Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 01.03.2021, Az.: 1 B 5811/20
ehrverletzende Äußerung; ehrverletzende Äußerung eines Ratsmitgliedes; Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs; öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch; Passivlegitimation; Passivlegitimation der Anstellungskörperschaft; Unterlassung; Unterlassung einer Äußerung eines Ratsmitgliedes; Wiederholungsgefahr
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 01.03.2021
- Aktenzeichen
- 1 B 5811/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 71139
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 54 Abs 1 KomVerfG ND
- § 123 Abs 1 S 1 VwGO
- § 40 Abs 1 S 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben stehen, ist nach in der Rechtsprechung übereinstimmend vertretener Ansicht regelmäßig nicht gegen den Beamten oder Amtsträger persönlich, sondern aufgrund des im öffentlichen Recht geltenden Rechtsträgerprinzips gegen den Hoheitsträger zu richten, dem die Äußerungen seines Amtswalters zugerechnet werden. Ausnahmen gelten nur dann, wenn die Äußerung so sehr Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung des Amtsträgers ist, dass das persönliche Gepräge überwiegt und eine Unterlassungserklärung der Anstellungskörperschaft nicht geeignet wäre, der Wiederherstellung der Ehre des Anspruchstellers zu dienen (vgl. Beschl. d. Kammer v. 03.06.2014 - 1 B 7660/14 -, juris Rn. 51 m. w. N.).
2. Auch bei Unterlassungsansprüchen, die Äußerungen von Ratsmitgliedern betreffen, ist, - soweit es sich nicht um rein kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsstreitigkeiten handelt (vgl. dazu Beschl. d. Kammer v. 23.07.2018 - 1 B 4254/18 -, juris Rn. 3) -, im Einzelfall zu differenzieren, ob die Äußerung des Ratsmitgliedes nach ihrem Inhalt und Kontext der Gemeinde als Körperschaft zuzurechnen ist oder ob persönliche Momente derart überwiegen, dass die geforderte Unterlassungserklärung eine unvertretbare Handlung des einzelnen Ratsmitgliedes darstellt.
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Eilverfahren auf Unterlassung einer ehrverletzenden Äußerung in Anspruch.
Die Antragstellerin ist ein in I. ansässiges Transport- und Logistikunternehmen, das insbesondere im Bereich der Automobillogistik tätig ist und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Zwischenlagerung und technischen Instandhaltung von Neuwagen erbringt. Der Antragsgegner ist Kreistagsabgeordneter im Kreistag des Landkreises J. sowie Ratsherr im Samtgemeinderat der Samtgemeinde I. und im Gemeinderat der Gemeinde K.. Der Samtgemeinderat der Samtgemeinde I. befasste sich in seiner Sitzung am 3. September 2020 mit einer Beschlussvorlage zur Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde. Grund für die vorgeschlagene - und auch beschlossene - Änderung des Flächennutzungsplans war ein genehmigungsbedürftiges Bauvorhaben der Antragstellerin, konkret die Errichtung einer etwa 5.000 Quadratmeter großen Zelthalle, welche diese infolge eines Auftrags des Automobilherstellers L. für das „Flashen“ (also das Bespielen mit Software) von Elektrofahrzeugen benötigte. Nachdem die Antragstellerin die Zelthalle bereits ohne Vorliegen der erforderlichen Baugenehmigung errichtet hatte, waren Änderungen des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde und des Bebauungsplans der Gemeinde I. erforderlich, um die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für eine nachträgliche Genehmigung zu schaffen. Die Abstimmung über die Beschlussvorlage zur Änderung des Flächennutzungsplans erfolgte in geheimer Abstimmung.
