Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 11.02.2021, Az.: 11 A 1908/18

Allgemeininteresse; Anforderungen; Anteilsfinanzierung; Antragsformular; Antragsprüfung; Arbeitsanweisungen; Aufhebungspraxis; Außenwirkung; Auszahlung; Auszahlungsanspruch; Auszahlungsantrag; Beförderungsmittel; Bewilligungsbehörde; Bewilligungsgrundsatz; Bewilligungshindernis; Bewilligungspraxis; Bewilligungsprozess; Bewilligungsstelle; Bewilligungsvoraussetzungen; Bewilligungszeitraum; Busbeschaffung; Busförderprogramm; Empfängerhorizont; Ermessen; Ermessensabwägung; Erstattungsansprüche; Fachaufsicht; Fachaufsichtsbehörde; fahrlässige Unkenntnis; Fahrlässigkeit; Fahrlässigkeit, grobe; Fallkonstellation, atypische; Förderantrag; Förderbescheid; Fördermittel; Förderprogramm; Geldleistung; Genehmigung; Gleichbehandlung; Gleichbehandlungsgebot; Haushaltsführung; Haushaltsmittel; Homepage; Informationspraxis; Kaufoption; Kenntnis; Kontrolle; Maßnahmebeginn, vorzeitiger; Nahverkehr; Organisationsverschulden; Parallelwertung; Pflichtverstoß; Projekt; Rechtsstaatsprinzip; Richtlinie; Risikosphäre; Risikosphäre; Rücknahme; Rücknahmeermessen; Sanktionierung; Schaden; Schutzzweck; Selbsteintritt; Selbstverpflichtung; Selbstverpflichtungserklärung; Sorgfaltsanforderungen; Sorgfaltspflicht; Sorgfaltspflichtverletzung; Sparsamkeit; Subvention; Subventionen, Rückforderung; Umweltschutz; unbillige Härte; Verantwortlichkeit; Verbotsregelung; Vermögensdisposition; Verstoß; Verwaltungsakt; Verwaltungsvorschriften; Vorbildfunktion; Vorhaben; vorzeitiger Maßnahmebeginn; Wiederholungsgefahr; Wirksamkeit; Zuschuss; Zusicherung; Zuständigkeit; Zuwendungsbescheid; Zuwendungsverhältnis; Zweckmäßigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
11.02.2021
Aktenzeichen
11 A 1908/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70795
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Rechtmäßigkeit der Rücknahme eines Zuwendungsbescheides, wenn der Zuwendungsempfänger vor Erlass des Zuwendungsbescheides trotz Kenntnis vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns ohne Zustimmung der Bewilligungsbehörde mit dem Vorhaben begonnen hat, indem er eine Kaufoption ausübt. Der Zuwendungsempfänger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn wegen der Höhe der Fördersumme, der Bedeutung für das Projekt und der jahrzehntelangen Erfahrung erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Zuwendungsempfängers zu stellen waren.
Nach den Grundsätzen des intendierten Ermessens findet keine Ermessensabwägung mehr statt, sofern keine atypische Fallkonstellation erkennbar ist, die ausnahmsweise einen Verstoß gegen die Regelungen des Verbotes des vorzeitigen Maßnahmebeginns rechtfertigen würden.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme eines Zuwendungsbescheides der Beklagten und die Ablehnung der Auszahlung der darin bewilligten Zuwendung in Höhe von 1.848.000,00 EUR für die Anschaffung von elf Diesel-Hybridbussen.

Die Klägerin ist ein kommunales Verkehrsunternehmen und befördert jährlich rund 163 Millionen Fahrgäste und hat bereits mehrfach Zuwendungen für die Beschaffung von Beförderungsmitteln in Anspruch genommen. Die Beklagte, eine Tochtergesellschaft des Landes Niedersachsen, ist als beliehenes Unternehmen des Landes zuständig für die Planung und Finanzierung des Nahverkehrs und beauftragt, Projekte zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs zu fördern.

Mit Antrag vom 30. Mai 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für das Programmjahr 2017 die Förderung von sechs dieselhybridbetriebenen Solo-Standard-Bussen (bis 12,5 m) sowie fünf dieselhybridbetriebenen Gelenksbussen (17,5 bis 20 m) aus dem Landesförderprogramm nach der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für die Beschaffung von Omnibussen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)“ (im Folgenden: Richtlinie ÖPNV). Im Rahmen der geförderten Ersatzbeschaffung sollte die Klägerin elf aufgelistete Altfahrzeuge aussondern.

In dem Antragsformular der Beklagten heißt es unter anderem unter Ziffer 10.3:

„Der Antragsteller versichert, dass ein Kaufvertrag erst nach Erlass des Zuwendungsbescheids oder der Gewährung einer Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns seitens der B. wirksam geschlossen wird. Dem Antragsteller ist bekannt, dass ein Verstoß gegen das Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns ein Bewilligungshindernis darstellt und auch noch nach Bewilligung zu einem Aufhebungs- und Erstattungsverfahren führen kann.“

Der Antragsteller wurde ferner unter Ziffer 10.1 darauf hingewiesen, dass er mögliche Änderungen bei subventionserheblichen Tatsachen unverzüglich mitzuteilen habe.

Der Antrag wurde von zwei Unternehmensvertretern der Klägerin, darunter von einem Prokuristen, unterzeichnet.

