Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.11.1998, Az.: VI 679/96

Verpflichtung zur Benennung des Empfängers bei Berücksichtigung von Betriebsausgaben; Vorausssetzungen des Benennungsverlangens; Empfängerbenennung bei Domizilgesellschaft; Definition des Begriffs "Verdeckte Gewinnausschüttung"

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.11.1998
Aktenzeichen
VI 679/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 18743
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1998:1117.VI679.96.0A

Verfahrensgegenstand

Körperschaftsteuer 1991 bis 1993

Gewerbesteuermessbetrag 1991 bis 1993

Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 KStG auf den 31.12.1991 bis 31.12.1993

In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 17. November 1998,
an der mitgewirkt haben:
Präsident des Finanzgerichts ... als Vorsitzender ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Kaufmann
ehrenamtlicher Richter ... Facharzt für Innere Medizin
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen der Klägerin an eine Schweizer Firma zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen sind und vom Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) aufgrund eines PKW-Kaufs von der Ehefrau des Gesellschafters abzusehen ist.

2

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Bau und Vertrieb von Mehrzweckhallen sowie der Betrieb einer Zimmerei als handwerklicher Nebenbetrieb ist. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist Herr L. Die Klägerin leaste von der VAG-Leasing GmbH durch Vermittlung der Autohaus S GmbH einen Audi V 8 für die Dauer von 24 Monaten. Nach den Leasingbedingungen des Vertrages war ein Erwerb des Fahrzeugs vom Leasinggeber (VAG-Leasing GmbH) durch den Leasingnehmer (Klägerin) nach Vertragsabschluss ausgeschlossen. Nach Beendigung des Leasingvertrages im Februar 1993 erwarb die Ehefrau des Alleingesellschafters das Leasingfahrzeug für 32.200 DM brutto von der Autohaus S GmbH.

3

Im September 1993 verkaufte die Ehefrau dieses Fahrzeug an die Klägerin zum Preis von 45.000 DM brutto. Das Fahrzeug war während der gesamten Zeit auf die Klägerin zugelassen. Der Beklagte erfasste den Differenzbetrag zwischen Anschaffungspreis und Veräußerungspreis bei der Ehefrau in Höhe von 12.800 DM als vGA.

4

Ferner berücksichtigte die Klägerin in 1991 einen Betrag von 67.063 DM und 1992 einen Betrag von 56.300 DM gewinnmindernd. Diese Zahlungen an die P C I AG, L /Schweiz (PCI), sind nach Angaben der Klägerin für die Erstellung einer Markt- und Standortanalyse mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für ein Tenniscenter in L geleistet worden. Nach Auskunft des Bundesamtes für Finanzen handelt es sich bei der PCI um eine Domizilgesellschaft. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unterlagen des Bundesamtes für Finanzen (blauer Halbhefter) Bezug genommen. Nach Aufforderung durch den Beklagten, einen Empfängernachweis vorzulegen, reichte die Klägerin lediglich einen Handelsregisterauszug des Kantons L ein. Im Klageverfahren legte sie zudem ein Ergebnisprotokoll der Ermittlungen einer Detektei vor. Der Beklagte versagte den Abzug der Zahlungen als Betriebsausgabenund änderte die Körperschaftsteuerbescheide 1991 bis 1993, Gewerbesteuermessbescheide 1991 bis 1993 sowie die Bescheide über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals auf 31. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1993 entsprechend. Wegen des Inhalts der Festsetzungen wird auf die vorgenannten Bescheide in den Steuerakten Bezug genommen. Die Einsprüche wies der Beklagte als unbegründet zurück.

5

Hiergegen erhob die Klägerin Klage mit dem Begehren, vom Ansatz der vGA für 1993 abzusehen sowie die Zahlungen an die PCI zum Abzug zuzulassen. Zur Begründung führt sie aus, die Angaben im Einspruchsbescheid zum Leasingvertrag seien unrichtig. Die Klägerin habe gegenüber der Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht auf einen Vorteil verzichtet. Im übrigen habe ihr kein Wahlrecht zugestanden, da ein Erwerb des Fahrzeuges durch den Leasingnehmer ausgeschlossen gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 15. Januar 1997 (Bl. 15 f der Klageakte) Bezug genommen.

6

Die Zahlungen an die PCI seien zum Abzug zuzulassen, da es sich nicht um eine Domizilgesellschaft handele. Die Klägerin habe mit der PCIüber Herrn Sch verhandelt. Diesen habe sie über den Schweizer Sportbekleidungs-Großhändler G kennengelernt. Nach Angaben von Herrn Sch sei das Gutachten durch die Herren Se und Sc erstellt worden. Diese hätten als freie Mitarbeiter der PCI gearbeitet. Die Klägerin habe zudem weitere Nachforschungen angestellt. Hiernach sei einziger Verwaltungsrat der PCI, Herr B. Der Aktionärskreis sei unbekannt und nicht ermittelbar.

7

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Bescheide dergestalt zu ändern, dass für 1991 ein Betrag in Höhe von 69.063 DM und für 1992 in Höhe von 56.500 DM als Betriebsausgaben berücksichtigt werden sowie für 1993 von einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 12.800 DM abgesehen wird.

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Zur Begründung trägt er vor, nach Rücksprache mit der DEKRA entspreche der Preis im Februar 1993 dem Verkehrswert des Fahrzeuges. Demzufolge sei der Preis für September 1993 überhöht gewesen, so dass die Differenz als vGA zu behandeln sei.

10

Die Zahlungen an die PCI seien gemäß § 160 Abgabenordnung (AO) nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. In den von der Klägerin eingereichten Unterlagen seien die Empfänger der Zahlungen nicht in dem erforderlichen Maße benannt. Hierzu gehöre die Angabe des vollen Namens sowie der Adresse. Bisher seien weder die wirtschaftliche Betätigung der Gesellschaft noch die tatsächlichen Empfänger der Zahlungen nachgewiesen worden. Ungewissheiten hinsichtlich der Person des Empfängers gingen zu Lasten der Klägerin.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage ist unbegründet.

12

Die Entscheidung des Beklagten, die Zahlungen an die PCI nicht anzuerkennen, ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist dem Verlangen des Beklagten, die hinter der PCI stehenden Personen zu benennen, nicht nachgekommen. Sie hat damit gegen die Verpflichtung des § 160 AO verstoßen.

13

Gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sind u.a. Betriebsausgaben regelmäßig steuerlich nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder Empfänger genau zu benennen. Die rechtmäßige Anwendung des§ 160 AO ist nach ständiger Rechtsprechung dahingehend zuüberprüfen, ob nach pflichtgemäßem Ermessen ein Benennungsverlangen geboten ist und ggf. anschließend, ob die Hinzurechnungen dem Grunde und der Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen entsprechen (vgl. Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BFHE 183, 358 mit weiteren Nachweisen).

14

Ein Benennungsverlangen ist grundsätzlich dann gerechtfertigt,wenn die Vermutung nahe liegt, der Zahlungsempfänger habe den Bezug zu Unrecht nicht versteuert. Dies gilt auch dann, wenn einem Steuerpflichtigen mit Sicherheit Aufwendungen entstanden sind (BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 66/86, BFHE 158, 7, BStBl II 1989, 995). Eine derartige Vermutung liegt insbesondere dann nahe, wenn der Zahlungsempfänger eine ausländische Domizilgesellschaft, d.h. ein Unternehmen ohne eigenen Geschäftsbetrieb, ist, so dass eine Leistungserbringung durch den Zahlungsempfänger ausgeschlossen werden kann.

15

Im Streitfall war ein Benennungsverlangen gerechtfertigt, da die von der Klägerin geleisteten Zahlungen an eine Domizilgesellschaft gingen. Die vom Beklagten durch das Bundesamt für Finanzen vorgetragenen Tatsachen belegen die Domizileigenschaft der PCI AG. Der als Verwaltungsrat aufgetretene Herr B, der zugleich Verwaltungsrat des schweizerischen Sportartikel Grossisten ist, über welchen der Kontakt der Klägerin hergestellt worden sein soll, tritt in der Schweiz für eine Vielzahl von Firmen auf, die ganzüberwiegend unter derselben als Domiziladresse bekannten Anschrift residieren. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin erfolgte die Gutachtenerstellung schließlich nicht durch die PCI, sondern durch freie Mitarbeiter.

16

Die Klägerin hat die Empfänger der Zahlungen nicht hinreichend genau bezeichnet.

17

Zu einer Empfänger- bzw. Gläubigerbenennung gehört die Angabe des vollen Namens sowie der Adresse. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Empfänger der in § 160 Abs. 1 Satz 1 AO bezeichneten Ausgaben derjenige ist, dem der in der Betriebsausgabe enthaltene wirtschaftliche Wert übertragen wurde. Bei Domizilgesellschaften genügt nicht die Benennung der Domizilgesellschaft als solcher, sondern es bedarf der Benennung der hinter der Gesellschaft stehenden Person. Hierbei kommt es weniger auf die formale Stellung als Geschäftsführer oder Gesellschafter an, sondern maßgebend ist die Person, bei der sich die Geldzahlung steuerrechtlich auswirkt (vgl. BFH-Urteil vom 30. August 1995 I R 126/94, BFH/NV 1996, 267).

18

Im Streitfall ist die Klägerin dem Benennungsverlangen nicht hinreichend nachgekommen. Zwar hat sie die vollständige Anschrift der PCI benannt. Doch fehlt es schon an der hinreichenden Benennung der hinter der PCI stehenden natürlichen Personen. Hierfür reicht insbesondere weder dieÜbersendung eines Handelsregisterauszuges aus, da nach den Erkenntnissen des Bundesamtes für Finanzen die PCI lediglich eine Domizilgesellschaft ist. Ebenso wenig genügt es den Verwaltungsrat als geschäftsführende Person zu bezeichnen, da die formale Stellung als Verwaltungsrat für eine Vielzahl von Domizilgesellschaften keinen Aufschluss darüber gibt, wem wirtschaftlich die Gelder verblieben, also steuerlich zuzurechnen sind.

19

Die Angaben der vermittelnden Person hat für sich keinerlei Beweiswert, da sie nach Angaben der Klägerin nicht Empfängerin im Sinne des § 160 AO gewesen ist. Schließlich kann auch die Benennung der Herren S und Sc nicht zum Abzug der Betriebsausgaben führen. Die Klägerin behauptet selbst lediglich, dass es sich hierbei um freie Mitarbeiter der PCI gehandelt hat. Ob diese Personen die Empfänger der Zahlungen waren oder lediglich pauschal durch die PCI entlohnt wurden, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Insofern fehlt es weiterhin an der Empfängerbezeichnung im Sinne des § 160 AO.

20

Die Klage ist auch hinsichtlich der vGA wegen des PKW-Kaufs von der Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers unbegründet. Unter einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.

21

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Differenz zwischen Einkaufspreis im Februar 1993 und Verkaufspreis im September 1993 in Höhe von 12.800 DM hat sich bei der Klägerin als Vermögensminderung ausgewirkt, da insofern keine Gegenleistung von ihr erzielt wurde. Bereits aufgrund des von der Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers gezahlten Preises und der zeitlichen Nähe zwischen Ein- und Verkauf ist davon auszugehen, dass der spätere Verkaufspreis nicht dem tatsächlichen Wert des Fahrzeuges entsprach. Ohne Durchführung werterhöhender Maßnahmen, die von der Klägerin nicht behauptet wurden, verlieren Kraftfahrzeuge durch Benutzung und Zeitablauf an Wert, so dass der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass der Verkaufspreis zumindest nicht den Einkaufspreis übersteigt. Die Klägerin hat demgegenüber keine Tatsachen vorgetragen, die diesen typischen Geschehensablauf entkräften könnten, also dervereinbarte Kaufpreis dem Verkehrswert des Fahrzeuges entsprach.

22

Die eingetretene Vermögensminderung ist durch das Gesellschaftsverhältnis verlasst. Ein ordentlicher und gewissenhafter Fremdgeschäftsführer hätte einen Erwerb des Fahrzeuges über den Verkehrswert nicht zugestimmt. Die überhöhte Kaufpreiszahlung ist lediglich durch das Eheverhältnis zwischen Gesellschafter- Geschäftsführer und Ehefrau zu erklären. Hierfür spricht insbesondere auch, dass die Klägerin auch nach Beendigung des Leasingvertrages weiterhin als Fahrzeughalterin die Steuer und Versicherung für das Fahrzeug gezahlt hat.

23

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es auf die allgemeinen Vertragsbedingungen des Leasingvertrages nicht an. Abgesehen davon, dass lediglich ein Verkauf des Leasingfahrzeuges durch die VAG-Leasing GmbH an die Klägerin ausgeschlossen war und nicht durch den vermittelnden Betrieb Autohaus S GmbH, könnte hierdurch lediglich der Erwerbdurch die Ehefrau des Geschäftsführers erklärt werden. Auf den späteren Verkauf und die Höhe des dabei vereinbarten Kaufpreises haben die Vertragsbedingungen keinerlei Einfluss. Auf die Ausführungen der Klägerin zu etwaigen Ausgleichszahlungen wegen vorhandener Mehr- oder Minderkilometer bei Vertragsablauf kommt es für den Streitfall nicht an, da die streitige Gewinnausschüttung sich allein als Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis darstellt.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.