Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.03.2001, Az.: 14 K 105/96

Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen ohne konkrete Rückzahlungsvereinbarung ; Betriebsbeendigung und Gründung einer neuen Personengesellschaft durch Verschmelzung; Abzug von Darlehenszinsen als (Sonder-)Betriebsausgaben ; Betriebliche Veranlassung bei bejahendem Fremdvergleich; Indizien für die Fremdüblichkeit ; Mündliche Vereinbarung von Vertragsverhältnisse zwischen Angehörigen; Zu den sogenannten Umwandlungsfällen entwickelte Grundsätze der steuerlichen Anerkennung des Darlehensverhältnisses

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
05.03.2001
Aktenzeichen
14 K 105/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14566
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0305.14K105.96.0A

Fundstelle

  • DStRE 2001, 842-845 (Volltext mit amtl. LS)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist bei Aufwendungen aufgrund eines Vertrages zwischen nahen Angehörigen von einer betrieblichen Veranlassung nur dann auszugehen, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschrieben Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen.

  2. 2.

    Als Indizien für die Fremdüblichkeit eines Darlehens werden regelmäßig die Vereinbarungen über Laufzeit und Rückzahlbarkeit des Darlehens, über Höhe, Zahlungszeitpunkt und regelmäßige Entrichtung der Zinsen und die ausreichende Sicherung der Darlehensforderung herangezogen.

Tatbestand

1

Streitig ist der Abzug von Darlehenszinsen als (Sonder-)Betriebsausgaben.

2

Die Klägerin X bewirtschaftete seit 1973 zunächst als Einzelunternehmerin das .....gut G und erzielte insoweit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Ab 1979 wurde der Betrieb zusammen mit einer weiteren Hofstelle im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) von der "Betriebsgemeinschaft (BG) XY" bewirtschaftet. Durch Vertrag vom 30.11.1987 wurden die Betriebe in die GbR "Betriebsgemeinschaft G" eingebracht und zusammen mit Betrieben weiterer Landwirte bewirtschaftet. Das beklagte Finanzamt (FA) beurteilte diesen Vorgang als Beendigung der BG XY und Neugründung der BG G. Dem folgte der erkennende Senat in seinem Urteil vom 29.04.1993 XIV 364/92 zur Frage der Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres für das Wirtschaftsjahr 1987/88.

3

Bei der Klägerin waren nach Übernahme des Betriebes Bau- und Renovierungsarbeiten angefallen, an deren Finanzierung sich der Ehemann der Klägerin beteiligte. Nach einem Darlehensvertrag vom 30.06.1974 sollten die bis dahin zinslos gewährten Beträge mit 8 % verzinst werden. Der Vertrag sah wahlweise die Auszahlung der Zinsen oder die Zurechnung zur Darlehensschuld vor. In der Bilanz zum 31.12.1975 war eine (Darlehens-)Verbindlichkeit gegenüber dem Ehemann i.H.v. 79.787,31 DM ausgewiesen. Durch privatschriftliches Schreiben vom 01.06.1976 trat der Ehemann der Klägerin seine Forderung zu gleichen Teilen an die damals minderjährigen Kinder A, B und C ab. Im Dezember 1978 überwies die Klägerin den Kindern den bis dahin aufgelaufenen Darlehensstand von 100.657,92 DM zu gleichen Teilen (jeweils 33.552,64 DM) auf deren Sparbücher.

4

Im März 1979 wurden jeweils 27.000,00 DM von den Sparbüchern an die Klägerin zurück überwiesen und als Darlehensverbindlichkeit passiviert. Angefallene Zinsen wurden den Darlehensständen hinzugerechnet. Am 31.12.1984 überwies die Klägerin 3 x 8.228,25 DM, insgesamt 24.684,75 DM auf Konten ihrer Kinder. Davon wurden bei der Klägerin 9.135,00 DM als Darlehensrückzahlung und 15.369,75 DM als angefallene Schuldzinsen gebucht.

