Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.08.1997, Az.: VI 137/92
Fehlende Gemeinnützigkeit einer Körperschaft; Verstoß der Satzung gegen den Grundsatz der Vermögensbindung; Verwendung des Vermögens für steuerbegünstigte Zwecke; Kirchliche und soziale Zwecke
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.08.1997
- Aktenzeichen
- VI 137/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 17971
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0819.VI137.92.0A
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
- § 61 Abs. 1 AO 1977
- § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO 1977
- § 60 Abs. 1 AO 1977
- § 54 AO 1977
Verfahrensgegenstand
Körperschaftsteuer 1987 bis 1989
Redaktioneller Leitsatz
Eine Körperschaft ist nicht als gemeinnützig anzuerkennen, wenn die Satzung als Satzungszweck die "Förderung sozialer Zwecke" angibt, da soziale Zwecke sowohl im Bereich anerkannt gemeinnütziger Betätigung, als auch im weiten Bereich gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Beziehungen liegen können, so dass keine klare Umgrenzung der verfolgten Aufgaben möglich ist und nicht geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuerbegünstigungen gegeben sind.
In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 19. August 1997, an der mitgewirkt haben:
Richterin am Finanzgericht ... als Vorsitzende
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist für die Jahre 1987 bis 1989 die Anerkennung des Klägers als gemeinnützige Körperschaft gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) streitig.
Der Kläger wurde mit Satzung vom 3. Februar 1982 errichtet. Diese Satzung hat - soweit hier von Bedeutung - folgenden Inhalt:
§ 2 Zweck, Aufgabe, Gemeinnützigkeit
(1)
Der Verein fördert kirchliche und soziale Zwecke.(2)
Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung. Der Satzungszweck wird Insbesondere durch die Förderung kirchlicher und sozialer Aufgaben verwirklicht. Er steht auf dem Boden des Bekenntnisses des "Bundes Evangelisch-Freikirchlicher-Gemeinden" in Deutschland, KdöR, und nimmt missionarische und diakonische Aufgaben wahr. Seine Bildungs- und Freizeitangebote orientieren sich am NT. Sie gelten allen Menschen, unabhängig von ihrer Konfession oder Weltanschauung.(3)
Der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.(4)
Bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks fällt das Vereinsvermögen an den "Bund Ev.-Freikirchlicher-Gemeinden", KdöR, Vereinigung Nordwestdeutschland, mit der Auflage, es für "satzungsgemäße Zwecke" zu verwenden.
Die Satzung des Bundes Ev.-Frelkirchlicher-Gemeinden vom 25. Mai 1974 regelt in Art. 26 Satz 2 folgendes:
"Im Falle der Auflösung fließt das Vermögen des Bundes den Gemeinden entsprechend ihrer Mitgliederzahl zu".
Mitglieder des Klägers sind Einzelpersonen sowie verschiedene Ev.-Freikirchliche-Gemeinden in Norddeutschland in ihrer Gesamtheit. Der Kläger ist als Träger der Jugendarbeit öffentlich anerkannt und Mitglied im Verband freikirchlicher Diakoniewerke, der wiederum als Fachverband dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche in Deutschland e.V. angeschlossen ist.
Der Kläger erwarb in N. ein größeres Gebäude, in dem er Gemeinschaftsräume, Schlafräume für Gruppen und Einzelpersonen, Küche, Büro, sanitäre Einrichtungen usw. schuf. Dieses Grundstück nutzte der Kläger für eigene Veranstaltungen, wie etwa Pastorenrüsttage, Fastenwochen. Einkehrtage (= unter seelsorgerischer Begleitung für Einzelpersonen, vorwiegend Pastoren der ev. Freikirche, die in Ruhe zu sich selbst finden wollen und das Seelsorgerische Gespräch mit dem Pastor des Hauses nutzen können), Familien- und Weihnachtsfreizeiten (Tagungen, in der tägliche Bibelarbeiten und themenorientierte Gespräche breiten Raum einnehmen) sowie Mutter- und Kindwochen.