Nach Mitteilung der Beklagten, dass eines der Altfahrzeuge nicht die Kriterien der Richtlinie ÖPNV erfülle, übermittelte die Klägerin mit Mail vom 12. September 2016 eine überarbeitete Antragsanlage mit Daten eines förderungsfähigen Austauschfahrzeuges. Nach der Antragsergänzung wurde in einem Prüfvermerk der Beklagten die Aufnahme in das Förderprogramm befürwortet. Infolgedessen wurde der Antrag der Klägerin im November 2016 in eine Liste aller voraussichtlich förderungsfähigen Vorhaben aufgenommen und dem Aufsichtsrat der Beklagten im Dezember 2016 zur Erteilung der Zustimmung vorgelegt. Aufgrund ausreichender Haushaltsmittel konnten alle auf der Liste aufgeführten Vorhaben berücksichtigt werden.

Am 16. Januar 2017 gab die Pressestelle des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf seiner Homepage (http://www.mw.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/neues–foerderprogramm– fuer–landesbuslinien–aufgelegt –150194.html) unter der Überschrift „F.: Wir machen Niedersachsen mobil - Verkehrsministerium fördert ÖPNV mit rund 133 Millionen EUR“ folgende Presseerklärung ab:

„Das Land fördert in diesem Jahr insgesamt 261 Einzelprojekte im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit rund 133 Millionen EUR. Das hat heute Niedersachsens Verkehrsminister G. F. in Hannover bekannt gegeben. …. Verkehrsminister G. F. weiter: „Wir machen Niedersachsen mobil. Mit unserem umfangreichen Förderprogramm verbessern wir den öffentlichen Personennahverkehr nachhaltig und sorgen dafür, dass unsere Bürgerinnen und Bürger im ganzen Land mobil bleiben. Sämtliche von den Antragstellern angemeldeten, förderungsfähigen und baureifen Projekte konnten in diesem Jahr berücksichtigt werden. Das neue Förderprogramm enthält neben Neu- und Ausbauvorhaben im straßengebundenen ÖPNV zahlreiche Vorhaben, bei denen vorhandene Infrastruktur grunderneuert wird. … Auch setzen wir unser im letzten Jahr wieder aufgelegtes Förderprogramm für Omnibusse fort. Allein in diesem Bereich unterstützt das Land den Kauf von 229 Omnibussen mit 2,9 Millionen EUR. … Die einzelnen geförderten Projekte sind in den Anlagen aufgelistet.“

Vor dem letzten Satz folgen Angaben zu den Umfängen der einzelnen Förderprogramme und den größten Einzelprojekten, bei denen die Busbeschaffung der Klägerin im Text nicht erwähnt wird. In der Anlage werden die einzelnen Projekte in fünf auf der Homepage abrufbaren PDF-Dateien geordnet nach den Förderprogrammen aufgelistet. Die Datei „ÖPNV Busbeschaffungen“ beinhaltet 54 Einträge. Das Vorhaben der Klägerin wird unter Nr. 25 genannt und führt für diese unter anderem einen “voraussichtlichen Zuschuss“ in Höhe von 1.848.000,00 EUR auf.

Die Einkaufsabteilung der Klägerin übte am 25. Januar 2017 eine Kaufoption für sechs „H. Lion City“ und fünf „I. 6209“ aus. Die Fahrzeuge werden inzwischen im Linienverkehr eingesetzt.

Mit bestandskräftig gewordenem Zuwendungsbescheid vom 16. Februar 2017, der Klägerin am 20. Februar 2017 bekanntgegeben, bewilligte die Beklagte der Klägerin antragsgemäß im Rahmen der Projektförderung für das Haushaltsjahr 2017 einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von höchstens 1.848.000,00 EUR als Anteilsfinanzierung für die Beschaffung von elf Omnibussen.

Unter Ziffer 3 der besonderen Nebenbestimmungen des Bescheides wird als Zuwendungszweck die Beschaffung moderner den Anforderungen mobilitätseingeschränkter Menschen weitgehend entsprechender Omnibusse für den Linienverkehr bestimmt und aufgeführt, dass die Zuwendung zweckgebunden und bestimmt zur Finanzierung der zuwendungsfähigen Ausgaben für den Kauf der in der Anlage aufgeführten Omnibusse durch den Zuwendungsempfänger ist. Ziffer 6 der besonderen Nebenbestimmungen des Bescheides legt fest: „Der Bewilligungszeitraum beginnt mit der Bekanntgabe dieses Zuwendungsbescheids und endet am 31.12.2017. Der Bewilligungszeitraum ist der Zeitraum, für den die Fördermittel zur zweckentsprechenden Verwendung zur Verfügung stehen und in dem das geförderte Vorhaben durchgeführt werden muss.“

Im Termin am 2. August 2017 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die Fahrzeuge vor dem Erhalt des Förderbescheids bestellt worden seien.

Mit Auszahlungsantrag vom 12. September 2017 beantragte die Klägerin die Überweisung der bewilligten Fördersumme in voller Höhe und führte in der Anlage die einzelnen Busse mit dem Datum der Kaufverträge vom 25. Januar 2017 auf.

Nach vorheriger Anhörung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2018 ihren Zuwendungsbescheid vom 16. Februar 2017 mit Wirkung für den Bekanntgabezeitpunkt vollständig zurück und lehnte die beantragte Auszahlung der bewilligten Zuwendung in Höhe von 1.848.000,00 EUR ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Zuwendungsbescheid vom 16. Februar 2017 sei schon zum Zeitpunkt seines Erlasses am 20. Februar 2017 rechtswidrig gewesen. Der Kauf der von der Klägerin beantragten elf Busse liege außerhalb des Bewilligungszeitraums. Die Klägerin habe vor Erlass des Zuwendungsbescheides trotz Kenntnis vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns ohne Zustimmung der Bewilligungsbehörde mit dem Vorhaben bereits begonnen, indem sie am 25. Januar 2017 durch Ausübung einer Kaufoption die Kaufverträge für elf Busse abgeschlossen habe.

Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz in den Bestand des Bescheides wegen Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Bescheides berufen. Wegen der Höhe der Fördersumme, der Bedeutung für ihr Projekt und der jahrzehntelangen Erfahrung als Zuwendungsempfängerin seien erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Klägerin zu stellen gewesen. Vor diesem Hintergrund könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, sie habe die Presseerklärung des Ministeriums als verbindliche Regelung missverstanden.

Beim Vorliegen von Vertrauensausschlussgründen finde nach den Grundsätzen des intendierten Ermessens keine Ermessensabwägung mehr statt. Der verbindliche haushaltsrechtliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beim Umgang mit aus öffentlichen Steuermitteln finanzierten Zuwendungen führe bei Verstößen gegen zuwendungsrechtliche Bestimmungen regelmäßig zu einer Aufhebung. Eine strikte Aufhebungspraxis ergebe sich zusätzlich aus dem Förderprogramm und den Hinweisen in der Selbstverpflichtung des Antragsformulars. Es seien auch keine atypischen Fallkonstellationen erkennbar, die ausnahmsweise einen Verstoß gegen die Regelungen des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns rechtfertigen würden. Der mögliche Ausfall des Projekts falle in die Risikosphäre jedes Antragstellers bei der Projektförderung durch öffentliche Zuwendungen. Die Klägerin sei auch aufgrund der grob fahrlässigen Unkenntnis nicht schutzwürdig. Eine stringente, alle Verkehrsunternehmen gleich behandelnde Auslegung und Anwendung ihrer Verwaltungspraxis sei unter Berücksichtigung des gewerblichen Umfelds, der Höhe der Fördermittel, der Masse der Anträge und der klaren Informationen nicht zu beanstanden.

Mit der Aufhebung des Bescheides entfalle auch der Rechtsgrund für einen Auszahlungsanspruch.

Die Klägerin hat am 9. März 2018 Klage erhoben.

Sie trägt vor, die Verantwortlichen hätten nach Kenntnis der Presseerklärung des Ministeriums irrtümlich angenommen, die Entscheidung für die Förderung der Omnibusse sei bereits dem Grunde und der Höhe nach gefallen und der Zuwendungsbescheid befinde sich bereits im Hause. Die rechtlichen Konsequenzen eines vorzeitigen Maßnahmebeginns seien ihr durchaus bekannt. Den verantwortlichen Personen sei erst nach Eingang des Bescheides bewusst geworden, dass der Zuwendungsbescheid zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht vorgelegen habe. Sie habe die Schwachstellen im Ablauf des Antragsverfahrens erkannt und unverzüglich darauf reagiert, um Wiederholungen zu vermeiden. Die Arbeitsanweisungen an das Investitionscontrolling seien dahingehend angepasst worden, dass nur noch eine Mittelfreigabe erfolgen dürfe, wenn ein Zuwendungsbescheid oder eine Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns vorliege und dass der Bescheid im System hinterlegt werden müsse. Den verantwortlichen Vorständen habe sie gekündigt.

Der Zuwendungsbescheid sei rechtmäßig ergangen. Sie habe nicht gegen das Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns verstoßen. Sie habe aufgrund der erstmals in dieser Form erfolgten Presseerklärung vom 16. Januar 2017 darauf vertraut, dass die positive Entscheidung über die Gewährung der Zuwendung über das in der Anlage unter Nr. 25 ausdrücklich mit konkreter Förderhöhe benannte Förderprojekt bereits gefallen sei. Die Presseerklärung sei nach dem objektiven Empfängerhorizont als verbindliche Bekanntgabe der Zuwendungsentscheidung bzw. verbindliche Zusicherung des Ministeriums auf Erlass des späteren Zuwendungsbescheides oder zumindest als eine konkludente Erklärung einer Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns anzusehen. Die Presseerklärung nehme Bezug auf einen mündlichen Verwaltungsakt, den das Ministerium, vertreten durch den Minister F., im Wege des Selbsteintritts als der Beklagten übergeordnete Fachaufsichtsbehörde ihr gegenüber bekannt gegeben habe und der die Entscheidung über die Bewilligung verbindlich regele. Jedenfalls könne keine grobe Fahrlässigkeit angenommen werden. Darüber hinaus bestehe nach dem Wortlaut der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung die Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung einer Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns auch ohne ausdrücklichen Antrag.

Sie könne sich insoweit auf ein schutzwürdiges Vertrauen in dem Bestand des Zuwendungsbescheides berufen. Die Beklagte habe verkannt, dass die grob fahrlässige Unkenntnis zum Zeitpunkt der Vermögensdisposition vorliegen müsse. Zu diesem Zeitpunkt sei sie – die Klägerin – aber unbestritten davon ausgegangen, dass der Zuwendungsbescheid bereits zugegangen sei. Die nachträgliche Kenntnis der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes nach Vornahme der Vermögensdisposition und nach Zustellung des Zuwendungsbescheides schade hingegen nicht.

