Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.12.2008, Az.: 8 ME 59/08
Rechtmäßigkeit eines Widerrufs der Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister wegen Unzuverlässigkeit; Definition der Unzuverlässigkeit und Indizien für die Unzuverlässigkeit eines Bezirksschornsteinfegermeisters
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.12.2008
- Aktenzeichen
- 8 ME 59/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 27798
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2008:1211.8ME59.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 28.07.2008 - AZ: 1 B 2/08
Rechtsgrundlage
- § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz:
Widerruf der Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister wegen Unzuverlässigkeit
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. Juli 2008 hat keinen Erfolg. Aus den vom Antragsteller fristgerecht vorgetragenen und vom Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfenden Gründen ergibt sich kein Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den nach § 11 Abs. 4 SchfG sofort vollziehbaren Bescheid des Antragsgegners vom 19. Dezember 2007 anzuordnen.
Mit diesem Bescheid ist die Bestellung des Antragstellers zum Bezirksschornsteinfegermeister widerrufen worden, da der Antragsteller i. S. d. § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG unzuverlässig sei. Die Unzuverlässigkeit wurde auf im März 2007 festgestellte Mängel bei den vom Antragsteller vorzunehmenden allgemeinen Messungen sowie Überprüfungen an Feststoffbrennanlagen nach der 1. BImSchV, bei der Feuerstättenschau, der Kehrbuchführung sowie der Rechnungsstellung und im Umgang mit Kunden gestützt. Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Der Antragsteller habe zum Überprüfungszeitpunkt im März 2007 weiterhin - was auch zudem schon beanstandet und mit einem Warnungsgeld geahndet worden war - Rechnungen nicht in der gesetzlich festgelegten Frist erstellt. Zudem bestünden gewichtige Zweifel daran, dass die Feuerstättenschau im Jahr 2006 ordnungsgemäß durchgeführt und bescheinigt worden sei, sowie auch daran, dass das Kehrbuch ordnungsgemäß geführt worden sei. Bei der gebotenen Interessenabwägung seien diese Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers so gewichtig, dass der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen sei, ohne noch den weiteren Vorwürfen nachzugehen, der Antragsteller habe es in zahlreichen Fällen unterlassen, Gasgerüche ordnungsgemäß zu melden.
Die vom Antragsteller zur Begründung seiner Beschwerde fristgerecht vorgetragenen Gründe rechtfertigen keine Änderung dieser Entscheidung.
Dabei kann offen bleiben, ob für den Antrag überhaupt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist, nachdem für den vom Antragsteller zuletzt verwalteten Kehrbezirk bereits im Dezember 2007 einer neuer Bezirksschornsteinfegermeister bestellt und dessen Bestellung vom Antragsteller nicht angegriffen worden ist.
Selbst wenn man trotzdem zu Gunsten des Antragstellers von der Zulässigkeit seines Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ausgeht, ist der Antrag jedenfalls unbegründet. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO erforderliche Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil sich der umstrittene Bescheid vom 19. Dezember 2007 aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweist.
Dieser Widerrufsbescheid ist formell rechtmäßig. Die umfangreichen Ausführungen des Antragstellers dazu, dass der Bescheid vom 19. Dezember 2007 nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden und zu unbestimmt sei, beruhen auf der unzutreffenden Annahme, der Bescheid sei - am 28. Dezember 2007 - nur den jetzigen Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt worden. Tatsächlich ist der Widerrufsbescheid aber bereits einen Tag zuvor, also am 27. Dezember 2007, der Ehefrau des Antragstellers für diesen persönlich übergeben und damit dem Antragsteller i. S. d. § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bekannt gegeben worden. Aus dem Bescheid ergab sich auch mit der notwendigen Bestimmtheit, dass damit die Bestellung des Antragstellers als Bezirksschornsteinfegermeister aufgehoben wird. Dem Antragsteller war ferner zuvor gemäß § 28 VwVfG auch Gelegenheit gegeben worden, sich zu dem angekündigten Widerruf seiner Bestellung zu äußern. Von dieser Möglichkeit hat er über seine jetzigen Bevollmächtigen am 23. Juli 2007 ausführlich Gebrauch gemacht.
Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom 5. November 2008 weitere formelle Mängel des Bescheides vom 19. Dezember 2007 rügt, ist dieses Vorbringen schon nicht mehr innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO erfolgt und deshalb in diesem Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig, greift aber auch in der Sache nicht durch. Dass der von einem Mitarbeiter der Ordnungsabteilung des Antragsgegners erstellte Widerrufsbescheid wegen der Bedeutung der Angelegenheit von dem Kreisverwaltungsdirektor C. "im Auftrage" unterzeichnet worden ist, ist nach § 37 Abs. 3 VwVfG nicht zu beanstanden; ob er auch behördenintern ausdrücklich bevollmächtigt war, entsprechende Bescheide zu erlassen, ist hier unerheblich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.7.2000 - 2 B 19/00 -, Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 12). Die nach § 11 Abs. 2 SchfG gebotene Anhörung des Vorstandes der Schornsteinfegerinnung (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 8.3.1991 - 1 B 99/90 -, GewArch 1991, 271 f.) ist ordnungsgemäß erfolgt. Denn nach dem Schreiben des Obermeisters D. vom 2. April 2008 hat die Innung auf den Vorstandssitzungen vom 12. April und 16. Mai 2007 "über die Angelegenheit gesprochen und Einvernehmlichkeit erzielt". Anhaltspunkte dafür, dass diese Angabe des Obermeisters falsch ist oder die Vorstandssitzungen, etwa durch Ausschluss einzelner Vorstandsmitglieder, fehlerhaft durchgeführt worden sind, bestehen nicht.
Der Widerrufsbescheid ist aller Voraussicht nach auch materiell rechtmäßig. Ist ein Bezirksschornsteinfegermeister unzuverlässig, so ist seine Bestellung nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG zu widerrufen. Der Behörde steht also weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum zu.
Insoweit ist das Vorbringen des Antragstellers schon im Ansatz unverständlich, ein dennoch ausgeübtes Ermessen führe zur Rechtswidrigkeit des Bescheides; entsprechende Ausführungen wären vielmehr schlicht unerheblich. Im Übrigen hat der Antragsgegner in seinem Widerrufsbescheid auch gar kein Ermessen ausgeübt, sondern ist auf den vom Antragsteller in Bezug genommenen Seiten 12 und 13 ausdrücklich von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen.
Nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen, die auch für den Bezirksschornsteinfegermeister Anwendung finden (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 22.1.2001 - 3 V 5/01 -, sowie Musielak/Schira/Manke, Schornsteinfegergesetz, § 11, Rn. 6, m. w. N.), ist derjenige unzuverlässig, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Dabei kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (Senatsbeschl. v. 19.1.2007 - 8 ME 171/06 -). Von einer solchen Unzuverlässigkeit ist auszugehen, wenn der Bezirksschornsteinfegermeister Pflichtverletzungen von erheblichem Gewicht oder in großer Zahl begangen hat. In diesem Fall ist die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister auch dann zu widerrufen, wenn die Aufsichtsbehörde - anders als hier - zuvor keine Aufsichtsmaßnahmen nach § 27 SchfG verhängt hat (Senatsbeschl. v. 18.12.2002 - 8 ME 162/02 -, NdsVBl 2003, 134 ff. = GewArch 2003, 255 f.; = NdsRpfl 2003, 289 f.).
