Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.11.2000, Az.: 14 K 125/99

SteuerlicheBerücksichtigung der Verluste aus der Vermietung einer Ferienwohnung; Leerstandszeiten bei Vermietung einer Ferienwohnung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
10.11.2000
Aktenzeichen
14 K 125/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 21992
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:1110.14K125.99.0A

Fundstelle

  • EFG 2002, 1306

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Verluste aus der Vermietung einer Ferienwohnung steuerlich zu berücksichtigen sind.

2

Die miteinander verheirateten Kläger werden vom beklagten Finanzamt (FA) zusammenveranlagt. Der Kläger ist Lehrer, die Klägerin ist selbständige Handelsvertreterin. Sie bewohnen ein Einfamilienhaus in H. Darüber hinaus sind sie Eigentümer eines in G. belegenen Grundstücks. Das dort vorhandene Gebäude haben sie im Jahre 1994 mit einem Aufwand von ca. 230.000 DM renoviert bzw. umgebaut. Von den nach diesem Umbau geschaffenen drei Wohnungen werden zwei dauervermietet; die dritte Wohnung mit einer Wohnfläche von 90,30 qm dient seit Mitte des Streitjahres der Vermietung als Ferienwohnung.

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In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger folgende Mieteinnahmen und Werbungskosten geltend:

4

Einnahmen:

Wohnung I 11.100,00 DM
Wohnung II 9.720,00 DM
Wohnung III (Ferienwohnung) 845,00 DM
Werbungskosten insgesamt 40.163,75 DM
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Auf Anfrage des FA teilten die Kläger mit, dass sie bezüglich der Belegzeiten und der Namen und Anschriften der Feriengäste für das Streitjahr keine Angaben machen könnten. Das FA ging von 14 Vermietungstagen im Streitjahr für die Ferienwohnung aus und ermittelte Werbungskosten für die Ferienwohnung in Höhe von insgesamt 12.414 DM. Wegen der genauen Ermittlung der Zahlen wird auf Bl. ... der Rechtsbehelfsheftung verwiesen. Unter Hinweis auf den BMF-Erlass vom 04.05.1994 (BStBl I 1994, 285) ließ das FA nur einen nach der Zahl der tatsächlichen Vermietungstage berechneten Anteil (= 965 DM) als Werbungskosten zum Abzug zu. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

6

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger folgendes vor: Die vom FA geforderte - dem BMF-Erlass entlehnte - Vermietungsdauer von jährlich 100 Tagen (umgerechnet auf das Streitjahr: 50 Tage, da die Wohnung erst Mitte des Streitjahres fertiggestellt wurde) sei vorliegend nicht zu erreichen gewesen. Er - der Kläger - habe im Streitjahr zwei Anzeigen in einer Zeitung in I. geschaltet, weil dort seine Schwester wohne. Darüber hinaus habe er mit Handzetteln für die Ferienwohnung geworben, die er in seiner Eigenschaft als Trainer bei Sportveranstaltungen verteilt habe. Eine Werbung über den Fremdenverkehrsverein der Gemeinde G. habe sich nicht angeboten, weil diese Gemeinde bevorzugt nur für ortsansässige Vermieter Werbung betreibe. Er habe mit seiner Frau die Ferienwohnung zu keinem Zeitpunkt im Streitjahr genutzt. Aufgrund seiner umfangreichen Wochenendtätigkeit als Trainer sei ihm hierzu auch keine Zeit verblieben. Außerdem verbringe er seinen Urlaub im Herbst in einem Trainingslager in T. Er bewohne mit seiner Frau ein Einfamilienhaus in H. Dieses sei derart geräumig und ihren Bedürfnissen entsprechend eingerichtet, dass eine Nutzung der Ferienwohnung nicht in Betracht komme.

7

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten verweist das Gericht auf Bl. ... sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

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Die Kläger beantragen,

die erklärten Werbungskosten für die Ferienwohnung in Höhe von 12.414,77 DM für das Streitjahr anzuerkennen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

9

Des weiteren beantragen sie das Ruhen des Verfahrens, bis der BFH über die Verfahren IX R 37/98 und IX R 38/98 entschieden hat.

