Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.09.2011, Az.: 1 MN 112/11
Planerische Möglichkeiten einer Gemeinde zur Steuerung der Erweiterung sowie der Neuansiedlung von Tierhaltungsanlagen; Zulässigkeit eines planerischen Tätigwerdens der Gemeinde nach Vorliegen eines konkreten Bauantrags; Berücksichtigung hinreichend konkretisierter gemeindlicher Planungsvorstellungen bei Erlass der Veränderungssperre
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.09.2011
- Aktenzeichen
- 1 MN 112/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 30354
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0909.1MN112.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 14 BauGB
- § 71 Abs. 1 NBauO
Fundstellen
- AUR 2012, 151-153
- BauR 2012, 223-226
- BauR 2012, 838
- DVBl 2011, 1567
- ZfBR 2012, 40-42
Amtlicher Leitsatz
Zu den Planungsinstrumenten, welche einer Gemeinde zur Steuerung von Erweiterung und Neuansiedlung von Tierhaltungsanlagen zur Verfügung stehen.
Gründe
Die Antragsteller wenden sich gegen die im Tenor genannte Veränderungssperre im Wesentlichen mit der Begründung, es handele sich um eine reine Verhinderungsplanung, außerdem sei der in Aussicht genommene Bebauungsplan zur Steuerung von Tierhaltungsanlagen evident abwägungswidrig.
Im Jahre 2009 stellten die Antragsteller den Antrag, auf dem im Außenbereich gelegenen Flurstück 53/1, Flur 15 (wohl) der Gemarkung D. die Errichtung eines Stalls mit knapp 2.000 Mastplätzen für Schweine zu genehmigen. Das Grundstück liegt an der Straße In den Hügeln, die vom Ortsteil E. nach Westen in den Außenbereich führt. Die Hofstelle der Antragsteller liegt außerhalb des Gemeindebereichs der Antragsgegnerin. Der in Aussicht genommene Bereich ist bislang nicht überplant. Nach der nicht substantiiert widersprochenen Darstellung der Antragsgegnerin liegen die nächsten Hofstellen/Tierhaltungsanlagen rund 250 m (Norden), 600 m (Osten), 380 m (Süden) und 350 m (Westen) vom geplanten Aufstellungsort entfernt.
Der Rat der Antragsgegnerin nahm das Bauvorhaben der Antragsteller zum Anlass, am 11. Mai 2010 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 33 zur "Steuerung von Tierhaltungsanlagen" zu beschließen und ihren Flächennutzungsplan zum 25. Mal zu ändern. Das wurde im F. Kreisblatt vom 14. Mai 2010 bekannt gemacht.
Auf Antrag der Antragsgegnerin stellte der Landkreis F. das Baugesuch mit Bescheid vom 25. Mai 2010 bis zum 1. Mai 2011 zurück. Am 20. April 2011 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die im Tenor genannte Veränderungssperre und machte dies im Amtsblatt des Landkreises F. vom 2. Mai 2011 bekannt.
Am 6. Juni 2011 haben die Antragsteller die Veränderungssperre mit dem Normenkontrollantrag angegriffen und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie halten die Veränderungssperre für eine reine Verhinderungsplanung, mit der gezielt und im Wesentlichen allein ihr Vorhaben torpediert werden solle. Die Veränderungssperre sei außerdem unwirksam, weil die ihr zugrunde liegenden Planungsabsichten offensichtlich rechtswidrig seien, das heißt mit einer ordnungsgemäßen Abwägung schlechthin nicht erreicht werden könnten.
Die Antragsgegnerin tritt dem Normenkontrollantrag entgegen.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung einer solchen Satzung zur Folge hat, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/ Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174 m.w.N.). Aus "anderen wichtigen Gründen" ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erst dann geboten, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. dazu Senatsbeschl. v. 21.3.1988 - 1 D 6/87 -, BRS 48 Nr. 30; siehe auch Beschl. v. 30.8.2001 - 1 MN 2456/01 -, NVwZ 2002, 109 = BRS 64 Nr. 62). Beides liegt hier nicht vor.
