Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 10.09.2003, Az.: 1 A 137/01

Beihilfe; Beihilfebemessungssatz

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
10.09.2003
Aktenzeichen
1 A 137/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48208
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Beihilfe auf der Grundlage eines nach § 14 Abs. 3 BhV um 20 v. H. erhöhten Beihilfebemessungssatzes.

2

Der am ... geborene Kläger war seit dem ... Berufssoldat und ist seit dem 31. März 1993 aus dem aktiven Dienst der Bundeswehr ausgeschieden, seitdem ist er Versorgungsempfänger und mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Als der Kläger während seiner aktiven Zeit als Hubschrauberpilot in den USA eingesetzt war, traten nach seinen Angaben erste Gesundheitsbeschwerden ein. Er stellte daraufhin einen Antrag auf Anerkennung dieser Beschwerden als Wehrdienstbeschädigung.

3

Das Versorgungsamt Schleswig stellte mit Bescheid vom 8. Juni 1983 nach § 3 SchwbG eine Behinderung in Form von „Wirbelsäulenveränderungen mit Neigung zu Funktionsstörungen“ fest, der Grad der Minderung der Bewerbsfähigkeit betrage hiernach unter 25 v. H.; ein Schwerbehindertenausweis stehe dem Kläger nicht zu, da die Minderung der Erwerbsfähigkeit unter 50 v. H. betrage; die geltend gemachten Augenstörungen stellten keine Behinderung i. S. d. Schwerbehindertengesetzes dar. Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren zunächst Klage vor dem Sozialgericht Lüneburg - S 10 V-130/84 -, das ein fachchirurgisches Gutachten des Dr. med. A. einholte. Dieser erklärte in seinem Gutachten vom 22. November 1985, dass beim Kläger in keiner Weise ein Wehrdienstschaden feststellbar sei, Behinderungen seien heute nicht vorhanden. Auch wenn der Kläger glaubhaft über gelegentliche Funktionsschmerzen der Rückenmuskulatur klage, so biete er doch den Zustand eines völlig gesunden, sportlich durchtrainierten und unbehinderten Mannes. Auch wenn eine verspannte Nackenmuskulatur als Wehrdienstschaden anerkannt worden sei, so sei heute keine Verschlimmerung dieses anerkannten Wehrdienstschadens nachweisbar, eine Verschlimmerung in der Zukunft sei auch nicht zu vermuten. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf chirurgischen Gebiet sei mit 100 % zu beurteilen. Daraufhin nahm der Kläger seine Klage vor dem Sozialgericht Lüneburg zurück.

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Seinen gegenüber seinem Dienstherrn geltend gemachten Antrag auf Anerkennung eines von ihm geltend gemachten psycho-vegetativen Syndroms lehnte die Wehrbereichsverwaltung III mit Bescheid vom 6. Januar 1982 ab. Hiergegen legte der Kläger Beschwerde ein und machte als weitere Gesundheitsstörung eine Stirn- und Kieferhöhlenvereiterung mit Bindehautentzündung geltend, welche er auf eine falsche dienstliche und ärztliche Behandlung in den USA zurückführte. Die Wehrbereichsverwaltung III half der Beschwerde mit Bescheid vom 25. Juli 1984 dahingehend ab, dass die weiter geltend gemachte HWS-Blockierung - rezidivierendes Cervikalsyndrom infolge HWS-Blockierung - als Schädigungsfolge im Sinne einer Verschlimmerung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit unter 25 v. H. anerkannt wurde. Das geltend gemachte psycho-vegetative Syndrom wurde hingegen als ohne nachweisbare Folgen abgeklungene Stirn- und Kieferhöhlenentzündung und geringe Augenbindehautentzündung und nicht als Folge einer Wehrdienstbeschädigung i. S. d. § 81 SVG angesehen. Die Beschwerde des Klägers hiergegen wurde mit Bescheid vom 8. August 1984 zurückgewiesen.

