Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.09.2011, Az.: 10 ME 117/11
Umfang der Möglichkeiten und Modalitäten der Übertragung von Milchreferenzmengen nach Maßgabe der Milchquotenverordnung; Anforderungen an das Übernahmerecht an einer Milchreferenzmenge durch den Pächter; Nachträgliche Zulässigkeit einer vor Inkrafttreten von § 51 Abs. 3 MilchAbgV geschlossenen Vereinbarung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.09.2011
- Aktenzeichen
- 10 ME 117/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 30375
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0915.10ME117.11.0A
Rechtsgrundlage
- § 51 Abs. 3 MilchAbgV
Fundstelle
- AUR 2012, 222-225
Amtlicher Leitsatz
Die Vorschriften der Milchquotenverordnung regeln die Möglichkeiten und Modalitäten der Übertragung von Referenzmengen (Milchquoten) umfassend und abschließend. Auch in Bezug auf das Übernahmerecht des Pächters ist kein Raum für - von den Regelungen der Verordnung - abweichende Vereinbarungen der Beteiligten. Dass § 51 Abs. 3 MilchAbgV in der seit dem 1. April 2007 geltenden Fassung unter bestimmten Voraussetzungen ein Übernahmerecht zugunsten des Unterpächters begründet, führt nicht zur nachträglichen Zulässigkeit einer vor Inkrafttreten dieser Regelung geschlossenen Vereinbarung. Sind Flächen mit Referenzmengen verpachtet, kann sich der Veräußerer bei der Veräußerung der Flächen nicht zugleich den Übergang der Referenzmengen (Milchquoten) bei Rückgabe der Flächen vorbehalten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. November 2010, mit dem ein vorausgehender Bescheid aufgehoben wurde, der ihm die Übernahme einer Milchreferenzmenge (Milchquote) bescheinigt hatte.
Zu Beginn des Jahres 1993 übernahm Herr C. D. den Milchwirtschaftsbetrieb der Frau E. F., wobei er die Hofstelle kaufte und die Grünlandflächen mit Pachtvertrag vom 11. Februar 1993 einschließlich einer Milchreferenzmenge (Milchquote) pachtete. Mit Bescheid vom 2. März 1993 bescheinigte die Landwirtschaftskammer Weser-Ems - Landwirtschaftsamt Wesermarsch - Herrn D. den Übergang der Milchreferenzmenge auf ihn.
In den Jahren 1995 bis 1998 verpachtete Herr D. Teile der ihm auch aus anderen Betriebsübernahmen zustehenden Milchreferenzmenge mit jeweiliger Zustimmung der Rechtsnachfolger von Frau E. F., Frau G. H. und Herrn Dr. I. F., flächenlos an weitere Milcherzeuger, u.a. mit Vertrag vom 22. November 1996 für die Dauer von 3 Jahren beginnend zum 1. April 1996 an den Antragsteller. Den Übergang einer Referenzmenge in Höhe von 97.698 kg auf den Antragsteller bescheinigte die Landwirtschaftskammer Weser-Ems durch Bescheid vom 25. November 1996. Den genannten Pachtvertrag vom 22. November 1996 verlängerten die Vertragsparteien mit schriftlichem Vertrag unter dem 29. März 1999 bis zum 31. März 2008.
Während die Erklärung bzw. Zustimmung des Verpächters der Flächen bei Unterverpachtung zunächst dahin ging, die Referenzmenge solle nach Ablauf des Unterpachtvertrages an den Verpächter zurückfallen, vereinbarte Frau H. für die Eigentümer der Flächen mit dem Antragssteller - wie auch mit anderen Unterpächtern der Referenzmengen - unter dem 5. Januar 2007, gegen Zahlung eines näher bezeichneten Betrages verblieben die Milchquoten nach Ablauf des Pachtverhältnisses zwischen Herrn A. D. (Unterverpächter) und der als Verpächterin bezeichneten Grundstücksgemeinschaft H. /J. bei den "derzeitigen aktiven Milcherzeugern" und die Verpächterin verzichte nach Ablauf des Pachtvertrages endgültig und unwiderruflich auf die Milchquote. Unter dem 3. Januar 2007 erklärte Herr A. D., er verzichte auf die Rückübertragung der Referenzmengen infolge des Ablaufs des Pachtverhältnisses.