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Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Aufgrund der Rechtsprechung des BFH führe bereits eine mögliche Eigennutzung dazu, dass die Kosten, die auf die eigene Nutzung entfallen, nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien. Nach dem BMF-Erlass vom 04.05.1994 seien Leerstandszeiten nur dann nicht der Eigennutzung zuzuordnen, wenn der Steuerpflichtige die Ferienwohnung weder selbst nutze noch unentgeltlich überlasse und er glaubhaft mache, während der Leerstandszeit die Vermietung beabsichtigt zu haben. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Ferienwohnung in der Saison mit Ausnahme eines kurzzeitigen Leerstands nahezu durchgängig vermietet und die tatsächliche Vermietungsdauer mindestens 100 Tage (im vorliegenden Fall 50 Tage) betrage. Hiernach sei - unabhängig von der von den Klägern behaupteten fehlenden Eigennutzung - eine Kürzung der Werbungskosten durchzuführen, denn die tatsächliche Vermietung habe im Streitfall weit unter 50 Tagen gelegen. In Anbetracht der von den Klägern betriebenen geringfügigen Werbung sei die vom Erlass geforderte Vermietungsdauer auch nicht zu erreichen gewesen.

12

Diesem Ergebnis stehe nicht entgegen, dass die Kläger selbst in einiger Entfernung ein eigenes Einfamilienhaus bewohnten. Denn das streitige Gebäude sei in einem Gebiet belegen, in dem sich mehrere Ferienwohnungen befänden. Sowohl die Lage (Meeresnähe) als auch die Umgebung der streitigen Ferienwohnung und die daraus resultierende Möglichkeit von Erholung und Freizeitgestaltung ließen durchaus den Schluss auf eine mögliche Eigennutzung durch die Kläger zu. Hierbei seien auch praktische Erwägungen zugrundezulegen, denn bei einem mehrtägigen Aufenthalt würden ständig täglich zwischen dem Wohnort und der Ferienwohnung erforderliche Hin- und Rückfahrten entfallen. Ein Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf die beim BFH anhängigen Verfahren mit dem Aktenzeichen IX R 37/98 und 38/98 komme nicht in Betracht, da die dort zu entscheidenden Sachverhalte mit dem Streitfall nicht vergleichbar seien.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

14

Zu Recht hat der Beklagte im Streitfall die Leerstandszeiten der Ferienwohnung der Selbstnutzung der Kläger zugerechnet.

15

1.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Ferienhäusern und Ferien-Eigentumswohnungen, die zeitweise an Feriengäste vermietet sind und zeitweise selbst genutzt werden, lediglich für die Zeit der tatsächlichen Fremdvermietung anzusetzen. Zur Selbstnutzung gehört auch der Zeitraum, in dem die Ferienwohnung weder vermietet noch tatsächlich selbst genutzt wird, sie dem Steuerpflichtigen aber zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung stehe. Die Wohnung steht dem Steuerpflichtigen jedenfalls dann zur jederzeitigen Selbstnutzung zur Verfügung, wenn er sie selbst vermietet und es ihm deshalb freisteht, die Wohnung selbst zu nutzen oder zu vermieten (BFH-Urteil vom 30.07.1991 IX R 49/90, BStBl II 1992, 27).

16

Wird die Ferienwohnung dagegen ausschließlich zur Vermietung an Feriengäste bereitgehalten, sind die Einkünfte für den gesamten Veranlagungszeitraum - also auch für den Zeitraum der Selbstnutzung - durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben zu ermitteln, und zwar auch dann, wenn der Eigentümer die Wohnung kurzfristig selber nutzt. Dabei ist davon auszugehen, dass dem Steuerpflichtigen die Ferienwohnung jedenfalls dann ständig zur Selbstnutzung zur Verfügung steht, wenn er es in der Hand hat zu entscheiden, wann er sie vermieten und wann er sie selbst nutzen will (vgl. BFH-Urteil vom 25.06.1991 IX R 7/85, BStBl II 1992, 24).

17

Ob und für welchen Zeitraum die Ferienwohnung dem Steuerpflichtigen zur Selbstnutzung zur Verfügung steht, ist weitgehend eine Frage der tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts. Da es sich bei der Vermietungsabsicht des Steuerpflichtigen um eine sogenannte innere Tatsache handelt, die sich einer direkten Feststellung entzieht, kommt es auf eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände an. Eine solche Gesamtwürdigung ergibt im Streitfall, dass den Klägern die Ferienwohnung zur jederzeitigen Selbstnutzung zur Verfügung stand.

18

a)

Hierfür spricht zum einen der Umstand, dass die Ferienwohnung in unmittelbarer Nähe zum Meer belegen ist und sich nicht weit vom Wohnsitz der Kläger befindet. Bereits aufgrund dieser Belegenheitsverhältnisse waren die Kläger jederzeit in der Lage, in ihrer Freizeit die Ferienwohnung während der Leerstandszeiten selbst zu nutzen. Hieran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger aufgrund seiner sportlichen Aktivitäten an den Wochenenden häufig unterwegs war. In Anbetracht der geringen Entfernung zwischen dem Wohnsitz der Kläger und der Ferienwohnung und dem Beruf der Kläger war es ihnen jederzeit möglich, die Ferienwohnung auch innerhalb der Woche kurzzeitig zu nutzen. Da die Kläger die Vermietung selbst betrieben haben, hatten sie es auch selbst in der Hand, die Wohnung je nach Bedarf selbst zu nutzen.