Die Beklagte habe schließlich ihre Rücknahmeermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt und nicht erkannt, dass ein atypischer Sachverhalt vorliege. Sie habe sich bei der Entscheidung an rein formalen Kriterien orientiert ohne zu berücksichtigen, dass zwischen dem Bestellvorgang und dem Erlass des Zuwendungsbescheides nur wenige Tage gelegen hätten, dass lediglich ein leicht fahrlässiges Organisationsverschulden vorgelegen habe und dass die Presseerklärung des Ministeriums für die Ausübung der Kaufoption kausal geworden sei. Ohne die Presseerklärung des Ministers wäre am 25. Januar 2017 keine Kaufoption ausgeübt worden. Der Rücknahme des Zuwendungsbescheides widerspreche zumindest dem Sinn und Zweck des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns und dem Zuwendungszweck und damit dem öffentlichen Interesse, dass die vom öffentlichen Personennahverkehr ausgehenden Emissionen signifikant reduziert werden. Beim Ausbleiben der Fördermittel bestehe die Gefahr, dass sich die Modernisierung ihres Fuhrparks mit umweltfreundlichen Bussen deutlich verzögere, weil ihr die finanziellen Mittel für die weitere schrittweise Umstellung ihrer Busflotte auf umweltfreundliche Diesel-Hybridbusse fehlten. Trotz der Ausgleichsleistung zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs durch die Region sei diese nicht verpflichtet, diese Umstellung der klägerischen Busflotte zu finanzieren. Die Beklagte habe sich bei ihrer strikten Sanktionspraxis von sachfremden Erwägungen leiten lassen.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15. Februar 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, auf den Auszahlungsantrag vom 14. September 2017 die mit Zuwendungsbescheid der Beklagten vom 16. Februar 2017 bewilligte Zuwendung zur Förderung von Investitionen zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in Höhe von 1.848.000,00 EUR auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen,

und führt ergänzend aus, sie habe ihrer Verwaltungspraxis entsprechend noch nie Ausgaben aus einem von ihr erkannten vorzeitig begonnenen Vertragsverhältnis bezuschusst. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin sei für die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes maßgeblich. Sie habe auch bei ihrer Rücknahmeentscheidung im Rahmen einer umfassenden Ermessenserwägung ausführlich überprüft und begründet, dass die Rücknahme unter Berücksichtigung des Verhaltens der Klägerin, des Förderziels und des öffentlichen Interesses keine Härte darstelle, die ausnahmsweise ein Absehen rechtfertige. Es liege auch kein atypischer Sachverhalt durch die Pressemitteilung vom 16. Januar 2017 vor; vielmehr entspreche die Presseerklärung der üblichen und jährlich wiederkehrenden Informationspraxis des Ministeriums bei der ÖPNV-Förderung und erfolge nach ihrem Bewilligungsprozess regelmäßig vor der abschließenden Antragsprüfung und Erstellung des Zuwendungsbescheides. Der Klägerin entstehe durch die Rücknahme des Zuwendungsbescheides auch kein unmittelbarer Schaden. Darüber hinaus habe die Gefahr des Entstehens einer negativen Vorbildfunktion und einer Wiederholungsgefahr bei der Aufhebungsentscheidung berücksichtigt werden dürfen. Hingegen habe sie bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, dass die Klägerin mögliche Erstattungsansprüche aus der D&O Versicherung habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte in diesen Verfahren und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Mit Zustimmung der Beteiligten entscheidet die Berichterstatterin (§ 87 Abs. 3 Satz 2 VwGO) ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15. Februar 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat zu Recht die Auszahlung der mit Zuwendungsbescheid vom 16. Februar 2017 bewilligten Zuwendung zur Förderung von Investitionen zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in Höhe von 1.848.000,00 EUR abgelehnt.

Der Beklagte hat die Rücknahme ihres Zuwendungsbescheides vom 16. Februar 2017 zutreffend auf § 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) – im Folgenden wird auf diesen Zusatz verzichtet – gestützt.

Danach kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 48 VwVfG ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Der auf eine einmalige Geldleistung gerichtete Zuwendungsbescheid der Beklagten vom 16. Februar 2017 verstößt gegen die Bewilligungsvoraussetzungen und war bereits bei seinem Erlass rechtswidrig.

Die Gewährung der mit dem angefochtenen Bescheid zurückgenommenen Zuwendung erfolgte entgegen den insoweit maßgeblichen Verwaltungsvorschriften. Die Rechtswidrigkeit des Zuwendungsbescheides ergibt sich mittelbar aus einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn Verwaltungsvorschriften begründen über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus vermittels sowohl des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 20 und 28 GG) eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger. Versagt eine Behörde in Anwendung der einschlägigen Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen regelmäßig die Gewährung einer Zuwendung, so verletzt sie das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn sie sich im Einzelfall über diese Praxis hinwegsetzt und trotz Fehlens der ansonsten geforderten Voraussetzungen die Leistung gewährt. In einem solchen Fall ist die Entscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig, wenn im Regelfall eine ansonsten abweichende Praxis feststellbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2003 - 3 C 25/02 - NVwZ 2003, 1384, m.w.N.).

Der Klägerin wurde mit bestandskräftig gewordenem Zuwendungsbescheid vom 16. Februar 2017 zum Zweck der Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Rahmen der Projektförderung für das Programmjahr 2017 eine Zuwendung zur Beschaffung von Omnibussen für den öffentlichen Personennahverkehr in Höhe von 1.848.000,00 EUR als Anteilsfinanzierung nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Niedersächsischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (NGVFG) nach Maßgabe der Richtlinie ÖPNV und den §§ 23 und 44 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO) und der dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften von der Beklagten bewilligt.

Nach Ziffer 7.1 der Richtlinie ÖPNV wird unter anderem für die Bewilligung und Aufhebung von Zuwendungsbescheiden aus dem Busförderprogramm auf die Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO verwiesen.

Nach Nr. 1.3 der VV zu § 44 LHO dürfen Zuwendungen zur Projektförderung nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Die Bewilligungsbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen zulassen. Als Vorhabenbeginn ist grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages zu werten.

Von dieser durch das Gleichbehandlungsgebot zur verfestigten Bewilligungspraxis der Beklagten gewordenen Verwaltungsvorschrift ist die Beklagte nicht abgewichen.

Durch die Vorgabe der Beklagten unter Ziffer 10.3 und die Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin im unterschriebenen Antragsformular ist der Bewilligungsgrundsatz auch erkennbar zum Bestandteil des individuellen Zuwendungsverhältnisses geworden. Daran muss sich die Klägerin festhalten lassen.