Mit Verträgen vom 8. Januar 2007 kauften Herr K. L. und Herr M. N. - nachstehend Grundstückskäufer - von Frau H. und Herrn Dr. F. Flächen im Umfang von insgesamt 20,7928 ha und 23,9403 ha. In den Kaufverträgen ist u.a. vereinbart, dass der Erwerber bezüglich der an Herrn D. verpachteten Flächen in den Pachtvertrag vom 11. Februar 1993 eintrete, die auf den Herrn D. verpachteten Flurstücken liegende Milchquote "also nicht auf den Erwerber übertragen" werde.
Unter dem 27. Mai 2007 und 15. Juni 2007 kündigten die Grundstückskäufer den Pachtvertrag bzgl. der erworbenen Flächen gegenüber Herrn D. zum 30. April 2008. Ende des Jahres 2007, Anfang des Jahres 2008 überwiesen die Unterpächter, so auch der Antragsteller, nach eigenen Angaben jeweils den vereinbarten Betrag an Frau H..
Auf Antrag des Antragstellers bescheinigte die Antragsgegnerin diesem mit Bescheid vom 3. April 2008 den Verbleib der gepachteten Milchreferenzmenge von 97.698 kg infolge einer wirksamen Ausübung des Übernahmerechts nach Ablauf des Pachtvertrages. Auch die Grundstückskäufer stellten Anträge, den Übergang von Milchreferenzmengen auf sie zu bescheinigen. Sie erhoben am 29. April 2008 gegen den vorgenannten Bescheid jeweils Klage. Sie nahmen ihre Klagen zurück, nachdem die Antragsgegnerin angekündigt hatte, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Übergang von Milchreferenzmengen zugunsten der Grundstückskäufer zu bescheinigen.
Nach Anhörung des Antragstellers nahm die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 15. November 2010 den o.a. Bescheid vom 3. April 2008 zurück und bescheinigte mit Bescheiden vom 17. November 2010 den Übergang einer Referenzmenge von 56.440 kg vom Antragsteller auf Herrn N. und von 41.258 kg vom Antragsteller auf Herrn L.. Gegen die Bescheide vom 15. und 17. November 2010 hat der Antragsteller am 16. Dezember 2010 Klage erhoben. Auf Antrag der Grundstückskäufer und nach Anhörung des Antragstellers ordnete die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 23. Mai 2011 die sofortige Vollziehung der o.a. Bescheide vom 17. November 2010 an. Weiter ordnete sie durch Bescheid vom 29. Juni 2011 die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 15. November 2010 an. Der Antragsteller hat beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner gegen den Bescheid vom 15. November 2010 gerichtete Klage wiederherzustellen.
Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluss vom 8. Juli 2011 den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der zulässige Antrag sei unbegründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspreche in formeller Hinsicht noch den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Antragsgegnerin habe das besondere Vollzugsinteresse des Ausgangsbescheids dargelegt, denn ohne den Sofortvollzug würden die für sofort vollziehbar erklärten Übertragungen ins Leere laufen. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung habe in der Sache keinen Erfolg. Die Klage werde aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben. Mit dem angegriffenen Bescheid habe die Antragsgegnerin voraussichtlich zu Recht den Bescheid vom 3. April 2008 aufgehoben. Der (Rücknahme-)Bescheid sei nicht deshalb rechtswidrig, weil er fälschlicherweise einen Beschluss des Verwaltungsgerichts und keine andere Rechtsgrundlage benenne. Durch die Bezugnahme auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2010 habe es einer weiteren Begründung nicht bedurft. Letztlich könnte ein Begründungsmangel noch nachgeholt werden. Der Bescheid sei aller Voraussicht nach auch materiell rechtmäßig. Dem Antragsteller habe ein Übernahmerecht nach § 51 Abs. 3 Satz 2 MilchQuotV nicht zugestanden. Er habe es auch gegenüber dem Hauptverpächter nicht wirksam ausgeübt. Er hätte die Übernahme innerhalb eines Monats schriftlich gegenüber dem Verpächter erklären müssen. Dies sei nicht geschehen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ließen die Verzichtserklärung des Unterverpächters D. vom 3. Januar 2007 und die Vereinbarung vom 5. Januar 2007 die zwingenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die Übertragung von Referenzmengen auch nicht entfallen; sie machten die Übernahmeerklärung des Antragstellers nicht entbehrlich. Die Auffassung des Antragstellers, die Übernahme müsse auch Platz greifen, wenn nicht der Pächter durch seine Übernahmeerklärung deutlich mache, dass er die Referenzmenge behalten möchte, sondern der Verpächter bereits im Vorfeld von sich aus zugunsten des Pächters auf die Referenzmenge verzichtet habe, liefe auf ein unzulässiges dispositives Recht des öffentlich-rechtlich geregelten Übertragungssystem der Milchgarantiemengen hinaus. Weder die Regelungen der MilchQuotV noch die der MilchAbgV hätten eine direkte Übertragungsmöglichkeit zwischen Verpächter und Pächter vorgesehen. Die Vorschriften würden nicht durch dahingehende privatrechtliche Abreden verdrängt. Insbesondere ein freihändiger Verkauf, dem solche Abreden gleich kämen, sei seit dem 1. April 2000 durch die entsprechenden Regelungen der Vorgängerverordnungen ausgeschlossen. Weder der Inhalt der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 bzw. der Verzicht vom 3. Januar 2007 noch der Inhalt der Kaufverträge vom 8. Januar 2007 sei für den Verbleib bzw. Übergang der Milchreferenzmenge entscheidungserheblich. Der Aufhebung des somit rechtswidrigen Bescheides habe auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Antragstellers entgegengestanden.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung sich die Entscheidung des Senats zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht eine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Der Antragsteller macht zunächst geltend, der Bescheid vom 29. Juni 2011 über die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei schon formal rechtswidrig, weil er sich zu Unrecht darauf stütze, der Bescheid vom 15. November 2010 basiere auf einem Beschluss des Verwaltungsgerichts. Tatsächlich habe es keine Entscheidung des Verwaltungsgerichts gegeben, aus der die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen wäre, den Bescheid vom 15. November 2010 zu erlassen. Sie habe in der mündlichen Verhandlung lediglich erklärt, einen entsprechenden Aufhebungsbescheid zu erlassen. Damit fehle dem Bescheid bereits eine ordnungsgemäße Begründung. Dass eine Begründung nachgeholt werden könne, mache den Bescheid noch nicht formal rechtmäßig.
Dieser Einwand greift nicht durch. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der dem Bescheid vom 29. Juni 2011 beigegebenen Begründung bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung zutreffend darauf abgestellt, dass sie sich verpflichtet hatte, die angefochtenen Bescheinigungen aufzuheben und einen Referenzmengenübergang zugunsten der Grundstückskäufer zu bescheinigen. Es kommt in der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 29. Juni 2011 nicht zum Ausdruck, dass der angefochtene Bescheid vom 15. November 2010 auf einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhe, welche die Antragsgegnerin verpflichtet hätte.
Im Übrigen regelt § 39 Abs. 1 VwVfG allein die formelle Pflicht der Behörde zur Begründung eines Verwaltungsakts. Dieser Pflicht ist bereits dann genügt, wenn die Begründung des Verwaltungsakts die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthält, welche die Behörde tatsächlich zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Davon abzugrenzen ist die Frage, ob die gegebene Begründung auch in der Sache zutreffend ist (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG - 10. Aufl. 2008 - § 39 Rdnr. 2). Bezogen auf den Bescheid vom 15. November 2010 bezieht sich der Einwand des Antragstellers auf letztere Frage und vermag deshalb auch eine formelle Rechtswidrigkeit dieses Bescheides nicht zu begründen.