5

Am 03.01.1985 überwiesen die - inzwischen volljährigen Kinder - jeweils einen Betrag von 7.500,00 DM zurück. Die Summe von insgesamt 22.500,00 DM wurde ebenfalls als Darlehensschuld passiviert. Über die Hingabe dieser Beträge wurden unter dem Datum vom 02.01.1985 drei gleichlautende Darlehensverträge geschlossen. Die Verträge sehen eine Verzinsung von 8 % vor. Die Zinsen sollten jeweils zum Ende eines Kalenderjahres errechnet und ausbezahlt werden. Für den Fall der Nichtauszahlung sollte der um die Zinsen erhöhte Darlehensbetrag mit 8 % verzinst werden. Die Darlehen waren unbefristet und konnten von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 90 Tagen gekündigt werden. Zum 31.12.1985 wurden an jedes Kind 3.115,00 DM Zinsen, insgesamt mithin 9.345,00 DM ausgezahlt. In den übrigen Jahren wurden die Zinsen jeweils der Darlehensschuld zugeschlagen. Die Darlehensschuld entwickelte sich bis zum 30.06.1992 auf insgesamt 214.667,09 DM. Zur Darlehensentwicklung wird auf die Aufstellung im Nebenbericht des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 15.10.1993 ABNr.: ....Gew Bezug genommen (Bl. 62 und 52 Bp.-Akte I).

6

Die Klägerin setzte die Zinsen in den Vorjahren in ihren Gewinnermittlungen als Betriebsausgaben ab. Eine die Wirtschaftsjahre 1981/82 bis 1985/86 umfassende Betriebsprüfung (Bp.) ließ die Zinsen nicht zum Abzug zu (Sonderbericht des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 26.04.1988 ABNr. ...-Bl. 29 bis 34 Bp.-Akte I -). Die Bp. führte zur Begründung an, dass den Darlehensverbindlichkeiten ursprünglich keine formwirksamen Vereinbarungen zugrunde gelegen hätten. Die Abtretung der Darlehensforderung an die Kinder sei wegen der fehlenden Bestellung eines Ergänzungspflegers schwebend unwirksam gewesen, weil die unter Anrechnung auf etwaige Pflichtteilsansprüche vorgenommene Abtretung nicht nur zu einem rechtlichen Vorteil geführt habe. Das Darlehensverhältnis halte auch einem Fremdvergleich nicht stand, weil schriftliche Vereinbarungen mit den Kindern über die Umwandlung der Forderung in ein Darlehen, über Laufzeit und Rückzahlungsbedingungen sowie über Fälligkeit und Höhe der Zinsen fehlten. Die Schuldzinsen seien von der Buchstelle mit 10 % vom jeweils ausgewiesenen Darlehensstand berechnet worden. Zur weiteren Begründung wird auf den Sonderbericht Bezug genommen. Dem folgte das FA in entsprechend geänderten Feststellungsbescheiden.

7

In den Erklärungen für die Streitjahre 1986 und 1987 setzte die Klägerin die Zinsen in ihren Gewinnermittlungen weiterhin als Sonderbetriebsausgaben ab. Das FA erließ insoweit zunächst Feststellungsbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, wobei es für 1986 den Gewinn unter Berücksichtigung des durch die vorangegangene Bp. korrigierten Wirtschaftsjahres 1985/86 ermittelte und für 1987 den Gewinn unter Ansatz eines Rumpfwirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der Neugründung der BG G feststellte. Ein gegen den Feststellungsbescheid 1987 geführtes Einspruchs- und Klageverfahren, mit dem die Bildung des Rumpfwirtschaftsjahres beanstandet wurde, blieb erfolglos (Urteil des Senats vom 29.04.1993 XIV 364/92 betr. Aussetzung der Vollziehung; Rücknahme Klage betr. Feststellung 1987 XIV 464/92). Eine anschließend durchgeführte Außenprüfung erkannte die Schuldzinsen der Wirtschaftsjahre 1986/87 und 1987/88 ebenfalls nicht an. Die Ap. hielt an der bereits von der vorangegangenen Betriebsprüfung vertretenen Rechtsauffassung fest. Auch die erneute Darlehensgewährung ab dem 03.01.1985 durch die volljährigen Kinder sei nicht anzuerkennen, weil sie dem Fremdvergleich nicht standhalte. Trotz der ungewissen Laufzeiten seien keine Sicherheiten bestellt worden. Auch seien die Zinsen nicht ausbezahlt worden, obwohl sich die Kinder noch in der Ausbildung befunden hätten und von den Eltern finanziell unterhalten worden seien. Verwandtendarlehen könnten grundsätzlich nur bei Vorliegen einer Rückzahlungsvereinbarung und ausreichender Sicherheitsleistung anerkannt werden. Zur Begründung wird im einzelnen auf den Nebenbericht des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 15.10.1993 ABNr.: ...Gew Bezug genommen (Bl. 60 bis 66 Bp.-Akte I). Der Einspruch gegen die entsprechend geänderten Feststellungsbescheide 1986 bis 1987 blieb ohne Erfolg. Der Einspruchsbescheid ist an die Beteiligten der Betriebsgemeinschaft XY gerichtet.

