Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.08.2009, Az.: 1 LB 337/07
Ausnahme; Denkmalschutz; Gebietsverträglichkeit; Mobilfunkstation
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.08.2009
- Aktenzeichen
- 1 LB 337/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 45300
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0814.1LB337.07.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- 30 BauGB
- 31 I BauGB
- 14 BauNVO
- 15 I BauNVO
- 4 III Nr. 2 BauNVO
- 8 NDSchG
Fundstellen
- BauR 2010, 117
- DVBl 2009, 1395
- FStNds 2009, 804-810
- NdsVBl 2010, 13-16
Amtlicher Leitsatz
Zur Gebietsverträglichkeit einer Mobilfunkstation in der Nachbarschaft von Baudenkmalen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Gesichtspunkte des Denkmalschutzes die Beklagte berechtigen, die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Dach des Gebäudes Lindenstraße 30 in Lüneburg als Ausnahme zu planerischen Festsetzungen zu versagen.
Das fragliche Grundstück, das im Bebauungsplan Nr. 41 "Mittlerer Stadtring" (von 1972, geändert 1977) der Beklagten als WA-Gebiet ausgewiesen ist, nimmt im Winkel zwischen Lindenstraße und Barckhausenstraße die Südwestecke des verkehrsreichen "Handwerkerplatzes" ein. Die hier im Bogen verlaufende Lindenstraße stellt zusammen mit der nach Osten weiterführenden Stresemannstraße als Teil des mittleren Stadtringes die Hauptverkehrsader der Kreuzung dar. Nach Norden führt die Rote Straße zwischen dem "Paradies-Grill", dem Zollamt und der Handwerkskammer in die Innenstadt hinein.
Im Bereich des streitigen Eckgrundstücks stand früher (fast 30 m vor der jetzigen Gebäudefront) die 1880 für Turner errichtete "MTV-Halle", die 1976 für Straßenbauzwecke, d.h. für den mittleren Stadtring abgerissen wurde. Das jetzige, 1979/1980 errichtete Eckhaus ist ein mehrgeschossiges Geschäfts- und Wohnhaus. An der Barckhausenstraße wird es durch ein Treppenhaus gegliedert, dessen rote Verblender weitgehend durch Bewuchs verdeckt sind. Dieses überragt die anderen Gebäudeteile deutlich; es soll - neben einer schon vorhandenen Fernsehantenne sowie Schornsteinen und Abluftführungen - die umstrittene Mobilfunkanlage tragen.
Südlich des Treppenhauses ist im Erdgeschoss, das durchgängig mit roten Verblendern ausgeführt ist und hier einen verglasten Vorbau aufweist, "D. 's Cafe" untergebracht, wofür am oberen Abschluss des Vorbaus flächig geworben wird. Darüber erhebt sich zwei bis drei Stockwerke hoch eine durch senkrechte Rillen gegliederte gelbliche Betonfläche, die auch an den übrigen Gebäudeseiten das dominante Stilelement bildet und zur Barckhausenstraße keine Öffnungen aufweist. Auf der Südseite des Gebäudes finden sich über dem zugehörigen Parkplatz in einer gleichartigen Betonfläche acht Fenster am oberen Rand des Kubus.
Vor dem Treppenhaus wird das Erdgeschoß zur Barckhausenstraße hin durch das "E. Sonnenstudio" eingenommen, zur Lindenstraße hin durch ein "Matratzen Outlet", einer Filiale der "F. AG". Die Eingangsbereiche sind nebeneinander zur Kreuzung ausgerichtet. Das Sonnenstudio weist zwei Glasfenster und größere Werbeanlagen auf. Das Erscheinungsbild des Matratzenstudios ist durch großflächige Schaufenster (mit teilweise flächendeckenden Werbeanlagen) geprägt. Weiter in die Lindenstraße nach Westen hinein - von der Kreuzung her nicht mehr unbedingt im Blickfeld - schließen sich ein fensterloser Bereich und eine in das Gebäude integrierte Grundstückseinfahrt an.
Das überwiegend in roten Verblendern ausgeführte erste Obergeschoss tritt entlang der Lindenstraße hinter das Erdgeschoss zurück; in ihm ist das "G. Bowlingcenter" untergebracht, dessen Hauptfenster sich zum Kreuzungsbereich hin orientieren. Eine kleinere Werbeanlage hängt unter diesen Fenstern, eine größere an der Nordseite des Treppenhauses. Eine Reihe weiterer flacher Fenster findet sich weiter westlich.
Darüber erhebt sich wiederum etwa zwei Stockwerke hoch eine weitere gelbliche Betonfläche, die jeweils drei Fenster nach Osten und nach Norden aufweist. Weiter westlich ist eine fensterartige Maueröffnung mit senkrechten Sichtblenden belassen. Im weiteren Verlauf verringert sich die Höhe der Betonfläche, die dann aber auch wieder auf das erste Obergeschoß über greift. Über der Grundstückseinfahrt weist sie noch vier Fenster auf.
Die Sicht auf das Gebäude wird durch Bäume zwischen Fahrbahn und Fußweg sowie einem Straßenteiler teilweise behindert.