Gemessen an diesen Vorgaben ist der Antragsteller unzuverlässig, da er über längere Zeit Pflichtverletzungen jedenfalls in großer Zahl begangen hat, eine grundlegende Änderung seines Verhaltens nicht zu erwarten ist und sich der Widerruf daher im öffentlichen Interesse auch unter Berücksichtigung der schwerwiegenden Folgen für den Antragsteller als rechtmäßig erweist. Die nachfolgend im Einzelnen aufgeführten Pflichtverletzungen belegen, dass der Antragsteller entweder nicht willens oder nicht in der Lage ist, seine Aufgabenwahrnehmung als Bezirksschornsteinfegermeister so zu organisieren, dass sie den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Deutlich wird dies zunächst in der Art und Weise der Rechnungsstellung durch den Antragsteller. Der Antragsteller ist schon nach allgemeinen, nämlich umsatzsteuerrechtlichen Regelungen ( § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 UStG) verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung seiner grundstücksbezogenen Leistungen eine Rechnung auszustellen; auf diese Pflicht sind die Bezirksschornsteinfegermeister durch Schreiben des Landesinnungsverbandes Niedersachsen ausdrücklich hingewiesen worden. Im Übrigen galt und gilt unabhängig von dieser ausdrücklichen Regelung, dass ein Bezirksschornsteinfegermeister seine Aufgaben gemäß § 12 Abs. 1 SchfG ordnungsgemäß und gewissenhaft auszuführen hat. Aus dieser generalklauselartigen Beschreibung der Berufspflichten kann zwar kein exakter Zeitpunkt für die Rechnungsstellung abgeleitet werden. Zu der gewissenhaften Aufgabenwahrnehmung gehört aber ein angemessener Umgang mit den Kunden (vgl. Musielak/Scherer/Manke, a. a. O., § 27, Rn. 3 m. w. N.). Damit ist es unvereinbar, Rechnungen gehäuft erst kurz vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist auszustellen. Auf diese Weise wird den Gebührenschuldnern nämlich die Prüfung, ob die in Rechnung gestellten Leistungen ordnungsgemäß erbracht und abgerechnet worden sind, und/oder die Möglichkeit, die geltend gemachten Leistungen auf die Gebäudenutzer abzuwälzen, zumindest erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht (vgl. den - den Antragsteller betreffenden - Senatsbeschl. v. 15.2.2007 - 8 LA 142/06 -, DWW 2007, 153 ff.).
Dem Antragsteller ist u. a. wegen seiner verspäteten Rechnungsstellung bereits im August 2005 ein Warnungsgeld auferlegt worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt, und nicht erst ab der im Februar 2007 eingetretenen Bestandskraft dieses Bescheides, war der Antragsteller daher verpflichtet, es nicht zu weiteren Rückständen bei der Rechnungsstellung kommen zu lassen und die bis dahin nicht rechtzeitig erstellten Rechnungen nunmehr unverzüglich zu fertigen. Dieser Pflicht ist er nicht hinreichend nachgekommen. Denn im März 2007 sind 46 Rechnungen für das Jahr 2004, 74 Rechnungen für das Jahr 2005 und 14 Rechnungen für das Jahr 2006 noch nicht erstellt gewesen. Zudem hat der Antragsteller auch in weiteren Fällen nach Verlängerung der Warnungsgelder im August 2005 Rechnungen erst lange nach Ablauf der angeführten Frist von sechs Monaten seit der erbrachten Leistung erstellt. Wenn es der Antragsteller auch unter Zuhilfenahme anderer Personen bei Tätigkeiten, die er als Bezirksschornsteinfegermeister nicht persönlich erbringen muss, nicht geschafft hat, die Rückstände bei der Rechnungsstellung innerhalb von 1,5 Jahren abzuarbeiten, dann lässt dies den Schluss zu, dass er zu einer angemessenen Organisation seiner Tätigkeit nicht der Lage ist.
Dieser berechtigte Vorwurf liegt im Kern auch den weiteren, nicht bereits durch das Warnungsgeld "verbrauchten" Beanstandungen zu Grunde, dass der Antragsteller in den Jahren 2003 und 2004 in Einzelfällen nicht alle Messungen an Feuerungs- und Abgasanlagen - wie nach § 15 der 1. BImSchV geboten - im jeweiligen Kalenderjahr, sondern erst im Folgejahr durchgeführt hat und dass - ungeachtet der im Einzelnen streitigen genauen Anzahl der Fälle - etwa die Hälfte der im Kalenderjahr 2006 insgesamt durchzuführenden, über 500 Feuerstättenschauen geballt erst im Dezember 2006 und damit unter erheblichem Zeitdruck und unter Inkaufnahme einer nur noch oberflächlich möglichen Kontrolle erfolgt sind.
Das fehlende Organisationsvermögen des Antragstellers wird weiterhin durch die Art und Weise seiner im streitigen Zeitraum nach § 19 Abs. 2 SchfG i. V. m. § 14 SchfV erforderlichen Kehrbuchführung bestätigt. Gemäß § 14 Abs. 1 der seinerzeit noch gültigen Schornsteinfegerverordnung war der Bezirksschornsteinfegermeister dafür verantwortlich, dass die Eintragungen im Kehrbuch vollständig, richtig geordnet und dokumentenecht vorgenommen sowie stets auf dem neuesten Stand gehalten werden. Eine Eintragung durfte nicht in einer Weise verändert werden, dass die ursprüngliche Eintragung nicht mehr feststellbar war. Die Kehrbücher konnten auch auf elektronischen Datenträgern geführt werden, wenn sichergestellt war, dass die Daten während der Aufbewahrungsdauer verfügbar waren und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden konnten. Kehrbücher mussten jährlich abgeschlossen und, soweit sie auf elektronischen Datenträgern geführt wurden, zu Beginn des jeweils folgenden Jahres ausgedruckt werden.
Hiernach musste auch bei der vom Antragsteller praktizierten und grundsätzlich zulässigen elektronischen Kehrbuchführung am Jahresende ein Abschluss erfolgen. Danach durften grundsätzlich keine Änderungen mehr erfolgen, zumindest aber mussten sie als solche und mit ihrem jeweiligen Änderungsdatum erkennbar sein.
Diesen Anforderungen hat die Kehrbuchführung des Antragstellers nicht entsprochen, da jedenfalls nicht erkennbar ist, mit welchem Inhalt der Antragsteller seine Kehrbücher jeweils zum Ende der Jahre 2004 bis 2006 abgeschlossen hat. Der Antragsgegner hat dazu in der Anlage zum Schreiben vom 6. Februar 2008 eine Gegenüberstellung der Angaben eingereicht, die sich auf der Grundlage der ihm über die Innung jeweils zum Jahresende vom Antragsteller eingereichten Kehrbücher einerseits und der im März 2007 erfolgten Kehrbezirksüberprüfung andererseits ergeben haben. Diese Gegenüberstellung weist zahlreiche Differenzen auf, die der Antragsteller zunächst durch die Verwendung einer zulässigen Codierung und ergänzend durch Übertragungsfehler des Antragsgegners zu erklären versuchte. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat und dem Antragsteller mit gerichtlicher Verfügung vom 6. November 2008 nochmals im Einzelnen dargelegt worden ist, lässt sich damit jedoch nicht erklären, warum in einer Vielzahl von Fällen die im März 2007 festgestellten Arbeitswerte höher als zuvor lagen. Der Antragsteller hat dazu angegeben, die ursprünglichen Kehrbuchzahlen stammten nicht von ihm. Das aber ist nicht glaubhaft. Wenn der Antragsteller insoweit nicht bewusst die Unwahrheit sagt, wovon zu seinen Gunsten ausgegangen wird, lassen sich die Abweichungen nur damit erklären, dass der Antragsteller nach der jeweiligen Abgabe der Kehrbücher nachträglich in seinen elektronisch geführten Unterlagen Änderungen vorgenommen hat und diese nunmehr selbst nicht mehr zeitlich zuordnen kann. Dafür spricht - bezogen auf das Jahr 2005 - auch der Vergleich der Kehrbezirksdaten, die nach den Angaben des Antragsgegners "per 31.12.2005" vom Antragsteller an die Schonsteinfegerinnung übermittelt worden sind, mit den geringfügig abweichenden Daten, die der Antragsteller nach dem Schreiben des Antragsgegners vom 25. Juni 2008 insoweit dort unter dem Datum "10.2.2006" unmittelbar eingereicht hat. Mit dieser Art der Kehrbuchführung wird aber dessen Zweck verfehlt, jederzeit einen verlässlichen Überblick des Kehrbezirks zu vermitteln. Deshalb gehört gerade die ordnungsgemäße Führung des Kehrbuchs zu den wesentlichen Pflichten eines Bezirksschornsteinfegermeisters (vgl. Senatsbeschl. v. 18.12.2002, a. a. O.).
Die fehlende Übersicht des Antragstellers wird durch seine Reaktion auf den Vorhalt unterstrichen, von ihm bei der Feuerstättenschau ausgestellte Bescheinigungen seien unvollständig gewesen. Dies hat der Antragsteller ebenso in Abrede gestellt wie die Tatsache, dass seine dazu im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten Belege nicht den bei der Kehrbezirksüberprüfung festgestellten Originalen entsprochen haben. In der Anlage zum Schreiben vom 11. November 2008 haben die zur Kehrbezirksprüfung hinzugezogenen Gutachter dann mehrere Fälle belegt, in denen die Originale - anders als die von ihm nachgereichten Kopien - nicht vom Antragsteller unterzeichnet worden sind. Dazu hat sich der Antragsteller nicht mehr geäußert und im Übrigen abweichend von seinem vorhergehenden Vorbringen geltend gemacht, in einem Fall eine Originalbescheinigung bereits einen Tag nach ihrer Erstellung ergänzt und dem Kunden eine neue, der vorgelegten Kopie entsprechende, also nachgebesserte Bescheinigung übersandt zu haben.
