Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 17.09.1996, Az.: 5 U 62/96

Rückzahlung eines infolge einer Namensverwechslung zu Unrecht ausgezahlten Bausparguthabens; Voraussetzungen des Wegfalls der Bereicherung; Folgen des Bewusstseins von der fehlenden Berechtigung zum Empfang der Leistung im Rahmen der Kondiktionshaftung; Gleichsetzung des bewussten Sichverschließens hinsichtlich der fehlenden Berechtigung mit bedingtem Vorsatz; Anforderungen an die Bösgläubigkeit bei der Kondiktionshaftung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
17.09.1996
Aktenzeichen
5 U 62/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 21393
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0917.5U62.96.0A

Amtlicher Leitsatz

Ersatzansprüche bei infolge Namensverwechslung zu Unrecht ausgezahlter Bausparsummen eines Dritten

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Rückzahlung eines infolge einer Personenverwechslung den Beklagten ausgezahlten Bausparguthabens in Höhe von l0.420,62 DM.

2

Unter Vorlage der ihm irrtümlich von der ... zugesandten Bausparunterlagen des D.. ... und seines eigenen Personalausweises begehrte der Beklagte zu l) im Januar/Februar l995 in einer Filiale der Klägerin Überweisung des Bausparbetrages auf das Konto seiner Mutter, der Beklagten zu 2). Nach einer Bausparabfrage bei der ... , zweifacher fernmündlicher Nachfragen bei der Beklagten zu 2) und ihrer persönlichen Vorsprache in der Filiale wurde der Betrag ihrem Konto gutgeschrieben.

3

Die Klägerin ersetzte der ... , nachdem sich der Sachverhalt auf Intervention des D.. ... herausgestellt hatte, den Betrag und ließ sich der ... zustehende Ansprüche gegen die Beklagten abtreten. Der Beklagte zu l) zahlte der Klägerin 2O,62 DM zurück.

4

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu l) habe sie mit der Beklagten zu 2), der alle wesentlichen Umstände bekannt gewesen seien, durch Vorlage der Bausparunterlagen bewusst getäuscht.

5

Zwar habe der Beklagte zu l) ebenfalls einen Bausparvertrag bei der ... abgeschlossen; die Eckdaten seien jedoch völlig unterschiedlich - u.a. andere Vertragsnummer, Laufzeit seit l992, Sollsaldo ; es sei offensichtlich, dass sein Bausparvertrag noch nicht zuteilungsreif gewesen sein konnte.

6

Der Beklagte zu l) hat behauptet, er sei wie der Mitarbeiter der Klägerin einem Irrtum unterlegen; insbesondere sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er eine solche Summe in der Zeit nicht habe ansparen können. Im Zusammenhang mit seiner Beschäftigung vor Beginn seiner Arbeitslosigkeit als Autolackierer bei dem habe er wegen der vermögenswirksamen Leistungen seinen Bausparvertrag abgeschlossen. Das Geld - das die Beklagte zu 2) in drei Teilbeträgen abgehoben und ihm übergeben habe - habe er vollkommen verbraucht für Dinge des Lebensunterhaltes, Trink- und Essgelage und eine Anzahlung für den Führerschein seiner Frau.

7

Die Beklagte zu 2) hat behauptet, über die Vorgänge nicht unterrichtet gewesen zu sein.

8

Das Landgericht hat nach Vernehmung eines Mitarbeiters der Klägerin und der Ehefrau des Beklagten zu l) die Klage abgewiesen; die Beklagten seien entreichert, und nach dem von ihnen gewonnenen Eindruck sei ihnen allenfalls fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

9

Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

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...

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

12

Die Voraussetzungen der allein in Betracht zu ziehenden Kondiktions- und Deliktsansprüche auf Ersatz der dem Beklagten zu l) infolge einer Namensverwechslung zu Unrecht ausgezahlten Bausparsumme eines Dritten liegen nicht vor.

13

Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Beklagten zu l) gem. §§ 8l2 Abs. l, 8l8 Abs. 2 BGB kommt nur bei einer verschärften Haftung gem. § 8l9 Abs. l BGB infolge positiver Kenntnis von der Nichtberechtigung in Betracht, da er sich im Übrigen auf den Wegfall der Bereicherung gem. § 8l8 Abs. 3 BGB berufen kann. Das Geld ist nach der glaubhaften Aussage der Ehefrau des Beklagten zu l) bei der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, die durch die Angaben des Beklagten zu l) vor dem Senat nachvollziehbar gestützt werden, für Dinge ausgegeben worden, die sich die Eheleute sonst nicht geleistet hätten und durch die sie sich keinen mehr vorhandenen Vermögensvorteil geschaffen haben.

14

Ein Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) scheitert bereits daran, dass sie durch die Auszahlung der Bausparsumme nichts erlangt hat.