Jenseits der Kreuzung stehen an der sich zur Roten Straße hin öffnenden Stresemannstraße - dem Gebäude Lindenstraße 30 zugewandt - die zweigeschossigen Wohnhäuser Stresemannstraße 4 und 6, die von den Denkmalbehörden als Einzeldenkmale bewertet werden, nämlich eine 1904/05 errichtete, aufwendig gestaltete Villa im zeittypischen Landhausstil (Nr. 4) und ein 1904 errichtetes, von den Formen der hanseatischen Backsteingotik geprägtes Wohnhaus (Nr. 6). Weiter nach Osten schließt sich - zunehmend den Blickkontakt mit dem Gebäude Lindenstraße 30 verlierend - die 1907/08errichtete, dreigeschossige Wohnhauszeile Stresemannstraße 8-12 mit Jugendstilformen an, die als Gruppe Denkmalschutz genießt. Eine weitere solche Gruppe wird durch die gegenüber liegende, um 1900 in Formen italienischer Renaissance errichtete Häuserzeile Stresemannstraße 1, 3 und 5 gebildet, die - abgesehen vom Eckgebäude Nr. 1 an der Einmündung der Barckhausenstraße - ihre Straßenfront von dem Gebäude Lindenstraße überwiegend abwendet.
Unter dem 30. April 2003 beantragte die Klägerin die Baugenehmigung für eine Mobilfunkanlage, die auf dem 13,20 m hohen Treppenhaus angebracht werden und selbst eine Höhe von (darüber noch) knapp 10 m erreichen soll.
Die Beklagte versagte die Genehmigung mit dem angegriffenen Bescheid vom 18. Juli 2003, weil fernmeldetechnische Anlagen nach der Baunutzungsverordnung von 1977 in einem WA-Gebiet grundsätzlich nicht zulässig seien. Eine Ausnahme für einen nicht störenden Gewerbebetrieb komme nicht in Betracht, weil der Abstand zu einem schutzwürdigen Kinderheim in der Barckhausenstraße nur etwa 75 m betrage und im Übrigen wegen der exponierten Lage- und Standortsituation eine erhebliche Störung des Stadtbildes zu erwarten sei. Die Anlage widerspreche nach § 15 BauNVO der Eigenart des Baugebietes und stelle einen erheblichen Störfaktor dar.
Den dagegen gerichteten Widerspruch wies die Bezirksregierung Lüneburg mit Bescheid vom 25. Mai 2004 zurück mit der Begründung, die Beklagte habe das ihr für die Erteilung von Ausnahmen eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Maßgeblich sei insoweit, ob sich das Vorhaben nach Funktion und Umfang in den Charakter des Baugebietes einordne. Abzustellen sei auch auf optische Wirkungen. Diese seien für das vorliegende Wohngebiet untypisch. Der Siedlungscharakter des betroffenen Stadtteils sei durch eine angepasste Höhenentwicklung der mehrstöckigen Gebäude geprägt. Dadurch sei eine einheitliche harmonische Silhouette des Ortsbildes mit klaren horizontalen Gebäudeabschlüssen entstanden. Die Mobilfunkanlage würde dagegen aus der ansonsten homogenen Dachlandschaft dieses Bereiches erheblich herausragen und das gleichmäßige Erscheinungsbild dieses Stadtteils stören. Das werde von den Anwohnern und Besuchern des Baugebietes als Fremdkörper wahrgenommen. Hinzu komme, dass das Eckgrundstück durch den angrenzenden Kreuzungsbereich und den dahinter liegenden Handwerkerplatz uneingeschränkt einsehbar sei. Die Anlage werde wie ein das Wohngebiet prägendes Wahrzeichen wirken und die Blicke zwangsläufig auf sich ziehen. Damit werde sie unter Verstoß gegen § 8 NDSchG auch das Erscheinungsbild der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude in dem benachbarten Straßenabschnitt Stresemannstraße 1, 3, 5, 6, 7, 8 und 10 beeinträchtigen. Diese kämen dem vom Norden oder Osten kommenden Betrachter zwangsläufig zusammen mit der alles überragenden Mobilfunkanlage in den Blick. Das mindere den Eindruck einer historischen, das Ortsbild prägenden Wohnbebauung. Mögliche Befreiungsgründe seien nicht vorgetragen worden.
Mit ihrer dagegen gerichtete Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, wobei das Ermessen auf Null reduziert sei. Die Anlage stelle einen nicht störenden Gewerbebetrieb dar, der auch in optischer Hinsicht nicht gebietsunverträglich sei. Auf eine Gebietsverträglichkeit lasse schon § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 schließen, wonach nunmehr fernmeldetechnische Nebenanlagen in Wohngebieten ausnahmsweise zulässig seien. Mobilfunkanlagen dienten den Bedürfnissen der Wohngebietsbewohner. Eine Ausnahme dürfe nur dann versagt werden, wenn hierfür städtebauliche Gründe angeführt werden könnten. Das sei hier nicht der Fall. Dem Schutz des Kinderheimes sei durch Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV Rechnung getragen. Das Ortsbild sei bereits durch gewerbliche Nutzungen und Verwaltungsgebäude in der Umgebung belastet. Die Antennenanlage sei schlank gestaltet und werde neben dem lebhaften Handwerkerplatz nicht abträglich wirken.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. Juli 2003 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 25. Mai 2004 zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Dach des Gebäudes Lindenstraße 30 in Lüneburg zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Gründe aus den angefochtenen Bescheiden wiederholt und vertieft.
Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage nach Augenscheinseinnahme im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen:
Fernmeldesendeanlagen könnten auf der Grundlage der Baunutzungsverordnung 1977 in einem festgesetzten allgemeinen Wohngebiet als sonstige nicht störende Gewerbebetriebe (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) ausnahmsweise zugelassen werden. Die geplante Anlage störe nach der vorgelegten Standortbescheinigung nicht unter den Blickwinkeln der Strahlung und ihrer Höhe. Sie beeinträchtige aber die angrenzenden Baudenkmale in der Stresemannstraße in einer Weise, die über die schon durch das Gebäude selbst bestehende Beeinträchtigung noch hinausgehe. Es könne offen bleiben, ob dies bereits zur Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 8 NDschG führe, obwohl die Denkmale durch dieses Gebäude und durch den vielbefahrenen Innenstadtring vorbelastet seien. Denn die Beklagte dürfe bei ihrer Ermessensentscheidung auch eine Beeinträchtigung von Baudenkmalen berücksichtigen, die die Schwelle des § 8 NDSchG noch nicht erreiche. Das Gericht folge im Ergebnis der Stellungnahme des zuständigen Denkmalpflegers, wonach der bestehende Kontrast zwischen den Baudenkmalen und dem Gebäude Lindenstraße 30 durch die geplante Anlage verstärkt würde. Sie hätte zusätzlich zur bestehenden Situation zur Folge, dass der Blick des Betrachters - insbesondere von der Innenstadt und dem Handwerkerplatz herkommend - von den denkmalgeschützten Häusern auf das denkmalunverträgliche Gebäude Lindenstraße 30 gelenkt werde. Die Anlage überrage das Gebäude Lindenstraße 30 um etwa 10 m und es sei kaum noch möglich, die Baudenkmale ohne den sie deutlich überragenden Mobilfunkmast zu betrachten. Das gelte insbesondere für das Gebäude Stresemannstraße 1, das mit seinem westlichen Teil an der Barckhausenstraße unmittelbar gegenüber der Lindenstraße 30 liege und nur einen Abstand von ca. 25 m zum Antennenstandort aufweise.
Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 28. November 2007 wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen, nämlich wegen der Frage, ob und unter welchen Umständen denkmalschutzrechtliche Belange, die nicht die Schwelle des § 8 NDSchG erreichen, als "städtebauliche Gründe" im Rahmen der Ermessensbetätigung nach § 31 Abs. 1 BauGB für die Versagung einer Ausnahme herangezogen werden könnten.
Mit ihrer fristgemäß erhobenen Berufung trägt die Klägerin vor:
Das Vorhaben verstoße schon nicht gegen § 8 NDSchG, weil diese Vorschrift bei ergänzender Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur unwesentliche Beeinträchtigungen nicht verbiete. Mehr als solche unwesentlichen Beeinträchtigungen ergäben sich hier nicht. Die Baudenkmale an der Stresemannstraße kämen im Stadtbild nicht in besonderem Maße zur Geltung; sie prägten die Stadtbildsilhouette nicht. Das unmittelbare Umfeld sei in unterschiedlicher Weise bebaut und habe keinen homogenen, städtebaulich besonders schützenswerten Charakter. Deshalb verwundere nicht, dass die Beklagte auch den Wasserturm und die Kirchtürme als zusätzlich beeinträchtigt herausgestellt habe. Das Stadtbild werde insoweit aber nicht gestört, weil die Anlage - anders als in den vom Senat entschiedenen Fällen BRS 40 Nr. 157 und BRS 46 Nr. 157 - nicht in unmittelbarer Nähe von Wasserturm und Kirchen errichtet werden solle.
Selbst wenn das Stadtbild durch die Baudenkmale in der Stresemannstraße maßgeblich geprägt wäre, werde ihr Erscheinungsbild nicht empfindlich beeinträchtigt. Die Antennenanlage sei nach Größe und Gestalt nicht besonders auffällig und prägend. Sie habe eine schmale Silhouette. Auf dem Treppenturm befänden sich bereits mehrere Schornsteine bzw. Abluftführungen sowie eine Fernsehantenne. Die geplante Antennenanlage würde diese Anlagen maximal nur um 6,5 m überragen. Sie trete damit nicht in besonderem Maße in Erscheinung und ziehe auch keine Blicke auf sich. Sie falle gegenüber dem Eckhaus selbst überhaupt nicht ins Gewicht. Nur ergänzend sei hinzuzufügen, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Ziff. 2 NDSchG erfüllt sein dürften, weil die Errichtung der Mobilfunkanlage der Sicherung einer flächendeckenden Mobilfunkversorgung diene und insoweit ein überwiegendes öffentliches Interesse den Eingriff gebiete. Wie sich aus einem von ihr vorgelegten Plan ergebe, weise das Versorgungsnetz in Lüneburg noch Lücken auf, deren eine hier geschlossen werden solle. Für die einzelnen Basisstationen werde ein Versorgungsradius von 500 m angesetzt. Zwar ließen sich auch Gespräche mit Teilnehmern außerhalb dieses Radius vermitteln, aber jede der drei Antennen an einem Mast könne nur dreißig Gespräche gleichzeitig bewältigen und müsse zusätzlich die Datenübertragung per UMTS sicherstellen. Das erfordere gerade in einem Innenstadtbereich mit hohem Gesprächsaufkommen eine gute Antennenabdeckung.
Unabhängig hiervon sei die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft. Im Rahmen des § 31 Abs. 1 BauGB kämen nur städtebauliche Gründe in Betracht. Lägen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vor und werde das Regel-Ausnahme-Verhältnis noch gewahrt, sei die Ausnahme in aller Regel zuzulassen. Eine Ablehnung sei nur ermessensgerecht, wenn dem Vorhaben besondere städtebauliche Gründe entgegenstünden. Anderenfalls sei das Ermessen zugunsten des Bauherrn auf Null reduziert.