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Auf einen erneuten Antrag des Klägers vom 7. Dezember 1998 auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz erkannte das Versorgungsamt Hannover mit Bescheid vom 30. Oktober 2000 ein "rezidivierendes Cervicalsyndrom infolge HWS-Blockierung", verschlimmert durch schädigende Einwirkungen i. S. v. §§ 80, 81 SVG als Schädigungsfolgen nach dem SVG. Zugleich stellte es aber fest, dass diese Schädigungsfolgen keine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 v. H. bedingten und eine Rente daher nicht gewährt werden könne. Eine Gewährung weitergehender Leistungen, insbesondere die vom Kläger begehrte Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund des Vorliegens einer besonderen beruflichen Betroffenheit i. S. d. § 30 Abs. 2 BVG komme nicht in Betracht. Die weiter vom Kläger geltend gemachten "Blockierungen der Lendenwirbelsäule" seien keine Gesundheitsstörungen, die durch schädigende Einwirkungen i. S. d. §§ 80, 81 SVG entstanden oder verschlimmert worden seien. Zur Begründung führte das Versorgungsamt Hannover aus, dass die mit Bescheid des Wehrbereichsgebührnisamtes III vom 25. Juli 1984 erfolgte Anerkennung der Gesundheitsstörung "Rezidivierendes Cervicalsyndrom infolge HWS-Blockierung" als Wehrdienstbeschädigungsfolge i. S. d. § 45 SGB X rechtswidrig sei. Nach den vorliegenden ärztlichen Befunden, insbesondere dem fachchirurgischen Gutachten des Dr. Wagemann vom 22. November 1985 hätten zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung keine Gesundheitsstörungen vorgelegen, die als Wehrdienstbeschädigungsfolge anzuerkennen gewesen wären. Zwar seien die Voraussetzungen für die Rücknahme dieses rechtswidrigen Bescheides vom 25. Juli 1984 nicht gegeben. Die neu festzustellende Leistung dürfe in diesem Fall aber nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergeben würde. Dies gelte nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X entsprechend, soweit - wie hier - einem rechtmäßigen begünstigten Verwaltungsakt (Erstanerkennungsbescheid des Versorgungsamtes Hannover) ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt (Bescheid des WBGA III v. 25.7.1984) zugrunde liege, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden könne. Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage vor dem Sozialgericht Lüneburg erhoben, über die - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist.

6

Mit Antrag vom 13. Dezember 2000 machte der Kläger gegenüber der Wehrbereichsverwaltung III als Beihilfestelle u.a. Aufwendungen geltend, die ihm anlässlich eines - mit Bescheid der WBV III vom 6. November 2000 als dem Grunde nach notwendig anerkannten - Sanatoriumsaufenthaltes vom 21. November bis zum 12. Dezember 2000 in ... in Höhe von 4.658,85 DM entstanden waren.

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Mit Bescheid vom 6. April 2000 gewährte die Beklagte hierauf eine Beihilfe in Höhe von 3.261,20 DM, wobei sie einen Bemessungssatz von 70 % nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BhV in Ansatz brachte.

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Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 21. und 29. Januar 2001 Widerspruch ein mit der Begründung, seine private Krankenversicherung, die ..., habe eine Kostenerstattung im Rahmen der Restkostenversicherung in Höhe von 30 % (1.397,65 DM) mit der Begründung abgelehnt, dass nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bei anerkannter Wehrdienstbeschädigung kein Leistungsanspruch bestehe. Mit Schreiben vom 29. Januar 2001 (Blatt 11 BA A) teilte der Kläger mit, dass seine private Krankenversicherung nun doch einen Betrag in Höhe von 516,34 DM übernommen habe, so dass nur noch ein Betrag von ca. 900 DM ausstehe. Er bitte um Restzahlung.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2001 wies die Wehrbereichsverwaltung III den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, der Bemessungssatz für Empfänger von Versorgungsbezügen betrage gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BhV 70 %. In diesem Zusammenhang sei es unerheblich, ob die private Krankenversicherung im Rahmen ihrer Vertragsbedingungen weniger bzw. gar nichts zu den geltend gemachten Aufwendungen erstattet habe. Das Vorbringen des Klägers, es handele sich hier um die Therapie von Leiden, welche Folge einer anerkannten Wehrdienstbeschädigung seien, sei insofern irrelevant.

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Des Weiteren legte die Wehrbereichsverwaltung III das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 29. Januar 2001 auch als allgemeinen Antrag auf Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes gemäß § 14 Abs. 3 BhV aus und lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 6. April 2001 ab. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies sie mit Bescheid vom 4. Juli 2001 zurück.

