Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.02.2001, Az.: 17 UF 22/01

Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Ersetzung der Einwilligung der Kindsmutter in die Adoption; Rechtliche Voraussetzungen der Einwilligungsersetzung eines Elternteils

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.02.2001
Aktenzeichen
17 UF 22/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 30190
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:0221.17UF22.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Celle - 21.12.2000 - AZ: 8 F 8132/00

Fundstelle

  • FamRZ 2001, 1732-1733 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Ersetzung der Einwilligung der Kindesmutter zur Adoptionsfreigabe des Kindes

In der Sorgerechtssache
hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
am 21. Februar 2001
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Celle vom 21. Dezember 2000 aufgehoben.

Für das Kind ... geboren am ... wird eine Ergänzungspflegschaft eingerichtet und als Ergänzungspfleger Herr ... bestellt.

Gründe

1

I.

Die Beteiligte zu 1 ist Inhaberin der alleinigen Sorge für das Kind ... (§ 1626 a Abs. 2 BGB). Seit dem 13. März 1996 lebt das Kind bei den Pflegeeltern, den Beteiligten zu 3, gemeinsam mit deren leiblichen Kindern ... und ... Bei der Inpflegegabe hat die Kindesmutter erklärt, ... nicht wieder nehmen zu wollen. Etwa im Juni 1997 haben sich alle Beteiligten darauf geeinigt, dass die Beteiligten zu 3 das Kind zu einem späteren Zeitpunkt adoptieren würden und sollten, wobei das Adoptionsverfahren spätestens Ende 1999 eingeleitet und bis zur voraussichtlichen Einschulung ... im August 2000 beendet sein sollte. Anlässlich eines Besuchskontaktes Anfang Januar 2000 erklärte die Beteiligte zu 1, sie sei nunmehr nicht mehr mit einer Adoption einverstanden. Unter dem 13. März 2000 haben die Beteiligten zu 3 die Bestellung des Herrn ... als Ergänzungspfleger für ein Verfahren nach § 1748 BGB beantragt. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 21. Dezember 2000 den Antrag der Pflegeeltern auf Entzug der elterlichen Sorge der Kindesmutter für die Ersetzung einer Einwilligung nach § 1748 BGB kostenpflichtig zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 3, mit der sie nach wie vor die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft begehren, hilfsweise eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB.

2

II.

Das Rechtsmittel ist begründet. Das Amtsgericht hat die Voraussetzungen, unter denen die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB zulässig und geboten ist, verkannt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war ausschließlich die Frage, ob zur Ersetzung der Einwilligung der Mutter in die Adopition ein Ergänzungspfleger gemäß § 1909 BGB zu bestellen war.

3

Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 1748 Abs. 1 BGB ist ein Antrag des Kindes, den dieses jedoch nicht selbst stellen kann. Deshalb ist es notwendig, gemäß § 1909 BGB einen Ergänzungspfleger zu bestellen. Denn zwischen dem Kind und der Kindesmutter besteht in dem beabsichtigten Adoptionsverfahren ein massiver Interessenkonflikt, der es gemäß den §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 BGB rechtfertigt, der Beteiligten zu 1 die Vertretung des Kindes in der Adoptionsangelegenheit zu entziehen und insoweit nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Pfleger zu bestellen (OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 1686 ff. [OLG Karlsruhe 11.05.1999 - 11 Wx 33/99]; Ermann/Holzhauer, BGB, 10. Aufl., § 1748 Rnr. 24; Palandt-Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1796 Rnr. 2-4; Müko/Lüderitz, BGB, 3. Aufl., § 1748 Rnr. 25). Insoweit bedurfte es jedoch nicht, wie das Amtsgericht gemeint hat, des ausdrücklichen Antrages der Beteiligten zu 3, der Kindesmutter das Vertretungsrecht zu entziehen. Die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft bedeutet eine Einschränkung der Vertretungsbefugnis des Kindes in der Adoptionsangelegenheit. Auf die Frage - die vom Amtsgericht ausschließlich problematisiert worden ist - ob die Kindesmutter die Entscheidung zum Wohle ihres Kindes nicht mehr treffen kann, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Derartiges ist erst im Verfahren nach § 1748 Abs. 1 BGB zu klären, nachdem seitens des Ergänzungspflegers ein Antrag gestellt worden ist.

4

Der Senat weist vorsorglich für ein evtl. Verfahren auf folgendes hin:

  1. a)

    Gemäß § 50 b FGG ist es geboten, das Kind persönlich anzuhören (OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 1012 [OLG Karlsruhe 23.09.1994 - 11 Wx 23/94]).

  2. b)

    Angesichts des in einem Adoptionsverfahren der vorliegenden Art bestehenden Interessengegensatzes zwischen dem Kind und der Beteiligten zu 1 ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 50 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FGG geboten.

  3. c)

    Das Amtsgericht wird einen Jugendamtsbericht des örtlich zuständigen Kreisjugendamtes ... einzuholen haben. Insoweit wird Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführungen der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3 in der Beschwerdeschrift.