Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.03.2001, Az.: 9 K 240/97
Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung bei Veräußerung eines Einfamilienhauses und anschließender Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds als Werbungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 08.03.2001
- Aktenzeichen
- 9 K 240/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14578
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0308.9K240.97.0A
Rechtsgrundlage
- § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG
Fundstelle
- DStRE 2001, 694-695 (Volltext mit amtl. LS)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger eine Vorfälligkeitsentschädigung, die er wegen der vorzeitigen Ablösung eines Hypothekendarlehens beim Verkauf eines vermieteten Einfamilienhauses im Jahr 1993 zahlen musste, als Werbungskosten bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds abziehen kann.
Die Kläger sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
Der Kläger war Eigentümer verschiedener, bebauter Grundstücke, aus denen er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. In den Jahren 1992 bis 1997 verkaufte er vier Objekte. Um die Pfandfreigabe durch die finanzierenden Kreditinstitute zu erhalten, zahlte er für die vorzeitige Ablösung der Immobiliendarlehen Vorfälligkeitsentschädigungen zwischen 5.516 DM und 51.380 DM. Im Streitjahr 1993 verkaufte der Kläger mit notariellem Vertrag vom 30. April 1993 ein Reihenmittelhaus in München und zahlte für die vorzeitige Ablösung des Immobiliarkredits eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 5.516 DM.
Mit Erklärung vom 23. Dezember 1993 trat der Kläger mit einer zweiten Tranche einem geschlossenen Immobilienfonds (Fundus Fonds 26) bei. Der Beteiligungsbetrag betrug ..... DM. Die Beitrittserklärung wurde von der Fondsgesellschaft am 28. Dezember 1993 angenommen. Der Kläger zahlte am 27. Dezember 1993 ..... DM als erste Eigenkapitalrate auf das Konto der Fondsgesellschaft ein. Bereits im Jahr 1992 hatte der er eine Beteiligung über ..... Mill. DM gezeichnet. Dieser Betrag war finanziert worden.
In der Einkommensteuererklärung 1993 machte der Kläger die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 5.516 DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als (vorweggenommene) Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen der Fondsbeteiligung geltend. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht, sondern ordnete die Vorfälligkeitsentschädigung den steuerlich nicht relevanten Veräußerungskosten der Immobilie zu.
Der dagegen erhobene Einspruch war erfolglos.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger das Ziel weiter, die Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen zu können.
Er trägt dazu vor, der Verkauf der Immobilienobjekte in den Jahren 1992 bis 1997 habe auf einem vorgefassten Plan beruht, die vermieteten Immobilien insgesamt zu veräußern, um mit den Erlösen eine Immobilienfondsbeteiligung aufzubauen. Der Verkauf eines jeden Objektes sei nachweislich in zeitlichem Zusammenhang mit der Zulässigkeit oder Möglichkeit der Aufkündigung des Mietvertrages erfolgt. Der Reinerlös aus dem Verkauf der einzelnen Objekte sei zur Finanzierung des Immobilienfondsanteils eingesetzt worden. Die erste Tranche an dem Immobilienfonds habe er durch Vertrag vom 2. Dezember 1992 in Höhe von ..... Mio. DM erworben. Während der Bauphase des Objektes sei die Aufstockung des Gebäudes genehmigt worden und den Kommanditisten eine weitere Tranche zum Erwerb angeboten worden. Hiervon habe er durch Beitrittserklärung vom 23. Dezember 1993 Gebrauch gemacht. Die ursprüngliche Finanzierung der Immobilienfondsbeteiligung habe er durch Kreditverträge vom 21. März 1994/28. März 1994 sowie vom 30. März 1995/6. April 1995 mit einer Laufzeit bis zum 15. März 1998 umgestaltet. Die Rückzahlungsmodalitäten seien so vereinbart worden, dass der Kredit innerhalb der Laufzeit nach seinem freiem Ermessen habe getilgt werden können. Grundlage dieser Kreditvereinbarungen, für den keine weitere Verpfändung als die Abtretung der Rechte aus dem vorbezeichneten Immobilienfondsanteilen zu Gunsten der Bank erfolgt sei, sei die Einhaltung der von ihm mündlich abgegebenen Erklärung gewesen, sich von den verschiedenen Immobilien-Einzelobjekten zu trennen und die Reinerlöse daraus zur Rückführung des Kredits zu verwenden.
Die Kläger beantragen,
...
Das FA beantragt,
...
Es bleibt bei seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung, eine im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung diene grundsätzlich nicht der Erzielung von Mieteinnahmen und führe nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung ausnahmsweise als Finanzierungskosten für ein neues, der Erzielung von Vermietungseinkünften dienenden Objekts zu bewerten ist. Ein objektiver Zusammenhang besteht jedoch nur dann, wenn die Verfügung über einen verbleibenden Restkaufpreis bereits bei Veräußerung unwiderruflich getroffen wurde. Der Kläger habe weder bei Abschluss des Verkaufsvertrages am 30. April 1993 noch anderweitig im vorhinein eine Verwendung es Restkaufpreises festgelegt. Es seien daher keine objektiven Umstände erkennbar, die den endgültigen Entschluss feststellen ließen, dass der verbleibende Veräußerungserlös wiederum konkret zu Finanzierung von Grundvermögen eingesetzt werden sollte.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1993 ist rechtmäßig. Er verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, da das FA den Werbungskostenabzug zu Recht versagt hat.
Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass nicht in jedem Falle eine Vorfälligkeitsentschädigung den nicht abziehbaren Veräußerungskosten zuzurechnen ist, doch bedarf es für eine anderweitige Zuordnung der Vorfälligkeitsentschädigung besonderer Umstände, die im Streitfall nach Auffassung des Senats nicht vorliegen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dies gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ein solcher Zusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist immer dann zu bejahen, wenn sie objektiv mit angestrebten oder zufließenden Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zusammenhängen und subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung. Ist diese allerdings durch die Grundstücksveräußerung veranlasst, betrifft sie - wie Veräußerungskosten allgemein - den nicht steuerbaren Vermögensbereich und ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich der Senat anschließt, nicht als Werbungskosten abziehbar (BFH, Urteil vom 22. März 1994 IX R 100/91, BFH/NV 1994, 782).
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung nach der vom Steuerpflichtigen getroffenen Gestaltung ausnahmsweise als Finanzierungskosten für die Anschaffung eines neuen, dem Erzielen von Vermietungseinkünften dienenden Objekts zu beurteilen ist. Der hierfür notwendige wirtschaftliche Zusammenhang besteht, wenn sich bereits im Zeitpunkt der Veräußerung eines Grundstücks anhand objektiver Umstände der - endgültig gefasste - Entschluss feststellen lässt, mit dem nach der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbleibenden Veräußerungserlös wiederum konkret bestimmtes Grundvermögen anzuschaffen, das dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient. Hierzu reicht es allerdings nicht aus, dass der Steuerpflichtige die bloße Absicht hat, den empfangenen Restkaufpreis z.B. zum Ablösen von auf einem anderen Objekt lastenden Krediten zu verwenden. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus einem neuen Objekt ergibt sich allenfalls dann, wenn der Steuerpflichtige bereits bei der Veräußerung - z.B. im Kaufvertrag selbst oder zumindest bei Abschluss des Kaufvertrages - im vorhinein so unwiderruflich über den verbleibenden Restkaufpreis verfügt, dass er ihn unmittelbar in seiner Verwendung zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit einem bestimmten (neuen) Objekt festlegt (BFH, Urteil vom 25. April 1995 IX R 114/92, BFH/NV 1995, 966). Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen. Er trägt die Feststellungslast für die den Steueranspruch mindernden Tatsachen (BFH-Urteil vom 23. April 1996, IX R 5/94, BStBl II 1996, 595).
Diese engen Voraussetzungen, unter denen eine Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei der Schaffung einer neuen Einkunftsquelle abziehbar ist, liegen im Streitfall nicht vor.
Der Kaufvertrag vom 30. April 1993 enthält keinen Hinweis darauf, wie der Kaufpreis zu verwenden ist. Der beurkundende Notar war nicht angewiesen, den Kaufpreis in bestimmten Art und Weise zu verwenden. Vielmehr hat er den Restkaufpreis dem Kläger auf dessen Konto überwiesen. Der Kaufpreis aus der Veräußerung des Münchner Objekts stand dem Kläger offensichtlich frei zur Verfügung bis auf die noch bestehende Darlehensvaluta in Höhe von ..... DM. Dazu hat die das Münchner Objekt finanzierende Hypothekenbank am 14. Juni 1993 eine Löschungsbewilligung für den Fall der Ablösung des noch valutierenden Darlehens erteilt. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1993 hat der Kläger dem beurkundenden Notar in München bestätigt, dass der Restkaufpreis in Höhe von 77.019,03 DM seinem - dem klägerischen - Konto gutgeschrieben worden ist. Auch daraus ergibt sich keine rechtlich oder tatsächlich bindende Verpflichtung des Klägers, den Kaufpreis in einer im vorhinein bestimmten Art und Weise für die Beteiligung an dem Immobilienfonds einzusetzen. Die vorgetragene mündliche Abrede mit der Bank, die das Fondsengagement finanzierte, den Kaufpreis zur Rückführung der Kredite zu verwenden, ist demgegenüber lediglich eine freiwillige Absichtserklärung.
Hinzu kommt, dass die zweite Beteiligung des Klägers erst am 23. Dezember 1993 erklärt und von der Fondsgesellschaft am 28. Dezember 1993 angenommen wurde. Auf Grund des zeitlichen Ablaufs ist deshalb festzustellen, dass der Kläger vom Zeitpunkt der Auskehrung des Restkaufpreises etwa im Monat Oktober 1993 bis Ende Dezember 1993 frei über den Restkaufpreis verfügen konnte. Er war in keiner Weise gebunden, den Restkaufpreis zur Einzahlung der ersten Eigenkapitalrate Ende Dezember 1993 einzusetzen.
Im Ergebnis ist demnach festzuhalten, dass ein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Vorfälligkeitsentschädigung und den Vermietungseinkünften aus dem Immobilienfonds zu verneinen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.