Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.08.2005, Az.: 2 K 708/04
Eigenheimzulage für ein als Wohnhaus genehmigtes Objekt; Dauerhafte Nutzung zu Wohnzwecken ohne behördliche Beanstandung als Indiz für Errichtung und Nutzung in Übereinstimmung mit geltenden Vorschriften
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 10.08.2005
- Aktenzeichen
- 2 K 708/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 35311
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0810.2K708.04.0A
Rechtsgrundlage
- § 2 Abs. 1 S. 2 EigZulG
Fundstelle
- NWB direkt 2006, 8
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein älteres Haus, das ursprünglich als Wohnhaus genehmigt worden ist und laut Bauzeichnungen ein solches darstellt, so hat er kein Wochenendhaus erworben und kann demgemäß Eigenheimzulage beanspruchen.
- 2.
Ist ein Objekt über Jahre hinweg von mehreren Familien zu Wohnzwecken ständig genutzt worden und haben die Behörden die dauerhafte Nutzung zu Wohnzwecken nicht beanstandet, ist davon auszugehen, dass das Haus seinerzeit in Übereinstimmung mit geltenden Vorschriften errichtet und genutzt worden ist, selbst wenn die zurückliegenden Vorgänge sich nicht mehr aufklären lassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob die Kläger ein Wohnhaus erworben haben und demzufolge Eigenheimzulage beanspruchen können.
Die Kläger erwarben...mit Wirkung vom 02.01.2001 ein Grundstück von 5.000 qm mit aufstehendem Gebäude. Das Gebäude stammte aus dem Jahre (vor dem letzten Weltkrieg)...Der damalige Eigentümer des Grund und Bodens hatte auf Antrag im Jahre 19.. eine Ansiedlungsgenehmigung im Hinblick auf den beabsichtigten Bau eines "Wohnhauses" erhalten (Einzelheiten siehe...Bauakte). Die eigentlichen Bauunterlagen sind nicht mehr vollständig vorhanden. Nach einer bei den Bauakten befindlichen Bauzeichnung wurde der Neubau eines "...hauses" in der Größe von rund ... qm beantragt. Die Baubehörde genehmigte das Vorhaben durch Beifügung eines Stempels auf der Zeichnung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die bei den beigezogenen Bauakten befindliche Bauzeichnung (ohne Blattzahl) verwiesen.
Das Gebäude befindet sich im Außenbereich.
Die Kläger beantragten eine Eigenheimzulage. Das Finanzamt lehnte die Bewilligung ab, weil die Kläger kein Wohnhaus erworben hätten. Die Kläger hätten vielmehr lediglich ein Wochenendhaus erworben. Die so genannten...Häuser, wie das der Kläger, seien Wochenendhäuser, wie sich aus einer Auskunft des Landkreises...ergebe. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Kläger meinen, dass Haus sei nicht lediglich ein Wochenendhaus. Das Haus sei vielmehr als Wohnhaus genehmigt worden. Wegen der Einzelheiten der Klagebegründung wird auf den Schriftsatz...verwiesen.
Die Kläger beantragen,
wie erkannt zu entscheiden.
Das Finanzamt beantragt,
Klagabweisung
und meint auch weiterhin, das Haus sei lediglich ein Wochenendhaus. Wegen der Auffassung des Finanzamtes im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom...verwiesen (GA Bl. 29).
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Kläger können eine Eigenheimzulage beanspruchen.
Allerdings sind nach § 2 Abs. 1 Satz 2 EigZulG Ferien- und Wochenendwohnungen nicht begünstigt. Die Kläger haben indes kein bloßes Wochenendhaus erworben. Das Haus ist seinerzeit als Wohnhaus genehmigt worden und genießt damit Bestandsschutz.
Wie sich aus den beigezogenen Akten des Bauamtes ergibt, hat der damalige Eigentümer die Baugenehmigung für ein Wohnhaus beantragt. Schon in der Bekanntmachung des Kreisausschussvorsitzenden hierzu und in der anschließenden Genehmigung ist ausdrücklich von einem "Wohnhaus" die Rede. Auch aus der Bauzeichnung ergibt sich, dass ein Wohnhaus und nicht nur ein Wochenendhaus genehmigt wurde. Auf der Bauzeichnung hat nämlich der Sachbearbeiter des Bauamtes den folgenden handschriftlichen Vermerk angebracht: "Bei Wohnhäusern sind stets alle vier Gebäudeseiten zu zeichnen!" und diesen Hinweis mit einem Ausrufezeichen versehen. Dieser Hinweis kann sinnvollerweise nur dahin gedeutet werden, dass die Giebelseite des Hauses ebenfalls hätte gezeichnet werden müssen - weil eben ein Wohnhaus zu genehmigen war - der Sachbearbeiter für den vorliegenden Fall hiervon aber Dispens erteilte. Allerdings hat der Verfasser der Zeichnung oben auf der Seite das geplante Objekt als "...haus" bezeichnet. Diese Bezeichnung hat jedoch keinen baurechtlich bedeutsamen Inhalt und gibt lediglich den Charakter (Stil) des geplanten Bauvorhabens wieder.
Als Wochenendhaus hätte das Bauvorhaben im Übrigen damals schon deshalb nicht genehmigt werden können, weil es die hierfür vorgeschriebene Größe von maximal 30 qm Grundfläche zzgl. einer Veranda von höchsten 10 qm um über das Doppelte überschritt (Auszug aus der Baupolizeiverordnung für den Regierungsbezirk ..., in der Bauakte, ohne Seitenzahl).
Das Schreiben des damaligen Eigentümers an den Kreisausschuss vom ..., auf das das Finanzamt verweist, steht dem nicht entgegen. Dort erklärt der Eigentümer seine Absicht, das Haus nur in den Ferien benutzen zu wollen. Diese Erklärung bezieht sich aber, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, lediglich auf die sonst nötige Ausbesserung des Zuwegs, hatte also auf die Art der Baugenehmigung keinen Einfluss. Dementsprechend sind auch in der Folge sowohl die Baugenehmigungsbehörde (Schreiben vom ...) wie auch der Regierungspräsident selbst (Bescheid vom ...) davon ausgegangen, dass das Haus als Wohnhaus, und damit eben nicht als bloßes Wochenendhaus genehmigt worden ist. Dass das Haus auch in Baubeschreibung und Anträgen aus den Jahren nach 1970 als bloßes Wochenendhaus bezeichnet worden ist, worauf das Finanzamt hinweist, steht dem nicht entgegen. Diese Äußerungen sind viele Jahrzehnte später geschehen und nach mehrfachem Eigentümerwechsel. Die ursprünglichen Genehmigungsvorgänge dürften dabei nicht mehr bekannt gewesen sein.
Im Übrigen müsste das Finanzamt die Eigenheimzulage im vorliegenden Fall auch dann bewilligen, wenn die Art der ursprünglichen Baugenehmigung nicht mehr zu ermitteln wäre. Das Objekt ist jedenfalls viele Jahrzehnte lang, besonders nach dem Kriege, von vielen Familien zu Wohnzwecken ständig genutzt worden, wie die Kläger unwidersprochen vorgetragen haben (Schreiben vom ...). Da die zuständigen Behörden über Jahrzehnte die dauerhafte Nutzung zu Wohnzwecken nicht beanstandet haben, kann vermutet werden, dass das Gebäude seinerzeit ordnungsgemäß in Übereinstimmung mit geltenden Vorschriften errichtet und genutzt worden ist, selbst wenn die zurückliegenden Vorgänge sich nicht mehr aufklären lassen (BFH-Urteil vom 22.01.2004, III R 52/01, BStBl II 2004, 542).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).