Weiter macht der Antragsteller geltend: Die Erklärung des Unterverpächters vom 3. Januar 2007 und die Vereinbarung mit der Verpächterin vom 5. Januar 2007 stünden nicht im Widerspruch zu seinem öffentlich-rechtlichen Übertragungsanspruch, sondern unterstützten und erleichterten dieses Übernahmerecht. Um das Übernahmerecht nach § 51 Abs. 3 MilchQuotV zu realisieren und einvernehmlich abzuwickeln, sei die Vereinbarung vom 5. Januar 2007 getroffen worden. Sein Übernahmerecht als Unterpächter werde durch die Regelungen mit den Verpächtern nicht beeinträchtigt. Durch die vorgenannte Vereinbarung werde von Seiten des Hauptpächters auf die Einhaltung der in § 49 festgelegten formalen Abwicklungsschritte bei der Ausübung des Übernahmerechts verzichtet. Dies sei zulässig, weil das Übernahmerecht als solches nicht in Frage gestellt werde. Zur Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Milchquotenregelung sei es auch nicht zwingend erforderlich, den Parteien eine einvernehmliche Regelung über die Durchführung des Übernahmerechts des Pächters zu versagen. Diese einvernehmliche Regelung bestehe darin, dass der Hauptverpächter auf den ihm vertraglich und nach § 48 Abs. 3 MilchQuotV zustehenden Rückübertragungsanspruch verzichte, so dass es bezüglich des Übernahmerechts des Pächters nicht mehr der Einhaltung der Formalien des § 49 MilchQuotV bedurft habe. Die strengen Formvorschriften dieser Vorschrift dienten der klaren Festlegung der Art und Weise der einseitigen Ausübung des Übernahmerechts des Pächters auch gegen den Willen des Verpächters. Dies sei nicht erforderlich, wenn Verpächter und Pächter zur Verwirklichung des Übernahmerechts abweichende und vereinfachende Absprachen getroffen hätten. Dass zivilrechtliche Regelungen nicht von vornherein unzulässig seien, wenn das Übernahmerecht des Pächters als solches nicht in Frage gestellt werde, könne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 3 C 33.09 -) entnommen werden.
Diese Einwände rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Regelungen derMilchquotenverordnung abschließend die Übertragung von Milchquoten regeln und neben dem Übernahmerecht des Pächters andere direkte Übertragungsmöglichkeiten zwischen Verpächter und Pächter nicht vorsehen. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass bereits die Bestimmungen der Milch-Garantiemengen-Verordnung - nachfolgend MGV - die Möglichkeiten und Modalitäten zur Übertragung von Referenzmengen umfassend und abschließend regelten (BVerwG, Urteil vom 20. März 2002 - BVerwG 3 C 10.02 -, BVerwGE 118, 70 und Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 3 C 33.09 -, Buchholz 451.514 ZAV Nr. 5). Eine Übertragung der öffentlich-rechtlichen Befugnis zur abgabenfreien Milchlieferung nach den Vorschriften des Zivilrechts kam daneben nicht einmal subsidiär in Betracht. Insoweit war nach den Vorschriften der MGV von einer Unabdingbarkeit des normativ erfolgenden Referenzmengenübergangs auszugehen, so dass eine hierzu im Gegensatz stehende Vereinbarung selbst dann als unwirksam anzusehen war, wenn eine später ergangene Norm solche Vereinbarungen für die Zukunft zugelassen haben sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2002 - BVerwG 3 C 3.01 -, Buchholz 451.512 MGVO Nr. 137). Mit Inkrafttreten der Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 (BGBl. I S. 27) - nachfolgend ZAV - zum 1. April 2000 ist das System der Übertragung von Milchreferenzmengen neu geordnet worden. Referenzmengen können - vorbehaltlich besonders geregelter Fälle - nicht mehr flächengebunden übergeben oder übertragen werden; sie können auch flächenungebunden nicht verkauft, verpachtet oder durch andere Rechtsgeschäfte mit vergleichbaren Rechtsfolgen übertragen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 ZAV). Hiernach können Referenzmengen grundsätzlich nur noch dauerhaft flächenlos im Wege des regulierten Verkaufs über Verkaufsstellen übertragen werden; weder ein freihändiger Verkauf noch ein Leasing von Referenzmengen ist seither zugelassen (BR-Drs. 577/99 S. 27). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24. Juni 2010, a.a.O.). Dieser Grundsatz gilt sowohl nach Inkrafttreten der Milchabgabenverordnung vom 7. März 2007 (BGBl. I S. 295) - im Folgenden MilchAbgV - zum 1. April 2007 als auch nach Inkrafttreten der Milchquotenverordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I S. 359) - nachfolgend MilchQuotV - zum 1. April 2008 unverändert fort. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 MilchAbgV und § 8 Abs. 1 Satz 1 MilchQuotV können Referenzmengen nur im Rahmen und nach Maßgabe der in der jeweiligen Verordnung vorgesehenen Möglichkeiten übertragen werden. Hiermit soll vor dem Hintergrund einer immer wieder aufgetretenen Diskussion, in welchem Verhältnis bei Übertragungen von Referenzmengen die öffentlich-rechtliche Milchabgabenregelung zu Bestimmungen des Zivilrechts steht, klargestellt werden, dass sich die Übertragung ausschließlich nach den Bestimmungen der Milchabgabenverordnung bzw. Milchquotenverordnung richtet (vgl. für die MilchAbgV BR-Drs. 935/06 S. 48 und für die MilchQuotV BR-Drs. 936/07 S. 45 unter Bezugnahme auf die vorgenannte Drucksache).
Hieraus wird deutlich, dass hinsichtlich der Möglichkeiten und Modalitäten bei der Übertragung von Milchreferenzmengen abweichende Vereinbarungen der Beteiligten nur dann wirksam sind, wenn sie nach den vorgenannten Verordnungen erfolgten. In diesem Zusammenhang greift der Einwand nicht durch, die Vereinbarung vom 5. Januar 2007 sei zulässig, weil sie dem Übernahmerecht des Antragsstellers nicht entgegenwirke oder dieses nicht in Frage stelle, sondern dessen Abwicklung erleichtere. Denn aus den Regelungen in § 49 Abs. 5 MilchAbgV und MilchQuotV wird deutlich, dass abweichende Vereinbarungen in Bezug auf das Übernahmerecht nicht allein deshalb zulässig sind, weil sie sich zugunsten des Inhabers des Übernahmerechts auswirken und das Übernahmerecht nicht in Frage stellen. Nach den vorgenannten Vorschriften können Verpächter und Pächter abweichend von § 49 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 MilchQuotV schriftlich ein niedrigeres Entgelt und einen längeren Zahlungszeitraum vereinbaren. Da mithin allein abweichende Regelungen zwischen Verpächter und Pächter zugelassen werden, die sich zugunsten des Pächters auswirken können, wird auch hierdurch bestätigt, dass die jeweilige Verordnung insbesondere die Modalitäten der Übertragung von Referenzmengen abschließend und umfassend regelt, so dass darüber hinaus kein Raum für abweichende Vereinbarungen der Beteiligten verbleibt.