15

Deliktische Ansprüche gem. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB sowie § 826 BGB gegen beide Beklagte und i.V.m. § 83O Abs. 2 BGB gegen die Beklagte zu 2) als Gehilfin des Beklagten zu l) setzen im Hinblick auf die fehlende Berechtigung zum Empfang des Geldes vorsätzliches Handeln voraus. Dem dafür ausreichenden bedingten Vorsatz ist bei der Kondiktionshaftung das bewusste Sichverschließen gegenüber der fehlenden Berechtigung und den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gleichzusetzen (vgl. jüngst BGH-Urt. vom l2.7.l996 - V ZR 117/95 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

16

Nach der Zeugenvernehmung und dem von den Beklagten gewonnenen Eindruck ist der Senat wie bereits das Landgericht nicht davon überzeugt, dass den Beklagten ein entsprechendes Bewusstsein bei der Auszahlung der Bausparsumme vorgeworfen werden kann. Das geht zu Lasten der Klägerin, die insoweit die Beweislast trifft.

17

Es ist nicht auszuschließen, dass der Beklagte zu l) trotz des dagegen sprechenden objektiven Geschehensablaufs - lediglich l/2 Jahr Beschäftigung mit zwei Überweisungen in Höhe von je 78,- DM vermögenswirksamer Leistungen, Auszahlung über ein Konto seiner Mutter - das Ansparen der Bausparsumme subjektiv für möglich gehalten und insoweit zwar grob fahrlässig gehandelt hat, nicht aber eine Schädigung anderer billigend in Kauf genommen bzw. davor bewusst die Augen verschlossen hat. Der Beklagte zu l) hat von der Ausgestaltung und Abwicklung von Bausparvorgängen erkennbar allenfalls ganz diffuse Vorstellungen. In finanziellen Dingen wirkt er völlig unbedarft. Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass er nach Erhalt der Bausparunterlagen, wobei die Anschriftsdaten bis auf die auch nicht völlig unähnlichen Vornamen zutrafen, erst die Filiale der Klägerin aufsuchte, nachdem ihm auf fernmündliche Anfrage die Richtigkeit bestätigt worden war. Dort hat er nach der Beratung über die Vor- und Nachteile einer vorzeitigen Auflösung des Bausparvertrages unter wahrheitsgemäßer Offenlegung seiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse noch einmal gefragt, ob das seine Richtigkeit habe, und seinen Personalausweis dazu wunschgemäß vorgelegt. Dieses Vorgehen lässt in Verbindung mit dem gewonnenen Eindruck von seiner Persönlichkeit nicht den Schluss zu, er habe damals die offen liegenden Tatsachen, die seine Nichtberechtigung belegen, bewusst verdrängt, um an die Bausparsumme zu gelangen. Auch seine aufgebrachte Reaktion, als ihm die fehlerhafte Auszahlung eröffnet wurde, und das spontane Rückzahlungsversprechen erlauben keine andere Beurteilung. Beides könnte sogar auch als Beleg dafür gedeutet werden, dass ihm erst jetzt klar geworden war, dass es sich nicht um sein Geld gehandelt hatte, und er die daraus sich von ihm vorgestellten Konsequenzen mildern wollte. Keinesfalls lässt dies aber den sicheren Schluss auf seine anfängliche Bösgläubigkeit im vorgenannten Sinne zu.

18

Nach den in sich stimmigen Angaben der Beklagten zu 2) und dem von ihr gewonnenen Eindruck lässt sich der Vorwurf, sie habe von den Umständen insgesamt Kenntnis gehabt und bei der Auszahlung der Summe insoweit bewusst mitgewirkt, nicht erhärten.

19

Soweit die Berufung in der mündlichen Verhandlung nach der Vernehmung des Mitarbeiters der Klägerin vor dem Senat ihr Klagebegehren auch auf einen von dem Beklagten zu l) unterschriebenen Darlehensvertrag in Höhe der Klagesumme stützt, ist daraus ein Zahlungsanspruch ebenfalls nicht zu begründen. Der Zeuge hat ausdrücklich angegeben, dass es der Klägerin um eine Darlehensvereinbarung mit beiden Ehegatten gegangen sei, die Ehefrau des Beklagten zu l) dies aber abgelehnt habe. Die Unterschrift des Beklagten zu l) bewirkt nicht - wie die Berufung meint - einen Vertragsschluss jedenfalls mit einem Ehegatten, sondern stellt lediglich einen Teil der für den vorgesehenen Darlehensvertrag erforderlichen Willenserklärungen beider dar. Mit dem endgültigen Ausbleiben der weiteren Voraussetzung wurde die von der Klägerin selbst vorgeschlagene vertragliche Lösung mit beiden Ehegatten hinfällig. Mangels Darlegung der weiteren Einzelheiten lässt sich eine andere Beurteilung auch- nicht im Wege der - ergänzenden - Vertragsauslegung erreichen.

20

Die Berufung war daher insgesamt mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97 Abs. l, 708 Nr. l0, 7l3, 546 ZPO zurückzuweisen.