In der örtlichen „Kreiszeitung“ wurde mit Artikel vom 8. September 2020 („M.) über die Beschlussfassung des Samtgemeinderats zur Änderung des Flächennutzungsplans berichtet. In dem Artikel, in dem mehrere Ratsmitglieder - hierunter auch der Antragsgegner - zitiert werden, wird berichtet, dass die von der Antragstellerin betriebene Unternehmungserweiterung von den Ratsmitgliedern grundsätzlich begrüßt worden, die diesbezügliche Vorgehensweise der Antragstellerin jedoch auf Kritik gestoßen sei. Betreffend Äußerungen des Antragsgegners heißt es in dem Artikel unter anderem:
„Den Antrag der N. auf geheime Abstimmung begründet O. mit haftungsrechtlichen Aspekten. Es handele sich um ein rechtlich heikles Genehmigungsverfahren. So sei sichergestellt, dass einzelne Abgeordnete nicht in Regress genommen werden könnten.
Und als kleiner Nebeneffekt kann kein Ratsmitglied für sein Abstimmungsverhalten kritisiert werden. In der Vergangenheit seien Ratsmitglieder von N. und P. wiederholt von Verantwortlichen und Mitarbeitern von Q. Logistik angefeindet worden, weil sie kritisch nachgefragt hätten, so O..“
In Bezug auf den letztgenannten Satz forderte die Antragstellerin den Antragsgegner mit Schreiben vom 23. Oktober 2020 unter Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Nachdem sich der Antragsgegner innerhalb der gesetzten Frist zur Sache nicht geäußert hatte, hat die Antragstellerin am 6. November 2020 beim erkennenden Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der dem Antragsgegner bei Meidung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft untersagt wird, gegenüber Dritten zu behaupten oder zu verbreiten oder behaupten oder verbreiten zu lassen, „Ratsmitglieder von N. und P. seien wiederholt von Verantwortlichen und Mitarbeitern von Q. Logistik angefeindet worden, weil sie kritisch nachgefragt hätten“. Der Antragsgegner habe diese Äußerung - so wie sie in dem Artikel vom 8. September 2020 wiedergegeben sei - im Nachgang der Samtgemeinderatssitzung vom 3. September 2020 gegenüber der Autorin des Artikels, Frau R., getätigt. Zur Glaubhaftmachung dieses Sachverhalts hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021 anwaltlich versichert, dass die Autorin des Artikels ihm gegenüber in einem Telefonat am 5. Januar 2021 angegeben habe, in der Samtgemeinderatssitzung anlässlich des öffentlichen Sitzungsteils anwesend gewesen zu sein und im Nachgang mit einigen Ratsmitgliedern - unter anderem dem Antragsgegner - gesprochen zu haben. Auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten habe die Autorin des Artikels ausdrücklich bestätigt, dass der Antragsgegner die streitgegenständliche Äußerung „so gesagt“ habe.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Er bestreitet, die streitgegenständliche Äußerung getätigt zu haben. Zur Glaubhaftmachung hat er einen Auszug des - noch nicht genehmigten - Protokolls über die Samtgemeinderatssitzung am 3. September 2020 vorgelegt sowie zwei vom 9. Dezember 2020 und 27. Januar 2021 datierende eidesstattliche Versicherungen zu den Akten gereicht, in denen er versichert, die in Rede stehende Äußerung weder in der Ratssitzung noch im Anschluss an diese noch in einem Telefonat mit der Autorin des Artikels, welches einige Tage nach der Ratssitzung stattgefunden habe, getätigt zu haben. Die Angaben, die die Autorin des Artikels gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin getätigt haben solle, seien schon deshalb wenig glaubhaft, da bereits ihre Aussage, in der Ratssitzung anlässlich des öffentlichen Teils der Sitzung anwesend gewesen zu sein und am dort vorhandenen Pressetisch gesessen zu haben, falsch sei. Insoweit hat der Antragsgegner auf das Protokoll der Samtgemeinderatssitzung verwiesen sowie eine eidesstattliche Versicherung des Herrn S., der ebenfalls Ratsherr im Rat der Samtgemeinde I. ist, vorgelegt, in welcher dieser versichert, dass die Autorin R. in der fraglichen Ratssitzung nicht anwesend gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg; er ist bereits unzulässig.
Zwar ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet; der Antragsgegner ist jedoch nicht passiv legitimiert.
Gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte handelt es sich bei Klagen auf Unterlassung oder Widerruf ehrverletzender Äußerungen, die von Bediensteten oder Organen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit abgegeben wurden, um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten (BVerwG, Urt. v. 04.02.1988 - 5 C 88/85 -, juris Rn. 11; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.11.1991 - 1 S 1088/90 -, juris Rn. 20). Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit liegt dagegen vor, wenn ein Amtsträger lediglich bei Gelegenheit seiner Amtswaltung eine, nach Form oder Inhalt über die Amtsausübung hinausgehende und ihm daher insoweit als Privatperson zuzurechnende, die Ehre des Betroffenen selbständig beeinträchtigende Äußerung abgegeben hat (VG Berlin, Entsch. v. 20.08.1996 - 26 A 115.96 -, juris Rn. 10; Hessischer VGH, Urt. v. 09.12.1993 - 6 UE 571/93 -, juris Rn. 28).
Gemessen an diesen Maßstäben liegt vorliegend - wovon auch die Antragstellerin zutreffend ausgegangen ist - eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Der Antragsgegner soll die streitgegenständliche Äußerung - nach der Darstellung im Schriftsatz der Antragstellerseite vom 7. Januar 2021 - „im Nachgang“ der Samtgemeinderatssitzung gegenüber einer Pressevertreterin getätigt haben. Bereits dieser Kontext spricht dafür, dass der Antragsgegner die streitgegenständliche Äußerung, soweit er sie tatsächlich getätigt hat, in seiner Funktion als Ratsherr und nicht als Privatperson abgegeben hat. Gespräche, in denen sich politische Entscheidungsträger im Nachgang zu Abstimmungsprozessen den Fragen von Pressevertretern stellen, sind grundsätzlich ihrer hoheitlichen Funktion als Mandatsträger zuzurechnen und nicht als rein private Meinungsäußerungen zu qualifizieren. Auch nach Form und Inhalt stellt sich die streitgegenständliche Äußerung nicht als private Meinungsäußerung des Antragsgegners dar. Nach dem Artikel der „Kreiszeitung“ soll die Äußerung auf Nachfrage zu den Gründen bzw. Hintergründen des Antrags der N. auf geheime Abstimmung erfolgt sein. Es bestand damit ein konkreter Bezug zu dem Abstimmungsvorgang im Rat bzw. der gewählten Abstimmungsweise. In der streitbefangenen Äußerung geht es auch nicht etwa um private Differenzen zwischen dem Antragsgegner und der Antragstellerin, sondern vielmehr um Konfliktsituationen, zu denen es zwischen Ratsmitgliedern von N. und P. und Verantwortlichen und Mitarbeitern der Antragstellerin anlässlich kritischer Nachfragen von Ratsmitgliedern gekommen sein soll. Von derartigen Konfliktsituationen hätte der Antragsgegner ersichtlich gerade nicht als Privatmann, sondern in seiner Funktion als Ratsherr erfahren.
Der Antragsgegner ist hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs jedoch nicht passiv legitimiert. Ein Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben stehen, ist nach in der Rechtsprechung übereinstimmend vertretener Ansicht regelmäßig nicht gegen den Beamten oder Amtsträger persönlich, sondern aufgrund des im öffentlichen Recht geltenden Rechtsträgerprinzips gegen den Hoheitsträger zu richten, dem die Äußerungen seines Amtswalters zugerechnet werden. Mit amtlichen Äußerungen wird die Auffassung der Anstellungskörperschaft rechtlich festgelegt, sodass auch nur diese selbst auf deren Korrektur in Anspruch genommen werden kann. Ausnahmen gelten nur dann, wenn die Äußerung so sehr Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung des Amtsträgers ist, dass das persönliche Gepräge überwiegt und eine Unterlassungserklärung der Anstellungskörperschaft nicht geeignet wäre, der Wiederherstellung der Ehre des Anspruchstellers zu dienen (vgl. Beschl. d. Kammer v. 03.06.2014 - 1 B 7660/14 -, juris Rn. 51 m. w. N.). Die Voraussetzungen für die Annahme einer solchen Ausnahmekonstellation sind vorliegend nicht erfüllt. Wie bereits dargelegt, hat der Antragsgegner die streitgegenständliche