8

Hiergegen ist im Namen der Betriebsgemeinschaft XY Klage erhoben worden. Die Kläger machen geltend:

9

Dem Ehemann der Klägerin habe zum 31.12.1975 eine Darlehensforderung in Höhe von 79.787,31 DM zugestanden. Diese Forderung sei rechtswirksam zum 01.01.1976 an die Kinder abgetreten worden. Diesen habe die Darlehensforderung daher zu den Darlehensbedingungen bis zum Zeitpunkt der Abtretung zugestanden. Aufgrund der fristgerechten Kündigung des Darlehens zum 31.12.1978 sei die Darlehenssumme einschl. aufgelaufener Zinsen an die Kinder ausgezahlt worden. Da die Klägerin im Frühjahr 1979 erneut Fremdmittel benötigt habe, hätten die Kinder, vertreten durch ihren Vater, der Klägerin erneute Darlehen zu einem Zinssatz von 8 % gewährt. Die Zinsen seien jährlich zu errechnen, auszuzahlen oder dem Darlehen zuzurechnen gewesen. Die Darlehen hätten mit einer Frist von 90 Tagen zum Ende eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden können. Bis zum 01.07.1982 sei die Darlehensschuld auf 93.150,00 DM einschl. Zinsen angewachsen. Zum 31.12.1984 habe die Klägerin die anteiligen Zinsen für den Zeitraum 01.07.1982 bis 31.12.1984 in Höhe von jeweils 8.228,25 DM, insgesamt 24.684,75 DM an die Darlehensgeber ausgezahlt.

10

Da die Klägerin zur Finanzierung weiterer Umbauten und Renovierungen erneut Fremdmittel benötigt habe, habe sie drei weitere Darlehen über je 7.500,00 DM aufgenommen. Dies sei zu den gleichen Bedingungen wie bei dem Darlehen aus 1978 geschehen.

11

Die Zinsaufwendungen für beide Darlehen seien anzuerkennen. Die zum 23.03.1979 gewährten Darlehen von jeweils 27.000,00 DM stammten aus eigenen Mitteln der Darlehensgeber. Sie seien ihnen mit der Auszahlung zum 31.12.1978 zur freien Verfügung überlassen worden. Die Darlehensbedingungen in den Verträgen von März 1979 hielten einem Fremdvergleich stand. Eine gesonderte Absicherung sei angesichts der Vermögensverhältnisse der Klägerin (Wert .....gut nach Abzug der Schulden ca. 4.000.000,00 DM) nicht erforderlich gewesen. Bei dieser Vermögenslage hätte auch jedes Bankinstitut die Darlehen ohne Sicherheitsleistung und feste Tilgungen gewährt. Entsprechendes gelte für die Darlehensverträge vom 02.01.1985 über je 7.500,00 DM.

12

Während des hier streitigen Zeitraums seien Zinsen i.H.v. 36.488,50 DM angefallen (Wirtschaftsjahr 1985/86: 11.565,00 DM; Wirtschaftsjahr 1986/87: 11.886,30 DM; Wirtschaftsjahr 1987/88; 13.037,20 DM). Zur Zinsberechnung wird im Übrigen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 02.02.2001 Bezug genommen.

13

Zum weiteren Vorbringen wird ergänzend auf die Klagebegründung vom 30.12.1996 sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen. In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter ergänzend auch vorgetragen, die in der Klagebegründung enthaltene Angabe des Zinssatzes von 8 % hinsichtlich des im Frühjahr 1979 hingegebenen Darlehens beruhe auf einem Irrtum. Richtig seien 10 %.

14

Die Kläger beantragen,

die Feststellungsbescheide 1986 und 1987 nach Maßgabe des Schriftsatzes von 30.12.1996 abzuändern.