Die organisationsbedingten Mängel in der Arbeitsweise des Antragstellers wirken sich schließlich auch unmittelbar auf die der Gefahrenabwehr dienende Tätigkeit eines Bezirksschornsteinfegermeisters aus. Dazu gehört z. B. die nach § 15 der 1. BImSchV jährlich notwendige Überwachung von (größeren) Feststoffbrennanlagen. Im Kalenderjahr 2006 hat der Antragsteller jedoch keine der vier danach überwachungsbedürftigen Anlagen kontrolliert, und dies auch nicht bis zur Kehrbezirksprüfung Mitte März 2007 nachgeholt. Sein Einwand, dies sei teilweise wegen Defekten an den Anlagen nicht möglich gewesen, hat sich nach Überprüfung durch den Antragsgegner jedenfalls bezogen auf das gesamte Kalenderjahr als unzutreffend erwiesen. Zudem hat der Antragsteller über die dann am 23. März 2007 von ihm nachgeholte Überprüfung auf Anforderung des Antragsgegners am 14. September 2007 ein falsches Messprotokoll vorgelegt. Darin wird der Fa. E. Haus für ihre Anlage des Herstellers F. bei Verwendung von "Holzverarbeitungsresten" als "sonstiger Brennstoff" und einem festgestellten Kohlenmonoxidgehalt im Abgas von 0,5 g pro Kubikmeter unter dem 23. März 2007 ein der 1. BImSchV entsprechendes Messergebnis bescheinigt. Tatsächlich ist die Bescheinigung mit diesem Inhalt aber erst später, und zwar frühestens im Mai 2007, erstellt worden. Außerdem ist die Bescheinigung auch inhaltlich unrichtig. Entweder ist die Angabe der Brennstoffart richtig gewesen - wie der Antragsgegner geltend macht -, dann liegt der gemessene Kohlenmonoxidgehalt im Abgas weit über dem zulässigen Grenzwert von 0,3. Oder aber die Heizung ist - wie vom Antragsteller vorgetragen, aber bezogen auf den maßgeblichen Messzeitpunkt trotz Aufforderung nicht belegt wird - mit naturbelassenem Holz bestückt worden, dann ist zwar der insoweit höhere Grenzwert von 0,5 noch gewahrt worden, die Bescheinigung aber hinsichtlich der Brennstoffangabe unrichtig. Außerdem ist dann unverständlich, warum der Antragsteller, dem diese fehlerhafte Brennstoffangabe bereits im Mai 2007 aufgefallen sein will, dem Betreiber nicht unverzüglich unter dem aktuellen Datum eine korrigierte Messbescheinigung ausgestellt und diese dann im September 2007 auch dem Antragsgegner vorgelegt hat. So muss der Eindruck entstehen, der Antragsteller halte trotz des gegenteiligen ausdrücklichen Hinweises durch die fachkundige Zentralstelle vom Mai 2007 eine Überschreitung des Grenzwertes für Kohlenmonoxid im Abgas für zulässig.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller die angeführten Mängel in seiner Arbeitsweise zukünftig abstellen kann und abstellen wird, sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller ist nach gegenwärtigem Erkenntnisstand demnach als unzuverlässig im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG anzusehen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich schließlich auch nicht aus den durch Gesetz vom 26. November 2008 (BGBl. I S. 2242) erfolgten Änderungen des Schornsteinfegergesetzes. Denn hier kommt es - wie dargelegt - auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Widerrufes im Dezember 2007 an. Zudem bleibt der bisherige Tätigkeitsbereich eines bereits bestellten Bezirksschornsteinfegermeisters ohnehin übergangsweise bis zum Jahresende 2012 weitgehend erhalten. Erst danach wandelt sich seine Bestellung gemäß § 48 des neuen Schornsteinfegerhandwerksgesetzes in eine solche zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger i. S. d. Schornsteinfegerhandwerksgesetzes um.