Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.11.2000, Az.: 14 K 537/99

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
10.11.2000
Aktenzeichen
14 K 537/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 35711
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:1110.14K537.99.0A

Fundstelle

  • DStRE 2001, 1073-1075 (Volltext mit amtl. LS)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Für Abfindungen im Rahmen eines steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses sind zur Beurteilung der betrieblichen Veranlassung unter verständiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalles die Grundsätze heranzuziehen, die der BFH im Zusammenhang mit der steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen für Pensionszusagen an nahe Angehörige und für die Anerkennung von Direktversicherungsleistungen als Betriebsausgaben entwickelt hat.

  2. 2.

    Zu den Anforderungen an die betriebliche Veranlassung einer Abfindung an Arbeitnehmer-Ehegatten anlässlich der Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Betriebsveräußerung im Einzelnen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Abzugsfähigkeit einer Abfindung.

2

Der Kläger betrieb im Streitjahr die L.- Apotheke auf einem ihm gehörenden Grundstück in D. Er ist seit 1964 verheiratet und hat seine Ehefrau im Juni 1974 als approbierte Apothekerin eingestellt. Mit Schreiben vom 31.12.1994 kündigte der Kläger das Ehegatten-Arbeitsverhältnis zum 31.08.1995 vorsorglich. In dem Kündigungsschreiben wies der Kläger darauf hin, dass er beabsichtige, die Apotheke im Laufe des Jahres 1995 zu veräußern. Sollte die Apotheke zu einem späteren Zeitpunkt veräußert werden, sollte sich das Arbeitsverhältnis entsprechend verlängern und die Kündigung als zu diesem Zeitpunkt als ausgesprochen gelten. Des weiteren verpflichtete sich der Kläger gegenüber seiner Ehefrau mit Rücksicht auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ihr eine Abfindung zu zahlen. Ausmaß und Zahlung der Abfindung würden gesondert vereinbart. Wegen des genauen Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Bl. ... der Bp-Arbeitsakte verwiesen. Mit notarieller Urkunde vom 07.06.1995 veräußerte der Kläger das Grundstück an Frau S. zu einem Kaufpreis von ... DM. Als Übergabetermin war der 01.09.1995 vereinbart. In derselben notariellen Urkunde verkaufte der Kläger die Apotheke an den Ehemann der Grundstückskäuferin zu einem Kaufpreis von ... DM zuzüglich des Betrages für das Warenlager. Gemäß § 5 des Apothekenkaufvertrages verpflichtete sich der Käufer, gemäß § 613a BGB in sämtliche bestehenden Dienstverträge mit Ausnahme des Dienstvertrages des Klägers mit seiner Ehefrau, für dessen Beendigung der Kläger zum Übergabezeitpunkt Sorge tragen sollte einzutreten. Wegen des genauen Inhalts des Kaufvertrages wird auf Bl. . Bp-Arbeitsakte verwiesen. Ende 1995 überwies der Kläger 145. 000 DM als Abfindung auf das Konto seiner Ehefrau. Bereits im September 1993 hatte der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Grundstück in G. zu einem Gesamtkaufpreis von 1.636. 468 DM erworben und dort eine Eigentumswohnung errichtet. Der Kläger, der seit dem 01.08.1995 Rentenbezüge erhält, ist dort am 1.8.1995 mit seiner Ehefrau eingezogen.