15

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Das FA trägt vor, die Darlehenszinsen seien nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, da sie nicht durch den Betrieb veranlasst seien. Darlehensverträge zwischen Angehörigen seien nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn sie formwirksam vereinbart seien und nach Gestaltung und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprächen. Über die Darlehenshingaben im März 1979 (81.000,00 DM) lägen keine schriftlichen Verträge vor, sodass für die rechtliche Beurteilung der tatsächliche Geschehensablauf maßgeblich sei. Danach laufe das Darlehen auf unbestimmte Zeit. Die Darlehenszinsen seien der Darlehenssumme hinzugerechnet worden. Sicherheiten seien trotz der sich stetig erhöhenden Darlehensschuld nicht gewährt worden. Derartige Modalitäten entsprächen nicht dem zwischen Fremden Üblichen. Insbesondere fehle es auch an Absprachen über Art und Zeitpunkt der Rückzahlung (BFH-Urteil in BStBl. II 1992, 468). Bei Darlehen mit unbestimmter bzw. langer Laufzeit bedürfe es stets der Gestellung von Sicherheiten (BFH-Urteil in BStBl. II 1991, 291). Insbesondere könne bei Darlehenshingaben durch minderjährige Kinder nicht auf Sicherheiten verzichtet werden. Eltern hätten das Geld ihrer Kinder nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen (§ 1642 BGB). Dies erfordere bei Darlehen mit unbestimmter Laufzeit eine ausreichende Absicherung. Auch die Darlehensverträge vom 02.01.1985 hielten einem Fremdvergleich nicht stand.

Gründe

17

Die Klage hat keinen Erfolg. Der Beklagte hat die streitigen Darlehenszinsen im Ergebnis zu Recht nicht als Betriebsausgaben anerkannt.

18

1.

Die Klage ist zulässig. Zwar war die "Betriebsgemeinschaft XY" im Zeitpunkt der Klagerhebung bereits voll beendet und damit nicht mehr klagebefugt. Die Vollbeendigung beruhte auf der im Jahre 1987 vollzogenen Verschmelzung mit einer weiteren Personengesellschaft, die vom Senat in seinem Urteil vom 29.04.1993 XIV 364/92 als Betriebsbeendigung und Gründung einer neuen Personengesellschaft beurteilt worden ist. Damit war die Befugnis der bisherigen Betriebsgemeinschaft, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter in Gewinnfeststellungssachen Rechtsbehelfe einzulegen, erloschen; nur die ehemaligen Gesellschafter selbst waren noch einspruchs- und klagebefugt (BFH-Beschluss vom 08.10.1998 VIII B 61/98, BFH/NV 1999, 291, 292). Der Senat geht allerdings davon aus, dass der Einspruch ebenso wie die Klage der Betriebsgemeinschaft als im Namen der Gesellschafter erhoben ausgelegt werden können. Zwar finden sich weder in der Einspruchs- noch der Klageschrift eindeutige Hinweise darauf, dass der Prozessbevollmächtigte die Rechtsbehelfe für die Gesellschafter der vollbeendeten GbR einlegen wollte (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 08.10.1998 VIII B 61/98, a.a.O., S. 292). Im vorliegenden Fall besteht aber die Besonderheit, dass für die Beteiligten des Verfahrens aufgrund des vorangegangen Urteils des Senats XIV 364/92 vom 29.04.1993 die Vollbeendigung klargestellt und unstreitig geworden war. Unter diesen (besonderen) Umständen stand aus der Sicht des maßgebenden Empfängerhorizontes fest, dass die Betriebsgemeinschaft nicht mehr existierte. In diesem Fall ist derjenige als Kläger anzusehen, der erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll, da eine Klage im allgemeinen nicht für jemanden erhoben wird, der nicht mehr existiert (BFH-Urteil vom 17.09.1992 V 17/86, BFH/NV 1993, 279 [BFH 17.09.1992 - V R 17/86]; vom 14.01.1986 III R 12/81, BStBl. II 1987, 178). Dementsprechend hat das FA den Einspruchsbescheid auch zu Recht nicht gegenüber der Betriebsgemeinschaft, sondern gegenüber den "Beteiligten" der Betriebsgemeinschaft erlassen.

19

2.

In der Sache selbst hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Die streitigen Zinsen sind nicht nach § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlasst, weil das Darlehensverhältnis der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann.

