Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 22.02.2001, Az.: 22 W 110/00

Pflichtteilsanspruch; Verjährung; Nacherbschaft ; Erbschein; Sonderrechtserbschein; Testamentsauslegung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.02.2001
Aktenzeichen
22 W 110/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 21607
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:0222.22W110.00.0A

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 2001, 161-162

Amtlicher Leitsatz

Zur Verjährung von Pflichtteilsansprüchen.

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 120. 000 DM.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts in dem angefochtenen Beschluss wird in '120. 000 DM' geändert.

Gründe

1

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

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I. Die angefochtene Entscheidung lässt keine Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) erkennen.

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1. Die Auslegung des Testamentes, das der Erblasser am 18. November 1968 errichtet hat, seine am 24. Oktober 1999 nachverstorbene zweite Ehefrau solle seine befreite Vorerbin, seine Söhne aus erster Ehe, der Beteiligte zu 1 und der Vater der Beteiligten zu 2 und 3, sollten Nacherben sein, sofern sie keine eigenen Abkömmlinge hätten, sonst diese, wie das Landgericht sie vorgenommen hat, dass der Erblasser nicht nur diejenigen Enkel zu Nacherben bestimmen wollte, die bei seinem Tode, sondern alle Enkel, die beim Tode seiner zweiten Ehefrau vorhanden sein würden, ist nach dem Inhalt des Testamentes und mit Rücksicht auf alle für dessen Auslegung wesentlichen Tatsachen nicht nur möglich, sondern drängt sich geradezu auf. Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass der Erblasser dem Zufall überlassen wollte, wer von seinen Enkeln, von denen noch keiner geboren war, als er testierte, ihn nach seiner Ehefrau beerbte, je nachdem ob der Nachfahre schon vor oder erst nach seinem - des Erblassers - Tode zur Welt kam. Darin hätte eine willkürliche Bevorzugung oder Benachteiligung von Enkeln gelegen, während diese nach dem Inhalt des Testamentes gleichberechtigt an die Stelle ihrer Väter treten sollten.

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2. Die zu Ziffer IV des Testamentes verfügte Verwirkung des Nacherbrechts der Söhne des Erblassers, des Beteiligten zu 1 und seines Bruders, Vaters der Beteiligten zu 2 und 3, falls sie nach seinem Tode von der Vorerbin den Pflichtteil verlangten, besagt nichts darüber, dass der Erblasser die Nacherbfolge nach seinem Tode geborener Enkel verhindern wollte. Die Tatsache, dass diese Regelung zunächst nur einen Sohn betreffen konnte, der beim Tode des Erblassers schon Kinder hatte, weil er andernfalls als Nacherbe bedacht und ohnehin nicht pflichtteilsberechtigt war, führt weder dazu, dass diese Regelung den Fall später geborener Enkel nicht erfasste, noch dazu, dass ein noch kinderloser Sohn die Nacherbschaft hätte ausschlagen müssen (§ 2306 Abs. 2 BGB), wenn er das Risiko vermeiden wollte, bei späterer Geburt eines eigenen Kindes nicht einmal seinen Pflichtteil zu erhalten. Er, namentlich der Beteiligte zu 1 wurde pflichtteilsberechtigt, als er mit der Geburt des Beteiligten zu 4 am 6. November 1994 seine Nacherbanwartschaft an diesen verlor, und hätte nunmehr von der Vorerbin seinen Pflichtteil fordern können. Die dreijährige Verjährung dieses Anspruchs begann erst zu diesem Zeitpunkt. Bis zu ihm war der Beteiligte zu 1 nicht, wie der Anspruch auf den Pflichtteil voraussetzt (§ 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB), durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen. Das Verständnis der Verjährungsregelung (§ 2332 Abs. 1 Fall 1 BGB), die Verjährung beginne stets schon mit der Kenntnis von dem Eintritte des Erbfalls und der Verfügung, die den Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigt, hier: dass er nur unter der weiteren Bedingung, bei Eintritt des Nacherbfalls kinderlos zu sein, als Nacherbe vorgesehen ist, ohne Rücksicht darauf, ob diese weitere Bedingung und damit die Beeinträchtigung wirklich eintritt, wäre verfehlt. Es widerspräche dem Grundsatz, dass die Verjährung eines Anspruchs nicht vor dessen Entstehen beginnen kann (§ 198 Satz 1 BGB).

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II. Davon abgesehen sieht der Senat sich veranlasst, darauf hinzuweisen, dass das Amtsgericht von Amts wegen zu prüfen haben wird, ob der Erbschein vom 12. Mai 2000 zu berichtigen ist, und zwar dahin, dass dieser keinen unbeschränkten, sondern lediglich einen Sonderrechtserbschein darstellt, der den hälftigen Miteigentumsanteil des Erblassers an dem Grundstück ....... in ....... nicht erfasst (dazu: Palandt-Edenhofer, BGB, 58. Aufl. , § 2353 Rdnr. 7). Sollte dieser Anteil zu keinem Zeitpunkt in Volkseigentum überführt gewesen sein, richtete die Erbfolge in diesen sich anders als für das übrige Vermögen des Erblassers nach dem Zivilgesetzbuch der ehemaligen DDR mit der Folge, dass insoweit die vom Erblasser angestrebte Vor- und Nacherbfolge aus Rechtsgründen ausgeschlossen sein könnte.

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Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht. Die Pflicht, die Gerichtskosten zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz; die Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht anzuordnen, weil kein in einem dem Beteiligten zu 1 entgegengesetzten Sinne Beteiligter sich am Verfahren der weiteren Beschwerde beteiligt hat.

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Die Entscheidungen zum Beschwerdewert beruhen auf § 30 Abs. 1 Hs. 1, § 131 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 KostO. Ausgehend von dem Nettonachlasswert von .............., den der Beteiligte zu 1 in seinem Erbscheinsantrag genannt hat, war sein Interesse am Verfahren mit der Hälfte dieses Wertes zu berücksichtigen abzüglich eines Drittels wegen der eingeschränkten Funktion des Erbscheins als reines Legitimationspapier.

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