Einen schweren, den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigenden Nachteil können die Antragsteller nicht reklamieren. Es stellt geradezu den Regelfall dar, wegen einer Veränderungssperre ein Bauvorhaben nicht verwirklichen zu können. Jeder Genehmigungsantrag ist nach § 14 BauGB der Gefahr ausgesetzt, durch eine Veränderungssperre jedenfalls zeitweise aufgehalten zu werden. Darauf muss sich der Bauherr in seinen wirtschaftlichen Dispositionen von vornherein einrichten. Einen schweren Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO stellt das nicht dar.
Die begehrte einstweilige Anordnung kann auch nicht aus anderem wichtigen Grund erlassen werden. Nach derzeitigem Stand der Dinge ist ein Erfolg des zum Aktenzeichen 1 KN 111/11 gestellten Normenkontroll-Hauptsacheantrages nicht, wie nach den vorstehenden Grundsätzen erforderlich, in hohem Maße wahrscheinlich. Die gegen die Veränderungssperre erhobenen Einwendungen werden aller Voraussicht nach nicht durchgreifen.
Formelle Rügen erheben die Antragsteller nicht. Verfahrensmängel sind nicht ersichtlich. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 33 ist vor dem Satzungsbeschluss über die Veränderungssperre gefasst worden. Er war bereits im Mai 2010 öffentlich bekannt gemacht worden, bevor die am 20. April 2011 als Satzung beschlossene Veränderungssperre im Amtsblatt vom 2. Mai 2011 bekannt gemacht worden war.
Die Ersatzbekanntmachung im Amtsblatt begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der Text der Veränderungssperre ist zwar nicht übermäßig lang; er wird üblicherweise bei der Bekanntmachung abgedruckt. In der (Ersatz-) Bekanntmachung vom 2. Mai 2011 ist das unterblieben. Eine Ersatzbekanntmachung wird jedoch durch § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB zugelassen (vgl. dazu Spannowsky/Uechtritz-Hornmann, BauGB, § 16 Rdnr. 12; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB 11. Aufl., § 16 Rdnr. 3). Bedenken, den Anforderungen des § 10 Abs. 3 Sätze 2 bis 5 BauGB (i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB) sei nicht genügt worden, haben die Antragsteller nicht geltend gemacht.
Inhaltlich greifen die Einwendungen nicht durch. Entgegen der Annahme der Antragsteller durfte die Antragsgegnerin deren Baugesuch zum Anlass für den Erlass der Veränderungssperre nehmen. Ebenso wie ein bestimmter Bauantrag Anstoß sein darf, eine Planung in Angriff zu nehmen oder eine bestehende Planung zu ändern (vgl. dazu z.B. BVerwG, Beschl. v. 8.1.2002 - 4 BN 61/01 -, BauR 2002, 1358 = BRS 65 Nr. 44), darf die Gemeinde einen konkreten Bauantrag zum Anlass nehmen, diese Planung mit dem Sicherungsinstrument zu flankieren, welches die §§ 14 ff. BauGB bereithalten. Gerade Bauanträge machen Gemeinden häufig erst bewusst, was das geltende Bauplanungsrecht zulässt. Jener muss nach § 71 Abs. 1 NBauO bei ihnen eingereicht, um ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB gerade deshalb bei der Gemeinde nachgesucht werden, damit sich diese schlüssig werden kann, ob sie die planungsrechtliche Lage zum Vor- oder Nachteil des Vorhabens verändert. Ein konkretes Baugesuch rechtfertigt daher den Erlass einer Veränderungssperre (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, NVwZ 1991, 875 = BRS 50 Nr. 9; Beschl. v. 26.6.1992 - 4 NB 19.92 -, NVwZ 1993, 475 = BRS 54 Nr. 73).
Inhaltlich muss sich die Veränderungssperre grundsätzlich nicht dem Abwägungsgebot stellen. Der in Aussicht genommene Bebauungsplan wird namentlich nicht nach Art einer vorgezogenen Normenkontrolle geprüft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1992 - 4 NB 35.92 -, NVwZ 1993, 473). Die Veränderungssperre wird materiell daraufhin untersucht, ob ihr - erstens - ein Mindestmaß an konkretisierten Planungsabsichten zugrunde liegt und ob sie - zweitens - im Rechtssinne erforderlich ist (Sicherungsbedürfnis) oder ob sie eine reine Verhinderungsmaßnahme darstellt; im letztgenannten Fall ist sie unwirksam.