Daneben überläßt der Kläger das Haus freikirchlichen Gemeinden, die zum Teil Vereinsmitglieder sind, Gemeinden anderer Konfessionen sowie nichtkirchlichen Gruppen für eigene Zwecke.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Belegungspläne 1987 bis 1988 (Bl. 54 ff FG-Akte) Bezug genommen.
Aus der Bewirtschaftung der Einrichtung als Freizeit- und Begegnungsstätte "Unser Haus" erzielt der Kläger Einnahmen aus der Unterbringung und Verpflegung der Veranstaltungsteilnehmer. Die Teilnehmer können zwischen reiner Übernachtung bei Selbstversorgung über Teilverpflegung bis zur Unterbringung mit Vollverpflegung wählen. Die Preisgestaltung differiert nicht zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern. Die Gäste des Hauses entrichten Kurtaxe an die Fremdenverkehrseinrichtung der Stadt Norden.
Der Beklagte erteilte unter dem 23. Februar 1982 eine Freistellungsbescheinigung. Diese Bescheinigung wurde mit Körperschaftsteuer-Freistellungsbescheid für 1984 bis 1986 vom 5. Juli 1991 bestätigt. Darin wurde der unterhaltene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer bei eigenen Veranstaltungen" als Zweckbetrieb angesehen, während die Befreiung nicht gilt für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb "Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer von Veranstaltungen anderer kirchlicher oder gemeinnütziger Einrichtungen".
Mit Sammel-Körperschaftsteuerbescheid für 1987 bis 1989 vom 5. Juli 1991 wurde die Körperschaftsteuer für die Streitjahre jeweils auf 0 DM festgesetzt unter dem Hinweis darauf, daß die Jahresabschlüsse für die Streitjahre nicht vorgelegt wurden und damit der Nachweis über die tatsächliche Geschäftsführung nicht erbracht sei. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsbescheid vom 30. Januar 1992 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Klage. Im Klageverfahren verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, insgesamt als gemeinnützig anerkannt zu werden. Im Klageverfahren reichte er die Jahresabschlüsse für 1987 bis 1989 sowie die Belegungsnachweise für die Streitjahre ein.
Zur Begründung trägt der Kläger im wesentlichen vor, die satzungsgemäße Förderung kirchlicher Zwecke durch Wahrnehmung missionarischer und diakonischer Aufgaben verwirkliche er dadurch, daß er in einem "Haus der Stille" modernen Menschen Zeit zum Nachdenken über sich selbst und zur Suche nach Antworten des christlichen Glaubens ermögliche.
Charakteristisch sei, daß im Haus der Stille nicht die z.B. bei Fachtagungen in einem Hotel gegebene Differenzierung zwischen Vorträgen und privater Zeit, welche die Teilnehmer nach eigenem Gusto verbringen könnten, herrsche. Vielmehr seien alle Teilnehmer in ein gemeinsames Leben bis zu gemeinsamen, einfachen Mahlzeiten an Tischen zu 8 bis 10 Personen gebunden. Hierdurch entstehe ein Vertrauens- und Austauschverhältnis untereinander und zur Seelsorge, das ein Außenstehender kaum für realisierbar halte. In Freizeiten für Mütter mit Kindern würde diesen Müttern erst durch die Fürsorge der Mitarbeiter des Hauses ermöglicht, wenigstens täglich für einige Stunden Zeit des Hörens. Sprechens, Betens zu gewinnen. Freizeiten für Schwerstbehinderte seien in einem Hotelbetrieb gar nicht möglich. Ferner dienten Veranstaltungen der Schulung von Pastoren und kirchlichen Mitarbeitern. Nach der konfessionsunabhängigen Zwecksetzung der Satzung verstehe es sich von selbst, daß Veranstaltungen zum Teil in Kooperation mit anderen Kirchen und kirchlichen Organisationen durchgeführt würden. Der Verein erziele aus dem Haus der Stille keine Überschüsse, sondern Verluste. Die Begriffe der Satzung seien klar umrissen und könnten sowohl im Evangelischen Erwachsenenkatechismus als auch zum Teil im Werk "Religionen, Geschichte und Gegenwart" nachgelesen werden. Wegen er weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 19. März 1992 und vom 18. August 1997 (Bl. 4 ff, 138 ff FG-Akte) Bezug genommen.
