Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.09.2010, Az.: 6 W 150/10

Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens hinsichtlich der Ursachen eines Sachmangels

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
17.09.2010
Aktenzeichen
6 W 150/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 23978
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0917.6W150.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 05.08.2010 - AZ: 2 OH 6/10

Fundstellen

  • BauR 2011, 145
  • BauR 2010, 2166
  • MDR 2011, 385
  • NJW-Spezial 2010, 653
  • PA 2010, 183

Amtlicher Leitsatz

Der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens muss, um die sachverständige Begutachtung von Ursachen eines Sachmangels zu erreichen, lediglich vortragen, die Ursachen seien ihm nicht bekannt.

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert. Der Beschluss vom 30. Juni 2010 wird wie folgt ergänzt:

5. Beruhen Mängel des Kaminofens, falls solche vorliegen, auf Konstruktionsfehlern, namentlich der Anschlüsse für das Heizwasser im Bereich des Vorlaufs oder Fehlern beim Einbau der Anlage oder darauf, dass der Antragsteller, statt den Abbrand des Feuerholzes abzuwarten, den Ofen zu schnell mit neuem Brennholz bestückt?

Gründe

1

Das Rechtsmittel ist begründet.

2

I. Es ist so aufzufassen, dass es sich nicht gegen den Beschluss vom 30. Juni 2010, sondern nur gegen die teilweise Ablehnung der Ergänzung vorbezeichneten Beschlusses in dem Beschluss vom 5. August 2010 richtet, auch wenn in der Beschwerdeschrift auch der erstgenannte Beschluss als angefochten bezeichnet ist. Die sofortige Beschwerde gegen diesen wäre unzulässig und unnötig.

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1. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen seit Zustellung des Beschlusses vom 30. Juni 2010 an den Antragsteller (§ 569 Abs. 1 Satz 1, 2 Fall 1 ZPO) ist nicht gewahrt. Der Beschluss gilt spätestens seit dem 7. Juli 2010 als an den Antragsteller zugestellt (§ 189 ZPO), während die Beschwerdeschrift erst am 17. August 2010 beim Landgericht eingegangen ist. Der Beschluss vom 30. Juni 2010 war den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers spätestens am 7. Juli 2010 zugegangen. An diesem Tage haben sie bereits beantragt, den Beschluss zu ergänzen.

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2. Der Antragsteller kann die Ergänzung des Beschlusses vom 30. Juni 2010 erreichen, ohne diesen anzufechten. Dazu genügt, sich gegen den Beschluss vom 5. August 2010 insoweit zu wenden, als das Landgericht es durch diesen abgelehnt hat, den Beschluss vom 30. Juni 2010 zu ergänzen.

5

II. Der Antragsteller hat mit hinreichend Substanz behauptet, die von ihm vorgetragenen Mängel des Kaminofens beruhten auf dessen fehlerhafter Konstruktion oder fehlerhaftem Einbau.

6

1. Hinsichtlich der fehlerhaften Konstruktion genügt die Behauptung des Antragstellers (Seite 4 der Antragsschrift), die Ursachen der Mängel seien ihm nicht bekannt. sein Ofen sei wohl "ein Exemplar der ersten Generation. bei den Nachfolgemodellen (seien) die Anschlüsse für das Heizwasser im Bereich des sog. Vorlaufs verändert worden." Die Erklärung des Antragstellers über die Ursachen der Mängel mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) ist zulässig. Die Ursachen sind keine Handlung des Antragstellers und nicht Gegenstand seiner Wahrnehmung, auch wenn dazu die Wahrnehmungsmöglichkeit genügen kann (vgl. Baumbach, ZPO, 68. Aufl., § 138 Rn. 53). Diese ergibt sich für den Antragsteller nur daraus, selbst einen Sachverständigen zu beauftragen, die Ursachen der Mängel festzustellen, was ihm nicht zuzumuten ist. Die gerichtliche Feststellung der Ursache eines Sachmangels durch sachverständige Begutachtung, welche das Gesetz ausdrücklich vorsieht (§ 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 3 ZPO), hängt nicht davon ab, dass der Antragsteller zuvor selbst die Ursachen sachverständig begutachten lässt, um sie im selbständigen Beweisverfahren im Einzelnen vortragen zu können. Dieses führte in vielen Fällen zu einer unnützen Doppelbegutachtung, die nur vermeidbare Kosten verursachte.

7

2. Gemäß den Ausführungen zu vorstehend Nummer 1 ist unschädlich, dass der Antragsteller die außer Konstruktions oder Bedienungsfehlern allein noch denkbare Mängelursache des fehlerhaften Einbaus der Anlage nicht genannt hat. Wie bereits dargestellt, war die Erklärung des Antragstellers mit Nichtwissen ausreichend.

8

Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtskosten sind im Beschwerdeverfahren nicht angefallen, und die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nur im Hauptsacheprozess möglich (vgl. BGH Beschl. v. 12. Feb. 2004, V ZB 57/03, zit. nach juris: Rn. 8).

Piekenbrock