3

Anläßlich einer in 1997 durchgeführten Außenprüfung ließ der Prüfer die gezahlte Abfindung nicht zum Betriebsausgabenabzug zu. Der Prüfer ging davon aus, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des 1993 in G. erworbenen Grundstücks privat veranlaßt gewesen sei und dass ein Erwerber des Betriebes nach § 613a BGB zur Übernahme des Arbeitsverhältnisses verpflichtet gewesen wäre. Das beklagte FA folgte dem Prüfer und erließ für das Streitjahr einen entsprechend geänderten Gewerbesteuermessbescheid. Den hiergegen erhobenen Einspruch begründete der Kläger damit, dass die Abfindung nach der Rechtsprechung zum Kündigungsschutzgesetz (K SchG) berechnet und daher angemessen sei. Die Abfindungszahlung sei auch eindeutig vereinbart worden und ernsthaft gewollt gewesen. Dies zeige die anschließende Handhabung. Der im September 1995 vollzogene Umzug nach G. habe mit der Abfindungszahlung nichts zu tun. Der Kläger und seine Ehefrau besitzen seit Jahrzehnten Grundstücke/Eigentumswohnungen in G. Zudem hätten die Eheleute in 1993 noch nicht gewußt, wie das Grundstück später genutzt werden sollte. Insbesondere sei auch eine Vermietung der Eigentumswohnung in Betracht gekommen. Da überdies Ende 1994 noch kein Pächter bzw. Erwerber der Apotheke vorhanden gewesen sei, könne der Kauf in 1993 nicht dahingehend interpretiert werden, dass schon damals geplant gewesen sei, im Streitjahr nach G. umzuziehen.

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Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1995 sei gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Kündigung am 31.12.1994 weder ein Erwerber der Apotheke vorhanden gewesen sei, noch abzusehen gewesen sei, dass ein solcher die Übernahme des Dienstverhältnisses mit der Ehefrau ablehnen und damit den Verkauf in Frage stellen würde. Für die Anwendung des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB müsse der Betriebsübergang nicht der alleinige Beweggrund sein. Es genüge, wenn er für die Kündigung wesentlich mitbestimmend sei. Insoweit sei auch eine Kündigung unwirksam, mit der ein beabsichtigter Betriebsübergang nur vorbereitet werden solle. Aus dem Kündigungsschreiben vom 31.12.1994 sei eindeutig erkennbar, dass die Betriebsveräußerung für die Aussprache der Kündigung maßgeblich gewesen sei. Hierfür sprächen die vom Kläger selbst angeführten Gründe, wonach seine Ehefrau aufgrund ihrer hohen Gehaltsforderungen, ihres Alters und ihrer besonders hochwertigen Tätigkeit von einem potenziellen Erwerber nicht übernommen worden wäre und deshalb vor der Veräußerung der Apotheke gekündigt worden sei. Nach alledem sei die Kündigung somit wegen des Betriebsübergangs erfolgt und demzufolge nach § 613a in Verbindung mit § 134 BGB nichtig.

5

Auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG bezeichneten Gründen rechtsunwirksam sei, fänden gemäß § 13 Abs. 3 KSchG die übrigen Vorschriften des 1. Abschnittes des KSchG keine Anwendung. Da auf das Arbeitsverhältnis das KSchG dem Grunde nach anwendbar sei und es sich bei der Kündigung um eine aus anderen Gründen rechtsunwirksame Kündigung gehandelt habe, sei das KSchG somit auf die streitige Kündigung nicht anwendbar. Demzufolge habe es keiner Abfindungszahlung nach § 10 KSchG bedurft. Wegen der generellen Unwirksamkeit einer Kündigung aus Anlass des Betriebsübergangs könne der Arbeitgeber das Ausscheiden eines Arbeitnehmers auch nicht nach §§ 9 , 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung erzwingen.

6

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Ergänzend trägt er folgendes vor: Er der Kläger habe bereits in 1994 beabsichtigt, seine Apotheke zu verkaufen. Hierbei sei ihm bewußt gewesen, dass er die Verkaufschancen erhöhen würde, wenn keine weitere approbierte Apothekerin als Angestellte dort arbeitete und von dem Käufer übernommen werden mußte. Da seine Ehefrau von sich aus nicht bereit gewesen sei zu kündigen oder eine Kündigung hinzunehmen, sei die Abfindungssumme als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes vereinbart worden, der ihr schließlich ein Einkommen von über 100. 000 DM jährlich gesichert habe. Die Vereinbarung sei für den Kläger zwingend notwendig gewesen, da er mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt habe und daher das KSchG anwendbar gewesen sei. Ohne eine Kündigung wäre die Ehefrau mit ihm nicht nach G. gezogen, da sie sämtliche Freunde in D. hatte und in ihrer Arbeit als Apothekerin aufging.