Die Rechtsauffassung des Beklagten beruhe auf einer Fehlbeurteilung des Charakters der satzungsgemäßen Arbeit des Klägers.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide 1987 bis 1989 vom 5. Juli 1991 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 30. Januar 1992 den Kläger von der Körperschaftsteuer nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, § 54 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) beschreibe zwar nicht abschließend, welche Aufgaben zu den kirchlichen Zwecken gehörten. Diese Zwecke müßten aber stets für eine Kirche typisch seien und mit ihrem Auftrag im Zusammenhang stehen. Die Durchführung karitativer Veranstaltungen gehöre nicht dazu. Die Förderung sozialer Zwecke durch Wahrnehmung diakonischer Aufgaben im Sinne der in den §§ 52 Abs. 2 Satz 2, 66 und 53 AO selbständig geregelten Förderung der Wohlfahrtspflege oder mildtätiger Zwecke erfülle nicht den Tatbestand der Förderung kirchlicher Zwecke. Die besonders effektive Verwirklichung des Satzungszeckes mache einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht zu einem Zweckbetrieb. Das Finanzamt habe auch in der Vergangenheit bestimmte Aufgaben oder Freizeiten (Pastorenrüsttage, Einkehrtage) als den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck fördernde Veranstaltung anerkannt. Darüber hinaus führe der Kläger jedoch auch Erholungsfreizeiten durch. Da mildtätige oder der Wohlfahrt dienende Zwecke nicht Satzungszweck seien, die Erholung bei gleichzeitiger Unterbringung und Verpflegung der zum kirchlichen Zweck als gleichberechtigt hinzutrete, fehle es aufgrund der Konkurrenzlage zu hiesigen Beherbergungsbetrieben mindestens an der Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO.
Die Belegungsübersichten vom 4. März 1993 böten keine ausreichende Abgrenzungskriterien, die Leistungen des Klägers insgesamt als Zweckbetrieb zu beurteilen. Der Kläger unterscheide, bei den Belegungstagen zwischen innerkirchlichen und missionarischen Zwecken sowie bei den Veranstaltungen gleicher Zielsetzung zwischen solchen durch Kirchen anderer Konfessionen und außerkirchlichen mit sonstigen Teilnehmern. Außerdem bestätige er den geringfügigen Aufenthalt von Einzelpersonen ohne besondere Zuordnung. Daraus ergebe sich, daß der Verein gegenüber sonstigen außerkirchlichen Teilnehmern und Einzelpersonen eindeutig und in vollem Umfang einen steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten habe.
Die im Rahmen der Veranstaltungen anderer Kirchen gewährten Leistungen in Form von Unterkunft und Verpflegung erfüllten ebenso nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebes. Denn mit der Unterbringung und Verpflegung dieses Personenkreises verwirkliche der Verein nicht unmittelbar eigene satzungsmäßige Zwecke, und zwar selbst dann nicht, wenn sich die Ziele der veranstaltenden anderen Kirchen mit den eigenen kirchlichen Satzungszwecken decken würden. Soweit die Belegungstage des weiteren nach innerkirchlichen und missionarischen Zwecken unterschieden, zeige ein Vergleich mit der bereits vorliegenden Belegungsübersicht für 1988, daß der weitaus überwiegende Teil dieser Maßnahmen keine eigenen Veranstaltungen des Vereins darstellen würden. Vielmehr biete er überwiegend anderen Ev.-Freikirchlichen-Gemeinden oder wiederum anderen kirchlichen oder nichtkirchlichen Gruppen die Möglichkeit, deren eigene Arbeit oder die dazu erforderliche Aus- und Weiterbildung in seinen Räumen durchzuführen. Damit werde die Arbeit dieser fremden kirchlichen Gemeinden jedoch nicht eigene mit der Folge, daß sich die Förderung kirchlicher Zwecke ausschließlich auf die Raumüberlassung sowie die Unterbringung und Verpflegung Dritter reduziere. Die Unterbringung und Verpflegung erfolge im Rahmen eines steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat dem Kläger zu Recht die Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG versagt.