20

a)

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist bei Aufwendungen aufgrund eines Vertrages zwischen nahen Angehörigen von einer betrieblichen Veranlassung nur dann auszugehen, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschrieben Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes bei nahen Angehörigen kann nur auf diese Weise sichergestellt werden, dass die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18.04.2000 VIII R 74/96, BFH/NV 2001, 152, 153). Ob im Einzelfall ein Vertrag zwischen Angehörigen anzuerkennen ist, richtet sich nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten und ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei kann einzelnen Beweisanzeichen je nach Lage des Falles eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Insbesondere schließt nicht jede geringfügige Abweichung vom Üblichen die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuten, desto strengere Anforderungen sind an den Fremdvergleich zu stellen (BFH-Beschluss vom 18.11.1998 VIII B 27/98, BFH/NV 1999, 613, 614). Als Indizien für die Fremdüblichkeit werden regelmäßig die Vereinbarungen über Laufzeit und Rückzahlbarkeit des Darlehens, über Höhe, Zahlungszeitpunkt und regelmäßige Entrichtung der Zinsen und die ausreichende Sicherung der Darlehensforderung herangezogen (BFH-Urteile vom 16.12.1998 X R 139/95, BFH/NV 1999, 780, 782; vom 15.04.1994 IV R 60/98, BFH/NV 1999, 1408, 1409). Wird das Darlehen zwischen volljährigen, voneinander wirtschaftlich unabhängigen Verwandten vereinbart und dem Anlass nach wie von einem Fremden gewährt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.08.1988 IX R 220/84, BStBl. II 1989, 137; vom 04.06.1991 IX R 150/85, BStBl. II 1991, 838), ist es nach der Rechtsprechung unschädlich, dass es unter im einzelnen anderen Bedingungen als unter Fremden überlassen wird, soweit es sich nicht um eine verschleierte Schenkung oder um einen Missbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten handelt (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 780, 782). Unabhängig von einzelnen Darlehensmodalitäten kann es an der betrieblichen Veranlassung von Darlehenszinsen aber auch dann fehlen, wenn der Betriebsinhaber seinen Kindern Geldbeträge unentgeltlich zuwendet, die die Kinder dem Vertrag zufolge sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung zu stellen haben (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 15.04.1999 IV R 60/98, BFH/NV 1999, 1408, 1409).

21

b)

In Anwendung dieser Grundsätze gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Darlehensverhältnisse im vorliegenden Fall mit steuerlicher Wirkung nicht anzuerkennen sind.

22

aa)

Dabei kann zunächst dahingestellt bleiben, ob die in 1976 vom Ehemann der Klägerin an die Kinder vorgenommene Abtretung der Darlehensforderung zivilrechtlich wirksam geworden ist. Denn ein hierdurch begründetes Darlehensverhältnis (vgl. zu dieser Möglichkeit BFH-Urteil vom 10.08.1988 IX R 220/84, BStBl. II 1989, 137) wäre durch die in 1978 erfolgte vollständige Rückzahlung beendet worden.

23

(1.)

Für die steuerliche Beurteilung der Streitjahre kommt es daher entscheidend auf die erneute Darlehenshingabe vom März 1979 an (sog. Darlehen I lt. Ap.). Insoweit liegt ein schriftlicher Darlehensvertrag nicht vor. Dieser Umstand vermag die fehlende Ernstlichkeit des Darlehensverhältnisses nicht zu begründen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Vertragsverhältnisse zwischen Angehörigen auch mündlich vereinbart werden können. Dies setzt allerdings voraus, dass die mündlichen Absprachen von vornherein zu klaren und eindeutigen Regelungen geführt haben. Selbst wenn man entsprechend dem Vorbringen in der Klagebegründung davon ausgeht, dass ein Darlehensvertrag zwischen den Kindern, vertreten durch den Ehemann der Klägerin und der Klägerin mündlich abgeschlossen worden ist - darauf deutet der bilanzielle Ausweis einer Darlehensverbindlichkeit in der Ergänzungsbilanz der Klägerin hin -, wäre dieser Vertrag wegen fehlender Bestellung eines Ergänzungspflegers (schwebend) unwirksam gewesen, denn der Ehemann der Klägerin konnte die Kinder bei dem Darlehensgeschäft mit dem Ehegatten nicht vertreten (§§ 106, 1629 Abs. 2, 1795 Nr. 1 BGB). Zwar ist das Vertretungsverbot dann nicht anwendbar, wenn das Rechtsgeschäft dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Das trifft auf einen Darlehensvertrag, der auch die Verpflichtung zur Geldüberlassung begründet, nicht zu (vgl. BFH-Urteile vom 17.06.1994 III R 30/92, BFH/NV 1995, 197, 198; vom 23.06.1976 I R 140/75 NJW 1977, 456). Der Senat hat auch nicht feststellen können, dass die Kinder das Darlehensverhältnis nach Eintritt in die Volljährigkeit ausdrücklich genehmigt haben. Selbst wenn die vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Kenntnisnahme der Darlehensstände durch die volljährigen Kinder als nachträgliche - steuerlich ohnehin nur in die Zukunft wirkende (BFH-Urteil vom 25.11.1986 IX R 51/82, BFH/NV 1987, 159, 160) - Genehmigung des ursprünglichen Darlehensvertrages zu werten wäre, deutet die fehlende zivilrechtliche Formwahrung doch auf eine mangelnde Ernstlichkeit des Vertragsverhältnisses hin, die steuerlich eine private Veranlassung indiziert.

