Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 11.03.2021, Az.: 13 A 4409/20

amtsangemessene; Aufgabenveränderung; Gesundheitsamt; Umsetzung; ärztlicher Leiter

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
11.03.2021
Aktenzeichen
13 A 4409/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70652
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Veränderung seines Aufgabengebietes. Er möchte wieder den Dienstposten eines Leiters des Fachbereiches 53 – Gesundheit – bei der Beklagten innehaben.

Er befindet sich als leitender Medizinaldirektor im Statusamt eines Beamten der Besoldungsgruppe B 2 und war bis zu der hier streitigen Umsetzungsverfügung Leiter des Fachbereiches Gesundheit bei der Beklagten.

Anfang Juni 2020 gab der Kläger eine Überlastungsanzeige ab. Wegen des näheren Inhaltes wird auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Die Beklagte stellte daraufhin Überlegungen zu einer Neuorganisation des Fachbereiches während der Corona-Pandemie an. Insoweit wird auf einen Vermerk vom Juli 2020 der Beklagten (Bl. 6 ff. Gerichtsakte) verwiesen.

Mit Verfügung vom 23. Juli 2020 ordnete die Beklagte die Strukturen im Fachbereich 53 neu. Sie unterteilt dem Fachbereich dabei in mehrere Fachdienste.

Der Kläger wurde zum Leiter des neu geschaffenen Fachdienstes öffentliche Gesundheit bestellt, zusätzlich wurde – dem Kläger nunmehr übergeordnet - die Fachbereichsleitung kommissarisch mit einem Juristen besetzt. Begründet wurde diese Entscheidung mit dem Hintergrund der herrschenden Corona-Pandemie. Der Schwerpunkt habe sich von rein medizinischen Fachfragen hin zu juristischen und organisationsrechtlichen Fragen verlagert. Mit der Umorganisation solle eine ordnungsgemäße und sachgerechte Aufgabenwahrnehmung sichergestellt werden Dem Stellenwert der juristischen Fragestellungen in der Bekämpfung der Pandemie sowie die Bewältigung der Folgen solle mit dieser Organisationsentscheidung Rechnung getragen werden. Dabei sollen auch angezeigte Überlastungen berücksichtigt werden und durch Situation bezogene, planerische Steuerung vermieden werden.

Die Maßnahme wurde zunächst bis 31. Januar 2021 befristet, zwischenzeitlich jedoch bis 31. Mai 2021 verlängert.

Nach einem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten erhob der Kläger am 18. August 2020 Klage.

Er rügt, dass er nunmehr nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werde. Nach dem niedersächsischen Besoldungsgesetz müsse er als Inhaber einer Stelle nach der Besoldungsgruppe B 2 direkt einem Beamten auf Zeit unterstellt sein. Das sei nunmehr nicht mehr der Fall. Auch unter den derzeitigen Corona-Bedingungen würden die juristisch organisatorischen Aufgaben nur einen Teilbereich des Fachbereiches erfassen. Die Überlastung sei eingetreten, weil lange Jahre der Fachbereich unterbesetzt gewesen sei. Eine im vor Klageerhebung erfolgten Schriftverkehr angesprochene außergewöhnliche Personalfluktuation im Fachbereich sei nicht auf ihn, den Kläger, zurückzuführen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihn, den Kläger, unter Aufhebung der Verfügung vom 23. Juli 2020 wieder auf seinen früheren Dienstposten als Leiter des Fachbereiches 53 – Gesundheit – rückumzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, allein aus Gründen der Fürsorgepflicht habe sie eine Organisationsveränderung vornehmen müssen. Der Kläger habe selbst seine Überlastung erklärt. Die Organisationsänderung sei sachlich begründet. Wegen der Corona-Pandemie habe sich der Schwerpunkt bei der Leitung des Fackelbereiches hin zu juristischen und organisationsrechtlichen Fragen verschoben. Die Entscheidung, keine zusätzliche Stabsstelle, wie ursprünglich angedacht, einzurichten, sondern dem Fachbereich 53 selbst zu verändern, sei durch ihr Organisationsermessen gedeckt. Im Übrigen handelte es sich um eine Entscheidung nur für einen begrenzten Zeitraum.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.

Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die mit der Verfügung vom 23. Juli 2020 geregelten Aufgabenverlagerungen vor dem 31. Mai 2021 wieder rückgängig gemacht werden.