7

Nach der Rechtsprechung des BFH komme es nicht darauf an, auf welcher Rechtsgrundlage die Zahlung der Abfindung beruhe. Auch Abfindungen, auf die der Arbeitnehmer ohne Abfindungsvereinbarung keinen Rechtsanspruch hätte, seien steuerfrei. Demzufolge sei es nicht einmal Voraussetzung, dass der Ehefrau die Abfindung nach dem KSchG auch zugestanden habe. Die Zahlungsverpflichtung sei eindeutig vereinbart und ernsthaft gewollt gewesen und vom Kläger auch durchgeführt worden. Er hätte auch familienfremden Arbeitnehmern unter vergleichbaren Verhältnissen eine entsprechende Abfindung gezahlt. Allerdings scheitere ein Fremdvergleich im vorliegenden Fall daran, dass die von der Ehefrau des Klägers ausgeübte Tätigkeit als Angestellte approbierte Apothekerin aufgrund ihres besonderen Engagements mit der Tätigkeit eines fremden angestellten Apothekers nicht vergleichbar sei. Seine Ehefrau habe durch ihren besonderen Einsatz entscheidend dazu beigetragen, dass es überhaupt zu dem letztlich erzielten Veräußerungserlös gekommen sei. Soweit bei einem anzustellenden Fremdvergleich die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht gewürdigt werden dürften, laufe dies auf eine unzulässige Typisierung hinaus, die vom Gesetz nicht gewollt sei.

8

Der Kläger beantragt,

  1. den Gewerbeertrag 1995 um die Höhe der Abfindung von 145. 000 DM zu mindern und den Gewerbesteuermessbetrag um ... DM zu ermäßigen.

9

Das FA beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

10

Es verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen könne von einer betrieblichen Veranlassung grundsätzlich nur ausgegangen werden, wenn vor Beginn des Leistungsaustauschs klare und eindeutige Vereinbarungen in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zivilrechtlich wirksam zustande gekommen seien und sowohl der Inhalt als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspreche. Die im Streitfall ausgesprochene Kündigung sei jedoch gemäß § 613a BGB zivilrechtlich nichtig, das KSchG daher nicht anwendbar. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Kündigung des Dienstverhältnisses, der Fertigstellung der Eigentumswohnung in G. sowie der erstmalige Bezug durch die Eheleute zum 01.08.1995 lege den Schluss nahe, dass der gezahlte Betrag lediglich aus steuerlichen Gründen einvernehmlich als Abfindung bezeichnet worden sei. Verstärkt werde dieser Eindruck dadurch, dass über die Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung offensichtlich kein Streit herrschte, was gerade deshalb verwundere, da die Ehefrau ohne Kündigung nicht mit ihrem Ehemann nach G. gezogen wäre, da sie sämtliche Freunde in D. hatte und in ihrer Arbeit als Apothekerin aufging. Sämtliche Umstände ließen daher bei verständiger Würdigung darauf schließen, dass die Abfindungszahlung privat veranlaßt gewesen sei. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf Bl. .. FG-Akte verwiesen.

11

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3, 4 FinanzgerichtsordnungFGO -) erklärt.

12

Das Gericht hat Beweis erhoben über den Anlass der an die Ehefrau des Klägers gezahlten Abfindung durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

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Die Klage ist unbegründet.

14

Zu Recht hat das beklagte FA die streitige Abfindungszahlung nicht als Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG zum Abzug zugelassen und den Gewerbeertrag für das Streitjahr entsprechend erhöht.