Nach der Mitteilung am 2. August 2017 und den Angaben im Auszahlungsantrag vom 12. September 2017 hat die Klägerin unstreitig eingeräumt, dass sie mit Abschluss der Kaufverträge am 25. Januar 2017 mit der Maßnahme vor Bekanntgabe des Bescheides am 20. Februar 2017 und damit vorzeitig begonnen und gegen ihre Zusicherung verstoßen hat.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG berufen. Nach dieser Vorschrift ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ist das Vertrauen allerdings nicht schutzwürdig, wenn einer der dort genannten Vertrauensausschlussgründe vorliegt. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes dem Adressaten eines schriftlichen Verwaltungsaktes erst vorgehalten werden, wenn ihm der Verwaltungsakt bekannt gegeben und ihm damit die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Inhaltes eingeräumt worden ist. Damit kann nicht der Zeitpunkt der Vermögensdisposition maßgeblich sein.

Den verantwortlichen Vertretern der Klägerin hätte zumindest bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre die Rechtswidrigkeit des Zuwendungsbescheides bekannt sein müssen. Mit der Unterschrift auf dem Antragsformular der Beklagten haben die verantwortlichen Vertreter der Klägerin versichert, dass sie Kenntnis von dem explizit unter Ziffer 10.3 aufgeführten Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns hatten und ein Verstoß gegen diese Vorgabe durch Abschluss eines Kaufvertrages vor Eintreffen des Bescheides oder vor Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns durch die Beklagte sich als Bewilligungshindernis förderschädlich auswirkt. Das Unternehmen muss sich auch die Kenntnis der verantwortlichen Vertreter zurechnen lassen. Die Kenntnis der Regelung wird auch von der Klägerin eingeräumt.

Im vorliegenden Verfahren ist zumindest von einer den Vertrauensschutz ausschließenden grob fahrlässigen Unkenntnis auszugehen.

Grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit setzt voraus, dass der Begünstigte bei Bekanntgabe des Zuwendungsbescheides hätte wissen müssen, dass er gegen das Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns verstoßen hat und der Bescheid daher trotz eines Bewilligungshindernisses erlassen worden ist.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die gebotene und individuell zu erwartende Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1993 – 11 C 47.92 –, DVBl. 1993, S. 728, wobei die Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zugrunde gelegt wurde). Eine schwere Sorgfaltspflichtverletzung ist gegeben, wenn einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden, auch wenn grob pflichtwidrig keine Prüfung des Bescheides vorgenommen oder eine nur aufgrund besonderer Umstände bestehende Kontrollpflicht in ungewöhnlichem Maße außer Acht gelassen wird (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 16 ff.). Ein höherer Maßstab ist bei juristisch vorgebildeten Person oder bei Unternehmen mit Rechtsabteilung anzulegen (Fehling/Kastner/Störmer, VwVfG, 4. Aufl., § 48 Rn. 49).

Für eine gesteigerte Sorgfaltspflicht der Klägerin mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit spricht im vorliegenden Verfahren die Höhe der beantragten Fördersumme von über 1,8 Millionen EUR mit der Gefahr einer entsprechend großen Finanzierungslücke, die von der Klägerin selbst hervorgehobene besondere Bedeutung der Beschaffungen für die Umrüstung ihrer Busflotte auf umweltfreundliche Antriebstechnologien als Unternehmensaufgabe und die jahrzehntelange Erfahrung der Klägerin als Zuwendungsempfängerin im Land Niedersachsen aus zahlreichen Bewilligungsverfahren für Stadtbahnen, Betriebshöfe und Omnibusse.

Vor diesem Hintergrund liegt der Pflichtverstoß darin begründet, dass sich die Verantwortlichen der Klägerin in Kenntnis der Selbstverpflichtung bei der Antragstellung aus Ziffer 10.3 des Antragformulars und aus Ziffer 6 der besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides vor Auslösung der Bestelloption für die elf Busse nicht vergewissert haben, ob der Zuwendungsbescheid tatsächlich bereits im Hause eingetroffen und damit zugegangen ist. Es wäre naheliegend gewesen, durch einen Blick in den Posteingang, einen Griff zum Telefonhörer, eine kurze E-Mail oder einen Gang ins andere Büro sich über den Posteingang zu erkundigen. Eine solche Kontrolle hätte sich den Verantwortlichen aufdrängen müssen.

Wenn erst nach diesem Vorfall die Arbeitsanweisungen an das Investitionscontrolling dahingehend angepasst worden sind, dass eine Mittelfreigabe nur erfolgen darf, wenn der Zuwendungsbescheid oder eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns vorliegt, so lässt dieser Umstand auf ein Organisationsverschulden in der bisherigen Praxis der Klägerin schließen.

Nach den Erfahrungen der Vergangenheit durfte die Klägerin auch nicht annehmen, dass Presseerklärung und Bescheiderteilung üblicherweise zusammenfallen. Noch im Antragsverfahren des Vorjahrs hatte sich der im Antrag angegebene Ansprechpartner der Klägerin telefonisch bei der Beklagten über den Erteilungstermin des Zuwendungsbescheides für die Beschaffung von Omnibussen erkundigt und einen Antrag auf einen förderungsunschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginn gestellt und von der Beklagten bewilligt bekommen.

Die Klägerin durfte die Presseerklärung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 16. Januar 2017 auf seiner Homepage auch nicht als verbindliche Zusicherung auf Erlass eines späteren Zuwendungsbescheides oder Erteilung einer Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns und als Verweis auf einen mündlichen Verwaltungsakt im Wege des Selbsteintritts des Ministeriums auffassen.