24

(2.)

Dafür spricht auch die vertragliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses. Die vorgetragenen Darlehensbedingungen halten in wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich nicht stand. Insoweit ist zunächst maßgebend, dass es an einer Vereinbarung über die Laufzeit des Darlehens fehlt, durch die Art und Zeitpunkt der Rückzahlung festgelegt wurden. Die in Anlehnung an die gesetzliche Regelung in § 609 Abs. 1 BGB vereinbarte Kündigungsklausel war insoweit unzureichend (vgl. BFH-Urteil vom 28.01.1993 IV R 109/91, BFH/NV 1993, 591). Sie ließ offen, ob die Beteiligten diese Möglichkeit ausschöpften. Damit war der Rückzahlungszeitraum in das Belieben der Vertragsparteien gestellt. Dies entspricht nicht dem üblichen Vertragsbild unter Fremden. Denn dort wird insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Planungssicherheit auf feste Vertragslaufzeiten und der damit einhergehenden regelmäßigen Zinsfestschreibung nicht verzichtet.

25

Dem Streitfall liegt auch kein dem Urteil des BFH in BStBl. II 1991, 838 vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, der ein Absehen von der Rückzahlungsvereinbarung ermöglichte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BFH-Urteil vom 28.01.1993 IV R 109/91, BFH/NV 1993, 590, 591). Dies gilt schon deswegen, weil die vertragsbeteiligten Kinder im Streitjahr nicht wirtschaftlich unabhängig waren und die Umstände der Darlehensvereinbarung wegen der fehlenden zivilrechtlichen Formwahrung Zweifel an der Ernstlichkeit begründeten.

26

Darüber hinaus entspricht auch die fehlende regelmäßige Auszahlung der Zinsen nicht dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Hierbei handelt es sich um eine den Schuldner treffende Hauptleistungspflicht, die - neben der Rückzahungsverpflichtung der Darlehenssumme - den wesentlichen Charakter des Darlehensverhältnisses ausmacht. Eine nach der vertraglichen Regelung mögliche langfristige Nichtzahlung der laufenden Zinsen weicht im Zusammenhang mit der fehlenden konkreten Laufzeitvereinbarung derart stark vom regelmäßigen Vertragsbild unter Fremden ab, dass sich hierin nach Auffassung des Senats deutlich die private Veranlassung des Vertrages dokumentiert. Dementsprechend hat der BFH in seiner Rechtsprechung die laufende Entrichtung der Zinsen jedenfalls in sog. Umwandlungsfällen (BFH-Urteil vom 12.02.1992 X R 121/88, BStBl. II 1992, 468, 469; BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1408, 1409 [BFH 15.04.1999 - IV R 60/98]), aber auch bei sonstigen Darlehen unter volljährigen, wirtschaftlich unabhängigen Verwandten für erforderlich gehalten (vgl. BFH-Urteil in BStBl. II 1991, 838, 840).

27

Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen auch dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden können, wenn die gebotene regelmäßige Auszahlung der geschuldeten Vergütung (Pacht bei Pachtverträgen, Gehalt bei Arbeitsverträgen) durch darlehensweise Rücküberlassungen ersetzt wird (BFH-Urteil vom 05.02.1988 III R 234/84, BFH/NV 1988, 628, 629; vom 25.02.1988 VI R 201/84, BFH/NV 1988, 695, 696 [BFH 26.01.1988 - VIII R 151/84]). Dies setzt allerdings voraus, dass das Darlehen selbst nach den unter Fremden üblichen Modalitäten gestaltet und vollzogen worden ist. Hierzu gehört auch die Entrichtung von Zinsen (vgl. auch BFH-Urteil vom 24.01.1990 X R 152/87, BFH/NV 1990, 695, 696). Daran fehlt es im Streitfall, der sich dadurch auszeichnet, dass ein tatsächlicher "Leistungsaustausch"über Jahre hinweg nicht bzw. nur in geringem Umfang stattgefunden hat. Dies ist unter Fremden bei Betriebsmittel- bzw. Investitionskrediten nicht üblich.

