Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 12.02.2001, Az.: 1 U 17/00
Behandlungsfehler; Schadensersatz ; Sonographische Untersuchung; Hüftgelenke; Hüftdysplasie ; Säugling; Diagnostik
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.02.2001
- Aktenzeichen
- 1 U 17/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 21536
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:0212.1U17.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 823 BGB
Amtlicher Leitsatz
Zu den Voraussetzungen hüftsonographischer Untersuchungen bei Säuglingen zur Feststellung von Hüftdysplasien.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. März 2000 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12. 000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Die Parteien können die Sicherheit auch durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, öffentlichen Sparkasse oder einer sonstigen Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, erbringen.
Wert der Beschwer der Klägerin: 70. 449, 90 DM.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen angeblich fehlerhafter kinderärztlicher Behandlung auf Schadensersatz in Anspruch. Sie wirft ihr vor, eine gebotene sonographische Untersuchung der Hüftgelenke versäumt und dadurch eine angeborene Hüftdysplasie übersehen zu haben.
Die Klägerin wurde am 29. Dezember 1993 bei errechnetem Geburtstermin 2. Februar 1994 im Kreiskrankenhaus ....... per sectio geboren. Noch am gleichen Tag kam sie zur Behandlung in das Kinderkrankenhaus ......., wo beide Hüftgelenke sonographisch untersucht wurden. In dem Hüftsonographieprotokoll vom 29. /30. Dezember 1993 (Bl. 25 bis 27) wurde eine Kontrolluntersuchung nach 8 bis 10 Wochen empfohlen, weil der Alphawinkel links 'grenzwertig' sei. Am 7. Januar 1994 wurde im Kinderkrankenhaus ....... im Rahmen einer weiteren Säuglingsvorsorgeuntersuchung (der sog. U 2) erneut eine Hüftsonographie durchgeführt . Dabei wurden den Hüften die Werte '1a/1a' erteilt. In dem Abschlussbericht des Kinderkrankenhauses ....... vom 21. Februar 1994 (Bl. 18) wurde die Hüftsonographie vom 29. Dezember 1993 als 'unauffällig' beurteilt. Allerdings enthielt auch dieser Entlassungsbericht unter der Rubrik 'weitere Empfehlungen' den Hinweis 'Hüftsonographiekontrolle in der 8. bis 10. Lebenswoche'. Ab Februar 1994 befand sich die Klägerin bei der Beklagten in Behandlung. Diese untersuchte die Hüften nicht erneut sonographisch, sondern schloss an Hand einer optischen Untersuchung (sog. Pofaltenuntersuchung) das Vorliegen einer Hüftdysplasie aus. Die letzte ausführliche Untersuchung der Klägerin durch die Beklagte (die sog. U 6) fand am 21. Dezember 1994 statt. Im Januar 1995 zog die Klägerin mit ihren Eltern nach ......., wo am 12. Juli 1995 bei einer röntgenologischen Untersuchung eine schwere beidseitige Hüftdysplasie diagnostiziert wurde. Die Diagnose wurde in der Universitätsklinik ....... und dem .......Stift ....... bestätigt. Im .......Stift wurde im August 1995 eine Abspreizbehandlung der Hüftgelenke der Klägerin eingeleitet. Hierzu wurde sie mit einer sog. HDSchiene versehen, diese Schiene trug die Klägerin bis zum Juni 1996.
Die Klägerin hat der Beklagten in erster Instanz vorgeworfen, sie habe eine gebotene Hüftsonographie-Kontrolluntersuchung in der 8. bis 10. Lebenswoche fehlerhaft nicht durchgeführt. Die Notwendigkeit dieser Kontrolluntersuchung sei klar gewesen. Sie habe sich sowohl aus dem Abschlussbericht vom 21. Februar 1994 als auch aus dem Hüftsonographie-Protokoll vom 29. Dezember 1993 ergeben. Darüber hinaus sei die Beklagte auch darauf hingewiesen worden, dass in der Familie der Klägerin Wirbelsäulenschäden vorlägen und dass die Großmutter der Klägerin ein künstliches Hüftgelenk habe. Ab Sommer 1994 sei festgestellt worden, dass die Klägerin bei Sitzversuchen das rechte Bein abspreize. Auch hierauf sei die Beklagte im September 1994 hingewiesen worden. Schließlich habe die Klägerin im November/Dezember 1994 mit Laufversuchen begonnen und dabei u. a. einen 'Entengang' gezeigt. All dies sei der Beklagten nicht aufgefallen. Die unterlassene Kontrolluntersuchung sei ursächlich für den weiteren Krankheitsverlauf. Bei rechtzeitiger Kontrolle wäre eine Fehlentwicklung der Hüften erkannt worden. Dann hätte sofort eine Behandlung mit einer Spreizhose eingeleitet werden können, sodass die Klägerin am Ende ihres ersten Lebensjahres ohne Probleme gewesen wäre. Durch die Fehlbehandlung der Beklagten habe die Klägerin einen erheblichen Leidensweg hinter sich bringen müssen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 12 bis 14 der Klagschrift verwiesen. Zwar habe sich die linke Hüfte gut entwickelt. Die rechte Hüfte sei aber immer noch grenzwertig. Nach wie vor müsse die Klägerin operiert werden.
