstellung der Wohnung zusammenhängenden Aufwendungen nicht nach § 10e Abs. 6 EStG steuermindernd berücksichtigt werden.

3. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn Stpfl. durch nicht vorhersehbare und nicht beeinflussbare behördliche Entscheidungen gezwungen worden sind, ihre Planung zu ändern. Unstimmigkeiten mit dem Bauunternehmer reichen dafür nicht aus.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob vergebliche Aufwendungen für ein geplantes Bauvorhaben steuerlich berücksichtigt werden können.

2

Die Kläger planten im Streitjahr 1994 den Bau eines Einfamilienhauses. Das Bauvorhaben wurde nicht verwirklicht. Nach den eigenen Angaben brachen die Kläger das Bauvorhaben ab, weil sie sich durch das beauftragte Bauunternehmen betrogen fühlten. Das Bauunternehmen ging später in Konkurs. Die Kläger hatten nach eigenen Angaben folgende Aufwendungen im Zusammenhang mit dem geplanten Bauvorhaben:

Architektenkosten

9. 200 DM

Statik

3. 900 DM

Baugenehmigung

2. 263 DM

Bauleitungsversicherung

 727 DM

Baufinanzierungsberatung

1. 725 DM

Fachzeitschrift

43 DM

Summe

17. 858 DM

3

Im Jahre 1996 errichteten die Kläger an anderer Stelle ein Einfamilienhaus, welches sie in der Folge selbst nutzten.

4

In der Einkommensteuererklärung machten die Kläger die Aufwendungen wegen des gescheiterten Bauvorhabens als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte berücksichtigte diese Einkünfte nicht. Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger vor, die für das ursprünglich geplante Vorhaben des Streitjahres erbrachten Leistungen seien beim Bau des Hauses in 1996 nicht zu verwenden gewesen. Sie beantragten deshalb, die vergeblichen Planungskosten für das nicht realisierte Bauvorhaben als Vorkosten nach § 10e Abs.6 Einkommensteuergesetz ( EStG ) zu berücksichtigen. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.

5

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie sind der Auffassung, der Gesetzgeber habe mit § 10 e Abs. 6 EStG die Errichtung von Häusern zur Eigennutzung fördern wollen, so dass vergebliche Kosten zu berücksichtigen seien. Die Aufwendungen seien keine Herstellungskosten des errichteten Hauses, sondern sofort abziehbar. Dass die Kläger ihr Haus letztlich an anderer Stelle errichteten, könne nicht zu ihren Lasten gehen.

6

Die Kläger beantragen,

  1. unter Änderung des Einkommensteuerbescheids in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 6. Juli 1998 zusätzlich gem. § 10 e Abs. 6 EStG 17 . 858 DM zu berücksichtigen.

7

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

8

Er ist der Auffassung, die Aufwendungen seien nicht nach § 10 e Abs. 6 EStG als Vorkosten abziehbar, denn die Aufwendungen stünden nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Herstellung oder Anschaffung des begünstigten Objektes. Das im Streitjahr geplante Objekt sei nicht gebaut worden. Der Zusammenhang mit dem in 1996 gebauten Haus sei allenfalls mittelbar. Darüber hinaus wären die Aufwendungen auch als Herstellungskosten anzusehen. Der Sachverhalt unterscheide sich erheblich von dem Fall, in dem ein Bauunternehmer vorausgezahlte Bauleistungen nicht erbringt. Denn die von den Klägern jeweils bezahlten Leistungen seien tatsächlich erbracht.

Gründe

9

Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat die Aufwendungen der Kläger zu Recht nicht zum Abzug zugelassen. Die Aufwendungen stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung des tatsächlich errichteten Objekts.

10

Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung im Sinne des § 10 e Abs.1 EStG zu eigenen Wohnzwecken entstehen, unmittelbar mit der Herstellung oder Anschaffung des Gebäudes oder der Eigentumswohnung oder der Anschaffung des dazugehörigen Grund und Bodens zusammenhängen, nicht zu den Herstellungskosten oder Anschaffungskosten der Wohnung oder zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens gehören und die im Fall der Vermietung oder Verpachtung der Wohnung als Werbungskosten abgezogen werden können, können nach § 10 e Abs. 6 Satz 1 EStG zwar wie Sonderausgaben abgezogen werden. Dafür ist jedoch ein unmittelbarer Zusammenhang der Aufwendungen mit der tatsächlich hergestellten und eigengenutzten Wohnung erforderlich. Dieser Zusammenhang besteht nur, wenn der Steuerpflichtige das ursprünglich geplante Objekt auch verwirklicht ( BFH-Urteile vom 17. Mai 2000, X R 13/97 u nd X R 87/98, BStBl. II 2000, 665 ff.). Geplantes und verwirklichtes Objekt müssen übereinstimmen. Scheitert der beabsichtigte Erwerb oder die beabsichtigte Herstellung der Wohnung, können die mit der Anschaffung oder Herstellung der Wohnung oder der Anschaffung des dazu gehörenden Grund und Bodens zusammenhängenden Aufwendungen deshalb nicht nach § 10 e Abs. 6 EStG steuermindernd berücksichtigt werden ( BFH-Urteil vom 17. Juli 1991, X R 6/91 , BStBl. II 1991, 916 ).

11

Das im Streitjahr geplante Objekt ist jedoch nicht verwirklicht worden. Das erst im Jahre 1996 an anderer Stelle errichtete Einfamilienhaus steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem im Streitjahr geplanten Objekt und damit auch nicht mit den hierfür entstandenen Aufwendungen. Der einmalige Entschluss zur Errichtung eines selbstgenutzten Einfamilienhauses reicht für sich noch nicht aus, um einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den beiden Objekten herzustellen.

12

Auch nicht ausnahmsweise ist ein Abzug hier möglich, wie ihn der BFH jedoch im Urteil vom 17. Mai 2000, X R 87/98, a.a.O. für den dort entschiedenen Fall zugelassen hat. Anders als im dort vom BFH entschiedenen Fall sind die Kläger nicht durch nicht vorhersehbare und nicht beeinflussbare behördliche Entscheidungen gezwungen worden, ihre Planung zu ändern, sondern wegen Unstimmigkeiten mit dem bisherigen Bauunternehmer. Gerade aber nur der behördliche Eingriff rechtfertigt die vom BFH zugelassene Ausnahme. Nach dem für die gesamte Rechtsordnung geltenden Grundsatz, dass niemand sich in Widerspruch zu seinem vorangegangenen Tun setzen darf (venire contra factum proprium), kann der Staat nämlich - als Baubehörde - nicht unvorhersehbar in die Rechtsposition des Bürgers eingreifen und diesem dann - als Steuerbehörde - die dadurch gebotene Änderung der Planung anlasten. So liegt der Sachverhalt im Streitfall jedoch nicht. Die Kläger haben ihr ursprüngliches Bauvorhaben nicht aufgrund staatlichen Handelns aufgegeben.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .