Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 08.02.2005, Az.: 16 U 154/04
Amtshaftungsansprüche des Betreibers einer privaten Ergänzungsschule wegen erfolgter Kündigungen von Unterrichtsverträgen nach Anordnung des Ruhens der Schulpflicht und der Untersagung einer Schulerweiterung um zwei Klassen; Geeignetheit einer Pflichtverletzung zur adäquat kausalen Verursachung eines Schadens durch die Kündigung von Schulverträgen; Unvertretbarkeit der zum Erlass der Untersagungsverfügung führenden Rechtsauffassung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 08.02.2005
- Aktenzeichen
- 16 U 154/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 36194
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:0208.16U154.04.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 839 BGB
- § 159 Abs. 1 NSchG
In dem Rechtsstreit ...
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2005
durch
den Vorsitzenden Richter ... sowie
die Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 9. Juni 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Amtshaftungsansprüche gemäß § 839 BGB in der Form von Feststellungsanträgen betreffend die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach geltend.
Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung "M.-Schule L." eine private Ergänzungsschule mit Grundschuldcharakter gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 NSchG. Zwischen ihr und der Bezirksregierung H. als Schulbehörde ist es zu diversen Streitigkeiten hinsichtlich dieser Schule gekommen, die teilweise auch verwaltungsgerichtlich ausgetragen worden sind oder noch ausgetragen werden.
1.
Die Klägerin ist der Auffassung, ein Schreiben der Bezirksregierung vom 30. November 2001 an die Elternvertreter sowie eine Untersagungsverfügung vom 22. August 2002 seien rechtswidrig gewesen und hätten die Kündigung von Unterrichtsverträgen und damit einen Schaden ausgelöst, der noch nicht beziffert werden könne, da noch Zivilprozesse wegen der Kündigungen geführt würden.
Mit ihrer Klage begehrt sie jeweils die Feststellung, dass das beklagte Land verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der auf das Schreiben der Bezirksregierung H. vom 30. November 2001 an die Elternvertreter sowie auf die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung H. vom 22. August 2002 zurückgeht.
Hinsichtlich des Schreibens vom 30. November 2001 geht es um die Frage des Ruhens der Schulpflicht. Mit Bescheid vom 3. August 2001 teilte die Bezirksregierung H. der Klägerin mit, die Anzeige der Ergänzungsschule mit Grundschulcharakter erhalten zu haben. Weiter heißt es in dem Schreiben vom 3. August 2001, Herr M. N. könne die Ergänzungsschule bis zum 31. Januar 2001 leiten. Zur Vervollständigung der Unterlagen müsse noch der GmbH-Vertrag vorgelegt werden, eine Nebentätigkeitsgenehmigung des Herrn N. (Schulleiter), Anstellungsverträge des Schulleiters und der Lehrkräfte usw. Weiterhin heißt es in dem Schreiben:
"Ich mache darauf aufmerksam, dass die Fortführung dieser Ergänzungsschule gemäß § 159 Abs. 1 NSchG untersagt werden kann, wenn sie den Anforderungen, die zum Schutz der Schülerinnen und Schüler erforderlich sind, nicht entspricht; zu den Anforderungen gehört eine schulische Einrichtung."
Mit Bescheid vom 7. August 2001 stellte die Bezirksregierung H. sodann das Ruhen der Schulpflicht wie folgt fest (Bl. 65 d.A.):
"Vorbehaltlich der Vorlage der im Bescheid vom 3. August 2001 aufgeführten noch fehlenden Unterlagen stelle ich fest, dass für die Schülerinnen und Schüler während des Besuchs der "M.-Schule L., Ergänzungsschule mit Grundschulcharakter" die Schulpflicht ruht (§ 160 NSchG)."