Die Satzung des Klägers verstößt gegen den Grundsatz der Vermögensbindung. Gemäß § 61 Abs. 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO darf bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Einlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Grundsatz der Vermögensbindung). Wird das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder Körperschaft des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen, ist der Grundsatz der Vermögensbindung eingehalten. Dies setzt allerdings voraus, daß die begünstigte Körperschaft selbst die Voraussetzungen der §§ 51 ff AO erfüllt. Dabei genügt es nicht, daß die empfangende Körperschaft als gemeinnützig anerkannt ist. Sie muß zudem objektiv die Voraussetzungen für eine Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft erfüllen. Anderenfalls könnte der Zweck der Vermögensbindung nicht erreicht werden, da die Anerkennung der Gemeinnützigkeit Jeweils nach Ablauf des Veranlagungszeitraums erneut zu überprüfen und ggf. abzuerkennen ist. Der Grundsatz der Vermögensbindung will von vornherein jede mögliche, steuerbegünstigten Zwecken zuwiderlaufende Vermögensverwendung unterbinden (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht vom 20. Oktober 1992 VI 247/88, NWB Nr. 46/1993, Fach 1, 341 - Leitsatz - rechtskräftig).
Im Streitfall ist der Grundsatz der Vermögensbindung nicht eingehalten worden. In § 2 Abs. 4 der Satzung heißt es:
Bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks fällt das Vereinsvermögen an den "Bund Ev.-Freikirchlicher-Gemeinden", KdöR, Vereinigung Nordwestdeutschland, mit der Auflage, es für "satzungsgemäße Zwecke" zu verwenden.
§ 2 Abs. 4 läßt sich nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, für welche Zwecke das Vermögen zu verwenden ist. Zum einen könnte sich die Umschreibung für satzungsgemäße Zwecke auf diejenigen des Klägers beziehen. Zum anderen - was wohl durch den Kläger gemeint war - könnte § 2 Abs. 4 auf die satzungsgemäßen Zwecke des Bundes Ev.-Freikirchlicher-Gemeinden Bezug genommen haben. Soweit der Kläger sich auf eigene satzungsgemäße Zwecke beziehen wollte, fehlt es an einer hinreichenden Bestimmtheit dieser Zwecke, was nachfolgend ausgeführt wird. Darüber hinaus könnte bei Änderung der Satzungszwecke noch eine Verwendung ... für ... die ... geänderten ... - ggf. gemeinnützigkeitsschädlichen - Zwecke erfolgen.
Hat der Kläger hingegen die satzungsgemäßen Zwecke des Bundes Ev.-freikirchlicher-Gemeinden mit der Regelung in § 2 Abs. 4 seiner Satzung gemeint, so liegt auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Vermögensbindung vor. Denn Art. 26 Satz 2 der Satzung des Bundes Ev.-freikirchlicher-Gemeinden in Deutschland vom 25. Mai 1974 regelt lediglich, daß im Falle der Auflösung das Vermögen des Bundes den Gemeinden entsprechend ihrer Mitgliederzahl zufließt. Damit fehlt zum einen eine vermögensbindende Regelung für den Wegfall des bisherigen Zwecks und zum anderen erlaubt Art. 26 Satz 2 den uneingeschränkten Rückfluß des Vermögens an die Mitglieder. Dies ist mit dem Grundsatz der Vermögensbindung jedoch nicht vereinbar. Ferner fehlt in der Regelung das Erfordernis der unmittelbaren und ausschließlichen Verwendung des Vermögens für gemeinnützige, also steuerbegünstigte Zwecke.