15

1. Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (B FH-Beschluss vom 21.11.1983 GrS 2/82, BStBl II 1984, 160). Für Abfindungen im Rahmen eines steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses sind zur Beurteilung der betrieblichen Veranlassung unter verständiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalles die Grundsätze heranzuziehen, die der BFH im Zusammenhang mit der steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen für Pensionszusagen an nahe Angehörige und für die Anerkennung von Direktversicherungsleistungen als Betriebsausgaben entwickelt hat (vgl. BFH-Urteile vom 18.12.1984 VIII R 95/84 , BStBl II 1985, 327 ; vom 10.11.1982 I R 135/80, BStBl II 1983, 173). Die Zusage einer Abfindungszahlung an einen Arbeitnehmer-Ehegatten ist demzufolge steuerlich anzuerkennen, wenn sie betrieblich veranlaßt ist. Dies ist der Fall, wenn

16

- die Abfindungsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach angemessen ist,

17

- insoweit eine Zahlungsverpflichtung eindeutig vereinbart und ernsthaft gewollt ist,

18

- ein steuerrechtlich anerkanntes Arbeitsverhältnis besteht,

19

- die Abfindung im Verhältnis zu den Aktivbezügen nicht unangemessen hoch ist und

20

- auch familienfremde Arbeitnehmer unter vergleichbaren Verhältnissen eine ent-sprechende Abfindung erhalten oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erhalten hätten (betriebsinterner Fremdvergleich; vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1984 VIII R 95/84 , BStBl II 1985, 327 ; BFH-Urteil vom 25.01.1989 I R 89/84 , BFH/NV 1989, 577).

21

Auf den Streitfall angewendet ergeben die vorstehenden Erwägungen, dass die Abfindung des Klägers an seine Ehefrau nicht als eindeutig betrieblich veranlaßt zu werten ist.

22

a) Zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bestand zwar ein steuerlich anerkanntes Arbeitsverhältnis. Auch wurde die Abfindung eindeutig vereinbart und durchgeführt. Gleichwohl ist die Abfindungszusage nicht betrieblich veranlaßt, weil der Kläger fremden Dritten für den Fall des Ausscheidens keine entsprechende Abfindung angeboten und sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht an eine fremde approbierte Apothekerin gezahlt hätte, wenn diese zu denselben Arbeitsbedingungen angestellt gewesen wäre wie die Klägerin.

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b) Unterstellt man, dass vergleichbare Arbeitsverhältnisse auch zwischen fremden Dritten denkbar sind, und unterstellt man des weiteren, dass es im Streitfall tatsächlich zu einer einseitigen Beendigung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses gekommen ist, so hat selbst dann die streitige Abfindung nach Auffassung des Gerichts ihren Grund überwiegend im privaten Bereich der Ehegatten. Hierfür sprechen folgende Überlegungen:

24

aa) Die Kündigung und die damit verbundene Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung an die Ehefrau des Klägers wurde am 31.12.1994 ausgesprochen. Wie der Kläger auf Befragen in der mündlichen Verhandlung bekundet hat, hatten zu diesem Zeitpunkt noch keine konkreten Vertragsverhandlungen über den Verkauf der Apotheke stattgefunden. Diese wurden erst Anfang 1995 geführt. Unter diesen Umständen hätte der Kläger einer fremden bei ihm beschäftigten approbierten Apothekerin das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt. Soweit der Kläger vorträgt, er habe das Arbeitsverhältnis mit seiner Ehefrau vorzeitig gekündigt, um den geplanten Betriebsübergang zu erleichtern und einen höheren Verkaufspreis zu erzielen, vermag diese Einlassung das Gericht nicht zu überzeugen. Denn da im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch keine Verhandlungen mit einem konkreten Kaufinteressenten stattgefunden hatten, war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehbar, ob ein potenzieller Erwerber das Arbeitsverhältnis mit der Ehefrau des Klägers unter Umständen nicht doch fortsetzen würde. Auch war zu diesem Zeitpunkt für den Kläger noch nicht erkennbar, inwieweit das Bestehen des Arbeitsverhältnisses mit seiner Ehefrau sich konkret auf den auszuhandelnden Verkaufspreis auswirken würde. Damit sprechen bereits die zeitlichen Umstände für die private Veranlassung der streitigen Abfindungszahlung.