28

Demgegenüber ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin zugunsten der Kinder keine Sicherheit bestellt hat. Da die Kinder im Falle der Kündigung eine kurzfristige Rückzahlung des gesamten Darlehens erreichen konnten (Kündigungsfrist 90 Tage), war eine Absicherung der Darlehensforderung nicht geboten (so jedenfalls BFH-Urteil vom 28.01.1993 IV R 109/91 BFH/NV 1993, 590, 591 [BFH 28.01.1993 - IV R 109/91]; a.A. wohl BFH - 10. Senat - in BFH/NV 1990, 695, 696 [BFH 24.01.1990 - X R 152/87]).

29

(3.)

Ob das Darlehen I hinsichtlich der Verzinsung (Zinshöhe) nicht vereinbarungsgemäß vollzogen wurde, wie das Finanzamt es vorgetragen hat, lässt der Senat dahingestellt. Die Klägerin selbst ist zwar in ihrem Klagevorbringen von einem Zinssatz in Höhe von 8 % ausgegangen. Dieser Zinssatz erklärt sich auch vor dem Hintergrund, dass das Darlehen in Anknüpfung an den ursprünglichen Darlehensvertrag aus 1976 gewährt worden sein soll, wie der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragen hat. Demgegenüber ist in einem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz des Klägervertreters vom 21.04.1988, der an die Großbetriebsprüfung gerichtet war, der Zinssatz des Darlehens I mit 10 % bezeichnet worden. Der Senat lässt unter diesen Umständen dahingestellt, ob insoweit klare und eindeutige Vereinbarungen von Anfang an bestanden haben, denn bereits die fehlende Fremdüblichkeit der Darlehensgestaltung führt zur Versagung der steuerlichen Anerkennung.

30

bb)

Auch das im Januar 1985 von den nunmehr bereits volljährigen Kindern gewährte Darlehen über insgesamt 22.500,00 DM (lt. Ap. Darlehen II) kann nach Auffassung des Senats nicht der Besteuerung zugrundegelegt werden. Zwar ergeben sich hier keine Defizite hinsichtlich der vertraglichen Grundlagen. Der Senat geht allerdings im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung davon aus, dass bereits die fehlende Vereinbarung einer festen Laufzeit mit Regelung von Art und Zeitpunkt der Rückzahlung sowie die langjährige und damit dauerhafte Nichtauszahlung der Zinsen gegen eine betriebliche Veranlassung sprechen. Insoweit ist maßgebend, dass es sich hierbei um Hauptleistungspflichten handelt, deren Unüblichkeit besonders stark ins Gewicht fällt. Auf eine Auszahlung der Zinsen kann insbesondere bei Darlehensverhältnissen nicht verzichtet werden, deren Laufzeit aufgrund fehlender konkreter Rückzahlungsbestimmungen offen ist.

31

cc)

Der Senat kann dahingestellt lassen, ob die von der Rechtsprechung zu den sog. Umwandlungsfällen (Schenkung mit anschließender Darlehensrückgewähr) entwickelten Grundsätze der steuerlichen Anerkennung des Darlehensverhältnisses entgegenstehen (vgl. hierzu Nebenbericht des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 15.10.1993, Tz. 10.3, Bl. 64 Bp.-Akte I). Darauf kommt es nicht mehr an, weil bereits die fehlende Fremdüblichkeit der Hauptleistungspflichten des Darlehensschuldners die private Veranlassung hinreichend indiziert.

32

3.

Die Klage des Klägers Y ist unzulässig, weil dieser durch die allein die Klägerin betreffende Versagung des Zinsabzuges (Sonderbetriebsausgabe) nicht beschwert ist (§ 40 Abs. 2 FGO).

33

4.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Klärung der Frage, ob im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung von Angehörigen-Darlehensverträgen bereits die fehlende konkrete Rückzahlungsvereinbarung und die - vertraglich mögliche - langjährige zur Darlehenserhöhung führende Zinsansammlung anstelle der fortlaufenden Auszahlung der Zinsen die private Veranlassung indiziert, ist von grundsätzlicher Bedeutung.

34

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.