Die Beklagte hat Behandlungsfehler in Abrede gestellt. Nach dem Entlassungsbericht vom 21. Februar 1994 habe kein objektiver Befund für eine HüftsonographieKontrolle vorgelegen. Das Hüftsonographie-Protokoll vom 29. Dezember 1993 habe sie ebenso wenig erhalten wie Hinweise auf eine familiäre Vorbelastung der Familie der Klägerin sowie auf auffälliges Verhalten bei Sitz und Laufversuchen. Die von ihr durchgeführte optische Untersuchung sei durchaus geeignet, eine angeborene Hüftdysplasie zu erkennen. Die Beklagte hat ferner die Kausalität ihrer Behandlung für den Krankheitsverlauf der Klägerin in Abrede gestellt und behauptet, auch bei einer in der 8. bis 10. Lebenswoche durchgeführten Hüftsonographie wäre keine doppelseitige Hüftdysplasie erkannt worden. Ein Erkennen der Dysplasie Ende des Jahres 1994 etwa wegen auffälligen Laufverhaltens der Klägerin hätte zu keinem anderen Krankheitsverlauf geführt.
Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten und ein Ergänzungsgutachten eingeholt und gestützt auf diese Gutachten die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 9. März 2000 Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie trägt vor, die Beklagte habe nach 8 bis 10 Wochen, spätestens aber bis zum Ende des ersten Lebensjahres eine HüftsonographieKontrolluntersuchung durchführen müssen, und zwar schon deshalb, weil nach dem maßgeblichen erforderlichen Sorgfaltsmaßstab vom Arzt die sicherste Behandlungsmethode geschuldet werde. Für diesen zu fordernden Behandlungsstandard sei es unmaßgeblich, welche Vorbefunde im Krankenhaus ....... in ....... erhoben worden seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Vater der Klägerin ausdrücklich auf eine familiäre Disposition für Hüftdysplasien hingewiesen habe. Die unterlassene Untersuchung sei kausal für den Krankheitsverlauf der Klägerin. Nur eine HüftsonographieKontrolluntersuchung hätte eine verlässliche Grundlage für eine mögliche Therapie (Anlegen einer Spreizvorrichtung) geboten. Bei frühzeitigem Anlegen einer Spreizvorrichtung wären nach einem Jahr physiologische Hüftverhältnisse hergestellt worden. Tatsächlich liege aber immer noch ein operationswürdiger und pflichtiger Hüftbefund vor. Hinsichtlich der Kausalität nimmt die Klägerin für sich Beweiserleichterungen in Anspruch, weil sie der Auffassung ist, die Beklagte habe es unterlassen, medizinisch gebotene Befunde zu erheben. Hinsichtlich des Feststellungsantrags trägt die Klägerin vor, die Entwicklung ihrer Hüften sei noch nicht sicher absehbar.