Die Antragsgegnerin hat ihre Planungsvorstellungen bei Erlass der Veränderungssperre (das ist der maßgebliche Zeitpunkt, hier also der 20. April 2011) hinreichend konkretisiert gehabt (vgl. zu diesem Tatbestandserfordernis grundlegend BVerwG, Urt. v. 10.9.1976 - IV C 39.74 -, BVerwGE 51, 121 [BVerwG 10.09.1976 - 4 C 39/74]; siehe auch Beschl. v. 12.2.1990 - 4 B 191.89 -, NVwZ 1990, 558 [BVerwG 05.02.1990 - 4 B 191/89] = BRS 50 Nr. 103). Ohne hinreichend konkretisierte Planungsabsichten können einem Bauherrn die mit der Veränderungssperre verbundenen Nachteile nicht zugemutet werden. Außerdem sind solche Vorstellungen erforderlich, um sachgerecht Ausnahmeanträge nach § 14 Abs. 2 BauGB bescheiden zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, BauR 2004, 1256).
Diesen Anforderungen wird die Planung gerecht. Beim Satzungsbeschluss lag den Ratsmitgliedern die Ausarbeitung "einfacher Bebauungsplan Nr. 33 - Tierhaltungsanlagen im Naturpark" vor, welche der Diplomingenieur G. H. von der Bürogemeinschaft für Raum- und Umweltplanung aus I. unter dem 5. Mai 2010 erarbeitet hatte. Auf mehr als 20 Seiten war zunächst die Ausgangslage im Bereich der Gemeinde dargestellt worden. Danach sieht sich die Antragsgegnerin schon jetzt mit einer im Vergleich zum Durchschnitt in Niedersachsen und sogar des Landkreises F. erhöhten Viehdichte belastet (vgl. insbesondere die Grafik auf Seite 9 dieser Unterlage). Sie beobachtete nicht nur einen namentlich in westlich angrenzenden Landkreisen begründeten "Gülletourismus" (a.a.O., S. 12). Vielmehr werde für westlich des Gemeindegebiets gelegene Flächen die Ansiedlung von Tierhaltungsanlagen mit der Folge zunehmend gesteuert, dass der Ansiedlungsdruck nach Osten, das heißt unter anderem in Richtung des Gemeindegebiets auszuweichen suche. Dem gegenzusteuern sei die Aufgabe der Bauleitplanung, die mit dem einfachen Bebauungsplan Nr. 33 verfolgt werde. Ziel sei unter anderem und insbesondere, den in Rede stehenden Bereich, der sich im Bogen westlich südwestlich und südlich der Stammgemeinde D. erstreckt und nur einen Teilbereich des Gemeindegebiets erfasst, als Erholungslandschaft zu sichern. Dazu müsse diese nicht besonders schön oder als für den Natur- und Landschaftsschutz besonders wertvoll einzustufen sein (a.a.O., S. 14). Anlass, diesen Bereich vor dem Hinzutreten anderer baulicher Anlagen zu schützen, bestehe (teilweise: derzeit) nicht. Windenergieanlagen seien bereits durch eine Konzentrationsplanung im Flächennutzungsplan mit der Folge erfasst, dass sie in diesem Bereich nicht errichtet werden dürften. Biogasanlagen seien hier bislang nicht zur Genehmigung gestellt worden (a.a.O., S. 12). Andererseits sei zu berücksichtigen, dass die Landwirtschaft auch im Gebiet der Antragsgegnerin wirtschaftlich, gesellschaftlich und städtebaulich ein starkes Gewicht aufweise. Der Entwicklungsfähigkeit der Landwirtschaft mit Tierhaltung komme daher eine sehr große Bedeutung zu. In diesem Spannungsfeld zwischen Anerkennung der Entwicklungsbedürfnisse der Landwirtschaft und dem oben beschriebenen Ansiedlungsdruck andererseits solle daher in diesem Teil des Gemeindegebiets, der als Teil des Naturparks J. ausgewiesen sei und teilweise sogar unter Natur- bzw. Landschaftsschutz stehe, eine Lösung gefunden werden (a.a.O., S. 14/15). Werde der Stall der Antragsteller zugelassen, seien Anschlussvorhaben zu erwarten. Daher solle zunächst einmal in diesem Teilraum und durchaus in zugegebener "Versuchsabsicht" dort eine Fehlentwicklung des Raumes verhindert werden (a.a.O., S. 15).