Hier verweise das angegriffene Urteil als einzigen Belang, der eine negative Ermessensentscheidung ermögliche, auf das in § 8 NDSchG enthaltene Verbot, das Erscheinungsbild eines Baudenkmals zu beeinträchtigen, und nehme zugleich an, dass eine Ausnahme auch unterhalb der Beeinträchtigungsschwelle versagt werden könne. Das seien aber keine städtebaulichen Gründe von hinreichendem Gewicht, zumal auf der anderen Seite das öffentliche Interesse an einer flächendeckenden Mobilfunkversorgung berücksichtigt werden müsse. Insoweit gelte nichts anderes als bei Befreiungsentscheidungen ( BVerwGE 117, 50[BVerwG 19.09.2002 - 4 C 13/01] ).
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 2. Kammer (Einzelrichter) - vom 19. April 2005 und Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18. Juli 2003 und des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Lüneburg vom 25. Mai 2004 die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Dach des Gebäudes Lindenstraße 30 in Lüneburg zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass sie dem Mobilfunk nicht generell ablehnend gegenüber stehe, wie sich schon aus der bisherigen Dichte von Mobilfunkstationen im Stadtgebiet ergebe. Die vorgesehene Antennenanlage werde aber mit ihrer Unmaßstäblichkeit das schon jetzt prekäre Erscheinungsbild noch zusätzlich verschlechtern und damit die benachbarten Baudenkmale beeinträchtigen, deren Wertigkeit durch das Landesamt für Denkmalschutz beschrieben worden sei. Zwar habe sie bei ihrer Bauleitplanung die Entwicklung des Mobilfunks noch nicht im Blick gehabt, so dass eine Höhenbegrenzung nicht erwogen worden sei. Immerhin sei 1977 aber die Vollgeschosszahl auf fünf beschränkt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts sowie des Ergebnisses der Augenscheinseinnahme des Senats wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet; die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung.
1. Landesrechtlich steht dem Vorhaben § 8 NDSchG nicht entgegen. Nach dieser (zum beiderseitigen Vortrag "sachnächsten") Vorschrift dürfen Anlagen in der Umgebung eines Baudenkmals nicht errichtet, geändert oder beseitigt werden, wenn dadurch das Erscheinungsbild des Baudenkmals beeinträchtigt wird. Neue oder geänderte Anlagen müssen sich zwar nicht architektonisch oder stilistisch anpassen, dürfen aber die besondere Wirkung des vorhandenen Baudenkmals nicht schmälern (vgl. Schmaltz/Wiechert, Nds. Denkmalschutzgesetz, 1998, § 8 Rdnr. 6). Das ist hier nicht der Fall.
Das angemessene "Gegenüber" der denkmalrechtlich bedeutsamen Gebäude an der Stresemannstraße gibt es schon seit längerer Zeit nicht mehr. Die 1880 errichtete, sehr ansehnliche Turnhalle im jetzigen Kreuzungsbereich, von der Ansichten z.B. bei Brebbermann, Lüneburg in alten Ansichten, 1977, Nr. 107 und Pless, Lüneburg 45, 3. Aufl. 1979, 172, wiedergegeben sind, war nur geringfügig älter als die zur Jahrhundertwende entstandene Wohnbebauung. Sie wirkte für letztere städtebaulich und architektonisch als Bezugspunkt und prägte das Erscheinungsbild der Stresemannstraße an deren nördlichem Ende nicht nur mit, sondern dominierte es mit ihren wuchtigen Türmen.
Mit der Aufgabe dieses Gebäudes und der Änderung der Straßenführung zugunsten der Anlegung des "Mittleren Ringes" haben gerade die beiden Einzeldenkmale Stresemannstraße 4 und 6 im Jahr 1976 eine gravierende Umgebungsveränderung hinnehmen müssen, welche durch die jetzt in Rede stehende Maßnahme nicht mehr verstärkt wird. Zwar steht außer Frage, dass Maßnahmen wie die Anlegung des Mittleren Ringes seinerzeit zur Entlastung der Innenstadt unumgänglich waren (vgl. Pez, in: Preuß, Stadtentwicklung und Architektur, Lüneburg im 20. Jahrhundert, 2001, a.a.O., S. 161f). Das ändert jedoch nichts daran, dass das frühere Ensemble damals seinen bedeutendsten Bestandteil verloren hat. Auch die Fortsetzung der Bebauung entlang der Roten Straße, die in sich nicht homogen und von unterschiedlicher Qualität ist (vgl. zum Gebäude der Handwerkskammer Preuß, Stadtentwicklung und Architektur, Lüneburg im 20. Jahrhundert, 2001, S. 80f), gleicht dies nicht aus.
Der 1972 aufgestellte und 1977 geänderte Bebauungsplan Nr. 41 hat auch keine Vorkehrungen dafür getroffen, dass sich die Folgen der Straßenplanung für die Umgebungseinbettung der Baudenkmale in Grenzen hielten. Der Bebauungsplan hat einen vernünftig gegliederten städtebaulichen Rahmen für den neuen platzartigen Kreuzungsbereich vorgegeben, Belange des Denkmalschutzes dabei jedoch nicht aufgenommen. Die Festsetzungen des Bebauungsplanes begrenzen zwar den zulässigen Gebäudekubus an der Ecke Lindenstraße/Barckhausenstraße, weisen aber ansonsten nichts auf, was nachteilige Kontraste zu den bestehenden Baudenkmalen in Grenzen halten könnte. Da der Bebauungsplan der neuen Eckbebauung keine besonderen Anforderungen in Bezug auf die benachbarten denkmalgeschützten Objekte auferlegte, bildete er hiermit die Grundlage für eine Neugestaltung, die von früher bestehenden Beziehungen von vornherein frei war. Auch nach der Änderung des Bebauungsplans von 1977 ergibt sich nichts anderes. Danach sind zwar bestimmte Ausnahmen allgemein zugelassen (für das hier streitige Grundstück z.B. Anlagen für Verwaltungen sowie für sportliche Zwecke), aber soweit ersichtlich nichts vorgesehen, was eine städtebauliche Einbindung der vorhandenen Baudenkmäler zum Ziele hat.