Der Streithelfer der Klägerin nimmt ausschließlich auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 9. März 2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover 19 O 27/97 die Beklagte zu verurteilen,
1. ihr 5. 449, 90 DM nebst 4 % Zinsen auf 3. 276 DM seit dem 26. März 1997 und 4 % Zinsen auf 2. 173, 90 DM seit dem 12. August 1997 zu zahlen,
2. ihr ein in das Ermessen des Senats gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 50. 000 DM, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren, künftig nicht sicher vorhersehbaren inmateriellen und materiellen Schaden zu erstatten, der darauf beruht, dass die Beklagte bei der Klägerin nicht im Alter von acht bis zehn Wochen oder jedenfalls spätestens bis zum Ende des ersten Lebensjahres eine sonographische Hüftkontrolle durchgeführt hat, letzteren, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen,
4. für den Fall der Gewährung von Vollstreckungsnachlass der Klägerin zu gestatten, Sicherheit in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;
hilfsweise:
als Sicherheit im Rahmen des § 711 ZPO die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Der Streithelfer der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zu einer weiteren Hüftsonographie-Untersuchung sei sie nicht verpflichtet gewesen. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf den Arztbericht vom 21. Februar 1994, in dem die Hüftsonographie als 'unauffällig' bewertet worden sei und auf die Untersuchung vom 7. Januar 1995, welche einen hüftsonographischen Befund von 1 a/1 a ergeben habe. Auf diese ihr mitgeteilten Befunde habe sie sich verlassen dürfen. Informationen über eine etwaige familiäre Disposition für ein Hüftleiden habe sie nicht erhalten. Auch weitere später durchgeführte Untersuchungen hätten gegen die Notwendigkeit einer Kontrolluntersuchung gesprochen. So sei am 22. Januar 1994 festgestellt worden, dass die Hüftgelenke der Klägerin frei beweglich seien und keine Abspreizhemmung vorliege. Auch bei der am 31. März 1994 durchgeführten weiteren Kontrolluntersuchung, der sog. U 3, hätten sich keine Hinweise auf eine drohende Hüftgelenksschädigung ergeben. Insgesamt sei nach medizinischem Standard nicht damit zu rechnen gewesen, dass die Hüften der Klägerin pathologisch werden könnten. Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin überhaupt einen Schaden erlitten hat. Die Klägerin habe nicht einmal bewiesen, dass sie tatsächlich an einer Hüftdysplasie leide. Die Beklagte bestreitet die Kausalität zwischen der unterlassenen Kontrolluntersuchung und dem Krankheitsverlauf der Klägerin, insbesondere dass eine weitere Sonographieuntersuchung ein anderes Ergebnis als die Untersuchungen vom 29. Dezember 1993 oder 7. Januar 1994 ergeben hätte. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin sei nicht gegeben.
Die Streithelferin der Beklagten weist zwar darauf hin, sie habe der Beklagten eine sonographische Kontrolle nach 8 bis 10 Wochen empfohlen. Es spreche aber nichts dafür, dass eine sonographische Kontrolle für einen unterstellten Gesundheitsschaden der Klägerin kausal geworden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der Beklagten bei der Behandlung der Klägerin vorwerfbare Fehler unterlaufen sind.
Nach den eindeutigen und nachvollziehbaren Ausführungen des von der Klägerin selbst vorgeschlagenen Sachverständigen Prof. Dr. ......., an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, bestand für die Beklagte keine Veranlassung, bei der Klägerin sonographische Kontrolluntersuchungen der Hüften vorzunehmen.
Bei der am 29. Dezember 1993, dem Tag der Geburt der Klägerin, durchgeführten sonographischen Untersuchung im Kinderkrankenhaus ....... wurden beide Hüftgelenke als 'unauffällig' beurteilt. Dies ist so der Beklagten auch durch den Arztbericht des Kinderkrankenhauses ....... vom 21. Februar 1994 (Bl. 18 ff) mitgeteilt worden. In dem Hüftsonographieprotokoll vom 29. Dezember 1993 (Bl. 25 ff) wurden die Hüften der Klägerin als I a-Hüften nach Graf bewertet. Entsprechend wurden die Hüften der Klägerin auch bei der sog. U 2 am 7. Januar 1994 befundet. Der Sachverständige Prof. Dr. ....... hat bereits in seinem Gutachten vom 9. März 1998 (dort S. 4) darauf hingewiesen, dass in der maßgeblichen orthopädischen Literatur kein einziger Fall bekannt ist, in dem bei einem derartigen Ausgangssonographiebefund im weiteren Behandlungsablauf Hüftdysplasien oder Hüftluxationen aufgetreten sind.
Bei dieser Sachlage war - woran der Sachverständige keinen Zweifel gelassen hat - eine weitere sonographische Kontrolluntersuchung der Hüften der Klägerin durch die Beklagte nicht geboten.
Hieran ändert auch die im Arztbrief vom 21. Februar 1994 enthaltene Empfehlung, eine Hüftsonographiekontrolle in der 8. bis 10. Lebenswoche durchzuführen, nichts. Der Sachverständige Prof. Dr. ....... hat vielmehr diese Empfehlung vor dem Hintergrund der Untersuchungsbefunde vom Dezember 1993 und Januar 1994 für 'völlig unverständlich und nicht wissenschaftlich untermauerbar' gehalten (Sachverständigengutachten vom 9. März 1998 S. 3).
Soweit in dem HüftsonographieProtokoll vom 29. Dezember 1993 der Alpha-Winkel links als 'grenzwertig' bezeichnet wurde, hat der Sachverständige nach Nachmessen der Winkel auf den Bildern einen 'normalen Hüftgelenksbefund auf beiden Seiten' festgestellt, bei dem er weder eine Therapie eingeleitet noch eine erneute Kontrolle empfohlen hätte (Sachverständigengutachten vom 18. Februar 1999 S. 2). Dabei hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass man je nach dem wie man die Linien einzeichne zu geringen Gradzahlunterschieden beim Messen kommen könne. Daher würden bei seinen Untersuchungen nicht nur Alpha und BetaWinkel als gemessene Werte als Grundlage für die Beurteilung und der Therapie eines Hüftgelenkes zugrunde gelegt, sondern auch die Sonographie-Bilder der dynamischen Untersuchung.
Die in der Berufungsbegründung vorgetragene generelle Forderung der Klägerin, schon wegen des 'maßgeblichen erforderlichen Sorgfaltsmaßstabes' losgelöst von den erhobenen Vorbefunden in jedem Fall zumindest bis Ende des 1. Lebensjahres eine SonographieKontrolluntersuchung durchzuführen (Berufungsbegründung S. 5) findet in den Sachverständigengutachten keine Stütze. Maßgebend für den Sorgfaltsmaßstab bei einer medizinischen Behandlung sind nach Grad und Struktur primär die Maßstäbe der Medizin (Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 8. Aufl. Rn. 150). Dabei hat der Arzt sowohl für Diagnose als auch für Therapie einen ausreichenden Beurteilungs und Entscheidungsspielraum (Steffen/Dressler a. a. O. Rn. 153). Der Umfang seiner Diagnostik muss sich am konkreten Krankheitsbild orientieren (Steffen/Dressler a. a. O. Rn. 155 b). D. h. : erhobene Vorbefunde können für die weitere Diagnostik und Therapie sehr wohl von Bedeutung sein. Dies ist auch dem Sachverständigengutachten zu entnehmen. Denn der Sachverständige hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei den gegebenen Befunden keine weitere Sonographieuntersuchung erforderlich war. Dabei hat der Sachverständige entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht etwa ausschließlich auf seine eigenen individuellen Erfahrungen (die im Übrigen notwendigerweise in jede sachverständige Begutachtung einfließen müssen) abgestellt. Er hat vielmehr sowohl im Sachverständigengutachten vom 9. März 1998 als auch im Ergänzungsgutachten vom 18. Februar 1999 auf andere in der Literatur veröffentlichte wissenschaftliche Meinungen verwiesen, die seine gefundenen Ergebnisse stützen.
Der Beklagten kann mithin kein schuldhafter Behandlungsfehler vorgeworfen werden, sodass sich die weiteren in der Berufungsbegründung aufgeworfenen Fragen der Kausalität und der Beweiserleichterungen für die Kausalität nicht stellen.
Dies gilt auch, wenn man die von der Klägerin vorgetragenen Hinweise ihres Vaters an die Beklagte auf eine familiäre Disposition für Wirbelsäulenschädenerkrankungen und die behaupteten Hinweise der Großmutter der Klägerin auf deren Verhalten bei Sitzversuchen als gegeben unterstellt. Die entsprechenden bereits in der Klagschrift (vgl. Bl. 5 GA) aufgeführten Behauptungen waren dem Sachverständigen, dem am 6. Januar 1998 die gesamten Akten übersandt wurden (vgl. Bl. 166), aus den Gerichtsakten bekannt. Er hat im Hinblick auf den physiologischen Hüftgelenksbefund zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung durch die Beklagte ganz offensichtlich diesen Hinweisen bei seiner Beurteilung keine Bedeutung beigemessen, sonst hätte er sie zumindest erwähnt. Soweit die Klägerin auf Auffälligkeiten bei den ersten Gehversuchen hinweist, kann dies schon deshalb der Beklagten keine Veranlassung für weitere Untersuchungen gegeben haben, weil jene Gehversuche nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin erst im Frühjahr 1995 Auffälligkeiten (Entengang) gezeigt haben. Die letzte ausführliche Untersuchung der Klägerin durch die Beklagte fand aber bereits am 21. Dezember 1994 statt.
Da der Beklagten kein Behandlungsfehler vorzuwerfen ist, kann es auch dahinstehen, wie die später am 12. Juli 1995 in Dresden gefertigten Aufnahmen (die der Sachverständige so bewertet, dass ein grenzwertiger Befund vorliege, den er nicht mit einer Spreizvorrichtung behandelt hätte, sondern bei dem er die spontane Entwicklung abgewartet hätte (Sachverständigengutachten vom 18. Februar 1999 S. 8)) zu bewerten sind. Denn entscheidend ist nicht die retrospektive Betrachtung, sondern die Frage, ob die Beklagte nach ihrem seinerzeitigen Kenntnisstand eine Sonographie-Kontrolluntersuchung hätte durchführen müssen. Aus eben jenen Gründen kann auch dahinstehen, wie der Gesundheitszustand der Klägerin nach den weiteren späteren Befunden (so dem Befund vom 2. April 1977) zu beurteilen ist.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1 ZPO (Kosten des Berufungsverfahrens), 708 Nr. 10, 711 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils) und 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO (Festsetzung des Wertes der Beschwer).