Im übrigen hat der Kläger in seiner Satzung die Kriterien der formellen Satzungsmäßigkeit nicht erfüllt. Gemäß § 60 Abs. 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, daß aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuerbegünstigungen gegeben sind. Diese Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen in der Satzung so genau bestimmt sein, daß aus dieser unmittelbar entnommen werden kann, ob die Voraussetzungen der Steuervergünstigung vorliegen. Es ist die präzise, nachprüfbare Angabe des gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks und die Art der Verwirklichung festzuschreiben. Dazu ist der Satzungszweck und die Art seiner Verwirklichung soweit als möglich zu konkretisieren.
An der erforderlichen Konkretisierung fehlt es sowohl hinsichtlich der verfolgten Satzungszwecke als auch hinsichtlich der Art ihrer Verwirklichung. Die Förderung kirchlicher und sozialer Zwecke ist, soweit es um die soziale Zweckausrichtung geht, völlig unbestimmt. So bedeutet sozial etwa "die menschliche Gemeinschaft betreffend, gesellschaftlich, gemeinnützig, menschlich, wohltätig, hilfsbereit" (Der große Duden. Bd. 5, Fremdwörterbuch, Stichwort sozial).
Soziale Zwecke können daher sowohl im Bereich anerkannt gemeinnütziger Betätigung, jedoch auch im weiten Bereich gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Beziehungen liegen, so daß keine klare Umgrenzung der durch den Kläger verfolgten Aufgaben möglich ist.
Kirchliche Zwecke sind zwar ausdrücklich in § 54 AO umschrieben. In der Satzung des Klägers wird jedoch ausgeführt, daß der Verein "auf dem Boden des Bekenntnisses des Bundes Ev.-Freikirchlicher-Gemeinden in Deutschland" steht. Was damit gemeint ist, bleibt letztlich offen. Die bloße Bezugnahme in der Satzung auf andere Regelungen oder Satzungen Dritter genügt den Anforderungen an die Satzung im Sinne des § 60 Abs. 1 AO nicht (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 1989 I R 3/88, BStBl II 1989, 595).
Die Art der Verwirklichung der vorgenannten Satzungszwecke ist auch nicht hinreichend genug bestimmt. Sowohl die Förderung kirchlicher und sozialer Aufgaben, die Wahrnehmung missionarischer und diakonischer Aufgaben sowie Bildungs- und Freizeitangebote sind wenig aussagekräftig. Jedenfalls kann danach aufgrund der Satzung gerade nicht geprüft werden, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen vorliegen. Zudem kann § 2 Abs. 2 der Satzung im Hinblick auch auf die Art der Verwirklichung der Satzungszwecke dahingehend ausgelegt werden, daß sowohl auf das Bekenntnis des Bundes wie auch auf das Neue Testament zurückgegriffen wird, also auf Regelungen, die sich aus der Satzung selbst nicht ergeben. Hierfür ist bezeichnend, daß der Kläger zur Erläuterung der Begriffe missionarischer Aufgaben und diakonischer Aufgaben in seinem Schriftsatz vom 19. März 1992 auf den evangelischen Erwachsenenkatechismus und andere Quellen zurückgreift. Auch insoweit ist die erforderliche formelle Satzungsmäßigkeit nicht gegeben, so daß der Kläger nicht als gemeinnützig anzuerkennen ist.
Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob die Gewährung von Unterkunft und Beherbergung im Rahmen der Tagungs- und Begegnungsstätte "Unser Haus" für einen Teil der durchgeführten Belegungen als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil die Frage, ob die begünstigte Körperschaft selbst den Grundsatz der Vermögensbindung einhalten muß, bisher nicht entschieden wurde und von grundsätzlicher Bedeutung ist.