Die daraus abzuleitenden Ziele werden auf Seite 16 der Ausarbeitung vom 5. Mai 2010 zusammengefasst wie folgt: Vorbeugende Unterbindung weiterer Zersiedlung; Sicherung der freien Landschaft, Sicherung des Lebensraums für Pflanzen und Tiere und größtmögliche Berücksichtigung der Belange vorhandener Tierhaltungsbetriebe in der Gestalt von Existenzsicherung und Planungssicherheit für die Betriebe. Nachdem auf den Seiten 17 ff. die verschiedenen in Betracht kommenden Rechtsinstrumente vorgestellt worden sind (dabei wird unter anderem die Revisionsentscheidung d. BVerwG v. 18.8.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 = BRS 69 Nr. 32 zum Senatsurt. v. 18.6.2003 - 1 LB 143/02 -, BauR 2004, 459 = BRS 66 Nr. 99 zitiert), entscheidet sich die Antragsgegnerin auf Seiten 21/22 dieser Ausarbeitung vom 5. Mai 2010 für die Alternative, für diesen Teil ihres Außenbereichs einen einfachen Bebauungsplan aufzustellen, in dem überbaubare Bereiche für Betriebsstandorte landwirtschaftlicher und gewerblicher Tierhaltungsanlagen sowie ergänzende Festsetzungen namentlich in der Gestalt vorbeugender Planung zur Unterbindung einer weiteren Zersiedlung der noch freien Landschaft im Gemeindegebiet vorgesehen seien. Unter Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 7. Oktober 2005 (- 1 KN 297/04 -, BRS 69 Nr. 118) wird als Ziel formuliert, den Eingriff für die Privilegierung möglichst gering zu halten und nur das Massenphänomen Tierhaltungsanlagen angesichts akuten Regelungsbedarfs zu steuern. Damit würden zwar die Vorteile der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB aufgehoben bzw. eingeschränkt. Das könne zu einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung von Tierhaltern und Grundstückseigentümern führen. Deren Belange müssten mit hohem Gewicht in die Abwägung einbezogen werden. In Abwägung der konkurrierenden Belange sollten daher vorhandenen Betrieben Entwicklungsmöglichkeiten entsprechend der im Planaufstellungsverfahren geäußerten Absichten und Notwendigkeiten eröffnet werden. Planungsperspektiven für Neuansiedlungen im Außenbereich sollten hingegen unter Berücksichtigung der bestehenden landwirtschaftlichen und landschaftlichen Struktur auf ein unvermeidbares Maß und auf verträgliche Standorte in einem Abstand von möglichst maximal 30 m zu bestehenden entsprechend vorgeprägten Baustrukturen reduziert werden (a.a.O. S. 23). Auch bei den Tierhaltungsanlagen soll differenziert werden. An den Streusiedlungshöfen und in der landwirtschaftlichen Freifläche sollten auch künftig kleine, orts- und landschaftsverträgliche Tierhaltungsanlagen wie Weideunterstände etc. privilegiert sein. Daher sollten die Baufelder für Tierhaltungsanlagen beschränkt sein, in denen mehr als 4 Großvieheinheiten Rinder und Pferde bzw. mehr als 5 Großvieheinheiten für Schafe, Schweine und Ziegen gehalten würden.