Das dann tatsächlich genehmigte und errichtete Gebäude Lindenstraße 30 setzt mit seinen großflächen Betonanteilen den reich gegliederten Strukturen der Baudenkmäler eine fensterarme Monotonie entgegen, die durch ein "Scheinfenster" - eine größere, halb kaschierte Öffnung an der Lindenstraße - noch pointiert wird. Zwar ist das Gebäude in sich gegliedert; gerade das Treppenhaus, auf dem die neue Anlage errichtet werden soll, ist architektonisch "herausgestellt". Auch der Wechsel der Betonflächen mit roten Verblendern zeigt Ansätze stilistischer Durcharbeitung. Gleichwohl ist der damit hervorgerufene Kontrast zu den bestehenden Baudenkmalen kein solcher, der deren besondere Wirkung unterstützt. Vielmehr steht das Gebäude Lindenstraße 30 praktisch bezugslos neben diesen Baudenkmalen und demonstriert eine Art "architektonische Gleichgültigkeit" gegenüber dem Quartier.
Hinzu kommt, dass dieses Eckgebäude mit einer Vielzahl von Werbeeinrichtungen versehen ist, wie sie etwa im Kerngebiet zu erwarten wären. Insofern ist unerheblich, ob sie baurechtlich im Allgemeinen Wohngebiet zulässig sind, weil die Beklagte jedenfalls keine Anstalten macht, sie auf ihre planungsrechtliche Zulässigkeit zu überprüfen. Auf diese Weise sticht das Eckgebäude schon für sich genommen aus seiner Umgebung heraus, nicht nur gegenüber den denkmalgeschützten Gebäuden.
Als "Basis" der Antennenanlage ist das Eckgebäude damit ohne weiteres geeignet; ein architektonischer oder stilistischer Widerspruch zum Gebäude selbst tritt nicht ein. Zugleich ist aber mit dem Hinzutreten der Antennenanlage keine signifikante Verschlechterung der Gesamtsituation verbunden. Denn bei einem Blick auf die Antennenanlage kann ihre "Basis" nicht ausgeblendet werden. Selbst wenn das vorhandene Gebäude geeignet wäre, das Erscheinungsbild der Denkmale zu beeinflussen, würde dieser Eindruck durch das Aufstellen der Antennenanlage nicht (mehr) verstärkt.
Es kommt hinzu, dass es nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung praktisch ausgeschlossen ist, Denkmale und Antennenanlage auf "einen Schlag" so in den Blick zu nehmen, dass jene beeinflusst werden könnten. Zwar mag die Antennenanlage aus der einen oder der anderen Richtung im gleichen Blickfeld liegen wie denkmalgeschützte Umgebungsgebäude. Das ist aber nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung nur aus größeren Entfernungen möglich. Das hat zur Folge, dass damit auch die Details der denkmalgeschützten Gebäude und Ensembles ebenfalls nicht mehr zu erkennen sind. Gegen eine Beeinflussung des Denkmalcharakters spricht dabei ganz entscheidend, dass Denkmale einerseits und streitige Anlage andererseits räumlich auf ganz unterschiedlichen Ebenen liegen. Blickt man auf die Denkmale, ist die Antennenanlage vollständig außer Sicht; umgekehrt ist es ebenso.
Die erwähnten Entfernungen haben außerdem zur Folge, dass sich die Breite des Straßenzuges Linden-/Stresemannstraße mit ihrer sich nördlich anschließenden platzartigen Erweiterung zum Vorteil der Baudenkmale auswirkt. Denn dieser vielbefahrene Straßenzug hat eindeutig trennende Wirkung. Auch das schließt für sich allein eine nachteilige Beeinflussung des Erscheinungsbildes der Baudenkmale durch den in Rede stehenden Antennenmast aus.
Insgesamt sprechen also drei selbständig tragenden Gründe gegen eine dem Vorhaben nachteilige Anwendung des § 8 NDSchG: Erstens wird eine Beeinträchtigung schon durch das vorhandene Eckgebäude hervorgerufen; das wird durch die Antennenanlage nicht mehr verstärkt. Zweitens ist es wegen der unterschiedlichen Betrachtungsebenen nicht möglich, Denkmale und Anlage mit einem Blick zu erfassen. Drittens trennt der Straßenzug Linden-/Stresemannstraße beides so voneinander, dass eine Beeinflussung ausgeschlossen ist.
2. Bundesrechtlich beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach den §§ 30, 31 Abs. 1 BauGB und den §§ 4, 15 Abs. 1 BauNVO. Da die Änderung des Bebauungsplanes schon am 30. September 1977 im Amtsblatt für den Landkreis Lüneburg bekannt gemacht worden ist, findet die erst am 1. Oktober 1977 in Kraft getretene BauNVO 1977 noch keine Anwendung, auch nicht nach der Übergangsvorschrift ihres § 25. Das hat jedoch keine weiteren Auswirkungen, weil sich die Fassungen der Baunutzungsverordnung von 1968 und 1977 in den hier maßgeblichen Punkten nicht durchgreifend unterscheiden.