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Daraufhin hat der Kläger zum einen am 4. Mai 2001 die hier vorliegende Klage 1 A 137/01 erhoben mit dem Ziel, den Beihilfebemessungssatz gemäß § 14 Abs. 3 BhV für die geltend gemachten Aufwendungen anlässlich seines Sanatoriumsaufenthaltes von 70 % auf 90 % zu erhöhen und ihm den Differenzbetrag auszuzahlen. Zum anderen hat er gegen den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung III vom 6. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2001 am 27. Juli 2001 die Klage 1 A 228/01 erhoben. Zur Begründung der Klage 1 A 137/01 trägt er vor: Da seine private Krankenversicherung einen Leistungsausschluss geltend mache, weil die streitigen Beihilfeleistungen wegen einer Wehrdienstbeschädigung beantragt worden seien, seien die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 BhV für die Erhöhung des Beitragssatzes gegeben, da ihm trotz ausreichender und rechtzeitiger Versicherung keine Versicherungsleistungen aus der Privatversicherung gewährt würden. Das Risiko der Wehrdienstbeschädigung sei nicht versicherbar, so dass ihm auch nicht ein Vorwurf dergestalt gemacht werden könne, eine erforderliche Restkostenversicherung für Behandlungen aufgrund einer Wehrdienstbeschädigung nicht abgeschlossen zu haben. Auch der Vorwurf der Beklagten, er habe es versäumt, nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst einen Antrag nach §§ 80 ff. SVG i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz bei dem zuständigen Versorgungsamt zu stellen, gehe fehl. Die Beklagte habe ihn über diese Möglichkeit nicht hinreichend informiert und sich mithin einer Fürsorgepflichtverletzung schuldig gemacht. Die erforderlichen rechtlichen Kenntnisse könnten bei ihm auch nicht vorausgesetzt werden, er habe sich diese Kenntnisse auch nicht unschwer selbst beschaffen können. Ebenso wenig habe er bisher, wie von der Beklagten im Klageverfahren gerügt, "an der Sache vorbeigeschrieben". Beim vorliegenden Klageverfahren 1 A 137/01 handele es sich sehr wohl um ein beihilferechtliches Verfahren und gerade nicht um ein versorgungsrechtliches Verfahren, für dass das Versorgungsamt zuständig wäre. Soweit die Beklagte nunmehr meine, er habe keinen Anspruch auf erhöhte Beihilfeleistungen bei anerkannten Wehrdienstbeschädigungen, so irre sie. Wenn diese Auffassung richtig wäre, müsste sie die bereits anerkannten und gezahlten Aufwendungen in Höhe von 70 % ebenfalls zurückfordern, was sie aber nicht tue.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, die mit seinem Antrag vom 13. Dezember 2000 geltend gemachten Aufwendungen für den Sanatoriumsaufenthalt in ... in der Zeit vom 21. November bis zum 12. Dezember 2000 zu einem Beihilfebemessungssatz in Höhe von 90 v. H. statt nur 70 v. H. abzurechnen und ihm den Differenzbetrag in Höhe von 476,41 EUR (entspricht 931,77 DM) auszuzahlen sowie den Beihilfefestsetzungsbescheid der Wehrbereichsverwaltung III vom 6. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2001 aufzuheben, soweit er diesem Begehren entgegensteht.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes nach § 14 Abs. 3 BhV um 20 v. H. auf 90 v. H. und auf Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 931,77 DM. § 14 Abs. 3 BhV setze u.a. eine ausreichende und rechtzeitige Versicherung voraus. Das Erfordernis der rechtzeitigen Versicherung solle sicherstellen, dass das Risiko eines verspäteten Versicherungsabschlusses nicht zu einer erhöhten Belastung des Dienstherrn führe. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die Kosten einer Wehrdienstbeschädigung sehr wohl versicherbar, wenn auch im Regelfall zu einem erhöhten Satz. Der Kläger habe es aber versäumt, eine Restkostenversicherung für Behandlungen aufgrund seiner Wehrdienstbeschädigung abzuschließen. Des Weiteren habe es der Kläger versäumt, nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst einen Antrag nach § 80 ff. SVG bei dem zuständigen Versorgungsamt zu stellen. Es sei nicht Aufgabe der Beihilfe, diese Versäumnisse des Klägers nunmehr finanziell abzudecken. Sie habe den Kläger auch nicht auf die Möglichkeit eines Antrages an das Versorgungsamt hinweisen müssen. Der Sache nach begehre der Kläger die Gewährung von Heilfürsorge, die aufgrund der als Wehrdienstbeschädigung anerkannten Gesundheitsschädigung erforderlich geworden sei bzw. die Erstattung der hierfür angefallenen Kosten. Dieser grundsätzlich mögliche Anspruch richte sich nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, hier § 10 BVG, und nicht nach den Beihilfevorschriften. Für diese Ansprüche sei die Versorgungsverwaltung zuständig, bei der der Kläger einen entsprechenden Antrag stellen müsse. Die Beklagte sei nicht der richtige Adressat. Ein Anspruch auf erhöhte Beihilfeleistung bestehe des Weiteren auch bei anerkannten Wehrdienstbeschädigungen nicht.