Äußerung, soweit er sie tatsächlich getätigt hat, in seiner hoheitlichen Funktion als Ratsherr abgegeben. Die streitbefangene Äußerung stellt sich auch nicht so sehr als Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung des Antragsgegners dar, dass einer etwaigen Ehrverletzung der Antragstellerin nur durch eine persönlich vom Antragsgegner abgegebenen Unterlassungserklärung begegnet werden könnte. Durch die Formulierung „Ratsmitglieder“ (also Plural) wird vielmehr deutlich, dass gerade nicht eine einzelne - persönliche - Wahrnehmung des Antragsgegners, sondern der Eindruck mehrerer Ratsmitglieder - mindestens eines weiteren Ratsmitgliedes - beschrieben wird. Auch im Übrigen bietet die streitgegenständliche Äußerung weder isoliert betrachtet noch in ihrem Gesamtzusammenhang Anhaltspunkte dafür, dass hierin eine rein persönliche Auffassung des Antragsgegners, die nicht mit seiner Amtsführung zusammenhängt, zum Ausdruck kommt. Eine Passivlegitimation des Antragsgegners ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin schließlich auch nicht deshalb zu bejahen, weil der Antragsgegner die streitgegenständliche Äußerung, soweit er sie tatsächlich getätigt hat, in seiner Eigenschaft als mit eigener Entscheidungsfreiheit ausgestatteter Abgeordneter einer kommunalen Vertretung abgegeben hat. Zwar stehen Ratsmitglieder nicht in einem dem Beamtenverhältnis vergleichbaren Verhältnis zur Gemeinde, da sie insbesondere nicht weisungsgebunden sind und ihr Amt im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl geleiteten Überzeugung ausüben (vgl. § 54 Abs. 1 NKomVG). Dieser Umstand führt nach Auffassung der Kammer aber nicht dazu, dass die oben skizzierten Grundsätze zur Passivlegitimation grundsätzlich keine Geltung beanspruchen, wenn ein geltend gemachter Unterlassungsanspruch die Äußerung eines Ratsmitgliedes betrifft (wohl a. A., allerdings bezogen auf eine Innenrechtsstreitigkeit: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.09.1991 - 7 A 10359/91 -, juris Rn. 39 f.). Vielmehr ist auch bei Unterlassungsansprüchen, die Äußerungen von Ratsmitgliedern betreffen, - soweit es sich nicht um rein kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsstreitigkeiten handelt (vgl. dazu Beschl. d. Kammer v. 23.07.2018 - 1 B 4254/18 -, juris Rn. 3) - im Einzelfall zu differenzieren, ob die Äußerung des Ratsmitgliedes nach ihrem Inhalt und Kontext der Gemeinde als Körperschaft zuzurechnen ist oder ob persönliche Momente derart überwiegen, dass die geforderte Unterlassungserklärung eine unvertretbare Handlung des einzelnen Ratsmitgliedes darstellt. Ist die Äußerung - wie vorliegend - der Gemeinde als Körperschaft zuzurechnen, ist hinsichtlich eines geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nur die Gemeinde passivlegitimiert. Eine Verpflichtung der Gemeinde zur Abgabe einer Unterlassungserklärung erweist sich für den in seiner Ehre betroffenen Anspruchssteller auch nicht etwa deshalb als wertlos, weil die Gemeinde dem Ratsmitglied, das die in Rede stehende Äußerung abgegeben hat, gegenüber nicht weisungsbefugt ist. Denn das Recht zur freien Mandatsausübung besteht auch für die Abgeordneten einer kommunalen Vertretung nur im Rahmen der Gesetze. Die die Kommune bindenden Gerichtsentscheidungen entfalten Bindungswirkung auch gegenüber den Mitgliedern der Vertretung (BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, Dietlein/Mehde, 16. Ed., Stand: 01.01.2021, § 54 NKomVG Rn. 5).
Unabhängig von Vorstehendem ist der Antrag aber auch in der Sache nicht begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der Antragsteller hat demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sogenannten Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sogenannten Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Vorliegend vermag die Kammer weder vom Vorliegen eines Anordnungsanspruchs noch vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes auszugehen.