Eine Zulassung der Anlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1968 als Nebenanlage kommt nicht in Betracht, weil es an der funktionalen Zu- und Unterordnung zum Nutzungszweck einzelner Grundstücke im Baugebiet oder des gesamten Baugebiets fehlt; das vom Vorhaben versorgte Gebiet deckt sich nicht (grob) mit dem Baugebiet. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauNVO 1968 kann auf Nebenanlagen für fernmeldetechnische Zwecke auch nicht im Sinne der aktuellen Fassung des § 14 der Baunutzungsverordnung erweiternd ausgelegt werden (vgl. BVerwG, Beschl.v. 1.11.1999 - 4 B 3.99 -, BauR 2000, 703[BVerwG 01.11.1999 - 4 B 3/99] zur BauNVO 1977).
Die Anlage ist jedoch als "Hauptanlage" genehmigungsfähig. Nach § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Setzt die Gemeinde nach § 1 Abs. 2 BauNVO (1968) Baugebiete fest, werden nach § 1 Abs. 3 BauNVO die Vorschriften der §§ 2 ff. BauNVO Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht aufgrund der folgenden Absätze etwas anderes bestimmt ist. Ausnahmsweise können hier deshalb die in § 4 Abs. 3 BauNVO (1968) genannten Anlagen zugelassen werden, wobei der Bebauungsplan Nr. 41 in seiner Fassung von 1977 für das Baugrundstück Anlagen für sportliche Zwecke (damals § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) sogar für allgemein zulässig erklärt hat.
Mobilfunkstationen der hier vorliegenden Art können im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 als "sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb" eingestuft werden, auch wenn sie keine eigenständigen "Betriebe" sind, sondern nur Teil eines größeren Gewerbebetriebes (vgl. Senatsbeschl. v. 6.12.2004 - 1 ME 256/04 -, BauR 2005, 975[OVG Niedersachsen 06.12.2004 - 1 ME 256/04]; VGH München, Urt.v. 9.8.2007 -, BauR 2008, 1108; OVG Münster, Beschl.v. 9.1.2004 - 7 B 2482/03 -, BauR 2004, 792[OVG Nordrhein-Westfalen 09.01.2004 - 7 B 2482/03]; ferner Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 4 RdNrn. 9.47 ff.). Ob sie für sich genommen begrifflich auch als Nebenanlage eingestuft werden können (vgl. hierzu Tysper, BauR 2008, 614, 616 ff.), ist für die Anwendung der genannten Vorschrift nicht ausschlaggebend. Es bedarf hier auch keines Eingehens auf den insoweit im Zusammenhang mit § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO geführten Streit.
Ein Gewerbebetrieb stört im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO stets dann, wenn er im Sinne des § 15 Abs. 1 BauNVOim Einzelfall nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Darüber hinaus entnimmt das Bundesverwaltungsgericht den Baugebietsvorschriften in der Baunutzungsverordnung ein weitergehendes, "ungeschriebenes" Erfordernis der Gebietsverträglichkeit eines Vorhabens im Hinblick auf die Art der Nutzung, bei dem auf die Auswirkungen abzustellen ist, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehen ( BVerwG, Beschl.v. 28.2.2008 - 4 B 60.07 -, BauR 2008, 954[BVerwG 28.02.2008 - BVerwG 4 B 60.07]). Maßgebend sind alle mit der Zulassung des Betriebs nach seinem Gegenstand, seiner Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung; störend kann auch eine besondere Auffälligkeit der Anlage wirken (vgl. BVerwG, Beschl.v. 10.7.2006 - 4 B 45.06 -, BRS 70 Nr. 140; vgl. auch die Übersicht bei Stühler, BauR 2007, 1350).
Danach lässt sich eine störende Wirkung hier nicht feststellen.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine störende Wirkung nicht in der Strahlungswirkung zu sehen ist. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass bei Einhaltung der in der 26. BImSchV festgesetzten Grenzwerte derzeit nicht von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Mobilfunksendeanlagen ausgegangen werden kann (vgl. OVG Lüneburg, Beschl.v. 12.3.2009 - 1 LA 184/06 -, NdsVBl. 2009, 204; Beschl.v. 4.10.2007 - 1 ME 261/07 -, n.v.; Beschl.v. 4.2.2005 - 9 LA 360/04 -, NdsVBl. 2005, 271; Beschl.v. 6.12.2004 - 1 ME 256/04 -, BauR 2005, 975[OVG Niedersachsen 06.12.2004 - 1 ME 256/04]; Beschl.v. 19.1.2001 - 1 O 2761/00 -, NVwZ 2001, 456; ferner OVG Münster, Beschl.v. 9.1.2009 - 13 A 2023/08 -, DVBl 2009, 327; EGMR, Entsch.v. 3.7.2007 - 32015/02 -, NVwZ 2008, 1215 [EGMR 03.07.2007 - EGMR (V. Sektion) Nr. 32015/02]; BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.1.2007 - 1 BvR 382/05 -, NVwZ 2007, 805 [BVerfG 24.01.2007 - 1 BvR 382/05], [BVerfG 24.01.2007 - 1 BvR 382/05] v. 8.12.2004 - 1 BvR 1238/04 -, NVwZ-RR 2005, 227 u. v. 28.2.2002 - 1 BvR 1676/01 -, NJW 2002, 1638, 1639 [BVerfG 28.02.2002 - 1 BvR 1676/01]; BVerwG, Urt.v. 10.12.2003 - 9 A 73.02 -, NVwZ 2004, 613 [BVerwG 10.12.2003 - 9 A 73.02]; OVG Saarland, Beschl.v. 17.10.2006 - 2 W 19/06 -, juris; Appel/Bulla, DVBl. 2008, 1277). Die in der Literatur jetzt nur noch vereinzelt eingenommene Gegenposition mit den dafür in Anspruch genommenen Quellen (vgl.z.B. Budzinski, NuR 2008, 535 und NVwZ 2009, 160 [EGMR 03.07.2007 - EGMR (V. Sektion) Nr. 32015/02]) überzeugt den Senat nicht.