Aus all dem ergibt sich, dass die Antragsgegnerin bei der Analyse nicht stehen geblieben ist, sondern für das zugegebenermaßen nicht kleine Areal des Außenbereichs die Entscheidung getroffen hat, Neuansiedlungen nur in dem beschriebenen sehr untergeordneten Umfang zuzulassen und - je nach der Veranlassung, wie sich dies im Beteiligungsverfahren ergeben wird - vorhandenen Betrieben Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Damit ist im Zusammenhang mit dem sich aus dem Kartenwerk ergebenden Bild der Positionierung vorhandener Höfe mit Tierhaltungsanlagen - sogar differenziert nach dem Tierbesatz - mehr als nur hinreichend konkret abzusehen, was die Antragsgegnerin an Planungen wird formulieren und erreichen wollen. Daraus leitet sich zugleich ab, dass das Ansiedlungsvorhaben der Antragsteller ein Sicherungsbedürfnis begründet.
Entgegen der Annahme der Antragsteller ist dieses Ziel mit den Mitteln des Städtebaurechts nicht schlechthin unerreichbar (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 -, BVerwGE 81, 111).
Der Senat hatte schon in seinem Urteil vom 7. Oktober 2005 (- 1 KN 297/04 -, NordÖR 2006, 120 = AuR 2006, 204 = BRS 69 Nr. 118) die Absicht der Gemeinde, die Ansiedlung von Tierhaltungsanlagen im Gemeindegebiet durch einen einfachen Bebauungsplan zu steuern, um die Zersiedlung ihres Außenbereichs zu begrenzen und die Erholungsfunktion der noch unzersiedelten Landschaft zu stärken, als grundsätzlich sicherungsfähiges Ziel anerkannt. Für dieses steht nicht nur die von der Antragsgegnerin verworfene Möglichkeit offen, differenzierend nach vorhandenen und hinzutretenden Betrieben in abgestufter Weise um Höfe und Tierhaltungsanlagen Emissionsradien für Geruch, Lärm und Staub festzusetzen (bzw., was grundsätzlich möglich ist, schon im Flächennutzungsplan darzustellen; vgl. die oben genannte Senatsentscheidung v. 18.6.2003 - 1 LB 143/02 -, BauR 2004, 459 sowie die Revisionsentscheidung des BVerwG v. 18.8.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 = BRS 69 Nr. 32). Vielmehr kann die Gemeinde grundsätzlich auch unter Rückgriff auf § 9 Abs. 1 Nr. 20 und Abs. 2 Nr. 2 BauGB je nach den Gegebenheiten, das heißt bisher zu beobachtender Verschonung des Außenbereichs von Bauwerken sogar weitere Landschaftsteile selbst von privilegierter Bebauung freizuhalten versuchen, beispielsweise um den Tourismus oder aber die Funktion des Außenbereichs als Erholungsfläche zu stärken und zu fördern (vgl. Senatsentscheidung v. 8.12.2009 -1 KN 355/07 -, BauR 2010, 1181 = AUR 2010, 182 = ZfBR 2010, 474).
Entgegen der Annahme der Antragsteller lässt sich nicht sagen, die beim Satzungsbeschluss vom 20. April 2011 gehegten Planungsabsichten ließen sich aus sonstigen Gründen mit den Mitteln des Städtebaurechts schlechthin nicht erreichen. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade die Differenzierung zu Biogasanlagen und Windenergieanlagen zeigt, dass die Antragsgegnerin dem im Abwägungsgebot enthaltenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen trachtet. Für weitere Reglementierung von Windenergieanlagen besteht angesichts eines Konzepts nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ganz offenbar kein rechtlicher Anlass. Rein tatsächlicher Anlass scheint nicht zu bestehen im Hinblick auf Biogasanlagen.