Eine Umsetzung ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Kammer hat ein Beamter keinen Anspruch auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes (Dienstpostens). Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch eine Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen hinnehmen. Dabei kann der Dienstherr den Aufgabenbereich aus jedem sachlichen Grund verändern, solange der neue Dienstposten dem statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Amt des Beamten entspricht. Bei der Ermessensausübung sind dem Dienstherrn weite Grenzen gesetzt, sodass die Umsetzungsentscheidung - und auch die Entscheidung, eine schon erfolgte Umsetzung nicht wieder rückgängig zu machen - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in der Regel nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie durch einen Ermessensmissbrauch geprägt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22. Mai 1980, BVerwGE 60, 144, 150 f.; Urt. v. 28. November 1991, BVerwGE 89, 199, 201 f. m. w. N.; sächs. OVG, Beschl. v. 9. November 2010 - 2 B 263/10 -, zit. n. juris; Sächs. OVG, Urteil t. v. 2. Dezember 2013 - 2 A 380/13 -,zit. n. juris Rn. 18; sächs. OVG, Beschl. v. 27.03.2014, 2 B 500/14, zit. n. juris)

Die Ermessensentscheidung der Beklagten, den Kläger zeitweise lediglich nur noch mit der Leitung des Fachdienstes öffentliche Gesundheit zu betrauen, ist nach den vorstehend genannten Grundsätzen nicht zu beanstanden. Da die erfolgte Umsetzung rechtlich nicht zu beanstanden ist, besteht schon von daher kein Anspruch des Klägers auf eine Rück-Umsetzung.

Die von der Beklagten genannten sachlichen Gründe für die vorübergehende Neuorganisation ihres Fachbereiches Gesundheit sind nachvollziehbar, sachgerecht und insbesondere nicht willkürlich.

Zudem steht außer Frage, dass der frühere Aufgabenbereich so nicht mehr von einem einzelnen Beamten sachgerecht zu erledigen war. Dies hat der Kläger selbst durch seine Überlastungsanzeige dokumentiert. Zurecht hat sich daher die Beklagte im Rahmen der Fürsorgepflicht veranlasst gesehen, neue organisatorische Maßnahmen zu treffen.

Auch die Annahme der Beklagten, dass angesichts der herrschenden Corona-Pandemie sich ein neuer Schwerpunkt bei der Leitung des Fachbereiches in juristisch- organisationsrechtlicher Hinsicht gebildet hat, ist nicht zu beanstanden. Auch dies ist sachgerecht. Der Kläger ist für diese mehr verwaltungstechnischen Aufgaben nicht ausgebildet. Mit der Verlagerung und der Neuorganisation des Fachbereiches hat die Beklagte dem Kläger ermöglicht, nunmehr wieder in einem Aufgabenbereich überwiegend tätig zu sein, für den er ausgebildet worden ist. Denn der Kläger ist Arzt und kein Jurist oder Verwaltungsfachwirt.

Nach alledem kommt es auf weitere in diesem Zusammenhang aufgekommene Vorwürfe hinsichtlich der Führungsqualitäten des Klägers nicht mehr entscheidend an. Diese Fragen können offenbleiben.

Allerdings ist es zutreffend, dass sich der Kläger in einem Statusamt befindet, welches dadurch definiert ist, dass sein Inhaber direkt einen Beamten auf Zeit bei der Beklagten unterstellt ist (Anlage 2 zu § 5 Abs. 3, § 22 Abs. 1 und § 37 NBesG). Dies ist derzeit durch die Neuorganisation beim Kläger nicht mehr der Fall.

In Ausnahmefällen ist es jedoch durchaus zulässig und für einen Beamten zumutbar, zeitlich begrenzt auch Aufgaben wahrzunehmen, die nicht dem Statusamt entsprechen, sondern niedriger angesiedelt sind. Zu Recht verweist die Beklagte auf die Vorschrift des § 27 Abs. 3 NBG. Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar nicht um eine Abordnung, sondern lediglich um eine Art Umsetzung. Wenn aber schon eine unterwertige Beschäftigung im Rahmen einer Abordnung zeitlich begrenzt zulässig ist, muss dies im Falle einer zeitweisen Umsetzung ebenfalls möglich sein.

Die Tätigkeit als Leiter nur des Dienstpostens Fachdienst öffentliche Gesundheit bis Ende Mai 2021 ist in Anbetracht aller Umstände für den Kläger zumutbar. Der Kläger ist mit Kernaufgaben beschäftigt, die seiner Vor- und Ausbildung entsprechen; er wird von fachfremden anderen Aufgaben zeitweise entbunden. Der Umstand, dass nun ein weiterer Vorgesetzter zwischen ihm und einem Dezernenten der Region Hannover zwischengeschaltet ist, hat demgegenüber weniger Bedeutung, zumal die Maßnahme zeitlich befristet ist. Deshalb überwiegen die Interessen der Beklagten an einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung im Fachbereich Gesundheit dem Interesse des Klägers, direkt einen Beamten auf Zeit der Beklagten unterstellt zu sein.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.