Die Gebietsverträglichkeit wird auch durch die besondere Höhe der Antennenanlage nicht in Frage gestellt. Von "Homogenität" der Dachlandschaft kann hier nicht die Rede sein; mit seinem Flachdach steht das Eckgebäude in krassem Gegensatz zu den denkmalgeschützten Gebäuden an der Stresemannstraße. Die Antennenanlage wird nicht nur im Verhältnis zu ihrer "Basis" filigran wirken - gerade im Verhältnis zu den wuchtigen Betonflächen -, sondern auch in Ansehung der Umgebungsbebauung. Da es typischerweise zur Wirkungsvoraussetzung von Antennen gehört, dass sie in den Luftraum hineinragen, besteht auch eine Bereitschaft des Durchschnittsbetrachters, zwischen solchen Bauteilen und sonstigen Gebäudeteilen zu differenzieren und die Exponiertheit von Antennen jedenfalls hinzunehmen.
Insbesondere wird durch eine Antennenanlage der vorliegenden Art nicht der Eindruck einer "gewerblichen Überformung" erweckt. Eine solche Wirkung hat auch das Oberverwaltungsgericht Münster mit Urteil vom 17. Dezember 2008 (- 10 A 2999/07 -, DVBl. 2009, 712) sogar im reinen Wohngebiet erst bei mehr als einem Antennenmast angenommen. Antennenanlagen haben im Übrigen für sich genommen nicht ohne weiteres gewerblichen Charakter in dem Sinne, dass man mit ihnen das Vorhandensein eines gewerblichen Betriebes assoziiert, der an diesem Standort unmittelbar Güter oder Dienstleistungen erbringt. Man findet vielmehr große Antennenanlagen bei Rundfunk- und Fernsehsendern, mittlere Anlagen auf öffentlichen Gebäuden wie denen der Polizei oder der Feuerwehr, kleinere Anlagen überall verbreitet als private Fernseh- und Radioempfangsantennen, auch in Gestalt der auffälligeren Antennenschüsseln. Auch wenn sie selten als optische Bereicherung gelten können, werden sie im öffentlichen Bewusstsein nicht speziell mit Gewerbetätigkeit, sondern mit einem umfassenden Kommunikationsnetz in Verbindung gebracht, dessen wesentlicher Bestandteil gerade auch der für den Durchschnittsbürger bereits unverzichtbare Mobilfunk ist.
Eine der Gebietsverträglichkeit entgegenstehende Beeinträchtigung des Ortsbildes (vgl. zu letzterem Senat , Beschl.v. 6.12.2004 - 1 ME 256/04 -, BauR 2005, 975, [OVG Niedersachsen 06.12.2004 - 1 ME 256/04] und Urt.v. 5.9.2007 - 1 KN 204/05 -, BauR 2008, 636[OVG Niedersachsen 05.09.2007 - 1 KN 204/05]) scheidet ebenfalls aus. Die Antennenanlage hat bei weitem nicht die Dimensionen der Fernmeldetürme, die Gegenstand von Entscheidungen der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts waren (vgl. Urt.v. 25.3.1983 - 6 A 24/82 -, BRS 40 Nr. 157; Urt.v. 25.6.1986 - 6 A 129/84 -, BRS 46 Nr. 157; Urt.v. 24.9.86 - 1 OVG A 17/86 -, dng 1987, 125). Aus Fußgängersicht ist sie auch allenfalls von wenigen Standpunkten zur gleichen Zeit zu sehen wie die Spitzen von Kirchtürmen oder des Wasserturms. Diese stehen so weit weg, dass eine Beeinflussung ihres Erscheinungsbildes nicht ernstlich in Betracht kommt.