Das inkriminierte Schreiben vom 30. November 2001, das nach Auffassung der Klägerin eine Schadensersatzverpflichtung begründen soll, hat schließlich folgenden Wortlaut (Bl. 66 d.A.):
"Mit Bescheiden vom 03.08., 07.08., 12.10. und 07.11.2001 habe ich Sie gebeten, mir einen Schulleiter für Ihre Ergänzungsschule zu benennen. Zwei von Ihnen benannte Schulleiter (Herr N. und Herr S.) haben ihren Dienst bei Ihnen nicht angetreten. Nachdem Herr S. und Elternvertreter Ihrer Schule bei mir waren und Sie am 22. November 2001 zum vereinbarten Termin nicht erschienen sind, fordere ich Sie auf, mir bis zum 15. Dezember 2001 eine geeignete Schulleiterin oder einen geeigneten Schulleiter zu benennen. Sollte auch dieser Termin von Ihnen nicht eingehalten werden, werde ich meinen Bescheid vom 07.08.2001 mit der Folge widerrufen, dass sie keine schulpflichtigen Kinder in Ihre Ergänzungsschule aufnehmen dürfen. Z. Zt. ruht aufgrund meines Bescheides vom 07.08.2001 die Schulpflicht für kein Kind Ihrer Schule.
Die Elternvertreter erhalten eine Durchschrift dieser Verfügung."
Die Klägerin hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, das vorstehend zitierte Schreiben sei inhaltlich widersprüchlich und in dem entscheidenden Satz, dass die Schulpflicht für kein Kind der Schule ruhe, falsch. Denn der Widerruf des Bescheides vom 7. August 2001 (Feststellung des Ruhens der Schulpflicht) sei nur für den Fall angedroht worden, dass auch bis zum 15. Dezember 2001 ein Schulleiter nicht benannt werde. Damit sei es logisch unvereinbar, dass im nachfolgenden Satz ausgeführt werde, dass bereits "zur Zeit" die Schulpflicht für kein Kind der Schule ruhe.
Soweit die Bezirksregierung bzw. das beklagte Land sich auf den Standpunkt gestellt hätten, der in dem Bescheid vom 7. August 2001 enthaltene Vorbehalt ("vorbehaltlich der Vorlage der im Bescheid vom 03.08.2001 aufgeführten noch fehlenden Unterlagen stelle ich fest ...") sei verwaltungsrechtlich nicht als aufschiebende Bedingung, sondern als Auflage zu qualifizieren. Dementsprechend habe die Schulpflicht für alle Kinder der Schule geruht, unabhängig von der Erfüllung der Auflage.
Die Klägerin hat behauptet, das widersprüchliche und hinsichtlich der Aussage, dass die Schulpflicht nicht ruhe, in der rechtlichen Beurteilung falsche Schreiben vom 30. November 2001 habe die Eltern verwirrt und verschreckt und zur Kündigung von Schulverträgen geführt. Insoweit wird eine fristlose Kündigung der Eltern des Schülers A. J. durch Anwaltsschreiben vom 10. Dezember 2001 vorgelegt, das sich auf den vorstehend dargestellten Sachverhalt als Kündigungsgrund stützt (Bl. 167 ff. d.A.; vgl. ferner Berufungsurteil in dieser Sache, Bl. 79 ff. d.A.).
Das beklagte Land hat in erster Instanz behauptet, an der Vorlage der Verträge für den Schulleiter/die Schulleiterin habe es am 30. November 2001 gefehlt, was darauf zurückzuführen gewesen sei, dass es noch keinen geeigneten, fest eingestellten Schulleiter gegeben habe (Bl. 47 d.A.). Der in dem Bescheid vom 7. August 2001 (Feststellung des Ruhens der Schulpflicht) enthaltene Vorbehalt der Vorlage erforderlicher Unterlagen sei daher in maßgeblicher Hinsicht nicht erfüllt gewesen, sodass die Hauptregelung (Feststellung des Ruhens der Schulpflicht) zu diesem Zeitpunkt noch schwebend unwirksam gewesen sei. Rechtlich unzutreffend sei dagegen die Auffassung der Klägerin, das Ruhen der Schulpflicht sei unbedingt festgestellt worden und bei der geforderten Vorlage der Unterlagen habe es sich nur um eine Auflage gehandelt.
2.
Hinsichtlich der weiterhin streitgegenständlichen Untersagungsverfügung vom 22. August 2002 geht es um die Erweiterung der Schule um die Klassen 5 und 6 als Förderstufe.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2002 an die Bezirksregierung H. zeigte die Klägerin gemäß § 158 Abs. 3 NSchG die Erweiterung der Schule um den 5. und 6. Schuljahrgang an.
Unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagte die Bezirksregierung H. knapp zwei Monate später mit Bescheid vom 22. August 2002 die Erweiterung der Schule um die Klassen 5 und 6 (Bl. 181 f. d.A.). Die Klägerin legte gegen die Untersagungsverfügung Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht Hannover, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches wieder herzustellen. Durch Beschluss vom 20. September 2002 lehnte das Verwaltungsgericht Hannover diesen Antrag ab (Bl. 90 ff. d.A.). Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht Hannover aus, der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz sei abzulehnen, weil der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. August 2002 aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben werde. Die Bezirksregierung habe sich bei ihrer Untersagungsverfügung zutreffend auf § 159 Abs. 1 NSchG gestützt. Alle insoweit erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor (wird im Einzelnen ausgeführt). Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover legte die Klägerin mit Erfolg Beschwerde beim Nds. OVG ein. Durch Beschluss vom 14. November 2002 hat das OVG den angefochtenen Beschluss des VG Hannover abgeändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches wiederhergestellt (Bl. 13 ff. d.A.). Zur Begründung hat das OVG ausgeführt, die Klägerin habe die Erweiterung ihrer Schule um die Klassen 5 und 6 nach § 158 Abs. 3 NSchG vollständig angezeigt, § 159 NSchG komme als Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung von vornherein nicht in Betracht, weil es sich nicht um einen Fall der Errichtung oder Fortführung einer Ergänzungsschule, sondern nur um die Erweiterung einer bereits bestehenden Schule handele. Im Übrigen seien auch die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift, selbst wenn sie in Betracht kämen, nicht erfüllt (wird im Einzelnen ausgeführt).
Die Bezirksregierung Hannover hat aufgrund der zitierten Entscheidung des Nds. OVG ihre Untersagungsverfügung vom 22. August 2002 aufgehoben.
Die Klägerin vertritt in beiden Instanzen die Auffassung, auch wenn die Kammer des Verwaltungsgerichtes als mit drei Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht der Bezirksregierung zunächst Recht gegeben habe, könne sich das beklagte Land dennoch nicht darauf berufen, die objektiv rechtswidrige Untersagungsverfügung ohne Verschulden erlassen zu haben. Der allgemeine Grundsatz, dass ein Rechtsirrtum dann unverschuldet sei, wenn ein Kollegialgericht einen gleichen Standpunkt vertreten habe, greife nämlich dann nicht ein, wenn das Kollegialgericht den Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt oder eine eindeutige Bestimmung falsch ausgelegt habe. Eben dies sei hier der Fall, wie die Ausführungen des OVG in seiner Beschwerdeentscheidung, dort insbesondere auf Seite 5 und 6, deutlich machten.
Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen.
Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen wird auf den Tatbestand dieses Urteils Bezug genommen (Bl. 220 ff. d.A.). Ebenso wird wegen der Gründe der Klageabweisung auf die Entscheidungsgründe verwiesen (Bl. 223 ff. d.A.).
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Feststellungsanträge im Hinblick auf das Schreiben der Bezirksregierung H. vom 30. November 2001 sowie die Untersagungsverfügung vom 22. August 2002 weiterverfolgt.
Hinsichtlich des Schreibens vom 30. November 2001 macht die Berufung geltend (Bl. 250 d.A.), dieses sei inhaltlich falsch gewesen. Tatsächlich seien nämlich pädagogische Schulleiter vorhanden gewesen. So sei zunächst der Studiendirektor D. S. kommissarisch tätig gewesen. Dieser habe ausdrücklich seine Bereitschaft erklärt gehabt, bis Dezember, eventuell auch bis zum Schuljahresende kommissarisch die Schulleitung zu übernehmen. Dies sei der Bezirksregierung auch durch Schreiben vom 20. Oktober 2001 formell mitgeteilt worden. Unter anderem aus einem Gespräch mit zwei Elternvertretern am 20. November 2001, also 10 Tage vor dem fraglichen Schreiben vom 30. November 2001, habe die Bezirksregierung schließlich gewusst, dass der als Lehrkraft längst bekannte A. R. als Schulleiter vorgesehen gewesen sei. R. sei auch Gegenstand des Klärungsgespräches zwischen den Geschäftsführern der Klägerin und der Bezirksregierung am 4. Dezember 2001 gewesen. Mit Schreiben der Klägerin vom 13. Dezember 2001 sei R. dann als Schulleiter formal angezeigt worden.
Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil und hält bezüglich des Schreibens vom 30. November 2001 an seiner Auffassung fest, hinsichtlich der geforderten Vorlage der noch fehlenden Unterlagen, insbesondere über die Einstellung eines Schulleiters, habe es sich um eine aufschiebende Bedingung gehandelt (Bl. 265 d.A.). Diese Bedingung sei trotz mehrfacher Mahnungen am 30. November 2001 noch nicht erfüllt gewesen. Richtig sei allein, dass die Klägerin mehrfach die Anstellung eines Schulleiters angekündigt habe. Letztlich sei die tatsächliche Anstellung eines Schulleiters jedoch aus Gründen gescheitert, die in der Sphäre der Klägerin gelegen hätten.
Jedenfalls fehle es am Verschulden. Denn hinsichtlich der Auffassung, dass die Vorlage der fehlenden Unterlagen eine aufschiebende Bedingung gewesen sei, sei die 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover im Verfahren der Eheleute J. gegen die Klägerin (Bl. 79 ff. d.A.) derselben Auffassung gewesen.
Ebenso habe dies die 11. Zivilkammer in der hier angefochtenen Entscheidung gesehen. Hielten aber jeweils drei Berufsrichter einer Zivilkammer den fraglichen Vorbehalt für eine aufschiebende Bedingung, treffe die Bezirksregierung jedenfalls kein Verschulden, wenn sie ebenfalls diese Auffassung vertreten haben.
Auch hinsichtlich der streitgegenständlichen fehle es am Verschulden, weil das Verwaltungsgericht Hannover als Kollegialgericht der Rechtsauffassung der Bezirksregierung beigetreten sei.
II.
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die vom Landgericht verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellung rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht. Die Bezirksregierung H. als Schulaufsichtsbehörde hat weder hinsichtlich des streitgegenständlichen Schreibens vom 30. November 2001 noch der Untersagungsverfügung vom 22. August 2002 schuldhaft eine Amtspflicht verletzt.
1.
Schreiben der Bezirksregierung H. vom 30. November 2001
a)
Hinsichtlich des Schreibens der Bezirksregierung vom 30. November 2001 kann dahinstehen, ob es sich in verwaltungsrechtlicher Hinsicht um eine aufschiebende Bedingung oder eine Auflage handelt. Denn die Ausgangsverfügung vom 7. August 2001 war ausdrücklich unter einen "Vorbehalt" gestellt worden, sodass - unabhängig von der rechtlichen Einordnung dieses Vorbehalts - von vornherein deutlich war, dass das endgültige Ruhen der Schulpflicht noch in der Schwebe war und von der Erbringung bestimmter Nachweise, insbesondere betreffend die Einstellung eines Schulleiters, abhängen sollte. Hätte die Klägerin insoweit die Eltern zutreffend informiert, hätten diese nicht davon ausgehen können, dass das Ruhen der Schulpflicht unumstößlich feststand. Vielmehr hätten sie gewusst, dass insoweit noch die Vorlage von Unterlagen, insbesondere über die Einstellung eines Schulleiters erforderlich war. Sie hätten daher, zumal sie aufgrund entsprechender Informationen auf Elternabenden von der Schwierigkeit, einen Schulleiter zu finden, Kenntnis hatten, über den Inhalt des fraglichen Schreibens der Bezirksregierung vom 30. November 2001 nicht sonderlich überrascht sein können. Es hätte sich nur die Frage gestellt, ob innerhalb der gesetzten Frist bis zum 15. Dezember 2001 ein Schulleiter benannt werden würde, sodass es im Ergebnis kein Problem geben konnte.
Das Schreiben vom 30. November 2001 lässt sich demgegenüber nicht dahin verstehen, dass die Schulpflicht selbst dann nicht ruhen sollte, falls dieser Termin eingehalten würde, sondern nur dahin, dass der ursprünglich erklärte Vorbehalt noch immer gelte, weil die eigentlich schon bis zum 31. August 2001 nachzuweisenden Voraussetzungen immer noch nicht vorlagen. Das Schreiben macht deutlich, dass die Bezirksregierung Anstoß daran nahm, dass die bisherigen Aufforderungen zur Benennung eines Schulleiters ohne Erfolg geblieben waren und der Geschäftsführer der Klägerin zu einem vereinbarten Gesprächstermin am 22. November 2001 nicht erschienen war. Hieraus erklärt sich das Ultimatum, dass bis zum 15. Dezember 2001 ein geeigneter Schulleiter benannt sein müsse.
Insofern war für jeden über den Sachverhalt informierten und verständigen Adressaten erkennbar, dass bei Einhaltung der zum 15. Dezember 2001 gesetzten Frist die Schulpflicht weiter ruhen, die angedrohten Folgen (Nichtruhen der Schulpflicht, Widerruf des Bescheids vom 7. August 2001) dagegen nur bei Nichtbeachtung des Ultimatums eintreten sollten. Tatsächlich ist es dazu im Übrigen nicht gekommen. Vielmehr ist der Bezirksregierung durch Schreiben vom 13. Dezember 2001, wie die Klägerin erstmals im Berufungsrechtszug, seitens des beklagten Landes jedoch unwidersprochen und damit unstreitig vorträgt, mitgeteilt worden, dass A. R. als Schulleiter eingestellt sei (Bl. 250 d.A.). Selbst wenn man verwaltungsrechtlich den "Vorbehalt" in dem Bescheid über die Feststellung des Ruhens der Schulpflicht als eine aufschiebende Bedingung qualifizieren wollte, war diese Bedingung augenscheinlich eingetreten, nachdem schließlich am 13. Dezember 2001 und damit noch innerhalb der insoweit ultimativ gesetzten Frist die Einstellung eines (geeigneten) Schulleiters angezeigt worden war. Dementsprechend bestätigte die Bezirksregierung H. der Klägerin durch Schreiben vom 31. Januar 2002 auch wunschgemäß, der Bescheid vom 7. August 2001 habe weiterhin Bestand (Bl. 216 d.A.).
Vor diesem Hintergrund bestand (für vollständig informierte Eltern) letztlich kein objektiver Anlass, einen Schulvertrag wegen des Schreibens vom 30. November 2001 zu kündigen, auch wenn die grammatikalisch auf die Gegenwart bezogene Feststellung des Nichtruhens der Schulpflicht unglücklich und für sich genommen unrichtig gewesen sein mag.
Wenn sich gleichwohl Eltern an dem Schreiben der Bezirksregierung vom 30. November 2001 gestoßen und dies zum Anlass einer Kündigung genommen haben sollten, so wäre dies nur nachvollziehbar, wenn diese Eltern zuvor falsch oder jedenfalls nicht vollständig informiert worden waren, insbesondere keine Kenntnis von dem ausdrücklich erklärten "Vorbehalt" in dem Feststellungsbescheid über das Ruhen der Schulpflicht vom 7. August 2001 (Bl. 64 d.A.) hatten. So ergibt sich aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Kündigungsschreiben der Eheleute J., dass diese von dem erklärten Vorbehalt, unabhängig davon, wie er rechtlich einzustufen ist, nichts wussten. So heißt es in diesem Kündigungsschreiben, auf die Frage, ob die Bescheinigung über das Ruhen der Schulpflicht der Kinder vorliege, habe die Klägerin auf dem Elternabend am 8. November 2001 erklärt, dass dies der Fall sei. Tatsächlich sei in dem Bescheid der Bezirksregierung vom 7. August 2001 jedoch festgestellt worden, dass die Schulpflicht nur ruhe, wenn unter anderem bis zum 31. August 2001 kein Schulleiter benannt werde (Bl. 169 f. d.A.).
Hieraus wird deutlich, dass die Eltern des Schülers A. J. sich durch die Klägerin getäuscht sahen. Dieses Gefühl getäuscht worden zu sein und nicht das Schreiben der Bezirksregierung vom 30. November 2001 war, ausweislich des Inhalts des Kündigungsschreibens, letztlich die Ursache für die Kündigung durch die Eheleute J., auch wenn das fragliche Schreiben der Auslöser dafür war, die Problematik der fehlenden Schulleitung und des hiervon abhängigen Ruhens der Schulpflicht zu erkennen.
b) Ein (schuldhafter) Pflichtverstoß der Bezirksregierung könnte nach alledem nur dann angenommen werden, wenn der objektive Sachverhalt, der in dem Schreiben vom 30. November 2001 zur Begründung des Ultimatums, bis zum 15. Dezember 2001 einen Schulleiter benennen zu müssen, unzutreffend gewesen wäre. Dies behauptet die Klägerin indes erstmals unter Ziffer III. 1. ihrer Berufungsbegründung (Bl. 249 ff. d.A.). Während die Klägerin in erster Instanz lediglich die Widersprüchlichkeit des Schreibens vom 30. November 2001 gerügt und die Feststellung, die Schulpflicht ruhe zur Zeit nicht, als rechtlich nicht haltbar dargestellt hatte, wird erstmals mit der Berufungsbegründung geltend gemacht, der Studiendirektor D. S. habe sehr wohl, wenn auch nur kommissarisch, die Schulleitung übernommen gehabt, ferner sei der Bezirksregierung, unter anderem aus einem Gespräch 10 Tage vor Abfassung des fraglichen Schreibens, bekannt gewesen, dass letztlich die Lehrkraft A. R. als Schulleiter vorgesehen gewesen sei. Die Berücksichtigung dieses erstmals in der Berufungsinstanz gehaltenen Vortrages wäre nach § 531 Abs. 2 ZPO unzulässig. Darauf kommt es aber letztlich noch nicht einmal an, weil selbst bei Berücksichtigung dieses Vortrags nicht festgestellt werden könnte, dass die Bezirksregierung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen war. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin war S. nur eine Not- und Zwischenlösung, weil er eben nur vorübergehend zur kommissarischen Schulleitung bereit war. Der Bezirksregierung ging es indes ersichtlich darum, den endgültigen, für die Dauer angestellten Schulleiter genannt zu bekommen, um prüfen zu können, ob dieser den an ihn zu stellenden Anforderungen genügte (vgl. § 158 Abs. 3 Satz 2 und § 159 Abs. 1 NSchulG). Die feste Anstellung eines Schulleiters, nämlich der Lehrkraft A. R., und die diesbezügliche Anzeige an die Schulaufsichtsbehörde war bis zum 30. November 2001 aber nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht geschehen, sondern ist erst unmittelbar vor Fristablauf am 13. Dezember 2001 erfolgt (Bl. 250 d.A.).
Es bleibt daher dabei, dass eine Pflichtverletzung der Bezirksregierung, die geeignet wäre, adäquat kausal einen Schaden durch die Kündigung von Schulverträgen zu verursachen, nicht festgestellt werden kann. Es ist der Klägerin zwar zuzugeben, dass die in dem Schreiben ausdrücklich enthaltene Feststellung, zur Zeit ruhe für kein Kind die Schulpflicht, Eltern erschreckt haben mag. Der Hinweis, dass dies lediglich "zur Zeit" gelte und der Umstand, dass der Klägerin eine weitere Frist zur Benennung eines Schulleiters bis zum 15. Dezember 2001 eingeräumt wurde, machte aber für jeden verständigen Leser deutlich, dass jedenfalls dann am tatsächlichen Ruhen der Schulpflicht kein Zweifel bestehen könnte, wenn die Klägerin dieses Ultimatum einhalten würde, was letztlich der Fall war. Somit konnten die Eltern zwar alarmiert sein und hatten allen Grund zur Nachfrage bei der Klägerin, ob denn dieses Ultimatum würde eingehalten werden können oder nicht. Sie mussten aber nicht glauben, der bisherige Schulbesuch solle nicht als Erfüllung der Schulpflicht anerkannt werden.
c)
Schließlich hatte die Klägerin auch noch die nahe liegende Möglichkeit, von sich aus die Eltern zu beruhigen und darauf hinzuweisen, die Hauptbeanstandung der fehlenden Schulleitung sei inzwischen behoben, dies sei der Bezirksregierung inzwischen angezeigt worden, man habe nämlich den Lehrer A. R. für die Schulleitung gewinnen können, damit werde dann der Vorbehalt aus dem Feststellungsbescheid über das Ruhen der Schulpflicht vom 7. August 2001 erfüllt sein und das Ruhen der Schulpflicht endgültig feststehen. In diesem Fall wären Kündigungen von Schulverträgen sicher nicht erfolgt, jedenfalls aber nicht gerichtlich durchsetzbar gewesen.
d)
Selbst wenn entgegen den vorstehenden Erwägungen eine schuldhafte Amtspflichtverletzung zu bejahen wäre, käme die beantragte Feststellung der Schadensersatzpflicht allein deshalb nicht in Betracht, weil ein dadurch eingetretener Schaden nicht hinreichend dargetan wäre. Zwar sollen sieben Eltern die Schulverträge aufgrund des Schreibens der Bezirksregierung vom 30. November 2001 gekündigt haben, jedoch hat das beklagte Land dies bestritten. Die Klägerin hat daraufhin konkret nur den Fall des Schülers A. J. vorgetragen. Insoweit ist aber, wie oben dargelegt, gerade nicht feststellbar, dass diese Kündigung durch unzutreffende Ausführungen in dem Schreiben vom 30. November 2001 ausgelöst worden ist. Vielmehr sind die Eltern J. durch dieses Schreiben nur darauf aufmerksam geworden, dass die Feststellung des Ruhens der Schulpflicht ausdrücklich unter einem "Vorbehalt" stand und die Voraussetzungen für den Wegfall dieses Vorbehalts (noch) nicht vorlagen. Der Erfolg einer Feststellungsklage setzt jedoch voraus, dass bewiesen oder unstreitig mindestens ein Elternpaar gekündigt hat, außer Familie J. ist jedoch niemand benannt.
2.
Untersagungsverfügung vom 7. August 2002
Auch hinsichtlich der Untersagungsverfügung vom 7. August 2002 kommt ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin im Ergebnis nicht in Betracht. Zwar ist nach der rechtskräftigen Entscheidung des Nds. OVG in dem Eilverfahren, an das der Senat hinsichtlich der Beurteilung der materiellen verwaltungsrechtlichen Rechtslage gebunden ist, von der objektiven Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung auszugehen. Dementsprechend hat auch die Bezirksregierung selbst dem Widerspruch abgeholfen und die Untersagungsverfügung aufgehoben. Jedoch ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Rechtsauffassung der Bezirksregierung, die zum Erlass der Untersagungsverfügung geführt hat, unvertretbar sein und daher einen Verschuldensvorwurf auslösen soll.