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bb) Der Kläger hätte nach Auffassung des Gerichts einem fremden Arbeitnehmer in vergleichbarer Situation im Übrigen auch deshalb nicht gekündigt, weil er mit hoher Wahrscheinlichkeit damit hätte rechnen müssen, dass sich dieser gegen eine Kündigung zur Wehr gesetzt und Klage auf Feststellung des Weiterbestehens des Arbeitsverhältnisses erhoben hätte. Diese wäre auch begründet gewesen, da die Kündigung im Streitfall gegen ein gesetzliches Verbot verstieß und daher gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam war. Bei dieser Sachlage hätte der Kläger das Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht nach §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung erzwingen können (vgl. Schaub, Arbeitsrecht-Handbuch, § 141 II). Ein fremder Arbeitnehmer hätte sich überdies in Anbetracht seiner langen Betriebszugehörigkeit auch nicht freiwillig auf eine entsprechende Auflösungsvereinbarung gegen Zahlung einer Abfindung eingelassen. Denn er hätte angesichts seines Lebensalters (59 Jahre) damit rechnen müssen, keine adäquate Arbeitsstelle mehr zu finden. Dieses Risiko wäre ein verständiger Arbeitnehmer unter vergleichbaren Umständen nicht eingegangen.

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cc) Gegen eine betriebliche Veranlassung der streitigen Abfindung sprechen des weiteren die Gesamtumstände des Betriebsübergangs. Nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie der Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Ehegatten aufgrund eines gemeinsamen Lebensplanes von Anfang an beschlossen hatten, die Apotheke kurz vor Erreichen der Altersgrenze des Klägers in fremde Hände zu geben. Hierfür spricht, dass der Kläger zeitgleich mit dem Übergang der Apotheke Altersbezüge erhielt. Demgegenüber wäre seine Ehefrau erst vier Jahre später mit Erreichen der Altersgrenze von 63 Jahren rentenbezugsberechtigt gewesen. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, habe man solange nicht warten wollen und habe daher den Entschluss gefaßt, die Apotheke bereits zum damaligen Zeitpunkt zu veräußern.

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Die Ehefrau des Klägers hat diese Einlassung im Rahmen ihrer Vernehmung im wesentlichen bestätigt. Die Zeugin hat ausgesagt, dass sie sich gegen die Kündigung ihres Ehemannes nicht gerichtlich zur Wehr gesetzt habe und nach Verkauf der Apotheke gemeinsam mit dem Kläger nach G. verzogen sei. Dort hat sie weder Arbeitslosengeld beantragt noch eine neue Arbeitsstelle angetreten. Das gesamte Verhalten der Eheleute zeigt, dass es beiden einvernehmlich und im Interessengleichklang darum ging, das Arbeitsverhältnis durch den Verkauf der Apotheke im Streitjahr endgültig beenden zu wollen. Hierfür spricht, dass die Ehefrau des Klägers aus G. stammt, die Eheleute dort bereits über Grundbesitz verfügten und sie überdies kurze Zeit zuvor eine Eigentumswohnung erworben hatten, die sie umgehend nach Veräußerung der Apotheke auch bezogen haben. Das Gericht geht angesichts des hohen Kaufpreises der Wohnung (über 1,6 Millionen DM) davon aus, dass der Kläger und seine Ehefrau von Anfang an nicht die Absicht hatten, die Wohnung zu vermieten.

28

c)Nach alledem fand im Streitfall insoweit kein Interessenausgleich statt, wie er unter fremden Dritten üblich ist, so dass der wesentliche Grund für die Zahlung der Abfindung in der vermeintlichen Annahme des Klägers lag, hierdurch Steuern zu sparen (so auch FG München, Urteil v. 7.6.1994 , EFG 1995, 60 in einem ähnlich gelagerten Fall). Da somit nach den Gesamtumständen des Falles die fragliche Abfindung nicht unwesentlich auch privat mitveranlaßt war, durfte sie im Hinblick auf § 12 Nr. 1 EStG nicht als Aufwand das Betriebsergebnis des Klägers mindern.

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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.