Bei der Presseerklärung handelt es sich nicht um eine rechtsverbindliche Zusicherung im Sinne von § 38 VwVfG. Diese Vorschrift verlangt eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, und bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form.

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr war schon nicht die zuständige Behörde für die Bewilligung der streitgegenständlichen Zuwendung. Nach Ziffer 7.2 der maßgeblichen Richtlinie ÖPNV ist die Beklagte zur Bewilligungsbehörde für Zuwendungsbescheide aus dem Busförderungsprogramm bestimmt worden. Die Beklagte ist mit der Förderung von Projekten zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs betraut und nimmt als beliehenes Unternehmen gemäß § 8 des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes (NNVG) Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und ist folglich eine Behörde. Sie ist eine von mehreren selbstständigen Fördermittelgebern unter dem Dach der Landesverwaltung (neben der NBank, den Ämtern für regionale Landesentwicklung und einigen Geschäftsbereichen der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr). Sie hat eine eigene Organisation und handelt in ihrer eigenen, vom Ministerium getrennten instanziellen Zuständigkeit.

Darüber hinaus ist die nach § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG erforderliche Schriftform nicht eingehalten worden. Die Presseerklärung ist weder unterschrieben noch mit einer elektronischen Signatur versehen.

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat auch nicht im Wege des Selbsteintritts den Bewilligungsprozess an sich gezogen und in Form einer mündlichen Erklärung einen verbindlichen Verwaltungsakt bekannt gegeben.

Ein solcher Selbsteintritt lässt sich auch nicht aus § 7 Abs. 8 NNVG ableiten. Danach gewährt das Land nach Maßgabe von Richtlinien des Fachministeriums auf der Grundlage der Nahverkehrspläne Zuwendungen, insbesondere zur Investitionsförderung aus den Finanzmitteln, die dem Land nach dem Regionalisierungsgesetz zustehen. Die Norm bildet lediglich die Rechtsgrundlage für Förderrichtlinien und Erlasse, mit deren Hilfe die dem Land zugewiesenen Regionalisierungsmittel nach dem Regionalisierungsgesetz bewilligt werden. Der Norm ist nicht zu entnehmen, dass das Ministerium, vertreten durch den Minister, das Antragsverfahren übernommen und selbst eine Bewilligung ausgesprochen hat. Das Ministerium müsste dann das gesamte Bewilligungsverfahren abwickeln und auch die Verwendungsnachweise prüfen. Dafür sind im vorliegenden Verfahren keine Anhaltspunkte ersichtlich. Das Antragsverfahren ist für die Klägerin erkennbar ausschließlich im Verhältnis zur Beklagten durchgeführt worden. Die Klägerin hat ihren Förderantrag und ihren Auszahlungsantrag auf den von der Beklagten herausgegebenen Formularen beantragt und an die Beklagte adressiert. Der Bescheid vom 15. Februar 2018 lässt ebenfalls die Beklagte als Zuwendungsbehörde erkennen.

Darüber hinaus widerspräche der von der Klägerin angenommene Selbsteintritt des Ministeriums dem gesamten Bewilligungssystem und der bisherigen Praxis der Fördermittelfestsetzung für vergleichbare Projekte in den Vorjahren. Der Beklagten ist von Seiten des Ministeriums auch keine entsprechende Weisung erteilt worden. Eine mündliche Bekanntgabe der Zuwendungsentscheidung würde zudem einen groben Verstoß gegen Nr. 4.1 der VV zu § 44 LHO darstellen. Danach werden Zuwendungen durch schriftlichen Zuwendungsbescheid bewilligt.

Selbst wenn man in der Presseerklärung eine Zusage eines zukünftigen Bescheides zur Bezuschussung einer Maßnahme sehen wollte, so hätte diese nicht den Charakter einer Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns. Der Text enthält keine Äußerung, die darauf schließen lassen könnte, dass ausnahmsweise vor der eigentlichen Bewilligung förderungsunschädlich Verträge abgeschlossen werden dürfen. Auch für diese Ausnahmebefugnis würde dem Ministerium nach der Förderrichtlinie die instanzielle Zuständigkeit fehlen.

Angesichts der dargelegten erhöhten Sorgfaltsanforderungen an die Klägerin kann sie sich auch nicht darauf berufen, sie habe die Presseerklärung des Ministeriums als verbindliche Regelung missverstanden.

Die Erklärung vom 16. Januar 2017 unter der Überschrift „F.: Wir machen Niedersachsen mobil“ ist erkennbar von der Pressestelle des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr unter „Presseinformationen“ herausgegeben und auf der Homepage als solche bezeichnet worden. Sie ist nicht an einen bestimmten Adressatenkreis gerichtet und spricht auch keinen Zuwendungsempfänger an.