Die in Aussicht genommene Regelung wird durch die dem geplanten Aufstellungsort benachbarten Tierhaltungsanlagen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese, wie die Antragsteller - ohne Meterangaben zu machen - "in unmittelbarer Nähe gelegen" sind oder ob die oben wiedergegebenen, von der Antragsgegnerin genannten Meterangaben zutreffen. Es liegt in doppelter Weise in dem aller Voraussicht nach abwägungsgerechten Konzept der Antragsgegnerin begründet, angesichts dieser Tierhaltungsanlagen dem Bauwunsch der Antragsteller planerisch gerade nicht zu entsprechen. Zum Ersten ist die Antragsgegnerin bestrebt, den immerhin teilweise unter Natur- und Landschaftsschutz gestellten Landschaftsteil, der nach den Luftbildern aus "BING" bislang von baulichen Anlagen in der Tat weitgehend freigehalten zu sein scheint, von weiteren Neuansiedlungen zu verschonen. Bauliche Teilinanspruchnahme eines Landschaftsbereiches verpflichtet nicht dazu, nunmehr noch weitere Bauten dort zuzulassen. Zum Zweiten und vor allem will die Antragsgegnerin - in Anerkennung der wirtschaftlichen Bedeutung bestehender Tierhaltungsanlagen und je nach Notwendigkeit, wie sie im Aufstellungsverfahren geäußert werden - bestehenden Betrieben Erweiterungsmöglichkeiten eröffnen. Landwirtschaftliche Betriebe müssen - unter anderem aus seuchenhygienischen Gründen - voneinander Abstand halten. Gerade besondere ("unmittelbare") Nähe anderer, neuer Tierhaltungsanlagen könnten daher geeignet sein, die Absicht zu durchkreuzen vorhandenen Tierhaltern Erweiterungsmöglichkeiten zu eröffnen. Dass damit die Privilegierungswirkungen teilweise beseitigt werden, hat die Antragsgegnerin erkannt und dem das Interesse an einer Freihaltung eines offenbar zumindest in mittlerer Weise schutzwürdigen Landschaftsteils gegenübergestellt.
Die Rüge, die in Aussicht genommene Abwägungsentscheidung sei gleichheitssatzwidrig, weil alle anderen Außenbereichsvorhaben unverändert weiterhin zulässig sein sollten, ist nur auf den ersten Blick überzeugend. Eine Gemeinde ist städtebaurechtlich nicht verbunden, sozusagen mit einem Planungsschlag einen Idealzustand zu erreichen. Sie kann sich vielmehr darauf beschränken, peu á peu die Arten von Anlagen zu regeln, hinsichtlich derer ein besonderer Regelungsbedarf besteht. Solcher hat sich - wie oben dargelegt - durch das Bauvorhaben der Antragsteller hinsichtlich der Steuerung von Tierhaltungsanlagen ergeben. Dieses Vorhaben durfte die Antragsgegnerin als sichtbaren Ausdruck des Bestrebens einordnen, den Regelungen, welche andere Landkreise und Gemeinden namentlich westlich des Gemeindegebietes zum Nachteil ihres Gemeindegebietes bereits getroffen haben, auszuweichen. Eine Gemeinde ist möglicherweise sogar sehr gut beraten, Planungen zu unterlassen, für deren Durchführung ein aktueller Anlass nicht besteht. Denn jeder zusätzliche Regelungsgegenstand erhöht die Gefahr, dass die Planung als unwirksam angesehen wird. Nicht immer ist ihr im Normenkontrollverfahren der Gesichtspunkt der Teilunwirksamkeit von Nutzen.
Weitere Ausführungen zum Normenkontrollantrag sind nicht veranlasst.
Der Streitwert für das Normenkontrolleilverfahren ist gemäß §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG und Nrn. 3 lit. e), 9 lit. c) und 18 lit. b) der Streitwertannahmen des Senats (NdsVBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197) etwas abweichend von der Festsetzung des vorläufigen Streitwerts im Normenkontrollhauptsacheverfahren festzusetzen. Der Streitwert für eine Veränderungssperre beträgt im Hauptsacheverfahren die Hälfte des gesperrten Vorhabens. Angesichts der Absicht, knapp 2.000 Schweinemastplätze zu verwirklichen, wird die voraussichtliche Stallfläche nicht unter 1.600 m2 zu veranschlagen sein. Bei einem Quadratmeterwert von 75,-- EUR ergibt dies für das Genehmigungsverfahren einen Ausgangswert von 120.000,-- EUR. Dieser ist für das Normenkontrolleilverfahren/Veränderungssperre, außerdem neuerlich für das Eilverfahren zu halbieren. Das ergibt die im Tenor genannte Summe. Im Übrigen folgen die Nebenentscheidungen aus§§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.