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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens 1 A 228/01 und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung der im vorliegenden Verfahren begehrten weitergehenden Beihilfe auf der Grundlage eines Beihilfebemessungssatzes von 90 v. H. statt in Höhe von 70 v. H. gemäß § 14 Abs. 3 BhV; der Bescheid der Wehrbereichsverwaltung III vom 6. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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In Ausfüllung der in § 31 SG normierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn auch für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses erhalten ehemalige Berufssoldaten als Versorgungsempfänger des Bundes Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen. Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministers der Verteidigung zu § 31 SG vom 9. Oktober 1985 (abgedruckt etwa bei Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften, Kommentar, Stand: 1. April 2003, § 1 Anm. 4 Abs. 7) sind für die Gewährung die zur Zeit der Entstehung der Aufwendungen (hier: November und Dezember 2000) geltenden Beihilfevorschriften des Bundes vom 10. Juli 1995 (GMBl. S. 470) in der ab dem 1. Juli 1997 geltenden Fassung (GMBl. S. 429), zuletzt geändert durch Änderungsvorschrift vom 8.1.1999 (GMBl. S. 58) - BhV - maßgeblich.

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Die Beihilfe bemisst sich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 BhV nach einem Vomhundertsatz der beihilfefähigen Aufwendungen (Bemessungssatz). Der Bemessungssatz beträgt für Aufwendungen, die entstanden sind für Empfänger von Versorgungsbezügen, die als solche beihilfeberechtigt sind, gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BhV 70 v. H. Grundsätzlich sind die Bemessungssätze der Beihilfe darauf abgestellt, dass der Beihilfeberechtigte sich und seine Familie mit einem angemessenen Beitrag in einer privaten Krankenversicherung versichert, damit er nicht durch Krankheit, Geburts- oder Todesfälle in eine wirtschaftliche Notlage gerät. Hierin liegt keine mit dem Alimentationsprinzip und mit der Fürsorge unvereinbare Abwälzung der dem Dienstherrn obliegenden Daseinsfürsorge auf den Beamten (BVerwG, Urt. v. 11.6.1964 - 8 C 155.63 -, DÖD 1965, 14 [BVerwG 11.06.1964 - BVerwG VIII C 155.63]). Es gehört auch nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, dass der Dienstherr bei der Gewährung einer Beihilfe eine etwa daneben bestehende Privatversicherung unberücksichtigt lassen müsste. In welcher Weise der Beamte oder - wie hier - der Versorgungsempfänger die Eigenvorsorge trifft, ist ihm überlassen. Er kann sich auf bestimmten Gebieten überversichern, während er für die übrigen Fälle eine Unterversicherung hat. Dies alles ist für den Dienstherrn ohne Interesse, solange er für eine zumutbare Versicherung eine Bemessung der Beihilfe trifft, die die Restkosten annähernd abdeckt. Die Fürsorgepflicht verlangt hingegen nicht, dass das durch die Beihilfe nicht gedeckte Risiko von Aufwendungen in Krankheitsfällen versicherbar und dass ein vollständiger Ausgleich der Kosten durch Beihilfe und Versicherungsleistungen möglich ist (BVerwG, Urt. v. 3.7.2003 - 2 C 36.02 -). Nur wenn der Bemessungssatz so niedrig läge, dass eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung eintreten würde, könnte die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern beeinträchtigt sein. Bis zu dieser äußersten Grenze hat der Dienstherr aber einen weiten Ermessensspielraum, wie er die Beihilfeleistungen ausgestaltet (BVerwG, Urt. v. 18.6.1980 - 6 C 19.79 -, ZBR 1980, 349).

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In bestimmten Fällen kommt eine Erhöhung dieses Bemessungssatzes in Betracht. Hier hat sich der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausschließlich auf die Vorschrift des § 14 Abs. 3 berufen, so dass allein die Frage, ob die Voraussetzungen dieser Norm vorliegen, Streitgegenstand ist. Die Frage, ob daneben oder statt dessen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 6 BhV, wonach in bestimmten Fällen ebenfalls eine Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes in Betracht kommt, ist vom Kläger im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren weder angesprochen worden noch hat er dargelegt, dass die dort normierten Voraussetzungen gegeben sein könnten. Daher ist § 14 Abs. 6 BhV hier nicht Streitgegenstand.