Die bereits in der entsprechenden Presseerklärung der beiden Vorjahre verwendete Formulierung „Das Land fördert …“ unter Verwendung des Präsens anstelle des Futur oder unter Kennzeichnung als Absichtserklärung klingt als Erfolgsmeldung prägnanter und entschlossener als eine Formulierung als bloße Absichtserklärung. Auch die Formulierung in direkter Rede des Ministers „Sämtliche von den Antragstellern angemeldeten, förderungsfähigen und baureifen Projekte konnten in diesem Jahr berücksichtigt werden“, beschränkt sich erkennbar auf die Aussage, dass für alle beantragten Fördervorhaben, die nach dem Ergebnis der Programmaufnahmeprüfung die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen und im Programmjahr durchgeführt werden sollen, Haushaltsmittel bereitgestellt werden können. Eine darüberhinausgehende Aussage, dass Bescheide in einer bestimmten Höhe erteilt werden, lässt sich den Ausführungen nicht entnehmen. Auch der mehrfach verwendete Begriff „Förderprogramm“ lässt auf eine planerische, in die Zukunft gerichtete Maßnahme schließen. Darüber hinaus beschränkt sich die Presseerklärung auf allgemeine Angaben zu den Förderprogrammen; das Busbeschaffungsprojekt der Klägerin wird in der eigentlichen Mitteilung nicht genannt. Es wird lediglich in einer umfangreichen Anlage in Form einer PDF-Datei unter der Nr. 25 mit „voraussichtlicher Zuschuss 1.848.000 €“ aufgeführt. Bereits diese Formulierung lässt darauf schließen, dass die Klägerin einen Zuschuss in entsprechender Höhe erwarten kann, dass aber noch keine rechtsverbindliche Entscheidung getroffen worden ist. Vor diesem Hintergrund hätte es nahegelegen, dass der Verantwortliche der Klägerin einen Blick in die Presseinformationen der Vorjahre auf der Homepage des Ministeriums geworfen hätte und sich - wie bereits im Antragsverfahren für 2016 -bei der Beklagten nach dem Bearbeitungsstand erkundigt hätte, bevor er auf der Grundlage einer bloßen Aussicht Verträge abschließt.

Zweifel an der Verbindlichkeit der Pressemitteilung und der Zuständigkeit des Ministeriums hätte bei der Klägerin auch die fehlende Erwähnung der Bescheide und der Beklagten als Bewilligungsstelle auslösen müssen. Den Förderantrag hatte sie bei der Beklagten auf deren Homepage auf einem Formular der Beklagten gestellt. Die vorformulierte Verpflichtungserklärung unter Ziffer 10.3 des Antragsformulars erlaubt ausdrücklich nur förderungsrechtliche Kaufverträge nach einem Bescheiderlass oder einer Ausnahmegenehmigung seitens der Beklagten. Auch hatte die Klägerin in den Vorjahren bereits zahlreiche Zuwendungsbescheide der Beklagten als Bewilligungsstelle - unter anderem aus dem Busförderprogramm des vorangegangenen Programmjahrs 2016 - erhalten und verfügte aus den Vorjahren über Kenntnisse der Programmaufnahmesystematik der Beklagten. Vor diesem Hintergrund hätte sich den Verantwortlichen der Klägerin geradezu aufdrängen müssen, dass sie vor Vertragsschluss zunächst das Vorliegen einer rechtsverbindlichen Förderentscheidung überprüfen muss.

Die Beklagte hat den vorzeitigen Maßnahmebeginn auch nicht nachträglich genehmigt. Dazu fehlt es an einer rechtlichen Grundlage und der entsprechenden Verwaltungspraxis der Beklagten. Nr. 1.3 der VV zu § 44 LHO und die dazu ergangene Richtlinie zur Haushaltsführung (HFR) mit konkretisierenden Verwaltungsvorschriften für den Fall der vorherigen Ausnahmegewährung regelt nicht den Fall einer nachträglichen Genehmigung einer Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, eine solche Regelung einzuführen oder anzuwenden und damit eine neue Förderpraxis zu begründen. Sie hat dies unstreitig nicht getan und dafür auch kein rechtliches Bedürfnis gesehen. Mithin kann sich die Klägerin auch nicht auf eine entsprechende Verwaltungspraxis und einen Anspruch auf Gleichbehandlung berufen, sondern muss sich an ihrer Verpflichtungserklärung festhalten lassen. Darüber hinaus hat sich die Klägerin nicht zeitnah um Aufklärung bemüht, sondern den Verstoß erst im August 2017 mitgeteilt.

Die Beklagte hat auch das ihr zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Sie hat nach ihren Ausführungen im Rücknahmebescheid vom 15. Februar 2018 das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und entsprechend ihrer ständigen Verwaltungspraxis bei einem Verstoß gegen das Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns dem Sinn und Zweck entsprechend fehlerfrei angewendet, indem sie die privaten Belange der Klägerin gegenüber den öffentlichen Interessen unter Beachtung des Gebotes einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der staatlichen Haushaltsmittel abgewogen hat. Damit hat sie im Grundsatz Ermessenserwägungen angestellt, die im Hinblick auf die Anwendung der Grundsätze über das intendierte Ermessen auch ausreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1997 - 3 C 22/96 -, NJW 1998, S. 2233 ff. [BVerwG 16.06.1997 - BVerwG 3 C 22/96]). Ist danach eine ermessenseinräumende Vorschrift dahin auszulegen, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht, so müssen besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst und bedarf insoweit nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Eine ermessenslenkende Vorschrift im obigen Sinne ist vorliegend das gesetzliche Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verbieten einen großzügigen Verzicht auf den Widerruf bzw. hier die Rücknahme von Subventionen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1997, a.a.O.).

Atypische Besonderheiten, die Anlass bieten könnten, von der gesetzlich intendierten Rücknahmeentscheidung abzuweichen, sind nicht ersichtlich.

Die Fördermittel sind noch nicht ausgezahlt worden, so dass die Rücknahmeentscheidung zu keinem Erstattungsfall gegenüber der Klägerin führt. Die Belastungen durch Verzögerung bei der Modernisierung der Busflotte oder die Gefahr des Abbruchs des Umrüstungsprogramms führen allenfalls dazu, dass die Maßnahmedurchführung trotz des öffentlichen Interesses am Austausch der Altfahrzeuge zu Verzögerungen oder im ungünstigsten Fall zum Ausfall des Projekts führt. Das fällt jedoch in die Risikosphäre eines jeden Antragstellers bei Inanspruchnahme öffentlicher Zuwendungen. Darüber hinaus hat die Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass der Klägerin durch die Rücknahmeentscheidung kein unmittelbarer Schaden entstand. Die möglichen Defizite wurden bereits durch Leistungen der Region ausgeglichen, da die Klägerin in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag von der Region mit den im öffentlichen Interesse erbrachten Pflichten betraut ist.