Die Antragstellerin hat eine aus dem öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch resultierende Rechtsposition und damit einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der in der Rechtsprechung allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung setzt bei allgemeinen Ehrschutzklagen voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht (BVerwG, Beschl. v. 11.11. 2010 - 7 B 54/10 -, juris Rn. 14). Die Kammer hat bereits Zweifel, ob die Antragstellerin überhaupt hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass der Antragsgegner die streitgegenständliche Äußerung getätigt hat. Die vom Antragsgegner abgegebenen, die Äußerung abstreitenden eidesstattlichen Versicherungen erweisen sich nach Auffassung der Kammer zumindest nicht als von vornherein unglaubhaft. Dagegen werden die über die anwaltliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in das Verfahren eingeführten Angaben der Autorin des Artikels, Frau R., durch die widerstreitenden Angaben zu der Anwesenheit von Frau T. in der in Rede stehenden Samtgemeinderatssitzung zumindest in Zweifel gezogen, wobei Punkt 1 des (allerdings noch nicht genehmigten) Protokolls der Samtgemeinderatssitzung in der Zusammenschau mit der eidesstattlichen Versicherung des Ratsherrn S. eher dafür spricht, dass Frau T. entgegen ihren Angaben in der betreffenden Sitzung nicht anwesend war.
Diese Fragen der Glaubhaftmachung kann die Kammer aber letztlich ebenso wie die Frage, ob die streitgegenständliche Äußerung als rechtswidrige, ehrverletzende Äußerung einzustufen wäre, dahingestellt lassen. Denn die Antragstellerin hat jedenfalls die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche konkrete Wiederholungsgefahr nicht glaubhaft gemacht. Diese ist im Bereich des öffentlichen Rechts nicht schon dann gegeben, wenn gegenüber dem Antragsteller - wie hier - keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde. Maßgeblich sind stattdessen die Umstände des Einzelfalls. Bei deren Bewertung ist eine verweigerte Unterlassungserklärung lediglich als Indiz zu berücksichtigen (vgl. Beschl. d. Kammer v. 03.06.2014 - 1 B 7660/14 -, juris Rn. 65 m. w. N.). Vorliegend steht ungeachtet der durch den Antragsgegner nicht abgegebenen Unterlassungserklärung ersichtlich nicht zu befürchten, dass der Antragsgegner die streitgegenständliche Äußerung (erneut) tätigen wird. Dies ergibt sich für die Kammer schon aus dem Umstand, dass der Antragsgegner unter Vorlage zweier entsprechender eidesstattlicher Versicherungen bestreitet, die streitgegenständliche Äußerung überhaupt abgegeben zu haben. Wird bereits die erstmalige Abgabe der Äußerung bestritten, kann von einer Wiederholungsgefahr ersichtlich nicht ausgegangen werden. Einer verweigerten Unterlassungserklärung kommt in einem solchen Fall kaum mehr eine Indizwirkung zu.Im Übrigen ist auch weder durch die Antragstellerin dargelegt noch sonst ersichtlich, dass ein Anlass, bei dem aus Sicht der Antragstellerin eine Wiederholung konkret drohen könnte, zu erwarten steht. Die Abstimmung im Samtgemeinderat der Samtgemeinde I. zur Bauleitplanung bezüglich des Bauvorhabens der Antragstellerin, anlässlich der der Antragsgegner die streitgegenständliche Äußerung abgegeben haben soll, ist abgeschlossen. Dass weitere, die Antragstellerin betreffende Abstimmungen im Samtgemeinderat der Samtgemeinde I., im Gemeinderat der Gemeinde K. oder im Kreistag des Landkreises J. - also den kommunalen Vertretungen, denen der Antragsgegner angehört - konkret anstehen, ist nicht ersichtlich.
Aus denselben Erwägungen, aus denen es an einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr fehlt, fehlt es auch an einer Eilbedürftigkeit der erstrebten gerichtlichen Anordnung und damit an einem Anordnungsgrund.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.