Völlig zutreffend hat insofern das Landgericht in dem angefochtenen Urteil, dort auf Seite 6, 2. Abs. (Bl. 224 d.A.) ausgeführt, dass die mit drei Richtern besetzte Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover sowohl die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung als auch das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung bejaht habe. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts enthalte eine ausführliche, nachvollziehbare und abgewogene Begründung. Insofern könne bereits kein schuldhaftes Verhalten der Bezirksregierung darin gesehen werden, dass sie zu ihrer, auch von dem Verwaltungsgericht Hannover geteilten, Rechtsauffassung gelangt sei.
Der dagegen von der Berufung erhobene Vorwurf, die Bezirksregierung werde durch die Kammerentscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover nicht exkulpiert, weil das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt oder eine eindeutige Bestimmung falsch ausgelegt habe, vermag, weil es tatsächlich daran fehlt, nicht zu überzeugen. Insbesondere war der Sachverhalt unstreitig, sodass von einer fehlerhaften oder nicht erschöpfenden Tatsachenfeststellung nicht ausgegangen werden kann. Im Gegenteil hat das VG Hannover den Sachverhalt in allen Einzelheiten und ohne ersichtlichen Fehler oder Auslassung auf vier eng beschriebenen Seiten wiedergegeben und weiterhin auf vier eng beschriebenen Seiten gewürdigt. Auch diese Würdigung erscheint abgewogen und nach Auffassung des Senats auch im Ergebnis durchaus überzeugend, jedenfalls nicht als handgreiflich falsch oder unvertretbar.
Das Gegenteil lässt sich, abweichend von der Auffassung der Berufung, auch nicht den Ausführungen auf Seite 5 und 6 der Entscheidung des Nds. OVG entnehmen. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Obergericht, welches bei unstreitigem Sachverhalt die Entscheidung der Vorinstanz abändert, eine andere Rechtsauffassung als diese vertritt. So hat das OVG deutlich gemacht, dass nach seinem Verständnis § 159 NSchG als Ermächtigungsgrundlage zum einen grundsätzlich nicht in Betracht komme, weil die Erweiterung einer Schule nicht mit der im Tatbestand genannten Errichtung oder Fortführung gleichzusetzen sei. Weiter hat es ausgeführt, dass selbst wenn man § 159 NSchG für einschlägig halte, es an den erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen fehle, so auch an der erforderlichen Aufforderung zur Mängelbeseitigung im Sinne von § 159 Abs. 1 NSchG. Wenn das Verwaltungsgericht insoweit auf das Schreiben vom 15. August 2002 abstelle, so werde dieses Schreiben überinterpretiert. Allein der Begriff der Überinterpretation belegt indes nicht, dass der Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt worden sei. Vielmehr geht es um die Auslegung eines Schreibens, welche durch das Verwaltungsgericht einerseits und das OVG andererseits in unterschiedlicher Weise vorgenommen worden ist. Würde man allein aus dem Umstand, dass das OVG im Rahmen der Subsumtion ein Schreiben abweichend von der Vorinstanz auslegt sowie in rechtlicher Hinsicht einen gegensätzlichen Standpunkt vertritt, wobei einschlägige Kommentarliteratur oder Rechtsprechung insoweit nicht zitiert wird und objektiv wohl nicht vorhanden ist, die Annahme ableiten wollen, das Verwaltungsgericht sei von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen oder habe eine eindeutige Bestimmung handgreiflich falsch ausgelegt, würde die sog. Kollegialgerichtsrichtlinie in nahezu allen Fällen abweichender Rechtsmittelentscheidungen leer laufen. Es bleibt daher bei dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Verschulden des betreffenden Beamten zu verneinen ist, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht unrichtigerweise die Rechtsmäßigkeit der Amtshandlung bejaht hat (vgl. z.B. BGH MDR 2003, 265 und NVwZ 1998, 878 [BGH 02.04.1998 - III ZR 111/97]).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und § 713 ZPODer Streitwert beträgt 17.800 EUR gemäß Senatsbeschluss vom 10. August 2004 (Bl. 258 d.A.).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.