Mögliche mittelbare Schäden durch Ausbleiben der Fördermittel bei Beschaffungsplänen in den Folgejahren konnte und brauchte die Beklagte nicht berücksichtigen.

Auch der Umweltschutz spielt im Rahmen des Förderprogramms nur eine untergeordnete Rolle. Zuwendungszweck ist nach Bescheid und Richtlinie ÖPNV die Beschaffung moderner Omnibusse, die den Anforderungen mobilitätseingeschränkter Menschen weitgehend entsprechen. Das Programm dient somit vorrangig der Mobilitätsförderung und nur nachrangig durch Anerkennung der höheren Anschaffungskosten für umweltschonende Antriebssysteme durch die Ziffern 5.3.3 bis 5.3.5 der Richtlinie ÖPNV dem Interesse an umweltfreundlichen Fahrzeugen.

Auch die Sanktionierung des Verstoßes gegen das Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns stellt keine unbillige Härte dar. Die Klägerin ist aufgrund der grob fahrlässigen Unkenntnis unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des Verbots nicht schutzwürdig. Die Beklagte hat sich dabei nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen.

Die Klägerin hat sich zudem durch Antragstellung und Selbstverpflichtungserklärung freiwillig der Verbotsregelung unterworfen.

Die Pressemitteilung des Ministeriums vom 16. Januar 2017 stellt auch keinen einmaligen Sonderfall dar. Sie entspricht vielmehr der üblichen und seit Jahren praktizierten Informationspraxis des Ministeriums bei der ÖPNV-Förderung. Das entspricht auch dem von der Beklagten im einzelnen dargelegten Bewilligungsprozess, bei dem die abschließende Antragsprüfung, die Erstellung des Bescheidentwurfs, der Mitzeichnungsumlauf und der Versand des Zuwendungsbescheides erst nach der Pressemitteilung des Ministeriums über die Programmaufnahme erfolgen.

Der Schutzzweck des Verbotes ist ebenfalls erfüllt. Das Verbot des vorzeitigen Beginns der Maßnahme dient neben dem Schutz des Antragstellers vor finanziellen Nachteilen und Risiken auch dem Schutz der Bewilligungsbehörde. Durch die vorzeitige Ausführung einzelner Maßnahmen aus dem Förderprojekt ohne Zustimmung der Bewilligungsbehörde wird dieser vielmehr die Möglichkeit genommen, die Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Geeignetheit der Maßnahme vorab zu prüfen. Die Behörde soll nicht durch die vom Antragsteller geschaffenen, vollendeten und nicht mehr rückgängig zu machenden Tatsachen in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinflusst werden. Einwirkungsmöglichkeiten auf das Vorhaben und ihre haushaltsrechtliche Verantwortlichkeit für oder gegen die Bewilligung der Fördermittel sollen uneingeschränkt erhalten bleiben. Schließlich ist der Einsatz öffentlicher Mittel bei Zuwendungen nur gerechtfertigt, wenn dadurch im öffentlichen Interesse liegende Ziele gefördert werden. Die Subvention soll dadurch im Allgemeininteresse einen Anreiz für private Investitionen geben und keine Vorhaben fördern, zu deren Ausführung und Finanzierung der Antragsteller ohnehin schon entschlossen oder auch ohne staatliche Hilfe in der Lage ist (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. September 2012 - 8 LB 58/12 -; Beschluss vom 23. Januar 2014 - 8 LA 144/13 -). Letzteres dokumentiert ein Antragsteller, der schon vor der Bewilligung der Zuwendung in Kenntnis der Bewilligungsbedingungen mit dem Vorhaben beginnt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. September 1981 - 8 A 31/80 -, GewArch. 1982, S. 55).

Das Ergebnis der Beklagten ist nicht von sachfremden Erwägungen getragen. Denn der den vorzeitigen Maßnahmenbeginn begründende Vertragsschluss für elf Diesel-Hybridbusse erfolgte in Kenntnis des Verbots infolge mehrerer schwerer Sorgfaltspflichtverletzungen. Das lässt schließen lässt, dass die Klägerin der Förderung und den Auflagen eine geringe Bedeutung beigemessen hat. Die Entscheidungsfreiheit der Behörde ist vorliegend in besonderer Weise schutzwürdig gegenüber einem Unternehmen, das jährlich Förderanträge mit erheblichem Volumen stellt. Damit wird die Gefahr einer Bevorzugung gegenüber anderen Unternehmen im Interesse der Gleichbehandlung vermieden.

Den Hinweis der Klägerin, sie habe die Fördermittel ordnungsgemäß und dem Zuwendungszweck entsprechend verwendet, musste die Beklagte nicht in ihre Erwägungen einstellen, weil dieser Aspekt nach dem Verstoß gegen das Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns rechtlich unerheblich ist.

Mit der Aufhebung des Zuwendungsbescheides entfällt auch der Rechtsgrund für einen Auszahlungsanspruch der Klägerin.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 und § 711 Satz 2 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung kann bei Titeln wegen Geldforderungen nach § 709 Satz 2 ZPO in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben werden. Diese Regelung lässt es zu, dass Urteile, die wegen einer Geldforderung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags zuzüglich eines prozentualen Zuschlags für Schäden des Schuldners, die über den beizutreibenden Betrag hinausgehen, für vollstreckbar erklärt werden können. Je nach Sachlage wird ein Zuschlag von 10 bis 20 % für angemessen gehalten (vgl. Götz in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 709 Rn. 5 m.w.N.). Im konkreten Fall hält das Gericht einen Zuschlag von 10 % des vollstreckungsfähigen Betrags für ausreichend.