19

2

Die Kläger haben auch nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, dass sie im Streitjahr die Absicht hatten, die Wohnung durchgängig zu vermieten. Hiergegen spricht, dass sie im Streitjahr nur geringe Werbemaßnahmen unternommen haben. So haben sie es z.B. unterlassen, für die Wohnung im örtlichen Fremdenverkehrsverein zu werben. Statt dessen haben sie lediglich zwei Anzeigen im Streitjahr in einer überörtlichen Zeitung geschaltet. Die daneben betriebene Werbeaktion (Verteilung von Handzetteln) war nicht ausreichend, um eine durchgängige Vermietung im Streitjahr zu gewährleisten. Hierauf deutet die geringe Anzahl der Vermietungstage im Streitjahr hin, die auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Wohnung erst zur Jahresmitte fertiggestellt worden ist, mit 14 Tagen als äußerst geringfügig anzusehen ist.

20

a)

Auf die Frage, ob die Kläger die Ferienwohnung im Streitjahr tatsächlich selbst genutzt haben, kommt es hingegen nicht an. Nach der eingangs dargestellten Rechtsprechung des BFH ist allein auf die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Selbstnutzung abzustellen. Dahinter steht die gerechtfertigte Vermutung, dass die Wohnung auch aus privaten Gründen vorgehalten wird. Diese private Mitveranlassung überlagert und verdrängt - prima facie - die Vermietungsabsicht für die Zeiten, in denen eine Fremdvermietung nicht stattfindet. Denn die private Veranlassung für die Anschaffung und Unterhaltung einer Ferienwohnung entfällt nicht schon dann, wenn und solange von der Möglichkeit der privaten Nutzung (vorübergehend) kein Gebrauch gemacht wird (vgl. Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 13.09.2000 V 74/99, EFG 2000, 1382).

21

b)

Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg auf das Schreiben des BMF vom 04.05.1994 berufen. Abgesehen davon, dass derartige Verwaltungsanweisungen die Gerichte nicht binden, liegen die Voraussetzungen, unter denen nach diesem Schreiben die Zeiten des Leerstands ausnahmsweise nicht der Eigennutzung zuzurechnen sind, nicht vor. Nach Abschnitt 2.2.2 des BMF-Schreibens sollen die Zeiten des Leerstands ausnahmsweise nicht der Eigennutzung zuzurechnen sein, wenn der Steuerpflichtige die Ferienwohnung im jeweiligen Veranlagungszeitraum weder selbst nutzt noch unentgeltlichüberläßt, und er glaubhaft macht, während der Leerstandszeit die Vermietung beabsichtigt zu haben. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Ferienwohnung in der (regional) unterschiedlichen Saison mit Ausnahme eines kurzzeitigen Leerstands nahezu durchgängig vermietet wird und die tatsächliche Vermietungsdauer mindestens 100 Tage beträgt. Überträgt man die Grundsätze des BMF-Schreibens auf den vorliegenden Fall, so hätte die Ferienwohnung mindestens 50 Tage im Streitjahr vermietet werden müssen. Der Zeitraum der tatsächlichen Vermietung liegt mit 14 Tagen jedoch erheblich darunter.

22

c)

Ein Ruhen des Verfahrens, wie von den Klägern unter Hinweis auf die Revisionsverfahren IX R 37/98 und IX R 38/98 beantragt, kommt mangels Vergleichbarkeit der zu beurteilenden Sachverhalte nicht in Betracht. Im Unterschied zum Streitfall war das Ferienhaus im Revisionsverfahren IX R 38/98 in den jeweiligen Jahren mehr als 175 bzw. 173 Tage vermietet. Demgegenüber kann im Streitfall von einer nahezu lückenlosen Fremdvermietung keine Rede sein. Das Revisionsverfahren IX  37/98 betrifft einen Fall, in dem die vermietete Ferienwohnung sich im ansonsten eigengenutzten Einfamilienhaus der Kläger befindet. Dieser Sachverhalt ist auf den Streitfall nicht übertragbar.

23

d)

Da somit die vom FA vorgenommene Kürzung der Werbungskosten sowohl dem Grunde als auch dem Umfang nach begründet war, war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.