Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 26.09.1996, Az.: 14 UF 36/96

Maßstab für die Feststellung der Zerrüttung einer Ehe; Annahme einer Zerrüttung einer Ehe bei Nichtmehrbestehen einer häuslichen Gemeinschaft; Überwindbarkeit einer Ehekrise

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.09.1996
Aktenzeichen
14 UF 36/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 21392
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0926.14UF36.96.0A

Fundstellen

  • FamRZ 1997, 1213 (Volltext mit red. LS)
  • MDR 1997, 65 (Volltext mit red. LS)

Amtlicher Leitsatz

An die Feststellung der Zerrüttung einer Ehe sind strenge Maßstäbe anzulegen. Der Umstand, dass eine häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, reicht zur Annahme der Zerrüttung nicht aus.

Entscheidungsgründe

1

...

2

Die Berufung ist begründet, da die Ehe der Parteien nicht geschieden werden kann, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

3

Gemäß § 1565 Abs. 1 BGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Gemäß § 1566 Abs. 1 BGB wird die Zerrüttung unwiderleglich vermutet, wenn die Eheleute seit einem Jahr voneinander getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen. Im Übrigen ist, solange die Trennung noch keine drei Jahre andauert (§ 1566 Abs. 2 BGB) die Zerrüttung im Einzelfall festzustellen. Die Parteien leben seit September 1994 voneinander getrennt. Zwar ist der Antragsteller erst im April 1995 aus der einstmals ehelichen Wohnung ausgezogen, doch haben beide Parteien übereinstimmend bekundet, dass sie bereits September 1994 im gemeinsamen Hause getrennt voneinander gelebt hätten.

4

Da die Antragsgegnerin der Scheidung jedenfalls jetzt nicht mehr zustimmt, ist die Zerrüttung der Ehe positiv festzustellen. Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen, damit nicht der mit den Vermutungen des § 1566 verfolgte Zweck unterlaufen wird.

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Der Umstand, dass eine häusliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht, reicht zur Annahme der Zerrüttung nicht aus. Zwischen beiden Eheleuten bestehen vielmehr noch derart - offenbar auch gefühlsmäßige - Gemeinsamkeiten, dass der Senat sich nicht in der Lage sieht, die Feststellung zu treffen, dass die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten ist.

6

Beide Parteien hatten zwischenzeitlich anderweitige Beziehungen.

7

Während die Antragsgegnerin sich nach der Trennung einem anderen Mann zugewandt hatte, war das Verhältnis des Antragstellers zu einer anderen Frau der Anlass für die vorgenommene Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft. Die Antragsgegnerin hat jedoch angegeben, dass ihre Beziehung bereits seit längerer Zeit wieder beendet ist.

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Der Antragsteller hat gegenüber dem Senat am 20.06.1996 angegeben, dass auch seine Beziehung zu seiner damaligen Freundin beendet sei.

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Anlässlich seiner Anhörung am 19.09.1996 hat er zwar erklärt, dass man wieder Kontakte aufgenommen habe, doch sind diese offenbar so lose, dass sie keine anderweitige dauerhafte Partnerbindung darstellen. Gegen die Annahme einer Zerrüttung spricht aber insbesondere der Umstand, dass der Antragsteller die Antragsgegnerin täglich besucht und mit ihr gemeinsame Probleme erörtert. Darüber hinaus kommt es regelmäßig nahezu wöchentlich zum Verkehr zwischen beiden.

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Unter diesen Umständen erscheint die tatsächlich bestehende Ehekrise nicht unüberwindbar. Die weiterhin fortbestehenden auch geschlechtlichen Kontakte, die regelmäßig ein Mindestmaß an gegenseitiger Achtung und Zuneigung voraussetzen, belegen, dass die Eheleute auch ihre gegenseitigen Gefühle zueinander noch nicht verloren haben. dass keinerlei Versöhnungsbereitschaft mehr besteht, kann somit nicht festgestellt werden, weshalb der Scheidungsantrag abzuweisen war.

11

Unter diesen Umständen bedurfte es keiner Entscheidung darüber, ob die Scheidung für die Antragsgegnerin angesichts ihrer Erkrankung eine schwere Härte darstellen würde, die die Scheidung gemäß § 1568 BGB ausschließen würde.

12

Mit der Abweisung des Scheidungsantrages wurde die Folgeentscheidung über den Versorgungsausgleich gegenstandslos, sodass über das hiergegen gerichtete Rechtsmittel nicht mehr entschieden zu werden brauchte.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93 a Abs. 2, 91 Abs. 1 ZPO.