Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
v. 13.03.2009, Az.: 11 PA 157/09

Klagefrist: Zustellung (Bevollmächtigter); Zustellung, mehrfach; Zustellung: Bevollmächtigter (Klagefrist)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.03.2009
Aktenzeichen
11 PA 157/09
Entscheidungsform
Entscheidung
Referenz
WKRS 2009, 45297
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2009:0313.11PA157.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 18.02.2009 - AZ: 13 A 184/08

Fundstelle

  • NJW 2009, 1834

Amtlicher Leitsatz

§ 7 I 2 VwZG gebietet die Zustellung an den durch schriftliche Vollmacht ausgewiesenen Bevollmächtigten. Die Klagefrist (§ 74 VwGO) beginnt mit dieser Zustellung, nicht mit Zugang beim Betroffenen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin zu Unrecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, sie habe die Klagefrist versäumt.

2

Ist ein Widerspruchsbescheid wie im vorliegenden Fall nicht erforderlich, muss die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden (§ 74 Abs. 1 S. 2 VwGO). Genügt die Einhaltung der Schriftform (§ 77 Abs. 1 S. 1 AufenthG) und ist eine Zustellung somit nicht vorgeschrieben, entscheidet die Behörde grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen, ob sie den Verwaltungsakt dem Betroffenen oder einen von ihm bestellten Bevollmächtigten gegenüber bekannt gibt (vgl. § 41 Abs. 1 BVwVfG). Wählt die Behörde jedoch, obwohl sie das Gesetz dazu nicht verpflichtet, die Zustellung als Bekanntgabeform (vgl. § 2 NVwZG), so ist sie auch den einschlägigen Zustellungserfordernissen unterworfen. Erfolgt daher die vom Gesetz nicht vorgeschriebene Zustellung fehlerhaft, so wird die Klagefrist aufgrund dieser Selbstbindung der Verwaltung nicht in Lauf gesetzt (Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage, § 74 Rn. 15; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 74 Rn. 4). Vorliegend hatte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 7.10.2006 unter Vorlage einer Vollmachtsurkunde im Original seine Beauftragung angezeigt, so dass für die Zustellung des angefochtenen Bescheids § 1 Abs. 1 S. 1 NVwZG i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 2 BVwZG maßgebend waren. Danach war nur die Zustellung an den Bevollmächtigten wirksam und hat die Klagefrist in Lauf gesetzt. Die Zustellung gegenüber der Klägerin ist insoweit formell unwirksam; diese Bekanntgabe diente lediglich ihrer Unterrichtung (vgl. Sadler, VwVGVwZG, 6. Auflage, § 7 Rn. 14; Engelhardt/App, VwVGVwZG, 8. Auflage, § 7 Rn. 6f).

3

Die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung ( BVerwG, U.v. 30.10.1997 - 3 C 35/96 -, NVwZ 1998, 1292 [BVerwG 30.10.1997 - 3 C 35/96]) steht dem nicht entgegen, denn in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Sachverhalt hatte die Behörde ihren Bescheid jedenfalls nicht zugestellt, sondern - so ist die Sachverhaltswiedergabe zu verstehen - mit einfachem Brief bekannt gegeben. Gleiches gilt für den vom Verwaltungsgericht angeführten Beschluss des Senats (B.v. 29.11.2007 - 11 LA 172/07 -, www.dbovg.niedersachsen.de). Der Senat hat seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass der Bevollmächtigte gerade nicht die von § 7 Abs. 1 S. 2 BVwZG geforderte schriftliche Vollmacht vorgelegt hatte und deshalb § 7 Abs. 1 S. 1 BVwZG angewandt.

4

Die Zurückverweisung gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 572 Abs. 3 ZPO (vgl. Schoch u.a., Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Elfg., § 166 Rn. 83, § 150 Rn. 5; Kalthoener u.a., Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Auflage, Rn. 900) gibt dem Verwaltungsgericht Gelegenheit, der Bedürftigkeit der Klägerin sowie den Erfolgsaussichten ihres Klagebegehrens nachzugehen.