Die Unzulässigkeit der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 über eine Übernahme einer Referenzmenge durch den Unterpächter ergibt sich ferner daraus, dass es bis zum Inkrafttreten der MilchAbgV vom 7. März 2007 am 1. April 2007 ein Übernahmerecht eines Unterpächters nicht gab (§ 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 MilchAbgV in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung). Dass nach § 51 Abs. 3 Satz 3 MilchAbgV in der seit dem 1. April 2007 geltenden Fassung unter bestimmten Voraussetzungen ein Übernahmerecht des Unterpächters eröffnet wurde, führt vor dem Hintergrund der o.a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. Januar 2002, a.a.O.) nicht zur nachträglichen Zulässigkeit der vorgenannten Vereinbarung. Außerdem stand der Zulässigkeit der Vereinbarung entgegen, dass derjenige, der seine Referenzmenge zeitweilig übertragen hat, diese nicht vor Ablauf des Übertragungszeitraums auf einen Dritten übertragen oder auf eine Übertragung der Referenzmenge gerichtete Vereinbarungen wirksam treffen kann, etwa durch Abtretung eines Anspruchs auf Herausgabe / Übertragung der Referenzmenge (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2003, a.a.O.; siehe auch § 8 Abs. 3 MilchAbgV in der seit dem 1. April 2007 geltenden Fassung). Dies war mit der genannten Vereinbarung zwischen Hauptverpächtern und Unterverpächter aber gerade bezweckt, nämlich die Überlassung der Referenzmenge an den Antragsteller nach Ablauf des Milchquotenpachtverhältnisses gegen Zahlung eines bestimmten Betrags, wobei das vereinbarte Übernahmeentgelt vom Unterpächter bis zum 31. Dezember 2007 zu zahlen war. Darüber hinaus ergibt sich, dass die Hauptverpächter und der Antragsteller eine von § 12 Abs. 3 Satz 3 MilchAbgV in der bis 31. März 2007 geltenden Fassung (ebenso § 49 Abs. 4 Satz 1 MilchQuotV) abweichende Frist für die Zahlung des Übernahmeentgelts vereinbarten, die sich nicht zugunsten, sondern nachteilig auf den (Unter-)Pächter auswirkte. Auch der damit einhergehende Verstoß gegen die vorgenannten Bestimmungen führt zur Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 5. Januar 2007.
Der Antragsteller wendet ferner ein, den Grundstückskäufern stehe ein eigener Rückübertragungsanspruch gegen ihn - den Antragsteller - nicht zu. Durch den Verzicht auf ihren Rückübertragungsanspruch hätten die damaligen Hauptverpächter Frau H. und Herr Dr. F. die auf die Grundstückskäufer übergehenden Pachtverträge von diesem Rückübertragungsanspruch abgekoppelt. Folglich habe ein entsprechender Rückübertragungsanspruch nicht auf die Grundstückskäufer übergehen können. Ein Rückübertragungsanspruch stünde den Grundstückskäufern auch deshalb nicht zu, weil ihnen im Rahmen der Grundstückskaufverträge die Milchquoten ausdrücklich nicht mit übertragen worden seien. Mithin seien die Rechte an den Milchquoten bei den damaligen Hauptverpächtern verblieben, die auf sie zuvor verzichtet hätten.
Auch diese Einwände greifen nicht durch. Aus den vorstehend dargelegten Gründen kann in der Vereinbarung zwischen Hauptverpächtern und Antragsteller keine wirksame Vereinbarung über die Übernahme der Referenzmenge gesehen werden. Daneben ist die Referenzmenge auch deshalb auf die Grundstückskäufer übergegangen, weil sie in 1993 flächengebunden an den Pächter D. übertragen worden ist. Mit Rückgabe der Pachtflächen im April 2008 erfolgte unmittelbar der Übergang der Referenzmenge auf die zum damaligen Zeitpunkt berechtigten Eigentümer der Flächen (§ 48 Abs. 3 Satz 1 MilchQuotV in Verbindung mit § 7 Abs. 5 Satz 1 MGV in der in § 48 Abs. 1 MilchQuotV genannten Fassung). Nach dieser Bestimmung gehen bei Pachtverträgen, die Quoten nach§ 7 MGV betreffen sowie vor dem 1. April 2000 geschlossen und mit Ablauf des 31. März 2000 oder später beendet worden sind, die entsprechenden Quoten u.a. nach § 7 Abs. Abs. 5 MGV in der in Absatz 1 genannten Fassung auf den Verpächter mit der Maßgabe über, dass 33 v. H. der übergehenden Quote zu Gunsten der Reserve des Landes eingezogen werden. Gemäß § 7 Abs. 5 MGV geht die Referenzmenge, deren Übergang bei der Überlassung der Pachtsache nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung bescheinigt worden ist, über, wenn Teile eines Betriebes aufgrund eines Pachtvertrages, der nach dem 1. April 1984 abgeschlossen worden ist, nach dem 30. Juni 1986 an den Verpächter zurückgewährt werden. Diese Voraussetzungen sind bei dem zwischen Frau F. und Herrn D. durch Vertrag vom 11. Februar 1993 begründeten und mit Ablauf des 30. April 2008 beendeten Pachtverhältnis, mit dem flächengebunden Referenzmengen verpachtet wurden, unstreitig gegeben. Bei Rückgabe der Pachtflächen erfolgt hiernach der Übergang der bescheinigten Referenzmenge von Gesetzes wegen unmittelbar, ohne dass es einer behördlichen Maßnahme oder der Mitwirkung der Beteiligten bedurfte (normativer Übergang von Referenzmengen - vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2002, a.a.O., Beschluss vom 7. Februar 1992 - BVerwG 3 B 5.92 -, Buchholz 451.512 MGVO Nr. 49; Urteil vom 30. November 1989 - BVerwG 3 C 47.88 -, BVerwGE 84, 140 [144]; Düsing, Milchquoten-Ratgeber - 5. Aufl. 1997 -, S. 90).