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Die in § 14 Abs. 3 BhV genannten Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht gegeben. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 BhV erhöht sich der Bemessungssatz für beihilfefähige Aufwendungen, für die trotz ausreichender und rechtzeitiger Versicherung wegen angeborener Leiden oder bestimmter Krankheiten aufgrund eines individuellen Ausschlusses keine Versicherungsleistungen gewährt werden oder für die die Leistungen auf Dauer eingestellt worden sind (Aussteuerung), um 20 v. H., jedoch höchstens auf 90 v. H. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies seit dem 1. Juli 1994 jedoch nur, wenn das Versicherungsunternehmen die Bedingungen nach § 257 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB V erfüllt.

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Die Kammer geht zwar davon aus, dass die private Krankenversicherung des Klägers, die ..., zwar die Kriterien des § 257 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB V erfüllt. Um in den Genuss des nach § 14 Abs. 3 BhV erhöhten Bemessungssatzes zu kommen, muss der Ausschluss der Versicherungsleistungen wegen angeborener Leiden oder bestimmter Krankheiten aber im Versicherungsschein des Betroffenen als persönliche Sonderbedingung individuell ausgewiesen sein. Ein solcher individueller Ausschluss von den Leistungen für bestimmte Krankheiten ist nur anzunehmen, wenn das Versicherungsunternehmen wegen des besonderen Risikos, das der Gesundheitszustand des zu Versichernden mit sich bringt, eine oder mehrere bestimmte Krankheiten von der Deckung ausnimmt, obwohl es für Erkrankungen derselben Art grundsätzlich und regelmäßig Leistungen erbringt. Diese Regelung ist mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar (BVerwG, Urt. v. 28.11.1963 - 8 C 218/63 -, BVerwGE 17, 204 = ZBR 1964, 220; Urt. v. 8.5.1967 - 6 C 18.67 -, BVerwGE 27, 48 = DÖD 1968, 34 zu der den gleichen Tatbestand regelnden bisherigen Vorschrift der Nr. 13 Abs. 6 BhV; Schröder u. a., a. a.O., § 14 Anm. 16 Abs. 1; Topka/Möhle, Beihilferecht, Kommentar, Stand: Juli 2003, § 14 Anm. 8).

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Ein derartiger individueller Ausschluss der Versicherungsleistungen liegt im Fall des Klägers aber gerade nicht vor. Vielmehr hat seine private Krankenversicherung (und das auch nur zunächst - später hat sie die Aufwendungen in Höhe von 516,34 DM übernommen) eine Kostenerstattung nur deshalb abgelehnt, weil nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bei einer Wehrdienstbeschädigung kein Leistungsanspruch bestehe. Der - wie hier - generelle Ausschluss von Leistungen des Krankenversicherers für einzelne Behandlungen und der Ausschluss einzelner Tatbestände in den Versicherungsbedingungen bewirkt aber nach dem oben Gesagten gerade keine Erhöhung des Bemessungssatzes der Beihilfe nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 BhV (Schröder u. a., a. a. O., § 14 Anm. 16 Abs. 6 Ziffer 1 und 2).

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Ein Leistungsausschluss i. S. d. § 14 Abs. 3 BhV liegt zudem auch dann nicht vor, wenn Krankenversicherungen in ihren Versicherungsbedingungen Krankheiten vom Versicherungsschutz ausnehmen, für die anderweitige Ansprüche bestehen, etwa nach §§ 9 ff. BVG (Schröder u. a., a. a. O.. So liegt es hier. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sich die Versorgung wegen einer - vom Kläger geltend gemachten - Wehrdienstbeschädigung gemäß § 30 SG nach den Bestimmungen des Soldatenversorgungsgesetzes richtet, die ihrerseits wieder auf die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes verweisen. Gemäß § 80 Satz 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Nach § 9 Nr. 1 BVG umfasst die Versorgung u. a. Heilbehandlung und Krankenbehandlung, deren Voraussetzungen und Umfang im Einzelnen in §§ 10 und 11 BVG festgelegt sind. Gemäß §§ 88 Abs. 1 Satz 2 SVG sind für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden zuständig, die das Verfahren im Auftrag des Bundes durchführen. Bei Streitigkeiten aus derartigen Angelegenheiten ist nach § 88 Abs. 7 Satz 1 SVG der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.

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Zudem hat die private Krankenversicherung des Klägers letztlich einen Betrag in Höhe von 516,34 DM übernommen, so dass auch deshalb die Voraussetzung in § 14 Abs. 3 Satz 1 BhV, dass gerade (überhaupt) keine Versicherungsleistungen gewährt werden, nicht erfüllt ist.