Schließlich ist die Gebietsverträglichkeit hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Umgebungsschutzes für Baudenkmale zu verneinen. Zwar ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass in diesem Zusammenhang auch Aspekte des Denkmalschutzes zu berücksichtigen sind. Bundesbaurechtlich stellen die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege nach § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB im Verfahren der Bauleitplanung beachtliche Belange dar. Im Außenbereich kann die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB daran scheitern, dass Belange des Denkmalschutzes beeinträchtigt werden. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 21. April 2009 (- 4 C 3.08 -, BauR 2009, 1281[BVerwG 21.04.2009 - BVerwG 4 C 3.08]; vgl. im Übrigen auch schon Urt.v. 18.5.2001 - 4 CN 4.00 -, BVerwGE 114, 247[BVerwG 18.05.2001 - 4 CN 4/00] = NVwZ 2001; 1043; Beschl.v. 4.1.2007 - 4 B 74.06 -, BauR 2007, 667[BVerwG 04.01.2007 - BVerwG 4 B 74.06]; vgl.a. OVG Münster, Beschl.v. 10.4.2007 - 10 A 305/05 -, BauR 2007, 1552[OVG Nordrhein-Westfalen 10.04.2007 - 10 A 305/05]; Stich, UPR 2003, 241; Hönes, BauR 2006, 465; Schmaltz, BauR 2009, 761) in verallgemeinerungsfähiger Weise ausgeführt:
"Gemäß § 35 Abs. 1 BauGB ist im Außenbereich auch ein privilegiertes Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt u.a. vor, wenn das Vorhaben Belange des Denkmalschutzes beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Die Belange des Denkmalschutzes werden in der Regel - positiv wie negativ - durch das Landesdenkmalrecht konkretisiert; dennoch enthält die Regelung keine Verweisung auf das Landesrecht, sondern eine bundesrechtlich eigenständige Anforderung, die - unbeschadet einer Konkretisierung durch Landesrecht - unmittelbar selbst eingreift, wo grobe Verstöße in Frage stehen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleistet ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz; die Vorschrift hat im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften, die nach § 29 Abs. 2 BauGB unberührt bleiben, eine Auffangfunktion (Urteile vom 20. Oktober 1972 - BVerwG 4 C 1.70 -BRS 25 Nr. 84 S. 170 und vom 12. April 2001 - BVerwG 4 C 5.00 -BRS 64 Nr. 94 S. 406, dort jeweils zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB). Eine solche Regelung ist kompetenzrechtlich unbedenklich. § 35 BauGB ist eine bodenrechtliche Regelung, die in ihrem dritten Absatz auf bestimmte Belange lediglich Rücksicht nimmt; eine solche Rücksichtnahme ist unabhängig davon zulässig, ob dem Bundesgesetzgeber auch die Kompetenz zusteht, die fraglichen Belange einer ins einzelne gehenden Regelung zu unterwerfen
Zwar hat sich das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung mit der Abwehrposition des Denkmaleigentümers befasst. Es drängt sich aber auf, daraus auch auf eine potentiell gebietsprägende Kraft von Baudenkmalen zu schließen. Insoweit ist nicht auf Gestaltungsdetails oder Aspekte der Werktreue abzustellen, die im Landesdenkmalrecht eine größere Rolle spielen, sondern auf den Einfluss der Baudenkmale auf städtebauliche Strukturen. Mit der damaligen Überplanung des jetzigen Kreuzungsbereichs und der Beseitigung der Turnhalle ist jedoch die städtebauliche Einbindung der verbliebenen Baudenkmale in einer Weise "aufgebrochen" worden, die ihnen kaum noch eine andere Bedeutung belassen hat als die einer normalen Straßenrandbebauung. Vor diesem Hintergrund ist die Gebietsverträglichkeit der Antennenanlage deshalb nicht in Frage gestellt. "Grobe Verstöße" im Sinne des oben auszugsweise zitierten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. April 2009 (- 4 C 3.08 - ) sind nicht erkennbar.
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme wie hier vor, kann die Gemeinde nach § 31 Abs. 1 BauGB nicht frei über die Zulassung der Ausnahme entscheiden, sondern hat pflichtgemäßes Ermessen auszuüben. Berücksichtigungsfähig sind dabei nur städtebauliche Gesichtspunkte (vgl. VGH Mannheim, Urt.v. 19.11.2003 - 5 S 2726/02 -BauR 2004, 1909[VGH Baden-Württemberg 19.11.2003 - 5 S 2726/02]; OVG Münster, Beschl.v. 6.5.2005 - 7 B 2752/04 -, BauR 2005, 1425[OVG Nordrhein-Westfalen 06.05.2005 - 7 B 2752/04]; Söfker, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB § 31 Rdnr. 26 mit Nachweisen; Grundei, Mobilfunkanlagen, 2005, 201). Liegen keine städtebaulichen Versagungsgründe vor, erstarkt der Anspruch des Bauherrn auf pflichtgemäße Ermessensausübung praktisch zu einem Genehmigungsanspruch (vgl. OVG Münster, Beschl.v. 26.9.2008 - 10 A 2599/07 -, juris).
Solche städtebaulichen Versagungsgründe sind hier nicht ersichtlich. Zunächst mögen zwar auch denkmalschutzrechtliche Aspekte städtebauliche Dimension erlangen können. Dies ist hier jedoch - wie oben angesprochen - nicht der Fall.
Darüber hinaus dürften bei der Anwendung des § 31 BauGB überhaupt nur solche denkmalschutzrechtlichen Belange berücksichtigungsfähig sein, die über § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB in den zugrunde liegenden Bebauungsplan eingeflossen sind. Nehmen - wie hier - weder der Plan noch die Begründung dazu denkmalschutzrechtliche Aspekte überhaupt zur Kenntnis, kann dieses Versäumnis nicht durch nachträgliches Einfließenlassen der übersehenen Aspekte bei der Handhabung des § 31 Abs. 1 BauGB "repariert" werden.
Unter den genannten Umständen kommt die Versagung einer Ausnahme allenfalls in Betracht, wenn ihre Erteilung mit einem denkmalschutzrechtlichen Abwehrrecht eines Nachbarn im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. April 2009 (a.a.O.) kollidieren würde. Dem steht nicht entgegen, dass Absatz 1 des § 31 BauGB anders als dessen Absatz 2 nachbarliche Interessen nicht unmittelbar anspricht (für eine - entsprechende - Berücksichtigung nachbarlicher Belange vgl.z.B. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 31 Rn. 15). Die genannte Entscheidung beurteilt zwar zuvörderst landesdenkmalrechtliche Bestimmungen nach den Maßstäben des Art. 14 Abs. 1 GG. Soweit sie in diesem Zusammenhang ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz postuliert, müssen sich potentiell eigentumsbeschränkende Regelungen des Bundesrechts aber in gleicher Weise an Art. 14 Abs. 1 GG messen lassen, so dass hier eine verfassungskonforme Auslegung des § 31 Abs. 1 BauGB in Betracht zu ziehen wäre. Das kann aber deshalb offen bleiben, weil jedenfalls kein "grober Verstoß" im Sinne der genannten Entscheidung in Rede steht.