Auch geht der Einwand des Antragstellers fehl, den Grundstückskäufern seien durch die Grundstückskaufverträge die Milchquoten nicht mit übertragen worden, so dass die Rechte an den Milchquoten bei den damaligen Hauptverpächtern verblieben seien. Im Zeitpunkt des Verkaufs der verpachteten Flächen an die Herren L. und N. im Januar 2007 war es den damaligen Eigentümern von Gesetzes wegen nicht möglich, die Flächen zu übertragen und sich zugleich den Übergang der Milchquoten bei Rückgabe der Pachtflächen an die neuen Eigentümer vorzubehalten. Dies wäre darauf hinausgelaufen, durch privatrechtliche Vereinbarung den Verbleib von Referenzmengen bei Pachtende zu regeln, obwohl eine solche Möglichkeit in der MilchAbgV nicht vorgesehen war. Für seine gegenteilige Auffassung kann sich der Antragsteller nicht auf § 7 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 MGV berufen, wonach eine Übertragung von Flächen ohne Übergang der entsprechenden Referenzmenge durch Vereinbarung möglich war. Nach dieser Vorschrift war eine Durchbrechung des Grundsatzes der Flächenbindung der Referenzmenge für den Fall möglich, dass ein Milcherzeuger eine Fläche ohne die daran gebundene Referenzmenge durch Vereinbarung überträgt, um die verbleibende Referenzmenge weiterhin für seinen Betrieb nutzen zu können. Zunächst war diese Bestimmung im Zeitpunkt der Veräußerung der Flächen im Januar 2007 nicht mehr anwendbar (§ 30 ZAV). Auch traf diese Bestimmung keine Regelung für den Übergang einer Referenzmenge bei Rückgabe zuvor verpachteter Flächen. Daneben liegen die Voraussetzungen der genannten Vorschrift auch deshalb nicht vor, weil die damaligen Grundstückseigentümer keine aktiven Milcherzeuger waren. Auch § 22 Abs. 1 Satz 3 MilchAbgV kann Gegenteiliges nicht entnommen werden. Nach dieser Vorschrift kann zwar die Übertragung einer Referenzmenge auf den Übernehmer eines Betriebs durch Vereinbarung erfolgen, wenn eine vor der Betriebsübertragung oder -überlassung zeitweilig übertragene Referenzmenge nach der Betriebsübertragung auf den Übertragenden zurückfällt. Diese Bestimmung erfasst aber allein die Fälle der Übertragung eines Betriebs, der als selbständige Produktionseinheit zur Milcherzeugung bewirtschaftet wird (§ 22 Abs. 1 Satz 1 MilchAbgV); hingegen haben die damaligen Grundstückseigentümer keinen solchen Betrieb, sondern einzelne Ländereien auf die Herren L. und N. übertragen. Ferner ist der Umstand des Zurückfallens einer Referenzmenge auf den Übertragenden - hier auf die damaligen Grundstückseigentümer - nicht Rechtsfolge, sondern tatbestandliche Voraussetzung der genannten Vorschrift.
Da hiernach der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids dargelegt hat, kann nicht von einem Erfolg seiner Klage ausgegangen werden. In diesem Fall ist das Interesse der Grundstückskäufer an der sofortigen Vollziehung des Bescheids über die Rücknahme höher zu bewerten als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.